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Category Archives: Champagner

Hier dreht sich alles um Champagner.

Vermischte Champagnernotizen

A. Vilmart, Premier Cru Rilly-la-Montagne, Grand Cellier d'Or 2002

80CH, 20PN, 8-9 g/l dosiert, 10-monatiger Fassausbau, kein BSA. Der Maître weiss nicht nur, wie man Kirchenfenster kunst- und eindrucksvoll anmalt, sondern er kann auch ebensolchen Champagner machen. Die Nase ist schon ein Vergnügen, Aprikose, Marille, Walnuss und immer ein paar eingesprenkelte Zitrusfruchtakzente duften wie eine altwienerische Konditorei, im Mund kommt der Eindruck von Kokosnuss, natürlich auch wieder von saftig reifen Zitrusfrüchten, Bratapfel, Calvados und Mandelgebäck hinzu. Für einen 2002er schon ein ziemlich wuchtiges Geschoss, aber eins mit enormer Präzision. Tip: kaufen und lagern.

B. Jean Baillette-Prudhomme, Premier Cru Trois Puits, Vieille Cuvée

80 PN, 10CH, 10PM. Marie-France, die Witwe von Jean Baillette und ihre Töchter Laureen und Justine tragen die Firmenphilosophie weiter. Deren wichtigster Inhalt ist, mit einem hohen Anteil an Reserveweinen zu arbeiten, meist um die 50%. Das führt unweigerlich zu Champagnern mit stark entwickelten Aromen und der Gefahr allzuvieler Oxidationsnoten. In dieser Cuvée ist aber nichts schiefgelaufen, sondern alles ist an seinem Platz. Da nervt kein überreifer, raumgreifender Apfel, da ist noch genug Frische und jugendliche Säure, neben leicht grasigen und an Trockenkräuter erinnernden Noten finden sich getrocknete Aprikosen, Sternanis und eine Mineralität wie von gemahlenen Steinchen.

C. Marquis de Marmontel, Blanc de Noirs

Eine seltene oder untypische Art von Champagner musste ich da blind konstatieren. Das war mir nachher gar nicht recht, war doch die Flasche auf Empfehlung hin gekauft. Aber egal, nun musste dieser im Vergleich mit dem Goria Ferrer wasserhelle Blanc de Noirs eingeschätzt werden. Die Perlage war nur bemerkenswert hinsichtlich ihrer untypisch tumb-groben Bläschen. Zum Glück gebe ich auf Äußerlichkeiten und speziell die Bläschen nicht sehr viel, ein gutes Zeichen war es trotzdem nicht. In der Nase schwer einzuordnen, die weinige, auch etwas mehlige Art sprach für Pinot Noir, wobei ich auf einen Anteil im 80%-Bereich getippt habe. Im Mund nun auch nicht gerade everybody's darling, sondern ein etwas verstockter junger Adliger. Mittlerer Druck am Gaumen und ein immerhin sehr ordentlicher, mittellanger Säureteppich ohne Bruchkante am Schluss. Mit Luft und Zeit zog sich der ganze Champagner am Ende noch gerade, aber das Zeug zum Publikumsliebling hat er nicht.

D. Doquet-Jeanmaire, Coeur de Terroir 1996, dég. 6. Okt. 2008

60 CH, 40 PN Das Haus ging 2004 an Laurent-Perrier; der Junior Pascal Doquet führt einen Teil des Betriebs unter seinem in der Biowinzerszene schon jetzt ganz klangvollen Namen weiter. Im Glas also ein Champagner, dessen Grundweine seine Eltern im Jahr 1996 gelesen hatten, dessen Cuvée 1997 in die Flasche kam und nach einer luxuriösen Lagerzeit von elf Jahren dégorgiert wurde. Farblich noch sehr hell, in der Nase dagegen die eigentümlich reife Art noch nicht so lang dégorgierter älterer Jahrgänge. Diese Spötdégorgements sind ja alle ein wenig paradox angelegt, von der Feinhefe gegen Oxidation geschützt und aromatisch verfeinert, wenn nicht sogar überfeinert, wie ein Messer, dessen Klinge so lange scharf gewetzt wird, bis es mangels Masse schartig wird. Der als Terroirchampagner annoncierte Jahrgangsblubber hatte das angereifte, aber bei weitem noch nicht reife Auftreten einer schwangeren Vierzehnjährigen. Haselnuss, Milchschokolade und Äpfel konnte man erkennen, Säure war in gewissem Umfang da und trug dazu bei, dass der Champagner aromatisch nicht ins Infantile kippte. Mit Luft legte der Champagner merklich zu und füllte die noch vorhandenen Reifelücken gut auf.

E. Gerard Littière, Mill. 2004

Der Name Littière ist in Oeuilly allgegenwärtig, wenngleich in der champagnertrinkenden Öffentlichkeit nicht annähernd so bekannt wie der Name Tarlant. Dieser Jahrgangsvertreter war noch ersichtlich jung und keiner von den phantasievollen, geheimnisumwitterten oder gar magischen Champagnern. Solide gemacht, mit sauberem Lesegut, bisschen mineralisch, bisschen fruchtig, mit einer etwas angelernt wirkenden Eleganz, ohne besonders herausragenden Jahrgangscharakter. Man muss vielleicht dazu noch sagen, dass Jahrgänge wie 2002 und 2004 für die meisten Winzer und großen Häuser Fluch und Segen zugleich sein dürften. Denn diese leichten, ätherischen, elfenhaften Jahre werden in der Hand eines untalentierten, industriell oder nachlässig arbeitenden Kellermeisters schnell zu austauschbarer und gesichtsloser Ware. Nur derjenige, der erstens über erstklassiges Lesegut und zweitens über das notwendige feine Gespür für diese Art von Jahrgang verfügt, wird daraus sagenhaft langlebige, schwerelose Champagner komponieren können.

F. Voirin-Jumel BdB Cuvée 555 élevé en fûts de chêne

Die Cuvée hat ihren Namen nicht etwa vom Fassungsvermögen der für den Ausbau verwendeten Holzfässer; sondern daher, dass Cramant ein ganz kleines Nest mit nicht einmal tausend Feuerstellen ist. Die paar Häuschen wurden einfach fortlaufend durchnumeriert und der Sitz von Voirin-Jumel bekam die Nummer 555. Tochter Alice spricht sehr gut deutsch, was den Besuch vor Ort für viele Altsprachler komfortabler macht – und was Komfort betrifft, gehört Voirin-Jumel zusammen mit Eric Isselée zu den beiden einzigen Anbietern des Örtchens, die ein modernes Apartmenthaus für zehn und mehr Gäste anzubieten haben. Fragen lohnt sich, die Kurse sind human. Der Champagner zeigte sich zurückhaltend, mineralisch, mit spürbarem, aber unaufdringlichem Holz, Apfelaromatik und einigermassen eleganter, langer Säure. Kein Knaller, der auf Verkostungen erstaunte Gesichter hinterlässt, aber ein solider Holzfasslchampagner, der in ambitionierten Restaurants übers amuse gueule hinaus eine gute Figur zum Essen macht.

G. Lemaire-Rasselet Brut

Reif, oxidativ, etwas einfach, aber vollmundig. Der Winzer, der am westlichen Ortsausgang von Boursault in Richtung Oeuilly am Waldesrand wohnt, macht einen von einer flüchtigen Holzandeutung und beachtlichem Reserveweinanteil geprägten Champagner. Dem Dreimädelchampagner von Baillette-Prudhomme insofern nicht unähnlich, aber etwas grober gestrickt.

Dom Pérignon Rosé Oenothèque 1990

Richard Geoffroy kündigt in seinem Blog den ersten Dom Pérignon Rosé Oenothèque, Jahrgang 1990, an. 

"Rosé yet amber in color; a glorious and intriguing expression of Pinot Noir beyond the commitment to the perfect blend; its voluptuousness expressing itself through layers of spices and exotic fruits"

Nachdem der 90er Jahrgang so viel Furore, wegen seiner teilweise vorzeitigen Altersschwäche leider auch negative, Furore gemacht hat, ist sich Geoffroy nun sicher, dass es an der Zeit für einen relaunch des Rosé ist. Dégorgiert wurde 2007, nun darf man auf die ersten Geschmackseindrücke gespannt sein.

Piper-Heidsieck spart (Arbeitsplätze ein)

Das Reimser Haus, dessen gehobene Champagner in Deutschland praktisch niemand kennt, streicht etwas mehr als ein Viertel seiner Arbeitsplätze. Damit gibt sich eines der ersten Opfer der als Champagnerkrise viel betratschten Kurskorrektur zu erkennen. Warum es gerade Piper-Heidsieck so drastisch trifft? Vielleicht, weil man dort in den letzten Jahren allzusehr auf den Supermarkt gesetzt hat. Die Versuche, im Prestigebereich etwas, z.B. Marktanteile, (an sich) zu reißen, sind eher mißglückt und zumindest in Deutschland hat sich die von Piper beauftragte Distributionsgesellschaft damit schlicht keine Mühe gegeben.

Die von Jean-Paul Gaultier gestaltete Lack-Corsagen-Cuvée dürfte sich stärker auf ebay und im sonstigen grauen Markt verkauft haben, als über reguläre und gewinnträchtige Vertriebskanäle. Auch die unfassbar originelle Kopfstandversion von Viktor & Rolf oder zuletzt "Le Rituel", der Champagnerschuh in Zusammenarbeit mit Christian Louboutin, haben zwar ihren Platz im Pariser Designkaufhaus Colette, aber nicht in den Weinschränken und Impitoyables der Champagnerfreunde gefunden.

Dabei sind die Champagner von Pipers Kellermeister Régis Camus nicht schlecht. Sie reifen teilweise sogar charaktervoll und schön, sogar der einfache Standardbrut mit dem markant roten Etikett entwickelt ein beachtliches Flaschenbouquet. Und selbst die Fachwelt staunte nicht schlecht, als Piper mit dem 79er und dem 88er einige alte Jahrgangsversionen des "Rare" hervorkramte, mit dem 98er einen aktuellen Jahrgang dreingab und mittlerweile in seinen erst kürzlich eröffneten Airport-Boutiquen auch noch einen 99er feilbietet.

Das wiederum passt zum jetzt verkündeten Strategiewechsel mit Schwerpunkt im Luxussegment. Aber ob das so einfach werden wird? Wer erst jahrelang mit Macht den Billigheimer gibt und sich dann gegenüber Vranken-Pommery-Monopole, den Genossenschaften von Jacquart (CRVC), Nicolas Feuillatte (CV) und Union Champagne beugen muss, wird Schwierigkeiten haben, den untenrum ramponierten Ruf beim Edeltrinker fruchtbar zu machen. Und was wäre denn aus der Mitte des Portfolios zu erwarten? Nun, da gäbe es beispielsweise die Sauvage-Serie. Die ließe sich dem aktuellen Ultra-Brut-Trend anpassen. Dann gibt es natürlich einen Jahrgangschampagner, der freilich noch nie für Aufsehen gesorgt hat. Einen Premier- oder Grand Cru sucht man vergebens. Auch Blanc de Blancs oder Blanc de Noirs finden sich nicht, ebensowenig eine Cuvée du Fondateur, eine Holzfasslchampagner oder eine Einzellage – alles Spielarten, mit denen andere Häuser im Moment bei den Liebhabern Neugier erwecken und punkten. Stattdessen hat es da einen süßlichen Sublime und eine Babybottle. Das eine liegt gerade am entgegengesetzten Ende des Trends, das andere steht im aufzehrenden Wettbewerb mit POP Pommery, den Feuillatte-Piccolöchen, Heidsiecks kleinen Blue-Tops und Clicquots Minibuddeln. Aber man wird sehen, was Konzernmutter Rémy-Cointreau draus macht.

Ruhr-Karussell Teil IV

 

 

Was wäre ein Ruhrmenu-Check ohne einen Blick auf die Teller der Résidence? Eben. Unvollständig. Deshalb musste Essens gastronomischer Leuchtturm mal die Lampen anmachen.

 

O.1 Erster Gruß aus der Küche: Dreierlei Appetizer

 

O.2 Amuse Gueule: Variationen vom Ochsenbäckchen, mal knusprig, mal mit Erbsenespuma

 

O.3 dazwischen: Walnussbrot mit mildgesalzener Butter

 

O.4 Zweiter Gruß aus der Küche: Karotten-Chili-Süppchen mit Bananenchip und Karotten-Kokos-Kraut

 

zu alledem: Champagne Perrier-Jouet Belle Epoque 1988;

beim Öffnen noch sehr zurückhaltend, zeigte sich im Glas doch eine altersgerecht verfeinert Perlage in einem sattgoldenen Rahmen. Die anfangs etwas metallische Nase war der Auftakt zu einem reifen, aromatischen Wechselspiel, das hauptsächlich aus frisch eingekochter Kondensmilch, Milchschokoladen- und Haselnussaromen bestand. Im Mund ein quietschfideles Säuregerüst, das immer noch mehr als großzügig mit Apfel, Toffee und Nüssen behängt war. Daher war meine Lieblingskombination die zum gebutterten Walnussbrot. Ebenfalls sehr gut vertrug sich dieser Champagner mit dem knusprigen Ochsenbäckchen und dem exquisit luftigen Erbsenespuma. Auch zum Noriröllchen war der Champagner schön, wobei der Reis noch etwas länger hätte gegart werden müssen, denn mehlig bröckeln dürfen einzelne Körner nicht. Zum zweiten Gruß aus der Küche war die Kombination am schwierigsten, denn insbesondere das Kraut hatte, vor allem zusammen mit dem Bananenchip, einen starken Einfluss auf die Geschmackswahrnehmung. Zum Süppchen allein passte diese entgegen im Vorfeld gehabter Befürchtung schön gereifte Belle Epoque allerdings durchaus.

 

I.1 Klümpken von geräucherten Aal & Sternenrenette, dazu Weingut Münzberg, Weissburgunder "Schlangenpfiff" Großes Gewächs 2007;

das Klümpken war ein dreischichtiger Würfel aus Gänseleber, einer Mittellage Ruhraal und einer oberen Schicht aus beidem. Eine gut durchdachte Komposition mit einem bissfesten Aal in der Mitte, der sich schön zur Leber machte. Ebenfalls sehr schön war der Schlangenpfiff dazu, klugerweise vom lobenswerten Sommelier Alfred Voigt im passenden Kelch serviert. Der Tupfer Gänselebereis war mir geringfügig zu kalt, um ihn gemeinsam mit dem Wein zu geniessen, was ich etwas bedaure. Die vanillierte Rote Bete hingegen setzte wieder einen schönen Akzent neben den Weißburgunder.

 

I.2 Involtini von Jakobsmuscheln & Brunnenkresse mit Rote-Bete-Chutney, dazu Künstler, Riesling Spätlese Alte Reben, Hochheimer Stielweg 2008

Eine überzeugende aromatische Zusammenstellung war auch die Brunnenkresse mit der Roten Bete. Typische milde Kresse-Schärfe und erdig, saftig, animierend, fruchtig das Chutney. Ein farbenfroher Rahmen für die Jakobsmuschel und genau der richtige Ort für Künstlers Alte Reben, die mir solo noch ein wenig zu jung vorkamen.

 

dazwischen gab es die beliebten selbstgebackenen Brötchen, von denen mir das mit Tomatenpesto noch besser gefiel, als das ebenfalls sehr gute Laugenbrötchen

 

II.1 Stulle von Kaninchen mit gebackenen Schalen & Stampf von Erdäppeln in Honig-Senf-Sauce, dazu Deutzerhof Cossmann-Hehle Spätburgunder Caspar C. 2006

Dieser Spätburgunder gehört zu den trotz Holzeinsatzes zurückhaltenden Vertretern mit kühler, mineralischer, von etwas apfelpektinigem, tanninigem grip unterstützter Stilistik. Zum weichen, aber nicht labberigen Kaninchen passte das sehr gut, während ich dem Wein solo nicht viel abgewinnen konnte. Aber zum Essen ein wahrer Prachtbursche, dessen ganze Stärke sich noch zeigen sollte: in Verbindung mit dem reichlichen Trüffelaroma einerseits, als Komplize der konzentrierten, aber nicht überladenen Sauce und schließlich noch zum Zwiebelconfit. Jede Komponente entlockte diesem allein etwas schüchtern dastehenden Burgunder eine neue treffende und schlagfertige Äußerung, so dass ich den Gang letztlich als den schönsten angesehen habe.

 

II.2 Sautierter Langostino mit Pimentofregola, Auberginentasche und Paprikaperlen, dazu Gerard Boulay Sancerre Chavignol 2007

Wenn man diesen Wein getrunken hat, fragt man sich, warum die verschiedenen Meeresbewohner nicht lieber in Sauvignon-Blanc schwimmen. Mineralisch, gravitätisch, aber nicht schwülstig, mit frischen, an Verbene und Trockenkräuter erinnerndem Duft, im Mund schlank, lang und wendig. Dem Langustino merkte man an, dass er sich in dieser Begleitung wohlfühlte und das Auberginentäschchen fügte einen raffinierten touch hinzu. Besonders gelungen waren aber die Paprikaperlen, deren Aroma sich im Wein gespiegelt fand.

 

III.1 Lachsforellenstollen mit Blutwurst und lauwarmem Kappessalat, dazu Knipser, Mandelberg "Steinbuckel" Großes Gewächs 2007

Der Stollen als Edel-Dürüm angerichtet, auf der einen Seite mit der Lachsforelle, auf der anderen mit der groben Blutwurst, war in einem krossen Teigmantel untergebracht. Den zu zerschneiden, bedeutete leider immer auch, etwas von der Füllung herauszuquetschen, was bei mir nicht sehr schön aussah, aber gut schmeckte. Eine gute Sache waren die luftigen, sehr krossen Kartoffelkissen, aber eine gute Sache war auch der Steinbuckel zur Blutwurst. Die hat bekanntlich eine durstfördernde Eigenschaft, das Große Gewächs in diesem Fall eine dankenswerte und überaus hilfreiche Feuerwehrfunktion.

 

III.2 Strudel vom Saibling mit Spitzkohlsalat und Birnen-Ingwerrelish, dazu Peter und Brigitte Pligers Kuenhof, Grüner Veltliner aus dem Eisacktal 2007

Wenn sich je einer fragen sollte, welche Daseinsberechtigung der Sommelierberuf eigentlich hat, dann ist die Antwort einfach: um dem Gast solche Weine zu empfehlen. Zunächst ein mörderischer Stinker, dann erstmal lange nichts als Mineralstaub und eine konzentrierte, zehrende Säure, nach spannungsvollem Warten kippt der Wein dann nicht tot um oder wird gar brandig, sondern entlässt den Gaumen aus seinem Würgegriff und heraus fallen Blumen, Kräuter und beinahe zufällig noch das Pfefferl. Zum Saibling war das ein extrem guter Griff und zum Birnen-Ingwerrelish hätte ich mir gar nichts anderes wünschen können.

 

IV.1 Taubenbrust und Keule aus dem Henkelmann mit karamellisierten Schwarzwurzeln, Pancettachip und Graupenallerlei, dazu Springfontein Ulumbaza Syrah 2006

Der Henkelmann war ungewohnt minimalistisch, einfach nur ein Knusperbogen, der sich über die saftig lockende Taube spannte. Das Taubenfleisch wunderbar zart, mit einer dichtwürzigen, unverfälschten Sauce, die einwandfrei mit dem beschwingten, leichten Syrah harmonierte. Dem gelang es, einerseits der Sauce, andererseits den Rote-Bete-Würfeln und den Schafspilzen Gewürznoten zu entlocken, die das Menu auch in Afrika hätten heimisch erscheinen lassen können. Schöne Randnotiz: Die Macher von Springfontein kommen sogar aus Essen.

 

IV.2 Steinbutt mit Bianchettotrüffeln, Spaghetti und Canelloni vom Muskatkürbis und Zitrusfrüchtesugo, dazu Springfontein Sauvignon/Sémillon 2007

Zum Steinbutt machte sich der Bianchettotrüffel bestens, schließlich hat er ja jetzt auch Saison. Mir war der Wein etwas zu fruchtig dazu und auch zum Zitrusfrüchtesugo, das wiederum grossartig gelungen war, passte er besser in der Nase als im Mund. Schön dagegen war die Kombination mit dem Muskatkürbis.

 

V. Schnuckelige Quitte mit Ziegenkäseeis, dazu Martin Pasler, Welschriesling Beerenauslese 2006

Die Quittenvariation bestand aus einem Ragout von der Quitte, dem Ziegenkäseeis mit Quitte und einer Lilienblüte, einem Karamell und einem Schokegel mit Apfelfüllung. Die Beerenauslese von Pasler machte alles davon mit. Gegenüber der Quittenvariation spielte sie ihre softe, musige Seite aus, zur Lilienblüte konterte sie mit geballter Süße, die gekonnt zum kräftigen Ziegenkäse überleitete, die vom Apfel aufgelockerten Schokoaromen erwiderte sie mit einem Rest an fruchtiger Säure.

 

Patron Bühler, ließ zur Strafe für den versäumten Schluck vom mitgebrachten 88er Belle Epoque schwarze Gläser auffahren, deren Inhalt bestimmt werden musste. Listigerweise hatte er Champagne Lenoble Rosé 2004 eingeschenkt; dessen fruchtige, nicht sehr säurebetonte Art liess mich auf einen noch jungen Winzerchampagner mit mindestens 70% Chardonnay tippen. Ob weiß oder Rosé, da war ich mir nicht sicher, wobei die ausgeprägte Frucht sehr für Rosé sprach, ebensogut hätte es aber auch ein hoher Chardonnayanteil aus Ay oder Mareuil sein können.

 

Abschließend gab es noch eine umfangreiche Auswahl vom gut sortierten Käsewagen, ganz zum Schluss Pralinés.

 

Die zwei Sterne sind verdient, die Küchenleistung muss ich gegen Anwürfe, sie sei allzu unbeweglich in Schutz nehmen. Der Service ist über jeden Zweifel erhaben, ausgesprochen aufmerksam und niemals aufdringlich, gleichzeitig von einer unaufgesetzt fröhlichen Freundlichkeit, die man andernorts vermisst. Auch entstand in dem nicht sehr großen Speiseraum in keinem Moment der Eindruck von Enge oder Überfülltheit. Glückliches Essen!

Der Dom Pérignon Blog

Der Gaumen hinter einem der gewinnträchtigsten Zugpferde von LVMH hat jetzt einen eigenen Blog. Richard Geoffroy, Kellermeister für Dom Pérignon, schreibt auf

http://www.richardgeoffroy-domperignon.com/

über seine Arbeit. Das Design ist dem seit dem 98er Jahrgang ebenso kontinuierlich wie behutsam erneuerten, schlichten Gewand des Champagners angepasst. Bislang finden sich nur zwei Einträge und keine Photos dort, aber der Blog ist ja noch ganz frisch.

Freundschaftsspiel Delamotte ./. Janisson-Baradon im Champagnerleistungszentrum

 

 

Im Champagnerleistungszentrum wird nicht immer nur erbittert trainiert und gekämpft, es gibt auch freundschaftliche Zusammenkünfte. So wie zwischen der älteren Cousine von Champagne Salon und dem gravitätischen Herrn Baradon.

 

A. Delamotte Blanc de Blancs

Bei Delamotte muss man sich davor hüten, ihn mit der Vorstellung zu trinken, einen kleinen Salon im Glas zu haben. Denn die Verwandtschaft ist zwar da, aber doch nur wie bei zwei zärtlichen Cousinen. Für prüd-mürbe Gemüter schon ein verbotenes Prickeln, aber nach den Wertungen von § 173 StGB und § 1307 BGB quasi business as usual. Und doch lässt einem die jüngere von beiden, die Venus im Pelz (von Eugène-Aimé Salon, einem Pelzhändler) regelmäßig die Brille beschlagen. Wir hatten es dennoch auf die Ältere abgesehen. Eine gute Entscheidung, wie sich nach einer halbstündigen Wartezeit zeigen sollte. So lange dauerte es nämlich, bis sich die feine Dame entblättert hatte. Und was sich da offenbarte, war mitnichten ein barfüssiger Bauerntrampel, sondern eine hochgewachsene, aristokratische, wenngleich öffentlichkeitsscheue Schönheit. Vergessen war die kühle, distanzierte Begrüßung, die so charmant war, wie eine Mischung aus kaltem Zigarettenrauch und Minzbonbon. Fast unbemerkt hatte Delamottes jahrgangsloser Blanc de Blancs sich mit einem eleganten Rumrosinenparfum und einer Schleppe köstlicher, saftiger kirschwassergetränkter Früchtebrotstücke appetitlich hergerichtet. Bei aller Frugalität und langsam zelebrierten Verführungskunst war Delamottes BdB aber leider stets kurz angebunden und hinterließ dann doch keinen auch nur annähernd so langen Nachhall, wie der große Auftritt vermuten ließ. Vielleicht kommt das noch.

 

B. Janisson-Baradon Cuvée George Baradon 1999

Nachdem Tom Stevenson und Richard Juhlin leider keine eigenen Verkostungsnotizen zu Janisson-Baradon zu bieten haben, ist es unbedingt an der Zeit gewesen, in diese Lücke hineinzustossen. Ein guter Ansatzpunkt ist dafür stets die Cuvée du Fondateur eines Hauses. 1922, also ein Jahr nachdem Salon seine Champagner erstmals kommerzialisierte, gründete George Baradon das heute unter Janisson-Baradon firmierende Haus. Nach ihm ist die Spitzencuvée benannt. Mittlerweile muss sie sich den Platz an der Spitze des Sortiments mit dem nach den Regeln des Club des Trésors de Champagne kreierten Einzellagen-Jahrgangschardonnay "Les Toulettes" teilen. Das macht aber nix, die beiden Champagner sind unterschiedlich genug, um das Portfolio nicht zu zerfasern. Der George Baradon ist ganz im Stil der damaligen Zeit ein Mix aus den beiden Edelreben, 70% Chardonnay und 30% Pinot-Noir, aktuell wird der 2001er verkauft. Verkostet wurde der reifere, schon zugänglichere 99er. Der tat mit weltmännischer Gebärde auf, war mit einem sehr gentlemanhaften Parfum angetan und duftete deshalb unaufdringlich nach einer Mischung aus Edelholz, Armagnacpflaumen, rotem Apfel und Blutorange. Mit Luft verfeinerte sich das Gemisch zusehends und unterstütze die ebenso leb- wie gewissenhaft am Gaumen arbeitende, schlanke und unaufdringliche Säure bei ihrem erfrischenden Werk.

 

C. Auswertung

Zwei sehr unterschiedliche Champagner. Herkunft und Alter wirkten trennend, verbindend dagegen der hohe Qualitätsanspruch und die ausdrucksvolle Performance. Bei Delamotte könnten gern noch ein paar Jahre der Reifung hinzukommen, beim Baradon sass jetzt schon alles so gut und präzise, dass man sich nur wünschen kann, es möge möglichst lange so bleiben.

Eröffnung des Champagnerleistungszentrums

Das "Champagnerleistungszentrum" ist eine lose Folge von Verkostungsnotizen, in der die Gastroperformance ausgewählter Champagner etwas genauer beleuchtet wird. Zur Eröffnung des Champagnerleistungszentrums trafen zwei Bewerber aufeinander. Der kleine, wendige Winzerchampagner von Thierry Bourmault und der Jahrgangschardonnay vom Genossenschaftsgiganten:

 

A. Thierry Bourmault Blanc de Blancs Premier Cru "Sylver Class"

Dieser sehr kleine Winzer aus Cuis ist mir nun schon zum wiederholten Male positiv aufgefallen. Der Erzeuger bringt im Jahr weniger als 20000 Flaschen auf den Markt und verkauft einen Teil seiner Trauben an ein namhaftes großes Haus. In einer kleineren Blanc de Blancs Verkostung machte er eine gute Figur neben Dethune und Ruinart und bei meinem letzten Champagnebesuch glänzte er schon wieder.

 

I. St. Jacques provenzalisch, mit Basilikum-Steinpilzpesto und Limette

Die St. Jacques waren sehr gross ausgefallen, trotzdem mit einem gleichmäßig glasigen Innenleben. Genau die richtigen Appetithappen also, zu denen sich die kräftige Basilikum-Aromatik fast schon zu sehr aufdrängte, wenn nicht der Limettenspritzer für etwas Bändigung auf dem Teller gesorgt hätte. Dazu also der Sylver Class. Der Limettenspritzer zu den St. Jacques war gleichzeitig das Bindeglied zu der ausgesucht saftigen, limonenfrischen Natur des Champagners. Der dampfte förmlich im Glas, einen solchen enormen Überdruck bekommt man in deutschen Markensekten scheinbar nur mit zugesetzter Industriekohlensäure hin. Im Mund lebhafter, turbulenter Schaum und eine Aromenkoloratur wie in Mozarts Sonate Nr. 11 in A-Dur, KV 331, vulgo Rondo alla Turca. Ich weiss, sehr viel Metaphernkonfekt und wikipediagesättigte Bildungshuberei. Aber genau so schmeckte das nunmal.

 

II. Foie Gras mit Ratafiagelee und rosiniertem Pain Grillé

Unvermeidlich in Frankreich ist die Foie Gras und ich komme leider nicht dran vorbei. Vor allem nicht, wenn man mir ein Ratafiagelee dazu verspricht, dessen konzentrierte, mostige Süße viel besser zur Foie Gras passt, als Trüffel oder Preiselbeeren. Die Foie Gras war erwartungsgemäß schmelzig, aber mir etwas zu fad, so dass das Ratafiagelee keinen adäquaten Kontrapunkt setzen konnte, sondern etwas mastig wirkte. Der Wirt schien das zu wissen, denn zu dem rosinierten Pain Grillé schmeckte die Foie Gras dann wieder. Das Pain Grillé hatte die Schlüsselrolle auch hinsichtlich des Champagners: der hatte zwar praktisch noch gar keine Röstnoten entwickelt, aber man konnte zusammen mit dem Toastaroma eine Vorstellung davon gewinnen, wie der Champagner sich vielleicht einmal entwickeln würde.

 

III. Avocado mit luftgetrocknetem Schinken und Scheiben vom Parmiggiano Stravecchia

Avocado ist eine ziemlich fette Frucht. Oder Gemüse. Oder Obst. Oder was auch immer. Das macht sie zum Partner für spritzigen Champagner. Obacht ist jedoch geboten und unkritisch zusammengestellte Paarungen werden mit Bitternoten bestraft. Nicht so hier. Der mildsalzige, butterweiche Schinken und der kristalline, körnige Parmesan waren zusammen mit dem reifen, weichen, aber noch nicht matschigen Fleisch der Avocado eine zwar nicht besonders ausgefallene, aber unter Weinkombinationsgesichtspunkten auch nicht leicht zu bewältigende Aufgabe. Hier bewies der Sylver Class Allrounder-Qualitäten und ich konnte mir nicht viele Stillweine vorstellen, die dazu besser gepasst hätten. Etwas indifferent war der Champagner freilich zur Avocado, er gewann aber in der Kombination.

 

IV. Fladenbrot mit geräuchertem Scamorza und Soppressa

Der Scamorza ist ja auch so ein Geselle. Das Raucharoma und die Neigung zum Flocken und Fädenziehen machen ihn etwas schwierig. Deshalb esse ich ihn am liebsten ohne alles, höchstens noch mit einem Stückchen abgerissenen Brots. Oder aber man schneidet den Kollegen in nicht zu dünne Scheiben und steckt ihn in den Ofen. Da kann er sich dann zum Beispiel mit der Schärfe einer gut gewürzten Soppressa vermählen und heraus kommt ein buntgewürzter Spielplatz par excellence, der Tummelplatz für alle Moselkabinette, leichten Pouilly-Fumés, so manchen Chablis und nicht zuletzt die leichteren Champagner. Der Bourmault hatte den Vorteil der sprudelnden Frische, denn nach dem zweiten oder dritten Gang schätze ich die gaumenreinigende Wirkung der Kohlensäure sehr. Vielleicht war die Champagnerfrucht, der Käse und die Soppressa auch einfach etwas zu viel, muss ich im Nachhinein sagen.

 

B. Nicolas Feuillatte Blanc de Blancs 1998

Der Genossenschaftschampagner ist in Frankreich einer der großen Marktteilnehmer und gewinnt auch in Deutschland immer mehr Anteile. Die Basisqualitäten sind in Ordnung, die Spitzencuvée Palmes d'Or ist es ebenfalls (die 96er Palmes d'Or ist sogar herausragend), auch wenn sie kaum einer kennt und wenn sie von Champagnergeeks beinahe furchtsam gemieden wird. Was in Deutschland noch fast unbekannt ist, sind die mittleren Qualitäten von Nicolas Feuillatte. Dazu gehören vor allem die verschiedenen Rebsorten- und Lagenchampagner. Das Klügste, was eine Cooperative machen kann, ist die Vorteile der Mitgliederstruktur auszuspielen. Die Champagnergenossenschaften sind darin alles in allem ziemlich gut. Nun musste also der 98er Blanc de Blancs ran.

 

I. Grüner Salat mit Vinaigrette

Diese Speise, so simpel sie ist, stellt für jeden Wein eine Herausforderung dar. Schuld ist natürlich die Vinagrette. Der Feuillatte gab einen guten Einstand. Gülden und reif stand er im Glas, lockte mit Honigduft und Mandelmilch, Toast, Apfelsaft und Lindenblütentee. Eine wohlgenährte, propere kleine Prinzessin kündigte sich an. Und Frauen können mit Salat sowieso irgendwie besser, als Männer. Ein knüppelharter Chardonnay aus Le Mesnil wäre also vermutlich die falsche Wahl gewesen. Unser Prinzesschen ging die Sache behutsam an. Die milde Nase empfing ausgesucht höflich den forschen Senf aus der Vinaigrette und nahm ihm so ganz unverhofft den Wind aus den Segeln. Im Prinzessinengemach von Apfel, Honig und Mandel hätte aber auch der stänkerndste Saubube noch Manieren an den Tag gelegt. So war der Einstieg schonmal gelungen.

 

II. Pâté de Campagne von der Ente mit Pain Grillé und violettem Senf

Dass der Feuillatte mit Senf kann, hatte er gezeigt. War noch die Eskalationsstufe violetter Senf abzuchecken. Der verhielt sich aber zahm, war selbst eher von der fruchtigen und entgegenkommenden Seite und nicht einer von den um jeden Preis auftrumpfenden Senfen. Damit stand der Senf ganz in der Tradition seines prominentesten Anhängers, Papst Clemens VI., dem man sagenhaftes diplomatisches Geschick nachsagt. Der päpstliche Nuntius und die Champagnerprinzessin vergnügten sich vornehm, die Landpartie wurde von zartem Entenfleisch in einer angemessenen Schmalzhülle begleitet, das bewährte Pain Grillé sorgte für harmonischen Gleichklang mit den schon reiferen, mehr als andeutungsweise toastigen Chardonnaytönen.

 

III. Boeuf Tartare

Auf das diplomatische Zwischenspiel folgte eine sehr weltliche Aufforderung zum Tanz. Das Boeuf Tartare mit seinen Kapern, Anchovis und der Worcestershiresauce ist eine ziemliche Zumutung für den Champagner. Mir schmeckt es aber gelegentlich ganz gut, musste der Champagner also sehen, wo er blieb. Gegen das Tartar war geschmacklich nichts einzuwenden, ich habe lediglich etwas mehr grob gemahlenen Pfeffer dazugefügt und war sehr gespannt auf den Zusammenprall. Der Feuillatte musste die Fähigkeit zeigen, sich schnell an veränderte Bedingungen anpassen zu können, echte Evolutionssiegerqualitäten also. Etwas ungelenk wirkte der Champagner indes, als er auf die Worcestershiresauce traf, auch der aromatische Pfeffer machte es ihm nicht gerade leichter. Die soeben noch hochgeschätzte milde und versöhnliche Art musste einer erhöhten Schrittfolge weichen, das Tartar kitzelte ein paar Säureakzente mehr heraus und die weiche, einlullende Frucht sah sich ummodelliert zu einer Komplizin des Kapernaromas. Insgesamt eine vorhersehbar schwierige Kombination, die den Champagner an seine Grenze brachte.

 

IV. Ziegenkäsetartelett und überbackener Bleu d'Auvergne

Als Abschluss eine leichtere, klassischere Kombination, deren Hürden nicht so hoch waren. Zum Ziegenkäsetartelett konnte das ganze Arsenal des Champagners noch einmal glänzen, eine sowjetrussische Militärparade war nichts dagegen. Schwierig wurde es zum Bleu d'Auvergne. Der verlangte mehr Herzblut und Süße. Dass die Kombination gelang, lag nicht an Reife und dazugehöriger Alterssüße des Chardonnays, sondern nach meinem Dafürhalten bloss am Dosagezucker.

 

C. Auswertung

Beide Champagner waren in guter Form, der youngster Bourmault vielleicht sogar in der Form seines Lebens. Von diesem Talent wird mit Sicherheit noch einiges zu hören sein. Aus dem Stall der Genossen kam ein gut geformter, gediegener und sehr weltläufiger Champagner, der ersichtlich aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen konnte. Einen Hauch mehr an Spontaneität und Originalität hatte am Ende der Winzerchampagner.

Die Champagnerwinzer haben schon wieder gewählt

Das Syndicat Géneral des Vignerons de la Champagne (SGV) kommt nun hoffentlich zur Ruhe. Am neuen Prachtbau des Verbands lässt sich erstmal nicht rütteln, gefragt ist jetzt eine Verbandsführung, die bei den Winzern wieder Ruhe einkehren lässt.

Als Präsident konnte sich gestern Pascal Férat mit 30 von 48 Wählerstimmen (das entspricht 62%) gegen Pierre Cheval und Patrick Le Brun durchsetzen. Der 53-jährige ist Récoltant Cooperateur in Vertus und war Chef der dortigen Genossenschaft "La Goutte d'Or", sowie des Genossenschaftsverbands. Insofern ist ihm vielleicht am ehesten zuzutrauen, oder besser zuzumuten, eine aufgebrachte Winzerschaft zu führen.

Unterstützen werden ihn Dominique Fleury, Joel Falmet und Maxime Toubart als Vizepräsidenten, Generalsekretär wird Remi Durand. Antoine Chiquet, Jocelyne Dravigny, Joël Follet, Michel Furdyna und Hervé Tissier bilden den erweiterten Führungsstab.

 

Champagner-Umfrage: die Ergebnisse

Hier sind die Ergebnisse meiner kleinen Schaumwein-Umfrage

the results of my sparkling-survey

1. bei der Frage nach Champagner oder einem Alternativsprudler war die Tendenz deutlich

the majority went for champagne instead of alternative sparklings

– Champagne 76,47%
– anderer Schäumer/other sparkling 5,88%
– manchen war es auch egal/don't care 17,65%

2. Noch klarer ist die Farbpräferenz

colour preferences were even clearer

– weiss/white 84,31%
– rosé 5,88%
– beides gleich gut fanden/both 9,80%

3. die Liebhaber des Blanc de Blancs überwogen

blanc de blancs rules

– BdB 47,06%
– BdN 29,41%
– beides gleich gut oder egal fanden/both 23,53%

4. auch die Jahrgangsfraktion ist stark

vintage, too

– mit Jahrgang/vintage 66,67%
– jahrgangslos/NV 15,69%
– mal so mal so mögen es/depends 17,65%

5. die jungen Früchtchen kommen nicht so gut an

nolita

– jung und sexy/barely legal 19,61%
– reif und schön/milf 58,82%
– mal hier und mal da naschen wollten/nibble on both 21,57%

6. die Winzer sind beliebt

growers have strong support

– Grande Marque/big house 17,65%
– vigneron indépendant/grower 56,86%
– auch hier gab es viele Wechselwähler/changelings 25,49%

7. knochentrocken lautet die Devise

dosage: the lower the better

– Ultra Brut 88,24%
– zum sugardaddy bekannten sich nur/candy shop's almost closed with a mere5,88%
– und das ganze Spektrum wollten ebenfalls nur/take 'em all no matter how much sugar's in there 5,88%

8. die Einzellagenfreunde waren in der Mehrzahl

single action strikes

– Monocru/single vineyard 49,02%
– Gebietsverschnitt/blend 25,49%
– aus Kosten- oder anderen Gründen nicht festlegen wollten sich/not sure 25,49%

8. Freunde der Kathedralenstadt fanden sich nicht so viele, Krug-Fans dafür um so mehr

looks like the krugists did not support the city of reims

– Reims 19,61%
– Epernay 49,02%
– unentschlossen oder egal/whatever 31,37%

10. trotz des Bekenntnisses zum Winzerchampagner konnten sich nicht so sehr viele zum Starwinzer durchringen. Vielleicht deshalb, weil Krug ja selbst so etwas wie ein grosser Kultwinzer ist

Krug defeats Selosse

– Krug 41,18%
– Selosse 29,41%
– einige konnten zu einem oder beiden Champagnern nicht so viel sagen und blieben deshalb unentschieden/some haven't had enough drinking experience with any or both of the producers 29,41%

Ruhr-Karussell Teil II

Zweite Station war der Kölner Hof in Frohnhausen

 

Amuse Gueule: Strammer Max mit Wachtel-Spiegelei und Grubensalz, Meerrettichschaum, roter Bete und Brikett von der Schweinskopfsülze, dazu Champagne Alfred Gratien Brut Classique NV

Eine sehr schöne Eröffnung mit einem perfekten, trotz seiner geringen Größe ungeheuer aromatischen Spiegelei. Der Meerrettichschaum mit der roten Bete war auch schön abgestimmt, vertrug sich aber mit dem Champagner nicht so wundervoll harmonisch, wie der stramme Max. Die Sülze wiederum war einwandfrei abgestimmt mit der knusprigen Ummantelung und passte sehr gut zum Champagner.

 

I. Kaninchenfilet und Aal mit gebackener Schwarzwurzel, dazu Markgraf von Baden, Müller-Thurgau, Birnauer Kirchhalde 2008

Aromatischer, nicht zu fetter und schön festfleischiger Aal, sehr schön dazu die Karottencrème und auch die nussige Würze des fesch-eleganten Müllers machte sich gut dazu. Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja für Müller-Turgau nichts übrig. Aber es gibt immer wieder Kombinationen, in denen er sich gut macht, so wie hier. Das Kaninchenfilet als zweiter Prüfstein für den Müller erwies sich eenfalls als nicht zu abgehoben. Insbesondere mit der bissigen, aussen krossen Schwarzwurzel ein schöner Partner für den Müller.

 

II. Taubenwürstl und Blutwurst mit Himmel und Erd, dazu Blankenhorns Spätburgunder aus der Ruhr-Edition

Das Taubenwürstl war im Grunde eine aufgeschnittene Boudin Blanc mit einem Taubenkern. Was eine pikante, auch sehr sättigende Kombination war. Die weiche, feinteigige Blutwurst war nicht zu salzig und arrangierte sich glänzend mit dem Kartoffelpurée und dem roten, kirschtomatenförmigen Apfelgelee. Der fruchtige Spätburgunder wirkte eine Spur metallisch mit der Blutwurst, bettete aber das taubenwürstl schön ein.

 

Entr'acte: Limetten-Basilikum-Sorbet mit Minzpesto

Ein Traum! Das Basilikumaroma passte perfekt zu der herbfrischen Limette, das Sorbet war nicht zu fest, aber auch nicht an den Rändern schon wässrig geworden, das Minzpesto brachte einen zusätzlichen, nicht erdrückenden oder gar an Krankenhaustee erinnernden Kick. Könnte ich kiloweise essen.

 

III. Hecht und Lachsforelle mit Graupeneintopf und Steckrüben-Roulade auf Kressesauce, dazu Weissburgunder von Buhl aus der Ruhredition

Die Forelle war von etwas weicher Konsistenz, auch die Graupen waren schon eine Spur zu weich. Die Roulade hingegen war etwas innen etwas musig, schmeckte aber sehr vollmundig; die Kressesauce war insgesamt von einer frischen, dezenten Kresseschärfe, die gut zu Hechtklössen und Forelle passte, aber ruhig etwas stärker hätte ausgeprägt sein können. Der betont fruchtige Weissburgunder zeigte sich sehr konziliant, alles in allem war das aber der schwächste Gang.

 

IV. Rücken und Keule vom Lamm mit Schnibbelbohnen und Eierkohlen-Kartoffeln, dazu Lestage-Simon Cru Bourgeois Supérieur 2005

Hier zeigte Heinz Furtmann wieder die volle Breitseite, speziell die Sauce war die reinste Lämmchenessenz. Die Rückenstücke waren in einer kräuterigen Kruste, innen war das Lamm von hellstem Rosa. Die Stücke aus der Keule profitierten besonders von dem kraftvollen Sud und entfalteten eine herbkräftige Aromatik, die gut zu den mundgerechten, leicht mürben Happen passte. Der Bordeaux war zur Keule die bessere Kombination und brachte mit feinen Graphitstrichen, Mandel und Kirscharoma noch eine weiter Komplexitätseben ins Spiel. Als Solist wäre er indes nicht geeignet gewesen, für mich eher der klassische Speisenbeleiter.

 

V. Törtchen und Mousse von der Quitte mit Steckrübeneis, dazu Guntrum, Penguin Silvaner Icewine 2007 aus der amerikanischen Broadbent Selection

Der Eiswein zunächst mit viel Reiswaffel, Aprikose und Pfirsich in der Nase im Mund praktisch null Säure, aber eine smoothe, loungige Atmosphäre. Passte sehr gut zu den Quittenaromen und auch zum nur dezent süßen Steckrübeneis; besonders gut meiner Meinung nach zu dem herrlichen kleinen Quittentörtchen.