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Terres et Vins de Champagne 2014

Die Mutter aller Treffen, das Woodstock des Champagners, der jährliche Kulminationspunkt regionalen Könnens, das alles ist die Schau der Champagnerwinzer von Terres et Vins de Champagne nicht. Ein Fest der convivialité, ein unkompetitives Familientreffen oder ein Fenster in die Ideenwerkstatt einiger führender Winzer schon eher. 

Ein liebevoll gestaltetes Rahmenprogramm ermöglicht es einer kleinen Gruppe von Freunden dieser Veranstaltung, noch tieferen Einblick zu erhalten, als das ohnehin schon möglich ist. Dieses Jahr gab es am Vorabend alte Jahrgänge der Winzer zu probieren, bis zurück in die Sechziger (der älteste war von Gastgeber Goutorbe und schmeckte nach der bis heute vorhandenen hohen Dosage, aber gleichzeitig so sanft, karamellig, reif und gut, dass ich das gern verzeihe und die gerade wegen ihrer im Umfeld der Terres et Vins für mich immer viel zu hoch erscheinende Dosage jetzt mit anderen Augen zu sehen geneigt bin), und da war manches gut erhaltene Schatzekind dabei. Für mich war das mehr als lehrreich, wobei ich gleich relativieren will: das sind überwiegend Champagner gewesen, die man nicht kaufen kann und die für die meisten Konsumenten keine große Rolle spielen werden. Der Lehr- und Mehrwert dieser Veranstaltung, abgesehen davon, dass man sich als Teilnehmer bestens unterhalten und charmant gebauchpinselt fühlen kann, liegt darin, dass Entwicklungslinien der Erzeuger deutlich werden, die sonst vielleicht verborgen geblieben wären. Austern und Salat vom Kaisergranat sorgten für die alkoholfreie Flüssigkeits- und Proteinzufuhr, zuständig dafür war das Reimser Lokal Le Bocal, einem der besten Fischläden der Stadt und den meisten regelmäßigen Reims-Besuchern sicher ein Begriff.   

Am nächsten Tag fand die eigentliche Terres et Vins de Champagne statt und ermöglichte den Blick in die Zukunft des Champagners.

Bérèche 

legte mit dem Beaux Regards Chardonnay auf 2010er Basis mit 2 g/l Dosage ein lächerlich hohes tempo vor. Dieser Gewaltchampagner ist ein Pflichtkauf, mir ist kein Champagner geläufig, den Bauteilen Apfel, Nuss, Druck und Burgund eine ähnlich brisante, explosive, gelungene Mischung am Gaumen abliefert. Der Rive Gauche Pinot Meunier auf 10er Basis mit 3 g/l ist anders gebaut. Knackige Säure, Reife, ein Champagner, der mitten in der Entwicklung steckt und zum Ende hin selbstbewusste, sehr feine Süße zeigt. Mit dem ormes Coteaux Rouge aus PM/PN endete das Programm von Rafael beinahe symptomatisch: immer mehr Spitzenwinzer befassen sich nämlich mit der Stillweinvinifikation. Vielleicht, weil man dabei sehr viel über seinen eigenen Champagner lernen kann, nicht immer mit dem gewünschten geschmacklichen Erfolg, aber mit einer rasend schnell zunehmenden Präzision und einem laufend fortschreitenden Verständnis für Champagner, durch das Spiel über Bande. Elegant, schlank und schmalfüssig war der Rotwein, aber für mich durch nichts merklich mit dem Champagner verbunden, anders noch als bei Dehu zwei Tage zuvor, wo es sich allerdings auch um die  Interpretation einer Einzellage in rot/still, weiß/still und als Champagne handelte.

Horiot 

öffnete mit dem Les Escharere einen Mergelpinot (100PN), dessen salziger Charakter von einer sämigen Textur begleitet wurde, die wegen ihres Wiedererkennungswerts irgendeine Art von Terroir-Epitheton verdient hat, ohne dass ich gleich die Terroirdiskussion hier wieder entfachen will. Klar ist nur: der Champagner hat geschmackliche Eigenarten, die ihn von Pinots selbst aus der unmittelbaren Nachbarschaft (der hausintern als Grand Cru angesehene En Valingrain beispielsweise) unterscheiden und die nicht auf offenkundige Kellermethoden zurückzuführen sind; doch wie auch immer, der Escharere gehört zu den Spitzen des Gebiets und fügt der Bandbreite des Pinot wertvolles hinzu. Weniger offen schienen mir die beiden En Barmonts zu sein, die sich gegenüber dem Valingrain eine Komplexitätsstufe weiter unten angesiedelt haben. Der Pinot Blanc aus dieser Lage wäre sicher mal ein interessantes Muster im Vergleich mit zB den Weinen von Dr. Heger. Der Métisse erwies sich einmal mehr als optimaler Freizeitchampagner und auf Flaschen gefüllter Wuzzlerspass. Der Sève en Barmont in weiß bildete mit seiner Gewichtigkeit, dem rauheren und aromatisch dunkleren Charakter einen Übergang zwischen Métisse und Sève Rosé, der wiederum als veritabler Wein auftrat und mich von der Nase her dringend an die schönen Pinots aus dem Tonnerrois erinnerte. Ein zum Schluss probierter Rosé de Riceys aus 2009 schien mir noch längst nicht trinkbereit, zu warm und rosinig einerseits, zu ungesetzt, zergliedert und stellenweise wässrig auf der anderen Seite. wenn sich das mal ineinanderfindet, wird der Wein Spaß machen, es kann aber gut sein, dass die beiden Entwicklungslinien aneinander vorbeilaufen oder sich verpassen und dann war's das natürlich.

Brochet

ist noch nicht so lange im Club und gehört dort aber schon länger hin, wie man weiß. Gekonnte Fassvinifikation ist nämlich ein geeignetes Aufnahmekriterium, neben anderen. Gut, also richtig gut, mit Pinot Meunier umgehen zu können, ist, je nach Herkunft, vielleicht ein weiteres Kriterium. Bei Brochet gab es Pinot Meunier und Chardonnay nebeneinander, was die programmatische Ausrichtung andeutet. Der Meunier war dann dementsprechend nicht nur gerade mal so trinkbar oder so etwas ähnliches wie ein seltsam fruchtig geratener kleiner Chardonnay oder ein wunderliches Zeug mit erstaunlicher Säure, das man aber nicht recht trinken mag, erst recht kein Brottrunk oder eindimensionale Hefesuppe, sondern ein Wein, an dem die Holzverwendung mit Bedacht zur Veredelung geführt hat und der auf den Punkt trocken war, ganz ohne jedes unnötige Zuckerschwänzchen. Wie ein großer Cousion erschien daneben und danach der Chardonnay, der den Meunier wie eine sehr gute Illusion wirken ließ, weil nun einfach von allem mehr kam, fordernder war und die Aufmerksamkeit stärker fesselte. Das war so notwendig wie gut, denn nun sollte es mit dem für einen Extra Brut erstaunlich süß wirkenden Mont Benoit einen der Champagner geben, von denen man noch viel hören wird, gerade in Kreisen, die sich mit fermentierten Speisen und puristischer Kochkunst befassen. Der Haut Chardonnay 2006 war dann eine Art Reverenz an den Stil, den schon Rafael Bérèche vorgezeigt hatte und der sich seit den Tagen, in denen Anselme Selosse den Winzerchampagner umgekrempelt hat, eine eigene Daseinsberechtigung geschaffen hat. Bei Brochet mit fein geschliffenem Holz, vielversprechender, reifer Süße und Eleganzvorräten für die nächsten Jahre.      

Laherte

Der junge Aurelien ist gar nicht mehr so jung, wie es sich anhört, wenn ich immer wieder von ihm rede. Fünf Jahre ist es her, dass ich ihn in Chavot besucht und mit Genuss in die Fässlein gelugt habe. Seither hat sich viel getan und Aurelien hat sich als der erwiesen, für den ich ihn damals schon berechtigterweise halten durfte. Ein Winzer mit langfristiger Perspektive und nicht ein Experimentierer ohne Substanz. Sehr schön hat sich nämlich sein Programm bisher entwickelt und die Früchte der Arbeit, die ich 2009 bestaunt habe, werden jetzt langsam reif. Der Empreinte aus 50PN 50CH ist als vin clair weich und gediegen, mit hintergründiger Säure, eng verwandt mit dem Pinot Meunier Vignes d'Autrefois, also ziemlich alten Pflanzen; der Meunier ist weich und rund, dabei im vin clair Stadium noch sehr konzentriert auf die Bändigung allzu fetter Aromen, die sich gern bei solchen Champagnern in den Vordergrund drängen und wie eine Schmalzschicht auf dem frisch geöffneten Dosenfleisch liegen. Vollmundig, aber noch nicht stopfend ist der Blanc de Blancs Brut Nature aus den Jahren 2011 und 2010. Bei den Champagnern zeigte der Empreinte 2009 eine entfernte, ganz entfernte Verwandtschaft zu Janisson-Baradons Toulette und begeistert mich daher schwer. Der Vigne d'Autrefois 2010 ist Testat für den Erfolg, den der vin clair noch erringen muss. Süße, Konzentration und Reife stehen im Einklang, der Champagner ist ein gelungener Ausdruck für alten Pinot Meunier Bestand.

Jeaunaux

ist eine Jahr für Jahr sichere Bank, wenn es um die Spitzencuvée Les Grand Noeuds geht, der Bereich darunter schien mir immer etwas unspektakulär, bestenfalls konservativ, solide, mit geringer Renditeerwartung und dementsprechend geringem Verlustrisiko. Will man sowas beim Champagner? Eigentlich doch nicht, könnte man meinen. Aber weil man andererseits natürlich nicht unentwegt die großen Partysprudler aufzureißen geneigt ist, gibt es einen sogar ganz beachtlichen Absatzmarkt für diese Art von Champagner. Schauen wir uns die genauer an, sehen wir, dass es riesige Unterschiede gibt, zwischen einfachem, auf Nummer sicher produziertem Sprudel und passgenau produzierter Winzerware. Dort hat sich Cyril Jeaunaux positioniert und mit Wonne breitgemacht. Sein Prestige Zéro aus 70% 2009er und 30% 2008er besteht aus 80CH und 20PN. Dafür entwickelt sich dort erstaunlich viel Schokolade und der Nusscharakter, der hinterdrein kommt, fördert diesen Eindruck noch erheblich. Das macht den Champagner angenehm mollig und war, ein Winterchampagner geradezu. Der im Fass vinifizierte Grand Noeuds 2005 ist ein undosiert gebliebener Drittelmix, der kein bisschen Zucker nötig hat, um jedes eingeschlafene Mienenspiel freudig zu beleben. Die Krönung in Sachen Fröhlichkeit ist der Rosé Saignée aus 2011er Pinot Meunier, mit satten 7 g/l publikumsfreundlich dosiert, im Mund aber gar nicht pappig, süß, aufgesetzt oder doof grinsend, sondern stimmig, unübertrieben fruchtig und ein sehr charmanter Stimmungsaufheller für den gehobenen individuellen Geschmack.

Marie-Noelle Ledru

ist eine der Pionierinnen des Biochampagnermachens und als ich vor Jahren mal bei ihr war, stand sie, die mir von Francis Boulard empfohlen worden war, noch ziemlich alleine mit ihren Ideen da. Da wundert es mich, dass sie erst so spät zu den Terres et Vins Erzeugern dazugestossen ist, denn eigentlich hätte sie dort von der ersten Stunde an mitmischen müssen. Egal, lieber spät als nie. Ihre vins clairs überzeugten mich jedenfalls sofort und riefen Erinnerungen wach, denn Ledru habe ich ehrlich gesagt selbst schon seit längerer Zeit nicht mehr getrunken, an eine etwas schwächere Flasche kann ich mich noch erinnern und daran, dass die Stilistik im Übrigen aber sehr einheitlich war. Das bestätigte sich, wobei ich sehr darüber gestaunt habe, auf welchen Unterschiedlichen Wegen Mme. Ledru zu dieser einheitlichen Stilistik kommt. Der Grand Cru Brut aus 50% 2009er und 50% reserve perpetuelle zum Beispiel, der schon so vollmundig, überlaufend saftig und leicht nussig schmeckt, findet so schon im Grand Cru Brut Nature 2006 angelegt, der aus 85PN 15CH gemacht ist und sich wie ein mit getrockneten Apfleringen aufgelockerter Pinot Noir trinkt, mit dem man kleingemahlene Nussreste aus den Backen und Zahnzwischenräumen spült. Die Blanc de Noirs Cuvée de Goulté 2009 ist mit 5 g/l dosiert und hat das sportlich-kompakte Auftreten, das mir auch bei meiner ersten Begegnung mit Mme. Ledru an ihr selbst aufgefallen war. In ihrem derzeitigen, jungen Entwicklungszustand wirkt sie noch sicherheitshalber leicht abgepolstert und wird sich, wenn der Speck weg ist, sicher in die längere Reihe feiner Goultés einreihen, die ich für unbesehen kaufwürdig halte, wenn man die typische Stilistik von Mme. Ledru mag und ganz nebenher noch etwas über Ambonnay lernen will.

Marie-Courtin

hatte ich im Frühjahr heimgesucht und ich will nicht sagen, dass ich schwere Verwüstungen im dortigen Bestand hinterlassen habe, aber es ist einfach so, dass ich mich da sehr gerne durchprobiert habe, weil mir die Arbeit von Dominique Moreau seit dem ersten Kennenlernen bestens gefällt und immer stärker zusagt. Die vins clairs waren ausnehmend süß, sehr weich, sehr vollmundig und doch voller Spannung, was für die daraus zu fertigenden Cuvées das beste hoffen lässt. Glockenhell war wie immer die Résonance (2009), ultrasauber und reinigend am Gaumen. Die Concordance (2010) hatte mehr Schmutz, mehr Leder, mehr Nuss und Phenol in der Nase, war im Mund aber entspannt, rund, weniger hart als zuletzt vor Ort probiert, trotz fehlenden Schwefels. Die Efflorescence  (2009) sodann war, wie sich das schon seit 2013 ankündigt, mein geheimer und nun immer offener zutage tretender Favorit, ungeachtet aller meiner Bewunderung für die fabelhafte Eloquence. Aber die Efflorescence ist zurückhaltender, haut nicht ganz so ungebremst zu, sondern fordert den Gaumen reizend auf, ihr hinterherzuspüren wie der Rüde einer heißen Hündin hinterhechelt. Hier sind die meisten und schönsten Früchtchen drin versteckt, was die genussbelohnung so frugal ausfallen lässt, wie man es den anderen Cuvées nichtmal ansatzweise entnehmen kann, von der Ausnahmecuvée Eloquence wieder abgesehen.      

Leclapart

der am Vorabend mit einer Showeinlage für beste Unterhaltung gesorgt hat, war am Einsatztag ein ebenso guter Unterhalter in Form der von ihm mitgebrachten Champagner und vins clairs. Sein Amateur en vin clair 2013 überraschte mit Salz, Zucker und sauren Lakritzheringen, was zu den mehligen, bananigen Aromen zunächst reichlich seltsam war, in der Gesamtschau aber ein Bild gab, das so abwegig gar nicht mehr erschien. Der Astre 2013 war bananiger, weniger mehlig, wirkte weicher und süßer, insgesamt fruchtiger und nicht so durchgedreht wie der Amataur, auf den ich aber neugieriger bin, wenn er denn ins Champagnerlager übergetreten ist. Der Alchimiste 2009 war schon fertiger Champagner und man muss sich diesen Champagner als einen mächtigen Rosé vorstellen, der glatt einen Anteil Cabernet-Franc enthalten könnte, wenn man es nicht besser wüsste. Der Rosé Elion von de Marne Frison und der Terres Rouges 2003 von Jacquesson schlagen in dieselbe Richtung und machen wohl vor allem Wuchttrinker so richtig an. Brachiales Zeug und eine echte Belastungsprobe für feine Zungen. Der L'Astre 2010 Blanc de Noirs non dosé schien sich optisch an die orange wine Bewegung anhängen zu wollen. Nussigkeit und Salz erinnerten hauptsächlich an die sehr leckeren Rauchmandeln in der kleinen Blechdose von Kern-Energie, die ich gelegentlich verzehre, die mir aber in größerer Dosis auf den Wecker gehen. In den drei Jahren die seit dem 2010er Astre vergangen sind, hat David sich offenbar Gedanken darüber gemacht, wie sich die Pinotidee noch besser in die Tat umsetzen lässt. Gegenüber dem 2010er, der sehr ungezogen wirkt, ist der 2013er braver, geschniegelter und detailverliebter. Jetzt könnte man sagen, dann muss er auch langweiliger sein als der wilde 2010er; aber genau das will wiederum ich nicht glauben. Ein Winzer wie David Leclapart nimmt keine Modifikationen vor, die seine Weine langweilig werden lassen. Die weitere Bewertung bleibt deshalb der Zukunft überlassen, wie so oft bei Leclapart.

Laval

konnte mit zwei überragenden Weinen glänzen. Sein Chêne Chardonnay 2013 (vin clair) war purer Sex, wie Norman Mailer gesagt haben würde. Lemon curd, Quitte, Apfelmus, Verbene, Minze, Menthol, verruchte Süße, beinahe stechende Konzentration. In puncto Säure übertrieb mir der Hauts Chèvres PM dann ein wenig, obwohl er am unteren Ende der Aromenskala im Orangenmarmeladenbereich fest verankert war und mir im Ergebnis sehr gut gefiel. Unter den Champagnern stach weit heraus  Les Chênes 2009, eine Woche vorher erst degorgiert, sehr unruhig, zappelig wie die Leute die in Science-Fiction Filmen an irgendwelche Matrix- oder sonstigen virtuellen realitäten angeschlossen sind und dort übermenschliche Kampfanstrengungen ableisten müssen, die ihren physikalischen Körper an die Grenzen seiner Kapazität führen. So wirkt auch der aktuelle Chênes wie ein Chardonnay, der kurz vor dem bersten steht. Das gibt ihm eine gefährliche Sexyness, zumal man ja weiss, dass nichts schlimmes passieren kann, außer, dass die Flasche zu schnell leer ist. Brut Nature Premier Cru aus 20011 und 2010 (10%) mit 40CH 30PN 30PM und Hauts Chèvres 2009 waren von üblicher Art und Güte, d.h. immer noch herausragend, aber nicht auf dem Niveau des Eichenchardonnays.  

Tarlant

Es gibt nicht viele Adressen, bei denen schon die Grundweinprobiererei so ertragreich und erbaulich ist, wie bei Tarlant. Der ungepfropfte Chardonnay aus der Lage Ilot de Sable (nomen atque omen, durch den Sand kommt die Reblaus nunmal nicht), ist salzig-süß, konzentriert und vielversprechend gut. Die Cuvée für den BAM! überzeugt mit Frische, die mich immer wieder erstaunt, weil ich meine Vorbehalte gegenüber Pinot Blanc einfach nicht abbauen kann und auch hier alles gute den beiden Rebsorten Arbane und mehr noch der Petit Meslier zuschreibe. Der Pinot Noir aus der Lage Crayons hatte wieder so eine vorbildliche Fülle, Wucht, Noblesse und dabei diese schmutzige, verluderte Salzkruste, die alles Unschludige an diesem Wein in sein verruchtes gegenteil verkehrt. Bei den Champagnern gab es für mich keine Neuerungen. Das ist gar nicht schlimm, denn mir ist es lieber, ein Erzeuger zeigt bei drei Verkostungen in loser Folge eine stabile Qualität, als wenn ich alle naselang eine neue Cuvée probieren soll, ihr aber nielänger nachspüren kann. So kann man sich der Bewährung am Markt nämlich auch ganz geschickt entziehen. Haben Benoit und Melanie aber nicht nötig. Der BAM ist derselbe aufregende Champagner, als den ich ihn schon im Fass kennengelernt habe, die Vignes d'Antan sind noch immer so begehrenswert, wie am ersten Tag und ich freue mich wie ein kleines Kind auf die ersten Flaschen vom 2002er die meinen kleinen Handvorrat vorübergehend bereichern und viel zu schnell verlassen werden. Die 99er Fassung der Cuvée Louis zeigte sich ebenfalls wieder schön stabil, da gab es in der Vergangenheit durchaus schonmal Schwankungen und es wurden Klagen an mich herangetragen, die aber wahrscheinlich eher damit zusammenhängen, dass es sich um eine andere Jahrgangszusammensetzung gehandelt hat als jetzt mit 1998, 97 und 96. Alles im Lot, also, bei Tarlant.

Bedel

Am Vorabend zur Terres et Vins gab es zur Begrüßung den himmlischen Champagner Robert Winer 1996 von Bedel, ein ganz famoses Zeug, das jetzt längst nicht mehr so mächtig und elektrisch aufgeladen scheint, wie noch bei meiner ersten Begegnung, aber das immer noch geeignet ist, mich für Minuten in rauschhaften Wahn zu versetzen, wie man ihn auch bei Katzen beobachten kann, die eine Vorliebe für Katzenminze haben.  Am Showtag gab es Entre Ciel et Terre (2005er) Brut aus 65PM 25PN 10CH, der sich rundlich, scotchig und mit leichtem Rumtopf aufgeprotzt präsentierte. Das dürfte auf den englischen Gaumen zielen, dachte ich mir, den allgemeinen Champagnerregeln, die sich mehr mit Eleganz, Raffinesse und französischen Tugenden befassen, entspricht dieser Champagner nicht so sehr. Dis, Vin Secret (2005) Extra Brut aus 80PM 15CH 5PM erinnerte mich mit seinen etwas unreifen Nüssen an einen Sherry en Rama von den Bodegas Urium, den mir Sherrybotschafterkollege Jan Buhrmann mal (ehrlich gesagt, mehrmals, auf mein beharrliches Verlangen hin) kredenzt hat. Ein abschließender Vergleich zwischen L'Âme de la Terre 2003 und 2004 ergab Vorhersehbares. 2003 wirkte reif, kakaoig, schon fahrig und auch etwas ermattet, der 2004er war stoffiger, hatte schön schmaltzige Schokolade und war viel konzentrierter, fokussierter bei der Sache.

Chartogne-Taillet

Man kriegt sie ja praktisch nicht zu kaufen, diese verfluchten Einzellagen von Alexandre Chartogne. Aber wenn man weiss, dass Alexandre die immer auf Verkostungen wie den Terres et Vins ausschenkt, dann ist das zu verschmerzen und jeder Weg lohnt sich, auch zur entferntesten Verkostung. Der Chardonnay Heurtebise hatte mal was ganz Neues, Löwenzahn, Liebstöckel und Beifuss in ganz jung, unanimos und sehr gefügig im Chardonnayaromenkartell. Als 2010er Champagner war er schon recht reif, wie mir schien, aber sowas von stark, dass er vielleicht in sieben oder zehn Jahren mal darüber zu Fall kommen könnte, wie Siegfried durch seine kleine drachenblutunbenetzte Schwachstelle. Les Barres ist die Pinot Meunier Lage mit den franc de pieds, aus der Alexandre einen 2009er Champagner gemacht hat, der ohne BSA auskommt. Geschmacklich hat er sich irgendwo zwischen Bordiers Yuzu Butter, Eiskraut und Orangenschale heimisch gemacht, was mir immer wieder sehr gut schmeckt, aber noch nicht rankommt an den Orizeaux (2009), dessen Nasenstüber unverschämt ist, der aber mit seiner an Marihuana erinnernden Note, pikanter Nussmischung und grünem Rhabarber so faszinierend ist, dass man immer wieder reinschnuppern muss und wenn man diese Duftwand durchdrungen hat, so geht es mir jedenfalls, ist man wirklich schon leicht betäubt, bevor dann der sehr fordernde und kräftige Saft, dessen Süße man nicht unterschätzen sollte, auf der Zunge wirkt und die Euphorisierung abschließt.

Agrapart

Agrapart ist einer der seit Jahren immer beliebter werdenden Winzer, deshalb sind seine Champagner schnell ausgetrunken. Ich habe mich sputen müssen, um von Minéral, Avizoise und Venus noch etwas zu bekommen. Normalerweise schätze ich das nicht und meide Veranstaltungen, auf denen um einzelne Tropfen ringen muss. Aber es gibt Veranstaltungen, bei denen ich das hinzunehmen in Teilen wenigstens bereit bin. Eben wenn zB Agrapart da ist und ausschenkt. Der Mineralmix war optimal, Wiesenkräuter und Obst standen in bestem Verhältnis zueinander und wirkten ausgesprochen fröhlich dabei. Ernster ist der Avizoise, der trägt immerhin einen Ortsnamen mit Grand Cru Status und diese Würde ist vielleicht auch eine Bürde, wer weiss. Jedenfalls scheint der Druck zu wirken, der Champagner ist massiger, dichter, fester, zusätzlich zum Wisen/Obst-Mix kommen einige ausgewählte Nüsse, die Mehrdimensionalität für längere Zeit sichern dürften. Im Aufzug nach ganz oben steht die Venus, aktuell ist die 2008er Version. Kartoffelschale von dicken, heißen, innen goldenen Kartoffeln, Curry, Safran, Nüsse und konzentriertes Apfelmus geben aromatische Schubkraft, die im Penthouse längst noch nicht Halt machen wird. Kaufen und weglegen!

Hubert Paulet

hatte einen sehr gut besuchten Stand und weil ich seine dort vorgestellten Champagner schon ganz gut kenne, habe ich mir erlaubt, einfach mal nur die Perle abzugreifen, den ewigguten Risleus 2002. Reif, fortgeschritten, auch schon leicht pilzig, hochdosiert und wunderbar schlemmerig, gorumandhaft und rücksichtslos war dieser Champagner, der in Deutschland noch viel zu wenige Anhänger hat.

Boulard Père et Fille

Bei Altmeister Boulard ist mehr Ruhe in den Cuvées eingekehrt. So wie ich bei Leclerc-Briant eine Erschütterung im Gleichgewicht der Macht konstatiert habe, meine ich auch bei Boulard eine Häufung von Unsicherheiten festgestellt zu haben, solange sich das Unternehmen noch in der Erbauseinandersetzung befand. Spökenkiekerei hin oder her, diese Phase ist jedenfalls beendet. Sauber und sehr erholt war der Millésime 2006 aus 50CH 30PN 20PM, BSA und 5 g/l. Obwohl gering dosiert, wirkt der Champagner gesättigt und süß, was aber bei vielen biodynamisch produzierten Champagnern und Stillweinen vorzukommen scheint. Petraea 1997 – 2007 war zéro dosiert, die 60PN 20CH 20PN sind wie eh und je im Holzfassl vinifiziert und zum letzten Mal konventionell erzeugt, der nächste Petraea wird ganz anders sein, so viel ist sicher. Der Abschiedspetraea jedenfalls ist kräftig und fein zugleich, ein verletztlicher, wenngleich gepflegter und trainierter Körper. Am schönsten fand ich den Rachais 2007, ein reiner Chardonnay aus Fassvinifikation, bereits komplett biodynamisch. So viel Schwung und Vorwärtsdrang, mit viel mehr Klarheit, als noch im letzten Jahr, dabei auch mehr Abgeklärtheit und Ruhe, ein Champagner der das gefährliche Fahrwasser verlassen und nun Kurs und Fahrt aufgenommen hat. Einen bestätigenden Blick in die nächste Zukunft konnte ich bei den Grundweinen     werfen. Überaus elegant ist der Pinot Noir aus dem Barrique, feinduftig, sahnig und eingängig, ein ähnlich positives Bild vermitteln die Pinot Meuniers in weiß und Rosé.

Franck Pascal

hat sich mit seinem Champagner erhebliche Sympathien bei mir gesichert, weil er damit so ein- wie umsichtig verfährt. Von der ganz harten Brut Nature Linie hat er sich richtigerweise verabschiedet, da kam vielfach doch sehr Uneinheitliches heraus, das keine Handschrift erkennen ließ und nur absolute freaks angesprochen hat. Im Freaklager ist die Verwunderung über die Glättungen im Stil unvermerkt geblieben; jedenfalls blieb der Aufschrei in Form wütender postings, Besprechungen oder Protestnoten aus, im Gegenteil, die Champagner von Franck sind offenbar erfolgreicher denn je und auch seine Anhängerschaft ist nicht anspruchsloser geworden. Das freut auch mich, ich gehöre gern zu dieser Gefolgschaft. Mit den vorgstellten Cuvées ist das freilich ein Leichtes. Die Harmonie BdN 2009 aus hälftig Pinot Noir und Meunier ist ein kräftiger, erwachsen gewordener Champagner und nach meinem unmaßgeblichen Empfinden der beste, den Franck seit ich ihn kenne, gemacht hat. Sehr malzig, brotig und reif, ein wenig an Himbeerbockbier erinnernd, ist die Quintessence 2005 aus 2/3PM 1/3CH, die 2004er Ausgabe aus 60PN 25PM 15CH wirkt vitaminisierter, lebendiger, mit einem weiteren Geschmackspektrum und weniger reifen Noten, dafür mehr stiff upperlip, fast ein wenig trotzig.

Pascal Doquet

In der Nähe von Pascal Doquet fühlt man sich automatisch arglos. Der Mann ist so friedvoll, harmonisch und wirkt so lieb, dass man diese Aura gern in seinen Champagnern wiederfinden möchte. Zumindest mir geht es immer so. Aber seine Champagner sind nicht so. Der Horizon auf Basis von 2011 und 2010 ist mit 7 g/l dosiert und damit genau innnerhalb der Spanne, in der die friedfertigen Sachen alle angesiedelt sind, aber er wirkt kratzig, kakteeig, unharmonisch süß und gerade so, als wäre er vier Jahre alt und wollte nicht in den Kindergarten gehen. Ich verbuche das unter Dosageeinbindungsproblem und schau mir den Champagner später nochmal an, seine Anlagen legen ja Reifepotential nahe. Viel entschlackter, gesünder, ruhiger, mit klassischen Nüssen und dem strengen Blick einer Mami, die noch einen dicken Apfel in den Verpflegungsbeutel steckt von dem sie erwartet, dass er vorrangig gegessen wird. Nur 3,5 g/l Dosage hat dieser Arpège, der im Übrigen Premier Cru ist und tatsächlich vorrangig getrunkn werden sollte. Wenn man nicht gleich zum Grand Cru aus Le Mesnil greift, der Extra Brut stammt aus den Erntejahrgängen 2005, 05 und 03, er hat 3,5 g/l Dosage. So angenehm leicht, unbelastet, fruchtig, kreidig, typisch aber unverkitscht, chardonnayig aber nicht von der altbekannten und ausgelutschten Art, das ist ganz klar nochmal ein Schritt nach oben.

   

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Champagne Sapience – Selossekiller, Egly-Schreck, Joly-Sprudel?

Im Anschluss an eine Clos des Goisses Vertikale noch Champagner zu trinken, mag nur dann noch sinnvoll erscheinen, wenn man bei Clos des Goisses bleibt. Das ändert sich selbst dann nicht, wenn man vorher schon den ganzen Tag Vins Clairs von zwanzig anderen erstklassigen Winzern probiert hat und erst recht sollte man wissen, wann es gut ist, wenn man nicht nur Vins Clairs intus hat, sondern auch die aktuellen Dégorgements besagter Winzer unter die Gaumenlupe genommen hat. Entscheidet man sich bei dieser Sachlage trotzdem noch dazu, weiteren Champagner aufzunehmen, dann muss es sich schon um ein besonderes Stöffchen handeln.

Solch eine Entscheidung trifft man ohne Reue, wenn es sich um Champagner von Selosse oder Egly-Ouriet handelt, wenn Champagnerverächter Nicolas Joly einen Champagner machen würde, fiele mir die Entscheidung auch nicht besonders schwer. Nun aber rief Benoit Marguet von Champagne Marguet Père et Fils nach Ambonnay. Das ist, ehrlich gesagt, für sich genommen noch nicht genug, um von einer an sich klugen Entscheidungsformel abzuweichen. Marguet ist in der Champagne nicht ganz unbekannt, Familienbande bestehen seit den 1870er Jahren zu Henriot und Pioniergeist ist der Familie durchaus nicht fremd: Emile Marguet, Schwiegervater von Paul Henriot, hatte schon ganz zu Beginn der Reblauskatastrophe in weiser Voraussicht Reben auf resistente Unterlagen gepfropft. In jüngerer Zeit, d.h. bis 2005 firmierte man als Marguet-Bonnerave, heute als Marguet Père et Fils; der Weinpresse gefällt's.

Benoit Marguet also hat von diesem Pioniergeist mehr mitbekommen, als zB seinen Eltern lieb ist, die nämlich von nachhaltigem, gar biodynamischem Anbau wenig oder lieber noch: nichts wissen wollen. Um diese Herzensangelegenheit vorantreiben zu können, tat er sich 2006 mit Hervé Jestin zusammen, der soeben bei Duval-Leroy – wo er mit seiner Kellermagie zuletzt nicht auf große Gegenliebe stieß – ausgeschieden war.  Als biozertifizierte Traubenlieferanten konnte er, da seine eigenen Weinberge zu dieser Zeit noch nicht selbst zertifiziert waren, namhafte Größen im Geschäft gewinnen: Vincent Laval und David Leclapart waren 2006 die ersten beiden Unterstützer, 2007 kam dann noch Benoit Lahaye hinzu.

Damit waren genug Punkte beisammen, um mich selbst am Ende eines langen Verkostungstages noch zu weiterem Probieren zu animieren. Benoit Marguet empfing zusammen mit Hervé Jestin bei Kerzenschein (weil der Strom ausgefallen war) im kleinen Kreis und öffnete alle vorhandenen Jahrgänge:

Sapience 2010

Die Jahrgänge ab 2007 enthalten durchgängig 50CH 25PN 25PM und sind Brut Nature.

Arg jung, mit den typischen Primärnoten von Kirsche und Banane, hier angereichert mit Ananas und Kokos, smoothiehaft, samtige, feinpürierte Textur mit sehr crèmiger, leicht träger bis schläfriger Mousse. Mit Luft pflanzliche, auch minimal gerbende Komponenten, mehr eingedickter Kirschsaft, schwarzer Pfeffer. Ein Champagner, der aus dem Stadium der Bocksprünge noch nicht raus ist. 

Sapience 2009

Multivitaminsaft mit Mandeln, Marzipan, Rosenblüte und Zimt, außerdem noch Gebäck, Vanillezucker und Pasta di Mandorla. Wirkt deutlich ausgereifter als der 2010er, ist weich wie Zitronengel aus der Molekularküche und daher wohl auch gleichzeitig glatter und seidiger, was ihm schon eine ansprechende Eleganz verleiht.  

Sapience 2008

Der rundeste, ausgewogenste, am schönsten balancierte Champagner bisher, merklich aus gutem Elternhaus, resp. Jahrgangsjahr. Trotz des Eindruck hoher, reifebedingter Süße ein eleganter Champagner mit raffinierten Details.

Sapience 2007

In einem Zwischenstadium habe ich den 2007er angetroffen. Offenbar befindet er sich auf dem Rückzug in sein Inneres. Dabei holt er die Primäraromen ein, wie eine Flagge beim abendlichen Fahnenappell. Das erklärt, warum er anfang im Mund sehr stark wirkt, dann aber limonadig abflacht und erste, vereinzelte jodige Aromen hervortreten lässt, die freilich recht verloren wirken und sich nicht recht zu helfen wissen.

Sapience 2006

1/3PN von Laval 2/3CH von Leclapart, mit 3 g/l dosiert

Amylisch, trotz seines Alters immer noch mit viel Birne und Marille. Wirkt schon sehr reif, trotz seiner geringen Dosage vollmundig und süß, auf mich trotz spürbaren Reifeprozesses mit deutlich verbreitertem Würzespektrum noch sehr jung und entwicklungsfreudig, d.h. noch längst nicht in einem stabilen Zustand, der es ermöglichen würde, mehr als nur einen kleinen Momenteindruck zu gewinnen. 

Fazit:

Mit einem Selosseherausforderer oder gar -killer haben wir es hier nicht zu tun. Dafür ist das Konzept und die Art der Weinbereitung nicht wegweisend neu genug. Biodynamie und Burgundertechnik sind ganz im Gegenteil schon richtiggehend heimisch geworden  in der Champagne. Technisch wandelt die Cuvée Sapience also nur auf den Spuren des Meisters, ohne ihn zu überholen oder anzugreifen. Und Egly, der am anderen Ende von Ambonnay wohnt, wird sich über diesen Champagner auch nicht erschrecken. Dazu steht er viel zu fest auf eigenen Beinen. Ob Nicolas Joly, würde er einen Champagner machen, ihn so machen würde? Vielleicht. Wir wissen es nicht. Und damit die Vergleichezieherei nicht zu sehr ins Kraut schießt, beende ich sie hiermit schnell. Die Sapience-Champagner von 2006 bis 2010 und der folgenden Jahre haben ein gutes Konzept und profitieren von stringenter Umsetzung. Meine ersten Verkostungseindrücke sind positiv, aber für eine tragfähige Einschätzung reichen sie nicht. 

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10. Pascal Docquet, Coteaux Champenois Le Mesnil Coeur de Terroir 2009

Ein weich geratener Chardonnay aus Le Mesnil, der wie Anfängerchablis schmeckt.

11. Horiot, AOC Rosé des Riceys "En Barmont" 2004

Eine Fruchtbombe, zur Boudin Noir und Schweinebauchstücken vom Grill fast nicht zu schlagen, trinkt sich jetzt perfekt und kann auch völlig ohne Begleitung aukommen.

12. Henri Goutorbe, Coteaux Champenois Ay Rouge

Ziemlich üppiger, etwas schwarzpfeffrig schmeckender Rotwein, der sich vor allem zum Essen empfiehlt.

13. René Geoffroy, Coteaux Champenois Pinot Meunier Cumières Rouge 2008

Ungeklärt, unfiltriert, der zweite Jahrgang nach dem Jungfernjahrgang 2004. Tulpenblütendurft. Vorrangig sauer, dann auch noch dünn, malzig, pflanzlich.

14. R. Pouillon, Coteaux Champenois Mareuil Premier Cru Rouge 2007

Beifuss, Pfeffer, Mehl. Panierte Gänsekeule könnte man damit runterspülen, die deutliche Säure des Weins würde dabei als große Hilfe dienen. Solo ist der Wein nichts für mich.

15. Léclapart, Coteaux Champenois Trépail Premier Cru Rouge 2002

Noch ein Säuerling, wenngleich gemäßigter als seine Vorgänger, mit fleischigem Aroma, gebratener Erdbeere, Morcheln. Kraftvoller und konzentrierter auch, als seine drei Vorgänger.

16. Lahaye, Coteaux Champenois Bouzy Rouge 1999

Veilchen, Lakritz, Cassis. Süße Reife, angestaubter Liebstöckel, im Mund noch sehr alert, obwohl eine Spur phenolisch anklingender Möbelpolitur dabei ist, die mich aber bei einem Coteaux dieses Alters nicht stört.

17. Bedel, Entre Ciel et Terre Brut 2002

100PM.

Zimthonigeis, Lebkuchenparfait, passte sehr gut zu einem nicht weiter definierbaren leicht salzigen Käse, auch zum Chaource sehr gut und ganz überragend, ja traumhaft gut zu einem 24 Monate alten Comté.

18. Hubert Paulet, Coteaux Champenois Pinot Noir 2004

Vinifiziert im Eichenfass. Angeflämmte Kräuter, Hummerbutter. Nicht so recht die Aromen, die ich in einem Pinot Noir erwarte. Wohl fehlerhaft.

19. Agrapart, Minéral Extra Brut 1992, dég. 2002

Stahltank. Wirkte mit seinen 5 g/l sogar schon hoch dosiert, machte aber noch einen jungen Eindruck, mit Quitte und sehr reifer Aprikose. Ließ mich trotzdem nicht jubeln.

20. Chartogne-Taillet, lieu-dit Orizeaux Extra Brut 2003

100PN, mit 10 g/l dosiert. Apfel, Rhabarber, Rote Bete. Die anfangs sehr prominente Säure wird behutsam von einer aus der Tiefe kommenden, d.h. gut integrierten Süße abgelöst.

21. Franck Pascal, Cuvée Prestige Brut 2003 en Magnum

Flacher, simpler, nicht so reif und aromatisch nicht so präzise wie der Orizeaux. Vielleicht liegt das am Flaschenformat.

22. Vincent Couche, Sensation 1997 en Magnum, frisch dégorgiert (3 Tage)

CH aus Montgueux und PN aus Buxeuil, mit 8 g/l dosiert.

Pushende, weckende Säure, wie eine von vorn in die Zungenspitze hineingedrückte Kanüle. Trotz Diam-Mytik ein leichter Muffton, der mich auch deshalb an einen Korkschleicher denken ließ, da ich sonst nicht sehr viele Aromen bemerkt habe.

23. Lahaye, Tres Vieux Marc de Champagne, Bouzy 1967

Ein Schnaps, der Kaffee und Kaminfeuer ersetzt.  

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Vins Clairs 2011:

Artiste, Apôtre, Astre. Die Vins Clairs, die man bei David Léclapart probieren kann, sind meistens nicht viel jünger, als seine fertigen Champagner. Das ist etwas bedauerlich hinsichtlich der Champagner, die es in reifer Form eben leider noch nicht gibt, das ist aber sehr instruktiv, was den Übergang vom einen zum anderen Stadium betrifft. Messerscharf fand ich den Artiste 2011, weicher und strukturierter, wie eine Waffelmusterdecke, fand ich den Apôtre 2011. Ganz anders war dann der Astre: ein Blumenmeer, Gras, Heu, Kamille, Crème, nur wehr wenig Säure. Das wird Davids neueste Schöpfung sein, ein Blanc de Noirs. Hochspannend, was daraus mal werden wird!

Champagner:

1. Artiste 2006

Ein flotter Geselle mit freundlicher Säure, kein so arges Geschoss, dass es einem vor Säure den Atem verschlägt. Nach einigem Auf- und Ab scheint er sich langsam einzupendeln.

2. Apôtre 2006

Tief Atemholen heißt es vor jedem Schluck vom 2006er Apôtre. Der Wein ist fesselnd, auf mich wirkte er hypnotisierend und hätte ich nicht so tief Luft geholt, wäre ich wahrscheinlich erstickt, bevor mich der Champagner aus seinem Bann entlassen hätte. Nach dem apotheotisch umfeierten Apôtre 2004 und dem menschlicheren Apôtre 2005 ist der 2006er Apôtre wieder ein mytischer Champagner, vielleicht der okkulteste aus der bisherigen Reihe.

3. Alchimiste 2006

Nicht gefallen hat mir der sehr dunkle, rotweinige, an Rotweinkuchen und sparkling Bordeaux erinnernde Alchimiste, bei dem ein leicht röstiger Brotton eher störte, als zu neuen Komplexitätsufern hinüberzuhelfen. Hoffentlich ändert sich das noch. Im Moment ist der Alchimiste jedenfalls zu schwer und droht, an seinem eigenen Gewicht zu ersticken.  

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C. Grand Cru und Premier Cru

Avantgarde findet nicht nur in den Schmuddelecken der Champagne statt, sondern auch in den teuren Crus. Die Entwicklung dort ist stiller oder wirkt wenigstens so. Ein paar Vorreiter klopfe ich immer wieder mal darauf ab, ob sie ihrer Vorreiterrolle noch gerecht werden, bzw. ob mir deren manchmal nur schwer zu erlangenden Erzeugnisse schon, noch oder wieder schmecken und Freude bereiten.

I. Larmandier-Bernier

Pierre Larmandier stellte seine Champagner sitzend vor, da er augenscheinlich gerade Nasenbluten bekommen hatte. Da half auch alle seit 1999 betriebene Biodynamie nichts.

1. Blanc de Blancs Premier Cru Extra Brut, 2008er und 2007er, dég. Feb. 2011

Neben den Grand Crus Cramant, Avize und Oger ist nur noch Vertus als Premier Cru enthalten.

In der Nase Maistortilla, Apfel, Butter, Blüten. Im Mund vorwiegend ruhige Säure und eine milde Süße.

2. Terre de Vertus Premier Cru Brut Nature 2007, dég. Mai 2011

Blanc de Blancs auf 2006er Basis aus den Einzellagen Les Barillers und Les Faucherets in Vertus.

Im Gegensatz zum normalen BdB PC durch seine ausgeprägtere Mineralität enger, straffer, disziplinierter, beißt aber nicht. Weniger gelbe und rote Fruchtnoten, dafür mehr Steinobst und grüne Früchte. Lang.

3. Vieilles Vignes de Cramant Mill. 2005, dég. März 2011

Klar, das Flaggschiff: tief, langsam, würdevoll, für einen Grand Cru Champagner der Côte des Blancs vergleichsweise säurearm, was zwei Gründe hat: Cramant und alte Reben; bleibend. Sowas gefällt auch Fans der Großen Gewächse des VDP.

4. Rosé de Saignée Premier Cru Extra Brut, reiner 2008er, dég. Feb. 2011

Pinot aus Vertus (hier hat u.a. auch Veuve Fourny die Pinots für den dort ebenfalls gut beherrschten Rosé her) Schweinefleisch mit Wacholder und rosa Beeren, sicher einem leichten Schwefelböckser geschuldet. Wacholdereindruck und rosa Beeren bleiben, hinzu kommen Kirsche, Mandel, ein etwas seifiges, zum Schluss leicht trocknendes, auch salziges Mundgefühl so ähnlich wie von Ziegenfrischkäse mit Cranberries, außerdem eine niedliche, etwas verdruckste Säure. Der Champagner wirkt im Kontrast zu seiner tiefen Farbe leicht.

II. Benoit Lahaye

Seit 2003 Biowinzer auf 4,5 ha überwiegend in Bouzy und Tauxières. War in Topform.

1. Brut Nature 2008

85PN 15CH.

Der Vorgänger iritierte noch mit einer phenolischen Nase und schien aromatisch nicht ganz gebändigt. Das ist beim schon sehr reichhaltigen 2008er Brut Nature nicht mehr so. Alles ist am Platz und sitzt sittsam, der Champagner ist wohlgefasst wie ein Valentinsschmuckstück, eine pektinige Note verabschiedet den hauptsächlich an Rote Grütze erinnernden Mittelteil vom Gaumen Richtung Pharynx.

2. Blanc de Noirs Nature, 2008 und 2007

Die Trauben stammen aus Bouzy und Tauxières.

Der Wechsel vom Extra Brut zum Brut Nature erweist sich erneut als kluger Zug. Dunkel, waldig, mit Baumrinde, rottem Laub und Flechten, dabei viel weniger oder besser: weniger vordergründiger Säure, als vermutet. Der Körper mag nicht jeden reizen, der Waldelfencharme ist schon etwas eigen, für Bouzy sogar ganz untypisch, doch nicht abstoßend oder verstörend.

3. Rosé de Maceration Extra Brut 2008

Mit 3 g/l dosiert.

Tiefe Pinotfrucht, ein wahrhaft brugundischer Charakter, so konsequent waldig wie seine beiden Vorgänger es im Vergleich nur andeutungsweise und weder mit derselben Vollendung noch Substanz waren. Beerig, vollreif, lang, groß. Ohne jeden qualitativen Abstrich schon jetzt viel zugänglicher als der Vorgängerrosé von Lahaye.

III. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

So gut gelaunt, wie eh und je stellt Bio-Urgestein Vincent Laval (arbeitet auf seinen 2,5 ha seit 1971 en bio) die gesuchten Laval-Champagner vor. Im Gegensatz zu Pierre Larmandier, der für seine mehr als 16 ha ein Flugzeug mieten kann, um biodynamischen Tee zu versprühen, bearbeitet Vincent Laval seine viel kleinere Fläche mit Pferdchen und kleinem Trecker. Als einziges Additiv kommt Schwefeldioxid an den Wein, überschaubare 30 mg/l.

1. Cumières Premier Cru Brut, 95% aus 2008, 5% aus 2006

50CH 30PN 20PM, mit ca. 6 g/l dosiert.

Mit diesem und mit Vilmarts Champagner kann man selbst Holzhassern den sinnvollen Gebrauch von Holz nahebringen. Der Chardonnay platzt fast vor Kraft, die beiden Pinotrebsorten schaffen es aber, ihn rechts und links zu bändigen, dabei lösen sich Kirsche, Pflaume, Veilchen, Orange und Limette funkensprühend heraus. Schön.

2. Cumières Premier Cru Brut Nature, 2/3 aus 2007, 1/3 aus 2006 – Obacht: dier aktuellen Magnums sind reine 2004er

50CH 25 Pn 25 PM.

Harscher und puristischer als der normale Brut. Für einen Brut Nature schon recht schmeichelhafte, beinahe handzahme Aromatik, ganz ohne Kaktusgefühl am Gaumen. Gleichzeitig herb, mit Verbene und Zitronenmelisse unterlegt, wie sich vor allem mit mehr Luft zeigt.

3. Les Chênes Cumières Premier Cru Brut Nature 2006

100CH. Ähnlich wie beim 2002er gab es vom aktuellen 2006er Les Chênes nur 850 Flaschen – vom 2004er gab es die ca. doppelte Menge, was eine der vielen Segnungen des an schönen Champagnern nicht armen Jahrgangs ist.

Jedes Mal aufs Neue schwärme ich von diesen Champagner, denn jede Flasche davon ist zu jeder Zeit ein Erlebnis. Diese erinnerte sehr eindringlich an Lamorresi-Haselnusstrüffel mit Grappa di Moscato und selbstgemachtes Apfelmus von hängengebliebenen Herbstäpfeln des nahegelegenen Mutterhauses der Dominikanerinnen, wegen der ungekünstelten, grob geraspelten Zitronenschale, dezent würzigen Zimtnote und seiner minimal oxidativen Art. Unter den vielen vor allem von gutmeinenden Weinhändlern und mehr Wein- als Champagnerkritikern als Dom-Périgon-Killern und Selosse-Wiedergängern verkauften, bzw. gepriesenen Winzerchampagnern ist dieser einer der ganz wenigen, die den Lorbeer wirklich verdienen. Kostet hier eben so wie in Frankreich seine hundert Flocken und mehr; die zugeteilten Mengen sind winzig. Dringende Kaufempfehlung.

4. Les Hautes Chêvres Premier Cru Brut Nature 2006

100PN.

Pinotreben aus den 1930er Jahren mit – für die Champagne winzigen – gerade mal 5000 kg Ertrag pro Hektar.

630 Flaschen gab es hiervon. Das macht ihn noch seltener als den schon raren Chênes-Champagner von Laval. Hinzu kommt, dass die Jahrgänge noch restriktiver deklariert werden. Das lohnt sich. Für Vincent Laval, weil der Champagner entsprechend bepreist ist, ohne nach meiner Einschätzung überteuert zu sein, für den Champagnero, weil er etwas bekommt, wofür man sich schonmal ein Bein ausreißen darf. Mit den Attributen feinster, reifer, alter Burgunder ausgestattet, bei denen die Größe durch einen Schluck Rhônewein noch unterstützt wird. Schwarzer Pfeffer, leuchtend rote Beeren. Amaretti morbidi und Eau de vie de Kirsch. Noblesse, Kraft und Konzentration und letztlich das, was sparkling Shiraz gern wäre, was Crémant de Bourgogne definitiv nicht ist, eben das was nur ein richtig großer Blanc de Noirs aus der Champagne sein kann.

IV. David Léclapart, Champagne David Léclapart

David Leclapart ist in Deutschland immer noch ein unbekannter kleiner Champagnerwinzer, für die meisten so austauschbar wie das wöchentliche Champagner-Sonderangebot im Leclerc. Ich zähle mich nicht zu seinen Verehrern oder Bewunderern, dafür sind mir alle Champagner die ich von ihm getrunken habe einfach noch zu jung gewesen. Bei praktisch jeder Verkostung ist das jeweilige Potential der Leclapart-Champagner förmlich greifbar; doch ich bin immer noch in einer Phase des Herantrinkens und des Umrundens. Ich halte das sowieso für angemessener, als blinde Lobhudelei.

1. Amateur 2008

100CH von sechs Parzellen. Stahltankausbau.

Mein bisher bester Amateur. Mit typischer Kraft und Länge, jetzt von Beginn an mit wildfrischem Zitrusduft, unbeschwertem Charakter und einer gewissen Zuckerwattigkeit, die man nicht als Schwäche missverstehen darf.

2. Artiste 2006

100CH von zwei Parzellen. Halb Stahl, halb Barrique.

Mehr Butter, mehr Haselnuss, mehr Nougat, als der Amateur. Weichheit und Rondeur gehören hier zum Konzept. Wenn der Amateur als deutscher Internatsschüler und Louisenlunder beispielsweise gelten kann, dann hat der Artiste seine Schulzeit in Harrow verbracht.

3. Apôtre 2005

Aus der Lage Pierre St. Martin stammt Leclaparts Champagnerfanal, der Apôtre. Die Reben sind gut siebzig Jahre alt und werden seit fünfzehn Jahren biodynamisch bearbeitet. Gute achtzig Euro kostet der Spass. Ob der Nachfolger des schon jetzt legendären 2004er Apôtre auch so ein Kritikerliebling ist? Na jedenfalls sagt er mir von Beginn an mehr, als der berühmte Vorgänger. Ich gehöre nämlich nicht zu denen, die den 2004er Apôtre so überwältigend gut finden, dass man dafür schon jetzt in die Knie zu gehen hätte, wenn der Name nur geraunt wird. Dafür habe ich schon zu viele andere Champagner vor ihrem vermuteten Höhepunkt selbst in die Knie gehen sehen. Sicher hat der 2004er alles, was man braucht, um so wie der 1996er Selosse Blanc de Blancs Extra Brut einen Pflock in der Champagnerwelt einzuschlagen. Nur ist er eben noch nicht dort angekommen. Der 2005er ist da schon eine ganze Ecke weiter. Griffig und fordernd einerseits, rund, mit viel weichem Kalk und Obstsalat andererseits. Puristisch wie skandinavisches Edelstahldesign, schmiegsam wie ein Kaschmirpulli.

V. Bruno Michel

Bruno ist der Sohn des Meuniermagiers José Michel, dessen hundertprozentiger Meunierchampagner und dessen alte Jahrgänge zu den besten Beispielen für das Potential der Traube sind. Mit seiner Extra Brut dosierten Rebellencuvée wäre Bruno Michel eigentlich auch was für die Rutz-Rebellen, fällt mir an dieser Stelle noch ein. Dabei wirkt er selbst gar nicht rebellisch, sondern strahlt Zufriedenheit und Freude aus, wenn er zu seinen aktuellen Champagnern befragt wird. Dazu hat er guten Grund, seine Kollektion gefällt.

1. Cuvée Carte Blanche Brut

50PN 50CH. Auf 2008er Basis mit Reserve aus 2007. Mit 8 g/l dosiert.

Champagner, den man so trinken kann, wie man eine Hand voller reifer Beeren zerquetscht und sich den Saft in den Mund fließen lässt. Die immer schon merkliche Säure von früher ist so sauber, selbstbewusst und kooperativ wie nie zuvor. So kommen auch die anderen, floralen und vegetabilen Aromen besser zum Zug. Man meint, den schalkhaften Kommunalpolitiker Bruno Michel zu erkennen. Macht Freude.

2. Cuvée Carte Blanche Extra Brut

Gleiche Zusammenstellung wie die normale Carte Blanche, allerdings von anderen Parzellen. Ernster und härter, im Geschmack nicht so facettenreich und limonadiger.

3. Cuvée Blanc de Blancs Pierry Premier Cru

Alte, 1964 gepflanzte Chardonnay-Einzellage "Les Brousses" auf 2008er Basis mit Reserve aus 2007. Mit 8 g/l dosiert.

Gegenüber der Carte Blanche fast auftrumpfend frech, mit Apfel, Zitrus, vor allem auch gelbem Obst, dabei mit seiner feinen Buttrigkeit und dem feinen Nusston länger und tiefer. Hat Bürgermeisterqualität. Macht daher noch mehr Freude.

4. Cuvée Rosé

80PM als Saignée und 20CH als Assemblage dazu. Auf 2008er Basis mit Reserve aus 2007. Mit 8 g/l dosiert.

Es bleibt dabei, dieser Champagner ist perfekt für Andouillettes gemacht, sein rotfruchtiger Fleischstinkerduft bekräftigt das immer wieder aufs Neue. Wildschwein aus den Ardennen lasse ich hierzu auch noch durchgehen, denn die mit Luft sich zeigende Cranberrypaste offenbart auch dieses Mal wieder Einsatzmöglichkeiten, die über das reine runterspülen von Regionalspezialitäten hinausreichen.

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XIII. Laherte Frères

Aurelien Laherte, in dessen Fasskeller ich schon vor zwei Jahren den bravourösen Gehversuchen des noch ganz jungen Winzers folgen durfte, hat mal wieder ein spitzenmäßiges Programm mitgebracht.

Vins Clairs:

1. Les Noues

100CH aus Chavot

Ausdrucksvolle Nase mit Bergamotte, Formosa Oolong, auf einen Chabliskörper aufgepflanzt.

2. Vigne d'Autrefois

100PM

Luftig, womit nicht der gelegentlich anzutreffende Luffton gemeint ist, sondern eine leichte und beschwingte Art, ein müheloses und fröhliches Mit- und Durcheinander von gebackener Banane, Nashibirne, Litschi, Pitahaya, bouquet garni, umgeben von reichlich Zitrusfrüchten.

3. Rouges Maisons

100PN

Im Gegensatz zum Meunier stach hier roter Apfel mit einer etwas oxidativen, brotigen Note durch, auch hier wieder viel strukturgebende Säure

Champagner:

1. Blanc de Blancs brut nature

2008er Basis mit 2007

Hart, kraftvoll, mineralisch, das aber eher von der würzigen, angeschmutzten Sorte und nicht so sehr wie von pudrigem Kalk; bodennah, mit insgesamt gemäßigter Säure

2. Les Empreintes brut nature

40PN 40CH, davon wiederum 1/3 Chardonnay Muscaté, 20PM, 2007er

Sehr feiner Champagner, stark, aber ultranervös und spannungsgeladen, vibrierend und mit einer besonders ausgeprägten Schmackhaftigkeit, wie eine Essenz von Trauben-Tiramisu

3. Vigne d'Autrefois

2007er, mit 2 g/l dosiert

Wippend, federnd, elastisch, weniger vibrierend, als die Empreintes. Leicht und fruchtig, pricklig, aufgeladen mit Energie und Tatendrang, dabei mittelgewichtig und vom Typ her eher ein Jacky Chan als ein Steven Seagal

 

XIV. David Leclapart

Der Winzer, der ein bisschen aussieht wie Sting. Auch er ist noch nicht so arg lang mit seinen Weinen im Geschäft dass man von echter Trinkerfahrung mit seinen alten Jahrgängen sprechen könnte; auch dürfte sich wegen der kleinen Menge die Zahl der weltweit gelagerten Léclapart-Flaschen in sehr überschaubaren Grenzen halten, was einer der Nachteile dieser Kleinsterzeuger ist. Denn bei Verkostungen der aktuellen Jahrgänge hat man immer nur Hoffnungen im Glas, aber noch keinen empirischen Anhalt dafür, wohin die Reise einmal gehen könnte.

Vins Clairs:

1. Amateur

Bananig, amylisch, trotzdem hart und verschlossen, gleichzeitig irgendwie vielversprechend. Ist nur zu hoffen, dass sich all die Erwartungen, die in Grundweine dieser Art gesetzt werden, auch irgendwann als berechtigt erweisen.

2. Artiste

Weicher und extraktiger als der Amateur, aber sonst sehr ähnlich.

3. Apôtre

Erkennbar die Spitze der Pyramide dieser Art von Grundwein. Einesteils fühlt man, wie das Zahnfleisch von Rasiermesserklingen traktiert wird, andereseits ist da die fast schon künstlich wirkende und nahezu übersteigerte Fruchtverlockung.

Champagner:

1. Amateur 2007

Gummibärchen und Tannennadeln, Walnuss, Apfel und Muskat. Solche Champagner lassen einen dann erstmal die Bedenken wieder auf Seite schieben. Viel weniger rätselhaft, als im letzten Jahr um die Gleiche Zeit der 2006er Amateur

2. Artiste 2006

Weicher als der Amateur, mit stärker ausgeprägtem Luftton, wirkt er aromatisch nicht so ausgearbeitet wie der Amateur und gleichzeitig nicht so selbstbewusst wie der 2005er Artiste

3. Apôtre 2005

Weinig, rund, weich, groß. Hier ist der Champagner von Leclapart wieder ganz bei sich. Nicht so kalkig und unbezwingbar wie der 2004er Apôtre, sondern fassbar, wenngleich nicht einladend oder freundlich. Auch dieser Wein will von Luft, Zeit und Gaumenwerkzeu bearbeitet werden.

 

XV. Franck Pascal

In so guter Form habe ich die Champagner von Franck Pascal noch nie erlebt.

Vins Clairs:

1. Silicieux

80PM 12PN 8CH

Bananig und weich, wie man die Grundweine von Franck Pascal gar nicht kennt. Außerdem rund, würzig, samtig, auch etwas metallisch.

2. Assemblage wusste Franck selbst nicht mehr; ungeschwefelt

Rassig, spritzig, scharf, das war wieder ganz die alte Form.

Champagner:

1. Tolérance Rosé

Kirsche, Banane, Erdbeere, einige gemüsige Anklänge, ein wenig Metall; nichts erinnert hier an den sonst so weltabgewandten Rosé, der sonst unter diesem Namen auf den Markt kam. Weiter so.

2. Quintessence 2004

Butter, Candy, Karamell, nur gegen Ende noch ein wenig ungezügelte Säureaggressivität, die wirkt, als wäre der Maler kurz vor Vollendung seines Gemäldes plötzlich wahnsinnig geworden. Genau das macht den Champagner natürlich aufregend und interessant, auch hier ein weiter so, das ist der richtige Weg!

3. Prestige 2002

Der wohlgeformteste und arrondierteste Champagner, den ich bisher von Franck Pascal im Glas hatte. Gurken und Zitronenlimonade, einige Kräuter – erinnert entfernt an Pimm's No. 1.

 

XVI. Hubert Paulet

Monocrus aus Rilly-la-Montagne. Was nicht an Billecart-Salmon verkauft wird, dient als Grundlage für die Champagner des akkurat gescheitelten Monsieur Paulet.

Vins Clairs:

1. Chardonnay

Abgeklungen ist die Banane, jetzt sind Vitamin-C und eine leichte Exotik am Steuerrad.

2. Pinot Meunier

Vornerum weiche Frucht, hintenrum stabile Säure.

3. Pinot Meunier, dekantiert, aus 2009

Sehr weich und mild. Ende Vitamin C, insgesamt glatt.

Champagner:

1. Brut Tradition Premier Cru

50PM 25CH 25PN, mit 7 g/l dosiert

Leichter, etwas einfacher Champagner, brotig, alter Apfel, wenig Säure, mir außerdem zu hoch dosiert.

2. Mazerationsrosé 2004

80CH 20PM, drei Tage auf der Maische

Kirsche, Banane, Holz. Eher leicht, mit etwas Gerbstoff, nachhaltig, aber nicht beeindruckend.

3. Cuvée Risleus

27CH 20PN 43PM ohne BSA, bâtonnage; ungeschönt, ungefiltert.

Nach den beiden mäßigen Vorgängern ein starkes Stück: markig, kräftig, behutsam eingebundenes Holz, vollmundig, mit stattlicher Säure; auf dem Niveau würde ich gern alle Champagner von Paulet sehen.

 

XVII. Pouillon et Fils

Elodie und der beredte Fabrice Pouillon bewirtschaften ca. 15 ha entlang der Marne bis in die Montagne de Reims

Vins Clairs:

1. Les Villages

100PN, aus Ecueil, im Holz spontanvergoren, mit BSA

Minimal gerbstoffig, mit Fenchelnote und weichem, etwas einfachem Burgundercharakter

2. Les Blanchiers

50PN 50CH, im Holz spontanvergoren, mit BSA

Ausgeprägter, komplexerer Cuvéecharakter, einleitend apfelig, leichter Luftton, dann übernimmt erfrischende Säure, von Gerbstoffen hingegen keine Spur

3. Mazerationsrosé

100PN

Beaujolaischarakter, so ähnlich wie bei Horiot; sehr mild, mit abschließend knackiger Säure

Champagner:

1. Les Blanchiers Brut Nature

2006er Basis

Brotig, apfelig, mit der erfrischenden Säure, die auch schon der Les Blanchiers zeigte und ruhig noch etwas kräftiger sein könnte.

2. 2XOZ

100PN, Süßreservezugabe für die Gärung

Grapefruit, Mandeln, Graphit und ein eleganter Säureteppich mit herbfruchtigem finish.

3. Mazerationsrosé

2008er Basis, mit 20% aus 2007, mit 8 g/l dosiert

Weich, mild und weinig. Frucht und Mineralität im Einklang miteinander, ausgewogener, nicht sehr prunkvoller Rosé.

 

XVIII. Tarlant

Vins Clairs:

1. BAM

Pinot Blanc/Arbane/Petit Meslier

Als Fassprobe hatte ich diesen Mix schon in zwei unterschiedlichen Ausführungen probiert, zwischen unzugänglichem, nicht besonders charmantem Stinker und sehr flottem Burgundergrundwein mit bemerkenswertem Potential schwankten meine Einschätzungen im letzten Jahr noch. Die massive Säure wird von buttrigen und kandierten Aromen etwas gezügelt, der Wein wirkt harmonischer, crèmiger, nicht mehr so furieux, bleibt aber noch leicht gerbend und hat das Zeug zu einem weiteren namhaften Champagner aus dem an famosen Champagnern bereits nicht armen Haus Tarlant.

2. Mocque Tonneau

 

100PN

Erhebliche Säure mit einem nicht ganz so ernsten Charakter, pricklig und rund.

3. Îlot des Sables

Das ist der Grundwein für den berühmten Vigne d'Antan, ungepfropfter Chardonnay mit Extrakt, Würze und Tiefe, etwas Crème und der Ambition, als Champagner etwas richtig Großes darzustellen.

Champagner:

1. Cuvée Louis, dég. März 2009

50PN 50CH, aus den Jahren 1998/1997/1996.

Holz, Wucht und Kraft, Haselnuss, Walnuss, Trockenfrüchte und Apfel. Fette Sahnigkeit, die man bei einem Champagner ohne BSA gar nicht vermuten würde; glasklar ein Powerchampagner erster Güte.

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Bio-Champagner nachprobiert

 

I. Françoise Bedel

Ein nettes Wiedersehen mit der stets sehr eleganten Madame Bedel und ihren Weinen. Auf ihre exzellente Cuvée Robert Winer befragt, gab Madame Bedel zur Antwort, dass sie einen 2008er in petto hat. Darauf wird die Champagnerwelt leider noch gute zehn Jahre warten müssen, fügte sie aber sogleich hinzu. Wenn der 2008er mit dem famosen 1996er vergleichbar ist, werde ich gerne warten.

1. Dis, Vin Secret Brut Nature 2003

86 PM 8 PN 6CH. Die Apfelaromen vom letzten Mal haben sich wohl ausmetamorphiert und entschieden, sich in Richtung überreifer Schattenmnorellen zu entwickeln. Trotz seiner weichen Art mit einer angenehmen Spritzigkeit ausgestattet, wobei die Säure etwas überfordert wirkt.

2. Entre Ciel et Terre Brut 2002

100PM. Das feine, leichte elegante Element der Weizenmehlnase hat sich gehalten und verfeinert. Hinzu kommt ein leicht herbes Quittenmusaroma. Der Champagner ist balanciert, lebhafte Säure und eine leichte Mürbe stehen in gutem Gleichgewicht und können sich so sicher noch ein paar Jahre spannungsvoll belauern, bevor der Champagner abbaut.

3. Origin'elle Brut 2004

78PM 9PN 13CH. Alkoholische Nase, im Mund herb. Säurearm und in gewisser Weise effizient: aus dem was er an Meuniercharakter hat, holt er das beste raus.

4. L'âme de la Terre Extra Brut 2002 – informell –

Drittelmix. Erde, Brot, Getreide, wie der Name schon ankündigt. Im Mund glatt, sauber und schnittig, wenn nicht gar seidig. Milde, charaktervolle Herbe.

II. Thierry de Marne, Champagne Frison Demarne

Die allerersten Flaschen gab es, noch ohne Rückenetikett (das später einmal das Dégorgierdatum des jeweiligen Lots tragen wird). Im Frühjahr hatte ich in Paris die damals noch namenlosen Cuvées probiert, nun gab es die in den Startlöchern stehenden Champagner quasi als pre-opening.

1. Blanc de Blancs "Lalore" non dosé, 2007er Ernte

Hatte ich auf meine Merkliste gesetzt und siehe, der Champagner hat sich ganz prachtvoll entwickelt. Frisches Chardonnaynaturell, das mich auf Anhieb an einen am Vorabend getrunkenen 2004er Blanc de Blancs "Les Vents d'Anges" 2004 von Xavier Leconte erinnerte. Knackig, lang, ein vorwärtsdrängender Chardonnay mit einer feinen Butterweck-, Buttercroissantnase. Wenn dieses junge Haus so weitermacht und seinen Champagnern später einmal noch mehr Zeit auf der Hefe gönnt, haben wir einen neuen Spitzenerzeugeranwärter.

2. "Goustan", 2007er Ernte

50PN 50CH. Auch hier lohnt es sich, den Champagner im Blick zu behalten. Rassig, mineralisch; wie seine blonde Schwester mit starkem Vorwärtsdrang, etwas dunkler, eher auf der Krustenbrotseite. Sehr charmantes Mentholfinish.

III. Jean-Pierre Fleury, Champagne Fleury

Aus der Vielzahl der Cuvées von Fleury gab es diesmal drei Champagner.

1. Fleur de l'Europe Brut Nature

85PN 15CH. 2001er Basis mit Reserve aus 2000.

Frische Baumwollnase, dicht gewebt, fast filzig. Etwas chlorig, mittelschwer. Nicht der größte Wurf aus der Fleury-Kollektion.

2. Extra Brut 1995, dég. 2009

80PN 20CH.

Reifer 95er, dem man mit ein wenig glücklicher Spekulation das späte Dégorgement abschmecken kann. Vornerum lebhafte Frische, hintenrum altersangemessen Mürbe. Ähnliche Spannung wie bei Bedels Entre Ciel et Terre 2002. Kann noch ein ganze Weile.

3. Rosé de Saignée Brut (2007)

80PN 20CH.

Herber, kräftiger Rosé, dessen Blumendekor über sein männliches Interieur täuscht.

IV. Bertrand Gautherot, Champagne Vouette & Sorbée

Bertrand Gautherot stellte die Erzeugnisse seiner Kinder vor.

1. Fidèle

100PN. 2007er. Dégorgiert am 14. Dezember 2009. Je mehr Flaschenreife der Champagner bekommt, desto weiter entfernt er sich von seinem niedlichen Namen. Zur Zeit wirkt er kraftstrotzend und zeigt das reinste Raubkatzennaturell. Fleischig, gerbstoffig, lang.

2. Blanc d'Argile

100CH. 2007er. Am 12. Januar 2010 dégorgiert. Immer noch Banane, immer noch üppiges Erdbeer-Himbeer-Aroma, das sich mit Luft in einen gar nicht mal unangenehmen Klebstoffduft umwandelt. Sehr sportlicher, ausgeruhter und mühelos wirkender Typ, geht wie ein Rennwagen über die Zunge. Vom Holz merkt man nicht mehr ganz so viel. Wird sich weiterhin positiv entwickeln, denke ich.

3. Saignée de Sorbée

Ein 2006er. Dégorgiert am 12. April 2010. Dieser Champagner hat sich gegenüber dem letzten Mal gefangen. Ein betörender und für Roséchampagner ungewöhnlich geheimnisvoller Boudoirduft macht sich bemerkbar, floral, mit Maiglöckchen und Lilie. Ein Verkoster meint: das ist der Duft von getragenen Damenstümpfen. Wenn ich meine Damenstrümpfe ausziehe, duften die nicht so, aber wahrscheinlich meinte der Kollege das auch nicht. Am Gaumen ist der Champagner eigenwillig schön, die florale, etwas cremige Textur bleibt lang am Gaumen.

V. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

Ohne Bart sieht er nicht mehr aus, wie Käpt'n Haddock; cool und entspannt, prächtig gelaunt präsentiert er seine Champagner, dass es eine Freude ist.

1. Cumières Premier Cru Brut Nature

2006er. 50CH 25PN 25PM. Kraftvoll, crèmig, etwas fleischig, milde Parfumnote, Duft von Nivea und Zitrusfrüchten. Am Gaumen dann pinotgeladen, weinig und gefühlvoll. Entwickelt sich scheinbar recht flott.

2. Les Chênes Cumières Premier Cru 2005

100CH. Starker Champagner in kleiner Auflage (1776 Flaschen und 49 Magnums). Haselnussnote und Aromen aus der Thaiküche. Immer wieder Zitronengras, Ingwer, Limette. Mildes Holz, superbe Sauberkeit und enormes Entwicklungspotential.

3. Cumières Premier Cru Brut Nature 2002 en Magnum

Schwebend leicht, fein, weich, haselnussig, mittelgewichtig. Schlank, doch im Kern sehr konzentriert. Da findet sich eine Ahnung von Ammoniak, die aber nicht zehrend oder sonstwie beschwerend wirkt, sondern dem Wein eine sportliche Aggressivität verleiht, die mir gut gefällt.

4. Coteaux Champenois Rouge Cumières Premier Cru 2008

Langpfeffer, Tellycherrypfeffer, Kirsche, mandel- und Aprikosenkerne. Weich, mit dennoch kerniger Säure, die sich aber nicht aufdrängt und gegen Ende etwas seifig wirkt.

VI. David Léclapart, Champagne David Léclapart

Immer Chardonnay, immer Jahrgang, immer ohne Dosagezucker und stets mit vollem BSA. Das ist die scheinbar einfache Formel, auf die sich David Léclaparts Champagner bringen lassen.

1. Amateur 2007

100CH von sechs Parzellen. Stahltankausbau. Nur ca. 2-3 freies SO2 mg/l. Rund, weinig, etwas kratzig, auch gerbstoffig.

2. Alchimiste 2007

Marzipan, Rosenwasser, Aprikosenmus, weißer Pfirsich, Orangenblüten, auch Fleur de Sel und was das Verblüffendste ist: ein Geschmack von frischer Foie Gras. Enorm.

3. Artiste 2005

100CH von zwei Parzellen. Halb Stahl, halb Barrique. Weich, schaumig, rund und lang. Schmeichelhafte und leichtfüßig daherkommende Mineralität mit darübergestreuten Zuckerblüten. Sanftes Timbre, das ein wenig der Stimme von David Léclapart entspricht

VII. Champagne Leclerc-Briant

Pascal Leclerc-Briant ist leider am 6. Oktober 2010 verstorben.

1990 begann er mit dem biodynamischen Weinbau nach Jacques Puisais in einer nur 50 Ar großen Parzelle. Im Jahr 2000 wurden erst die Lagen Les Crayères und Les Chèvres-Pierreuses, dann der gesamte Rebbestand in Cumières und Verneuil biozertifiziert. Seit 2006 ist der gesamte Rebbesitz von Leclerc-Briant bio-, seit 2008 demeter-zertifiziert. Pascal Leclerc-Briant war einer der unermüdlichen Antreiber in der Region und einer der wirkmächtigsten Biopioniere der Champagne. Auf ihn gehen die Bio-Tastings der AIVABC zurück.

1. Cuvée de Reserve Brut

70PN 30CH aus 06, 05 und 04. Mit 8 g/l dosiert. Entweder hat die zusätzliche Flaschenreife dem Champagner sehr gut getan, oder die vor einem halben Jahr probierte Cuvée de Réserve hatte einen Hau, bzw. war eben einfach noch nicht soweit. Saftig, g'schmackig, mit einer für 8 g/l schon mehr als nur leichten Süße, dennoch mit hintergründiger Kraft. Schöner Standardbrut.

2. Les Chèvres Pierreuses Cumières Premier Cru

40PN 40CH 20PM.

Mein Liebling aus der Kollektion von Leclerc-Briant. Fordernder, druckvoller Mix aus quietschlebendigem Chardonnay und nur scheinbar um Seriosität besorgtem Pinot, der gegen Ende handzahm wird.

3. Cuvée Divine 2004

50PN 50CH.

Weicher Champagner mit dem Charakter von Kalbfleischrollbraten. Was ich auf der Master Class schon festgestellt habe, bewahrheitet sich hier erneut. Der Champagner ist dicht, aber nicht fokussiert, wuchtig, aber nicht massig.

VIII. Bruno Michel

Bruno Michel erklärte mir, weshalb sein "Rebelle" diesen und nicht einen anderen Namen bekommen hat. Weil er die Biobewegung als eine rebellische Bewegung ansieht, die sich gegen den industriellen Massenwein zur Wehr setzt. Eine sympathische Begründung, wie ich finde.

1. Cuvée Blanche Brut

50PN 50CH. 07er Basis mit Reservewein aus 2006. Mit 8 g/l dosiert. Fruchtiger, für die Chardonnays aus Pierry und Chouilly recht typischer Stil, angereichert mit floralen Aromen von Geißblatt und Weißdorn. Stoffig und etwas rauh am Gaumen. Schön.

2. Cuvée Rebelle Extra Brut

2006er von alten Reben. Mit 2 g/l dosiert. Herb, griffig, gegenüber der letzten Probe deutlich runder und nicht mehr so stürmisch-kämpferisch. Kirschkerne und Birnengehäuse, drumherum weiches, sehr aromatisches Fruchtfleisch.

3. Cuvée Blanc de Blancs Pierry Premier Cru

Gegenüber der Cuvée Blanche verfeinert, geschliffener, eleganter, länger und tiefer.

4. Cuvée Rosé

80PM als Saignée und 20CH als Assemblage dazu. Dieser Champagner passt zu Andouillettes, das habe ich beim ersten mal festgestellt und dabei bleibt es nach meiner Meinung auch. Jetzt schmeckt er allerdings schon deutlich feiner nach pürierten Erdbeeren, bzw. Erdbeermargarita. Schlotzig.

IX. Franck Pascal

Neue, wie Franck Pascal einräumte auch schönere Etiketten zieren nun seine Flaschen. Der Inhalt entspricht dem, was ich bereits von ihm kennengelernt habe.

1. Sagesse Brut Nature, dég. 11. Mai 2010

57PM 38PN 5CH.

Alkoholische Nase, wässriger Gaumen. Dann viel Säure. Wieder mal ein viel zu junger Champagner von Franck Pascal. Ich wüsste zu gerne mal, wie die denn in reif schmecken. So kann ich wenig drüber sagen.

2. Tolérance Rosé, dég. 6. Juli 2010

Aus Assemblage entstanden, bilden 96% Sagesse und 6% Pinot-Noir + Pinot Meunier die Cuvée. Etwas enger zusammengeschnürt sind bei diesem Champagner die verschiedenen Stränge aus Säure und wässrig-flüssigem Aromen-Liktorenbündel. Leicht, mineralisch, fruchtarm.

3. Coteaux Champenois Rouge Confiance

Erinnert in der Nase an gedeckten Pflaumenkuchen und an den selbstgebrannten Pflaumenschnaps der Bauern in der Gegend um Nevers. Griffige, konsequent kühl und etas steinig wirkender Pinot.

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Das schreiben die anderen: Patrick Dussert-Gerber

Der aktive Autor hat sich in der aktuellen Ausgabe von "Millésimes" mit seinem Champagner-Classement für 2010 zu Wort gemeldet. Nicht zur Unzeit, wie ich meine, denn Zeit für Champagner ist bekanntlich immer – nicht nur kurz vor Weihnachten. Also, was schreibt er denn? Zunächst mal muss man seine Classements kennen. Darin unterscheidet er zwischen erst-, zweit- und drittklassifizierten Weinen. Diese Classements stellt er für jede Weinbauregion gesondert auf, d.h. ein erstklassifizierter Champagner unterliegt den Regeln seines Champagner-Classements und ist insofern nicht vergleichbar mit einem von ihm erstklassifizierten Bordeaux. Innerhalb der jeweiligen Classements herrscht nochmal eine Hierarchisierung, wobei Dussert-Gerber im Champagner-Classement jede Klasse nochmal in kräftige und elegante Champagner unterteilt. Dabei fließen Werte wie Reifevermögen, Preis-Leistungs-Verhältnis und Kontinuität der letzten Jahrgänge einer Cuvée ein. Wer also in der Spitze eines Classements steht, dem kommt eine gegenüber den nachfolgenden Weinen herausgehobene Bedeutung zu.

Neu hinzugefügt hat er die folgenden Champagner (A steht jeweils für die Gruppe der körperreichen Champagner, B für die eleganten Champagner):

AVENAY-VAL-D'OR, CHAMPAGNE LAURENT-GABRIEL, 2ème A

AY , CHAMPAGNE GOSSET, 1er B

BOUZY, CHAMPAGNE MAURICE VESSELLE, 2ème A

CHAMERY, CHAMPAGNE PERSEVAL-FARGE, 2ème B

CHIGNY-LES-ROSES, PHILIPPE DUMONT, 2ème A

CHOUILLY, CHAMPAGNE LEGRAS ET HAAS, 2ème B

COURTERON, CHAMPAGNE FLEURY, 2ème A

CRAMANT, CHAMPAGNE P. LANCELOT-ROYER, 3ème A

DAMERY, CHAMPAGNE DANIEL CAILLEZ, 2ème B

DIZY, CHAMPAGNE VAUTRAIN-PAULET, 2ème A

EPERNAY, CHAMPAGNE ELLNER, 1er A

LE BREUIL, CHAMPAGNE PIERRE MIGNON, 2ème B

POUILLON, CHAMPAGNE BOURDAIRE-GALLOIS, 2ème A

RILLY-LA-MONTAGNE, CHAMPAGNE ANDRE DELAUNOIS, 2ème B

Um einen Eindruck von seinem Classement zu bekommen, ist es hilfreich, sich seine erstklassifizierten Champagner anzusehen.

In der Gruppe A, bei den körperreichen Champagnern, finden wir:

CHARLES HEIDSIECK (Millénaire)
KRUG (Grande Cuvée) (r)
MOËT ET CHANDON (Dom Pérignon)
POL ROGER (Sir Winston Churchill) (r)
TAITTINGER (Comtes de Champagne) (r)
ALAIN THIÉNOT (Grande Cuvée)
DEVAUX (D) (r)
ELLNER (Réserve) (r)
PHILIPPONNAT (Clos des Goisses)
(BOLLINGER (RD))
CANARD-DUCHÊNE (Charles VII)
RENÉ GEOFFROY (Volupté)
LAURENT-PERRIER (Grand Siècle)

In Gruppe B, bei den eleganten Champagnern, finden wir:

GOSSET (Grand millésime) (r)
PIPER-HEIDSIECK (Rare)
ROEDERER (Cristal)
DE SOUSA (Caudalies)
DE TELMONT (O.R.1735)
Pierre ARNOULD (Aurore)
PAUL BARA (Réserve) (r)
Pierre PETERS (Spéciale Millésime)
RUINART (Dom Ruinart) (r)
DE VENOGE (Princes)

Was sagt uns das? Das sagt uns, dass Monsieur Dussert-Gerber einen, sagen wir mal: sehr eigenständigen Gaumen hat. Wie sonst ist es zu erklären, dass er Dom Pérignon, den Inbegriff der Leichtigkeit und des schwerelosen Genusses in die Gruppe der körperreichen Champagner einordnet? Liegt es vielleicht daran, dass er nur die klobigeren, angestrengteren Jahrgänge aus den späten Neunzigern getrunken hat? Wir wissen es nicht. Auch eine Erklärung über die Jahrgangschampagner aus dem Hause Krug bleibt der Meister schuldig. Doch der Seltsamkeiten noch nicht genug, finden wir unter den erstklassifizierten Champagnern Häuser wie Devaux, Ellner und Canard-Duchêne, nicht jedoch die Grande Dame von Veuve Clicquot, keine Champagner aus dem Haus Perrier-Jouet, Delamotte, Salon oder Besserat de Bellefon, die alle wahrlich keine Geheimtips mehr sind und es mit einigen der erstklassifizierten Champagner ohne weiteres aufnehmen könnten.

Sehr seltsam ist auch, dass sich im gesamten Classement Winzer finden, die gut und gerne trinkbare Champagner machen, Erzeuger wie Selosse, Prevost, Ulysse Collin, David Leclapart, Jacques Lassaigne, Tarlant, Cedric Bouchard, Vouette et Sorbee, Georges Laval, Diebolt-Vallois jedoch noch nicht einmal unter den drittklassifizierten auftauchen. So ist doch ausgesprochen fraglich, ob die süffigen, aber nicht besonders inspirierten Champagner beispielsweise vom Château de Boursault und Abel-Jobart einen Platz im Classement halten könnten, wenn die anderen genannten Winzer dort ebenfalls vertreten wären.

Will man Monsieur Dussert-Gerbers Gaumen kein voreiliges Unrecht antun, so kann man nur vermuten, dass er einige sehr wichtige Champagner noch gar nicht getrunken hat. Dann aber, so meine ich, muss man sich mit der Herausgabe eines Classements zurückhalten und artig gedulden, bis die Datenbasis dafür groß genug ist.

Dass er einige sehr gute Champagner auf dem Schirm, resp. im Glas hatte, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er Champagne Aspasie von Ariston Père et Fils hoch einstuft. Franck Bonville, Pascal Agrapart und Jacky Charpentier haben sich ihren Platz gewiss ebenfalls verdient, wenngleich ich ihre Champagner nicht zu den körperreichen zählen würde. In der Kategorie ist richtigerweise der "Comète" von Francis Boulard gut aufgehoben – auch wenn dieser Champagner ultrarar ist und die anderen Champagner von Francis scheinbar keine Berücksichtigung gefunden haben. Bei den eleganten Zweitklassifizierten stoßen wir sodann auf Gaston Chiquet, Leclerc-Briant, Legras et Haas, Bonnaire, Comte Audoin de Dampierre, Drappier und Gimonnet, sowie auf andere alte Bekannte: Blin, Bedel, Tixier, Brice, Chapuy, Robert Charlemagne und Michel Turgy. Wieder könnte man darüber streiten, ob die Champagner z.B. von Dampierre zu den allerelegantesten gehören, oder ob sie nicht wegen ihrer reichlichen Dosage bei den körperreichen Champagnern anzusiedeln wären.

Lässt man die Frage nach der Notwendigkeit eines Champagner-Classements offen, so kann man sich fruchtbar nur noch mit der tatsächlich erfolgten Umsetzung eines solchen Classements befassen. Das von Dussert-Gerber ist gut gewollt, doch unübersichtlich und die vergleichsweise umfangreichen Beschreibungen der Erzeuger wiegen nicht seine allzu kurz geratenen Weinbeschreibungen auf. Wichtige Champagner fehlen völlig, mancher nur leicht überdurchschnittliche oder gerademal durchschnittliche Erzeuger erhält durch die viel zu dünne Datenbasis ein unproportional hohes Gewicht. Das mag den betroffenen kleinen Winzer freuen und mit Sicherheit werden einige Winzer nach der Publikation des jeweils aktuellen Classements ein verdientes Maß erhöhter Aufmerksamkeit erhalten. In diesem Punkt erweist sich Dussert-Gerber nämlich als fleißiger Verkoster – was letztlich dem Verbaucher nur willkommen sein kann. Meiner Ansicht nach leidet das Classement aber noch zu sehr unter seiner Unausgewogenheit.

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VIII. Benoit Lahaye, Champagne Benoit Lahaye

Grundweine:

1. Les Monts de Tauxières

Pinot-Noir aus dem Holzfassl. Voll und weinig, mit viel profilgebender Säure und einem Duft wie in der Sauna nach dem Aufguss.

 

2. Les Grosses Pierres

Pinot-Noir und Chardonnay von achtzig Jahre alten Rebanlagen. Sehr anstrengend. Steine, Steine, Steine, nichts als Steine, darunter auch ein paar Feuersteine. Dann auch noch die viele Säure und das ganze in einen Aromenmantel klassischen Zuschnitts gesteckt – ich bin auf den Champagner gespannt.

 

3. Bouzy Rouge 2009

Herb, mit einem leichten Restprickeln. Erinnert an abgestandene Cherry Coke.

 

Champagner:

1. Rosé de Macération 2007

Reife Kirsche, die ich ja schon vom Bouzy Rouge kannte, nur eben nicht als Colanorgerl, sondern in einem duftigen Kirschkuchen verarbeitet, der ganz ohne Schokolade auszukommen scheint. Im Mund noch sehr aggressiv und sauer und noch – oder vielleicht für immer? – kein Spassgewächs.

 

2. Brut Nature Grand Cru

90PN 10CH. 2007er Basis, mit 2006er und 2005er. Bromjodidnase, erinnert an Krankenhausflur. Im Mund sehr viel schlanke Säure, Geschmack von sehr gutem Verjus. Griffig, mit Apfelpektin, erst gegen Ende leicht mürbe.

 

3. Coteaux Champenois Bouzy Rouge 2007

Am Samstag zuvor gefüllt; nicht unproblematisch. Nussig, mit Kirsche, aber auch einer Tendenz in Richtung Eichelpudding und Pinzgauer Käse.

 

IX. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

Wenn es eine lebende Vorlage für Kapitän Haddock aus Tim und Struppi gibt, dann ist es Monsieur Laval. Der hat seine 2,5 ha am Fuss der Abtei von Hautvillers, im schönen Cumières. So wie Kollege Bliard überlässt auch Laval der Natur die Entscheidung darüber, ob seine Weine einen BSA durchlaufen, oder nicht. Jedenfalls steckt er sie gern ins 300l-Fass, wo sie sich wohlzufühlen scheinen.

 

Grundweine:

1. Chardonnay Les Chênes Premier Cru 2009

Kein ganz so saures Kaliber wie die Mesnilchardonnays, aber mit Ambitionen in diese Richtung. Klassisches Format, das hohe Erwartungen schürt.

 

2. Pinot-Noir Les Hautes Chèvres Premier Cru 2009

Fein gemahlene Haselnusssplitter und viel unterlegte Säure. So könnte Hanuta für Erwachsene schmecken.

 

3. Cumières Rouge 2009

Veilchen, Rosenblätter, alles, was floral ist. Sonst eher kurz, dafür griffig.

 

Champagner:

1. Cumières Premier Cru Brut Nature

2006er. 50CH 25PN 25PM. Dégorgiert im Mai 2009 und damit einer der wenigen schon eingegliederten Champagner. Für einen Brut Nature schon recht schmeichelhafte, beinahe handzahme Aromatik, ganz ohne Kaktusgefühl am Gaumen. Gleichzeitig herb, mit Verbene und Zitronenmelisse unterlegt, wie sich vor allem mit mehr Luft zeigt.

 

2. Cumières Premier Cru Brut Nature 2002 en Magnum

Derselbe Mix wie der 2006er, im Februar 2009 dégorgiert. Fein, weich, haselnussig, mittelgewichtig. Ich bin mir nicht sicher, ob der Champagner jahrgangstypisch ist oder ob sich hier schon ein Magnumeffekt bemerkbar macht. Mit Luft zeigt er sich durchweg schlank, am Zungenrand teilweise fast wässrig, im Kern dagegen konzentriert.

 

3. Les Chênes Premier Cru Brut Nature 2004

100CH. 1776 Flaschen gibt es von diesem Stoff, das ist immerhin genau doppelt so viel, wie es noch vom 2002er gab. Der erste Schluck war trocknend und sandig, beim zweiten Schluck blieb noch das Gefühl, als würde der Gaumen mit einem Frotteetuch abgerubbelt, der dritte Schluck hätte eigentlich schon das rohe Fleisch freilegen müssen – aber siehe! Nichts dergleichen, sondern eine balsamische, an Marillenkernöl erinnernde, leicht apfelige, kühl-minzige und glatt auslaufende Chardonnayigkeit, die ich nicht erwartet hätte kam zum Vorschein. Ungewöhnlicher Start für einen bilderbuchmäßigen Blanc de Blancs, der mit jeder Minute immer noch eine Schippe mehr auflegte; beobachten, bzw. reifen lassen und nicht zu kalt trinken!

 

X. David Léclapart, Champagne David Léclapart

Im Vorfeld für mich bereits ein Highlight der Verkostung war der Champagner von Leclapart. Juhlin hat volle 98 Punkte für den 2004er Apôtre gegeben und nicht nur er gehört zu den Umjublern dieses völlig unselossemäßigen Winzers mit gerade einmal 3 ha in Trépail. Die Champagner sind immer Blanc de Blancs, tragen stets ihren Jahrgang mit Stolz, durchlaufen die malolaktische Gärung und werden nicht dosiert.

 

Grundweine:

1. Amateur 2009

Die Trauben der zugrundeliegenden Parzelle waren komplett im Stahltank. Der Wein schmeckt sehr mostig, wirkt etwas steif, wie ein zu grell angestrahltes Kunstwerk wird hier der nackte Chardonnay zur Schau gestellt und klingt herbbitter aus.

 

2. Artiste 2009

Der Grundwein von zwei Parzellen war halb im Fass und halb im Tank. Hier macht sich eine erste individuelle Regung in Form frischer Säure bemerkbar, sonst bleibt der Grundwein schwierig, ebenfalls sehr mostig und seltsam unnatürlich, wie unter dem Vergrößerungsglas.

 

3. Apôtre 2009

Grundwein von nur einer Parzelle, der komplett im Holzfass war. Dabei handelt es sich um ca. 15 Jahre alte, mit Puligny belegte Fässer. Sehr viel Kraft und Frische kommt da durch, holzig im Sinne der typischen Holzfassaromatik wirkt der Wein keinesfalls, auch nicht wirklich burgundig, vielmehr am Ende leicht metallisch.

 

Champagner:

1. Amateur 2006

Wenn ich nicht gewusst hätte, dass der Amateur kein Holz gesehen hat, hätte ich schwören können, dass diese warme, buttrige Tönung vom Holz kommt. Wie Milchschaum füllt der Champagner den Mund aus und setzt am Gaumen seine Spotlights, die im Gegensatz zum Grundwein nichts grelles mehr haben. In dieses warme, sehr gediegene Ambiente hinein knallt dann eine brettharte, nicht endenwollende Attacke vom Chardonnay und lässt einen verblüfften Trinker zurück. Daran ändert auch ein zweites und drittes nachprobieren nichts, dieser Champagner ist kompromisslos und ein wenig rätselhaft. Wieder ein Kandidat für die Langstrecke.

 

2. Artiste 2005

Ganz anders dagegen ist der Artiste. Langsam, säureärmer, weiniger, in sich geschlossener. Trotz des teilweisen Holzfassausbaus riecht und schmeckt der Artiste überhaupt nicht holzig, nur der leicht salzige Schmelz könnte das Fass verraten. Gleichzeitig ist dieser dezente, Neugier weckende Schmelz nicht stark genug, um sicher auf Holz zu tippen, er könnte auch ganz andere Erklärungen haben. Und so kreisen die Gedanken um den Schmelz dieses Champagners, der eigentlich gar nicht so sehr die Aufmerksamkeit auf sich ziehen will, mit seiner ruhigen und diskreten Art aber dennoch im Mittelpunkt steht.

 

3. Apôtre 2004

Das Flaggschiff der Kollektion erinnert anfangs entfernt, wirklich entfernt an die Champagner von Vilmart. Völlig unaufgetakelt und ohne Tamtam kommt der Wein daher, ist weinig und rund, hat fassweise beste Sahne an Bord, gute Butter ist dabei, aber – und das erweist sich bei der Verkostung als schwierig – auch ein halbes Kalkgebirge. Dass aus diesem Kalkgebirge kein Steinbruch wird, sondern Skulpturen von höchster Plastizität und Originalität, daran besteht kein Zweifel. Ich frage mich nur: wann? Denn im Moment ist der Wein zwar erkennbar gross, aber noch so unübersichtlich und bei allem Vorschusslorbeer so schwierig, dass ich ihn jetzt lieber noch nicht beurteilen möchte.

 

XI. Pascal Leclerc, Champagne Leclerc-Briant

Pascal Leclerc-Briant macht immer BSA mit seinen stahltankvergorenen Weinen, weil der Wein dadurch eine höhere biologische Stabilität erhält und weniger Schwefel braucht. Seine Champagner liegen deshalb zwischen 6-7 mg/l SO2. Soziales Engagement ist ihm ebenfalls nicht fremd: auf dem Weingut arbeitet er mit einem Resozialisierungsprojekt für Menschen in schwierigen Verhältnissen zusammen.

 

Grundweine:

1. Cuvée de Reserve 2008/2009

Dieser buttrige Wein wirkte wie eine leere Zuckerwattemaschine, in die jemand paar Marshmallows hineingeworfen hat. Null Säure. Ging so.

 

2. Chardonnay La Croisette Epernay 2009

Hier dann der reinste Chablis Premier Cru Montée de Tonnerre. Herb, kalkig, leicht fruchtig mit Apfel-Birne-Marille.

 

3. Pinot-Noir Les Quatrièmes Verneuil 2009

Dieser Weinberg liegt weit, weit im Westen, praktisch schon auf dem Flughafen Charles de Gaulle. Auch dieser Wein war buttrig, zeigte etwas Kirsche, aber sonst wenig Frucht, klang minimal salzig aus und machte dann die Vorhänge wieder zu.

 

Champagner:

Die teils braune Etikettenfarbe hat Pascal Leclerc-Briant gewählt, weil sie der Bodenfarbe im Erntegebiet entspricht, Champagner mit grünem Etikett sollen hingegen biologische Frische und dynamisches Auftreten ankündigen.

 

1. La Ravinne Brut

2006er und 2005er, Blanc de Noirs von Pinot-Noir aus Verneuil, mit 6 g/l dosiert, wie die folgenden Champagner von Leclerc-Briant im Dez. 2009 dégorgiert. Aromtaisch schwer zu fassen, mineralisch und kalkig, auch mit etwas Frucht und wenig Säure, wirkte ausdrucksschwach, düfte aber einfach nur zu kalt gewesen sein.

 

2. La Croisette Brut

Blanc de Blancs, daher mit grünem Etikett -> Frische. Basis hier wieder 2006 und 2005, Dosage betrug 5 g/l. Waldmeister machte sich bemerkbar, ausserdem viele andere grünliche aber nicht unreife Noten. Säure habe ich nicht wahrgenommen, dafür wirkte der Champagner über die ganze Länge bemerkenswert frisch, auch kräuterig und sauber. Meiner Meinung nach zu jung.

 

3. Cuvée de Reserve Brut

70PN 30CH aus 06, 05 und 04. Mit 8 g/l dosiert. Dieser Champagner sagte mir gar nicht zu, weil er nur Anklänge von Lakritz zeigte und danach sofort die Schotten dichtmachte. Keine große Länge, keine kauzigen Eigenheiten, keine Schrullen, nichts. Zwiwschenfazit: keinesfalls jung trinken und sich langsam annähern.

 

XII. Bruno Michel

Grundweine:

1. Chardonnay Premier Cru Pierry 2009

Sehr chardonnayig, mit einem Eindruck wie von trockenen Holzspänen, überhaupt viel trockenem Holz, bei stachliger Säure. War witzigerweise gar nicht im Holz.

 

2. Pinot Meunier aus Moussy 2009

Grapefruit, exotische Früchte, Säurearmut lassen den jungen Meunier erkennen.

 

3. Rosé 2009

80% Pinot Meunier de Saignée mit 20% Chardonnaystillwein, also praktisch ein verkehrt herum gemachter Rosé d'Assemblage. Der Wein wurde klar vom Chardonnay dominiert, war aber nicht kratzbürstig, sauer oder übertrieben buttrig, sondern von einer prinzessinnenhaften, nur minimal zickigen Schmiegsamkeit.

 

4. Cuvée Blanche

Je hälftig Meunier und Chardonnay, zu 70% aus 2009, zu 30% aus 2008 und aus altem, ca. fünfzehn bis zwanzig Mal belegten Barrique. Mild, weinig, nicht wirklich säurearm, aber mit einer verdeckt operierenden Säure, die nicht an der Zungenspitze angreift, sondern nach dem trinken am Gaumen.

 

Champagner:

1. Cuvée Blanche Brut

Aus der Cuvée von Grundwein 4. Mit 8 g/l dosiert. Kleiner Waldbodenstinker, milde, morchelige Pilzaromen, elastische, gegenüber dem Grundwein sehr aparte Säure.

 

2. Cuvée Blanc de Blancs Premier Cru

2006er. Auch hier ein Stinkerle, das jedenfalls nicht vom Holz stammen kann, denn der Grundwein kommt aus dem Stahltank. Recht bald nach dem allerersten Eindruck öffnet sich ein gelbfruchtiges, von angemessen unterstützender Säure getragenes Bouquet, das sehr stark für Pierry-Chardonnay spricht.

 

3. Cuvée Rosé

Andouillette-Champagner. Beim ersten reinschnuppern meinte ich, gleich würden die berühmten Würstl aufgetragen, dann wich der charakteristische Innereienduft einer stahlig-rotfruchtigen, dabei schlank angelegten und verdauungsfördernden Cuvée mit hohem Trinkbarkeitskoeffizienten. Diesen Champagner würde ich jedem empfehlen, der erstmals in seinem Leben Andouillettes bestellt und etwas zum runterspülen braucht, bzw. einen Champagner sucht, dessen Aromatik mit dem Würstlduft versöhnt und sogar Lust drauf macht.

 

4. Cuvée Rebelle Extra Brut

2006er Basis. Je hälftig Chardonnay und Meunier von vierzig Jahre alten Reben, mit 2 g/l dosiert. Sehr griffiger, mit Tannin ausgestatteter Champagner, der lang am Gaumen bleibt und dort ich-weiss-nicht-was bekämpft, das aber mit Inbrunst.

 

XIII. Franck Pascal

Grundweine:

1. 80CH 20PN

Ob Monsieur Pascal da wirklich Chardonnay drin hat, oder ob er versehentlich die Salzsäure aus dem Chemiebaukasten seines Sohnes erwischt hat – ich bin mir nicht sicher. Scharf, brennend und rachenreinigend schmeckte der Grundwein jedenfalls.

 

2. 60PM aus 2008 und 20PM + 20PN jeweils aus 2007

Spontanvergoren, ohne Klärung, Schönung, Filterung und völlig ohne Schwefelzusatz. Dieser Wein strotzte vor Pfeffer und Muskat, hatte wie sein Vorgänger eine hohe Säurelast zu tragen, die ihn zur Essenz einer Limonen-Pfeffer-Sauce machte. Er wirkte dennoch viel ausgeglichener und schien, vielleicht wegen seines Reserveweinanteils, sich insgesamt auf einem guten Weg zu befinden.

 

3. Chardonnay sur argiles à calcaires dur

Der drite Säuerling im Bunde, zusammen mit Grundwein 2 liess er die besten Ambitionen erkennen.

 

Champagner:

1. Sagesse

57PM 38PN 5CH. Sans Dosage.

Naiv und mit dickem Pinselstrich angemalte Etiketten sind in der Champagne derzeit Mode. Überhaupt nicht naiv, sondern von brachialer Kraft und urschreistarker Säure war der Sagesse. Von der auf dem Etikett angekündigten Tugend ist dieser Champagner noch sehr weit entfernt, aber vielleicht hat sich Monsieur Pascal bei der Namenswahl nur am Euphemismus für die Erinyen als Eumeniden orientiert.

 

2. Tolérance Rosé

Aus Assemblage entstanden, bilden 96% Sagesse und 6% Pinot-Noir + Pinot Meunier die Cuvée. Immerhin sind hier als Referenz an den Namen der Cuvée großzügige 6 g/l Dosage enthalten. Weich und lang wirkt er dann im Vergleich mit dem puren Sagesse, aber am Ende auch etwas zehrend und lakritzig.

 

3. Harmonie Mill. 2005

100PM von vierzig Jahre alten Rebanlagen, mit 3,7 g/l dosiert. Ein merkenswerter Meunier, leicht und fruchtig, wie Meunier sein soll, aber mit einer für alte Reben typischen Konzentration und Besinnung auf den Rebsortenkern. Leider gegen Ende wieder etwas zehrend, wie ich es sonst nur von zu trockenem deutschem Sekt kenne.

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