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Tag Archives: reserve

Champagne Floater


1. Paul Dethune Blanc de Noirs, dég. Juni 2010

Üppiger Winzerchampagner mit leichtem Fassausbau, immer wieder eine sichere Bank, leider nicht mehr zum Kleinerwinzerpreis zu bekommen. Tip: die Lotnummern geben bei den Champagnern von Dethune das Dégorgierdatum an. Die Großbuchstaben stehen für die Cuvée, danach kommen die mit (T) gekennzeichneten beiden Endziffern des Jahrs der Tirage. Das (D) steht für das Datum des eigentlichen Dégorgements.

 

2. Marc Hébrart Premier Cru Reserve

Handgerüttelt, ca. 80% Pinot aus Bisseul, Avenay Val d’Or und Mareuil, aus Weinbergen direkt neben dem berühmten Clos des Goisses von Philipponnat; der Rest ist Chardonnay. Zu diesem Champagner habe ich mal Apfelspass notiert und genau das ist die zutreffende Bezeichnung auch nach einiger Flaschenreife. Nicht mehr ganz so ausgelassen tobend, aber mit einer immer noch frappierenden, von lieblicher Säure begleiteten Apfelfülle.

 

3. Janisson-Baradon Brut

50PN 40CH 10 PM.

Eigentlich so etwas wie die Visitenkarte des Hauses, dessen Portfolio sich nach oben hin etwas auszufasern beginnt. Dort steht die meist etwas knorrige Großvatercuvée George Baradon neben der Special Club Einzellage Les Toulettes und beide Champagner sind gut, die Toulettes ohne die Oxidationsneigung vom Opa und mit längerem, stärkerem Griff. Man ist beim Durchkosten erstmal geneigt zu fragen, wo denn das Verwandtschaftliche Element steckt. Wahrscheinlich in der Weinigkeit aller Champagner des Hauses. Denn flirrige Flitterbrause ist nicht das Metier dieses Erzeugers. So ist denn der Brut kein belangloser Appetitanreger, sondern ein hefig-röstiger, für seine Preisklasse sehr fordernder und dabei mit nur wenig Früchteaufwand antretender Champagner.

 

4. Maxime Blin Vintage 2000

Das Massif St. Thierry ist die Heimat der Blin-Familie und eine der ersten Gegenden, die für den Weinbau kultiviert wurde, eine der zahlreichen Wiegen der Champagne, wenn man so will. Reine Schwerkraftpressung ergibt bei Maxime Blin (es gibt eine ganze Reihe Blins in der Gegend, daher obacht bei der Planung von Besuchen auf dem Weingut) einen leichten, fruchtigen, auch blumigen Wein mit nobler Säure und sehr viel Engagement im Mund. Trinkt sich zur Zeit besser als der 2002er.

 

5. Baillette-Prudhomme Reserve

Dreimädelhaus in Trois-Puits. Marie-France, die Witwe von Jean Baillette und ihre Töchter Laureen und Justine führen das unscheinbare Haus mit dem erstaunlichen Keller. Belebend, jugendlich, trotz des Reserveweinanteils, der bei Baillette-Prudhomme meist ziemlich hoch ausfällt und auch mal 70% betragen kann. Palatschinken mit Marille; Kräuter. Nach dem Preisanstieg der girls in jüngster Zeit greife ich am liebsten auf diesen noch bezahlbaren Sprudel zu, bei den Töchtern verkneife ich mir das zugreifen, da muss schauen genügen. 

 

6. Leclerc-Briant Chèvres Pierreuses

40PN, 40CH, 20PM. Biodynamisch.

Hat sich scheinbar wieder etwas gefangen, kam mir aber erneut zu hoch dosiert vor.

 

7. Lamiable Grand Cru Extra Brut

60PN, 40CH. 5 g/l Dosagezucker.

Verführerisch, saftig, rein, aber nicht unschuldig. Sehr weltlicher, genussfördernder Champagner. Von Lamiable habe ich bisher nur Gutes getrunken, mich wundert etwas, dass das Haus nicht dieselbe Aufmerksamkeit erfährt, wie andere, ähnlich gut und konsistent produzierende Erzeuger. Besonders schön finde ich, dass die Auswahl der Champagner nicht verfranst ist, sondern überschaubar, mit sinnvollen Dosageabstufungen, einem anständigen Special Club und einem exzellenten Einzellagenchampagner mit sechzig Jahre alten Rebstöcken: Les Meslaines. Die neue Chardonnaycuvée Phéérie aus dem Pinot Grand Cru Tours sur Marne muss ich erst noch probieren. Ich erwarte eine weitere Bereicherung für die Nische der Blanc de Blancs aus dem Pinot-Eck östlich von Dizy.

 

8. Remy Massin, Rosé

Voilà, die Aube. Nicht ganz die Avantgarde, die Aubewinzer wie Bertrand Gautherot, Cedric Bouchard, Emmanuel Lassaigne oder Thierry de Marne repräsentieren, aber ein Champagner, der das Image der Gegend sicher nicht beeinträchtigen wird. Mollig, eingängig, freundlich, unkompliziert, aber nicht banal, von breiterer Statur als die kühlen Pinots, die man z.B. bei Lamiable finden kann. Überdurchschnittlich guter Aubechampagner, dem das täppische, bäuerliche fast ganz fehlt.

 

9. J.-F. Launay, Cuvée Grain de Folie

Wenn Künstlers Kirchenstück der Pinot unter den Rieslingen ist, dann ist die Cuvée Grain de Folie das was der Elbling unter den Moselrieslingen darstellt oder so ähnlich. Sympathisch-frecher Außenseitercharakter aufgrund seiner stichelnden bis blanken Säure und ein Trinkerlebnis so brenzlig wie ein heißer Flirt mit der Personalchefin. 

 

10. Grongnet, Carpe Diem Extra Brut

70CH 20PN 10PM.

Einer der unbekannteren Special Club Erzeuger, ähnlich wie Lamiable. Der Chardonnay gibt hier klar den Ton an und wirkt so bubenhaft, tatkräftig und unverbraucht, wie der Freiherr zu Guttenberg in seinen besten Tagen. 

 

11. Bérèche  Père et Fils, Réserve

Von fast allen Champagnern hat Rafael Bérèche immer zu wenig, das ist leider so. Den besten Zugriff und Einstieg in seine Geschmackswelt kann man sich aber durch intensives Verkosten seiner langjährig erprobten und stets für gut befundenen Réserve sichern. Für fortgeschrittene Ultrabruttrinker ist der Réserve natürlich nichts, die stören sich an den 9 g/l Dosage und warten lieber auf ihre Miniallokationen an "Beaux Regards", "Reflets d'Antan" oder "Le Cran" – ich ja eigentlich auch, aber irgendwas muss man in der Wartezeit zwischen Zuteilung und erster Flasche, bzw. während der selbst besorgten Flaschenreife ja trinken.  

 

12. Yves Ruffin, Premier Cru Élevé en Fûts de Chêne

75PN 25CH, vinifiziert von von Laurent Chiquet (Jacquesson).

Man weiß nicht, ob und wie lange die Witwe von Thierry Ruffin das Haus in dieser Form führe wird. Sollte sie sich dagegen entscheiden, wäre das ein Verlust. Die Spezialität von Ruffin sind nämlich fassausgebaute Champagner, bei denen jetzt schon viel los ist und bei denen sich gute Önologen sicher noch so richtig schön austoben können, auf der Suche nach dem letzten Schliff. Kraftvoll, holzwürzig, mit nahtlos angesetzter Frucht und frischfröhlichem Ausgleiten.

Das schreiben die anderen: Patrick Dussert-Gerber

Der aktive Autor hat sich in der aktuellen Ausgabe von "Millésimes" mit seinem Champagner-Classement für 2010 zu Wort gemeldet. Nicht zur Unzeit, wie ich meine, denn Zeit für Champagner ist bekanntlich immer – nicht nur kurz vor Weihnachten. Also, was schreibt er denn? Zunächst mal muss man seine Classements kennen. Darin unterscheidet er zwischen erst-, zweit- und drittklassifizierten Weinen. Diese Classements stellt er für jede Weinbauregion gesondert auf, d.h. ein erstklassifizierter Champagner unterliegt den Regeln seines Champagner-Classements und ist insofern nicht vergleichbar mit einem von ihm erstklassifizierten Bordeaux. Innerhalb der jeweiligen Classements herrscht nochmal eine Hierarchisierung, wobei Dussert-Gerber im Champagner-Classement jede Klasse nochmal in kräftige und elegante Champagner unterteilt. Dabei fließen Werte wie Reifevermögen, Preis-Leistungs-Verhältnis und Kontinuität der letzten Jahrgänge einer Cuvée ein. Wer also in der Spitze eines Classements steht, dem kommt eine gegenüber den nachfolgenden Weinen herausgehobene Bedeutung zu.

Neu hinzugefügt hat er die folgenden Champagner (A steht jeweils für die Gruppe der körperreichen Champagner, B für die eleganten Champagner):

AVENAY-VAL-D'OR, CHAMPAGNE LAURENT-GABRIEL, 2ème A

AY , CHAMPAGNE GOSSET, 1er B

BOUZY, CHAMPAGNE MAURICE VESSELLE, 2ème A

CHAMERY, CHAMPAGNE PERSEVAL-FARGE, 2ème B

CHIGNY-LES-ROSES, PHILIPPE DUMONT, 2ème A

CHOUILLY, CHAMPAGNE LEGRAS ET HAAS, 2ème B

COURTERON, CHAMPAGNE FLEURY, 2ème A

CRAMANT, CHAMPAGNE P. LANCELOT-ROYER, 3ème A

DAMERY, CHAMPAGNE DANIEL CAILLEZ, 2ème B

DIZY, CHAMPAGNE VAUTRAIN-PAULET, 2ème A

EPERNAY, CHAMPAGNE ELLNER, 1er A

LE BREUIL, CHAMPAGNE PIERRE MIGNON, 2ème B

POUILLON, CHAMPAGNE BOURDAIRE-GALLOIS, 2ème A

RILLY-LA-MONTAGNE, CHAMPAGNE ANDRE DELAUNOIS, 2ème B

Um einen Eindruck von seinem Classement zu bekommen, ist es hilfreich, sich seine erstklassifizierten Champagner anzusehen.

In der Gruppe A, bei den körperreichen Champagnern, finden wir:

CHARLES HEIDSIECK (Millénaire)
KRUG (Grande Cuvée) (r)
MOËT ET CHANDON (Dom Pérignon)
POL ROGER (Sir Winston Churchill) (r)
TAITTINGER (Comtes de Champagne) (r)
ALAIN THIÉNOT (Grande Cuvée)
DEVAUX (D) (r)
ELLNER (Réserve) (r)
PHILIPPONNAT (Clos des Goisses)
(BOLLINGER (RD))
CANARD-DUCHÊNE (Charles VII)
RENÉ GEOFFROY (Volupté)
LAURENT-PERRIER (Grand Siècle)

In Gruppe B, bei den eleganten Champagnern, finden wir:

GOSSET (Grand millésime) (r)
PIPER-HEIDSIECK (Rare)
ROEDERER (Cristal)
DE SOUSA (Caudalies)
DE TELMONT (O.R.1735)
Pierre ARNOULD (Aurore)
PAUL BARA (Réserve) (r)
Pierre PETERS (Spéciale Millésime)
RUINART (Dom Ruinart) (r)
DE VENOGE (Princes)

Was sagt uns das? Das sagt uns, dass Monsieur Dussert-Gerber einen, sagen wir mal: sehr eigenständigen Gaumen hat. Wie sonst ist es zu erklären, dass er Dom Pérignon, den Inbegriff der Leichtigkeit und des schwerelosen Genusses in die Gruppe der körperreichen Champagner einordnet? Liegt es vielleicht daran, dass er nur die klobigeren, angestrengteren Jahrgänge aus den späten Neunzigern getrunken hat? Wir wissen es nicht. Auch eine Erklärung über die Jahrgangschampagner aus dem Hause Krug bleibt der Meister schuldig. Doch der Seltsamkeiten noch nicht genug, finden wir unter den erstklassifizierten Champagnern Häuser wie Devaux, Ellner und Canard-Duchêne, nicht jedoch die Grande Dame von Veuve Clicquot, keine Champagner aus dem Haus Perrier-Jouet, Delamotte, Salon oder Besserat de Bellefon, die alle wahrlich keine Geheimtips mehr sind und es mit einigen der erstklassifizierten Champagner ohne weiteres aufnehmen könnten.

Sehr seltsam ist auch, dass sich im gesamten Classement Winzer finden, die gut und gerne trinkbare Champagner machen, Erzeuger wie Selosse, Prevost, Ulysse Collin, David Leclapart, Jacques Lassaigne, Tarlant, Cedric Bouchard, Vouette et Sorbee, Georges Laval, Diebolt-Vallois jedoch noch nicht einmal unter den drittklassifizierten auftauchen. So ist doch ausgesprochen fraglich, ob die süffigen, aber nicht besonders inspirierten Champagner beispielsweise vom Château de Boursault und Abel-Jobart einen Platz im Classement halten könnten, wenn die anderen genannten Winzer dort ebenfalls vertreten wären.

Will man Monsieur Dussert-Gerbers Gaumen kein voreiliges Unrecht antun, so kann man nur vermuten, dass er einige sehr wichtige Champagner noch gar nicht getrunken hat. Dann aber, so meine ich, muss man sich mit der Herausgabe eines Classements zurückhalten und artig gedulden, bis die Datenbasis dafür groß genug ist.

Dass er einige sehr gute Champagner auf dem Schirm, resp. im Glas hatte, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er Champagne Aspasie von Ariston Père et Fils hoch einstuft. Franck Bonville, Pascal Agrapart und Jacky Charpentier haben sich ihren Platz gewiss ebenfalls verdient, wenngleich ich ihre Champagner nicht zu den körperreichen zählen würde. In der Kategorie ist richtigerweise der "Comète" von Francis Boulard gut aufgehoben – auch wenn dieser Champagner ultrarar ist und die anderen Champagner von Francis scheinbar keine Berücksichtigung gefunden haben. Bei den eleganten Zweitklassifizierten stoßen wir sodann auf Gaston Chiquet, Leclerc-Briant, Legras et Haas, Bonnaire, Comte Audoin de Dampierre, Drappier und Gimonnet, sowie auf andere alte Bekannte: Blin, Bedel, Tixier, Brice, Chapuy, Robert Charlemagne und Michel Turgy. Wieder könnte man darüber streiten, ob die Champagner z.B. von Dampierre zu den allerelegantesten gehören, oder ob sie nicht wegen ihrer reichlichen Dosage bei den körperreichen Champagnern anzusiedeln wären.

Lässt man die Frage nach der Notwendigkeit eines Champagner-Classements offen, so kann man sich fruchtbar nur noch mit der tatsächlich erfolgten Umsetzung eines solchen Classements befassen. Das von Dussert-Gerber ist gut gewollt, doch unübersichtlich und die vergleichsweise umfangreichen Beschreibungen der Erzeuger wiegen nicht seine allzu kurz geratenen Weinbeschreibungen auf. Wichtige Champagner fehlen völlig, mancher nur leicht überdurchschnittliche oder gerademal durchschnittliche Erzeuger erhält durch die viel zu dünne Datenbasis ein unproportional hohes Gewicht. Das mag den betroffenen kleinen Winzer freuen und mit Sicherheit werden einige Winzer nach der Publikation des jeweils aktuellen Classements ein verdientes Maß erhöhter Aufmerksamkeit erhalten. In diesem Punkt erweist sich Dussert-Gerber nämlich als fleißiger Verkoster – was letztlich dem Verbaucher nur willkommen sein kann. Meiner Ansicht nach leidet das Classement aber noch zu sehr unter seiner Unausgewogenheit.

Unabhängige Winzer unter der Lupe – Sézannais: Olivier Collin, Broyes

Olivier Collin, Broyes

Der Namensgeber des Erzeugers aus Broyes ist der Vater von Fabrice, dem derzeitigen Chef. Der Ertrag von gut 7 ha geht an die Genossenschaft CRVC in Reims, die u.a. Champagne de Castelnau herstellt. Über Cuvée und Dégorgement bestimmt Monsieur Collin jeweils nachdem er den versekteten Wein von der Genossenschaft zurück erhalten hat. Verschluss ist Diam Mytik. Mit Olivier Collin von Ulysse Collin in Congy besteht übrigens kein Verwandtschaftsverhältnis.

1. Brut (2007)

2007er Jahrgang, 40CH 15PN 45PM, 40% Reservewein. 10 g/l Dosage.

Reifer, runder, gemütlicher, ziemlich klassischer, nicht gerade ultrafrischer Champagner von sehr kundiger Hand.

2. Cuvée Prestige, Blanc de Blancs (2004)

2004er Jahrgang.

Lebhafter Champagner mit mehr Druck, Finesse und Spiel, als der einfache Brut. Wuselige, d.h. nicht ganz pointierte, etwas einfache, aber präsente Säure.

3. Cuvée Celia (2003)

2003er Jahrgang. 32CH 68PN. 9 g/l. Das Etikett ziert die hübsch anzusehende Frau von Fabrice als kniender Akt, von einem befreundeten Bildhauer aus Troyes klassisch verewigt und daraufhin von einer ebenfalls befreundeten Malerin zur Etikettenvorlage umgearbeitet. Die Dame heißt auch gar nicht Celia, sondern eine etwaige gemeinsame Tochter hätte diesen Namen tragen sollen. Bis jetzt gibt's die aber nur in Flaschenform.

Haselnussige Aromen, reife rote Früchte, ein harmonischer, teilweise ins Herbe spielender Champagner, der dadurch nicht unebenmäßig wirkt. Erinnerte mich etwas an die Champagner von Jacky Charpentier.

4. Rosé

27,5CH 27PN, 45,5PM, 13,5% Pinotzugabe. 2007er Basis und 22% Reservewein. 10 g/l Dosage.

Leichter, durchgängiger, in sich geschlossenern Rosé mit minimaler Herbe, bei der ich nicht sicher bin, ob sie zum Stil des Hauses gehört.

Unabhängige Winzer unter der Lupe – Aube: Didier Doué und Champagne Velut aus Montgueux

Didier Doué, Montgueux

Beim Örtchen Montgueux läutet im Kennerkopf sofort die Jacques Lassaigne-Glocke und das erst seit kurzer Zeit. Für die meisten, selbst gut informierten Champagnerfreunde ist Montgueux jedoch noch völlige terra incognita. Dabei ist der in mehrfacher Hinsicht abseits gelegene Ort landschaftlich überaus reizvoll und von seinen Weinbergen aus hat man eine herrliche Sicht auf die mittelalterliche Minimetropole Troyes. Die 5 ha von Didier Doué werden integriert, d.h. bei ihm quasi biodynamisch bearbeitet und über seine CO2-Bilanz macht er sich zudem noch Gedanken, weshalb die ausladenden Dachflächen der Wirtschaftsgebäude komplett mit Photovoltaikzellen bestückt sind. Seine Champagner sind setets Einzellagen-Champagner (Monocrus), die Böden verfügen teilweise über Silex-Einsprengsel, die auch das Terroir bei Ulysse Collin im Sézannais so sehr bereichern. Ecocert. Für einen Betrieb, der erst seit 1980 Champagner macht, höchst respektabel.

1. Brut Selection

80 CH 20PN, 2006er Basis mit Reserve aus 2005, 10 g/l Dosage.

Brioche mit Honig und Mandelsplittern, etwas hefiges, auch etwas hoch dosiertes Naturell. Insgesamt kräftig, kommt aber schnell aus der Puste.

2. Brut Prestige

60CH 40PN, 2005er Basis mit Reserve aus 2004 und 2002, 7 g/l Dosage.

Brioche, Honig und Mandeln, im Gegensatz zum Brut Selection angereichert durch freche Säure, druckvolle Mineralität, insegesamt viel mehr Leben, Ausdauer und Rasse. Tom Stevenson sah ihn immerhin gleichauf mit zwei so unterschiedlichen und schwergewichtigen Champagnern wie der Cuvée Louis von Tarlant und beispielsweise dem Clos Jacquin von Callot (http://www.wine-pages.com/guests/tom/fizz04_3.htm), von dem es gerade einmal tausend Flaschen gibt und den ich zufällig nur kurz nach Doués Champagner probiert habe.

3. Blanc de Blancs Millésime 2002

Mit 5 g/l dosiert.

Kraftvolle Steigerung zum Brut Prestige und zum Selection, für mich beginnt mit diesem Champagner das Portfolio von Doué hochklassig zu werden. Florale, vor allem aber auf die Silexeinsprengsel zurückzuführende tiefgründige Mineralität, die zum Kauen anregt, dazu wieder Brioche, außerdem hochelegant, weisser Pfirsisch und Nashibirne. Ein würdig vinifizierter 2002er.

4. Brut Nature

70CH 30PN, 2006er Jahrgang aus dem lieu dit le Corre.

Nackt und herzhaft, sprich drall, jedoch nicht plump oder hitzig, sondern mit einem kühlen, etwas distanzierten Habitus. Reizvoller Champagner, bei dem mir noch nicht ganz klar ist, warum er als Einzellage vinifiziert wurde, aber da es nicht meine letzte Begegnung mit Didier Doués Champagner sein wird, kann ich darüber in Zukunft ja vielleicht noch mehr lernen.

5. Rosé

85CH 15PN, 2006er Basis mit Reserve aus 2004, 10 g/l Dosage.

Selten finde ich eine Dosage von 10 g/l oder mehr angemessen oder gar schmackhaft. Bei diesem Rosé hat mich der Schleckermaulfaktor voll erwischt. Mandeln, Holz und Rauch umwehen den ersten Schluck, bevor sich eine tiefgründige, zwischen triefend-saftig und knisternd-knackig kandiert changierende Blutorangenaromatik entwickelt. Ein herbes, etwas dünnes finish tut der Freude keinen Abbruch.

 

Champagne Velut, Montgueux

Die sieben Hektar des Erzeugers sind größtenteils mit Chardonnay bestockt.

1. Brut Tradition

75CH 25PN

Einen beeindruckenden Start legte der Brut Tradition hin, was gemeinhin als gutes Zeichen gewertet werden darf. Schnelle, starke Entfaltung ausgeruhter und sehr motivierender, von schlanker Säure getragener Apfel-Birnenaromen am Gaumen. Als gälte es, mit einem Panzerregiment tief in den feindlichen Raum vorzudringen besetzt dieser Champagner die strategisch wichtigen Punkte an Zungenspitze und -rändern. Dazu passte die etwas starre, pektinige Rüstung des Champagners.

2. Cuvée Speciale, Blanc de Blancs

Nicht mehr ganz so aufregend und rapide arbeitet die Cuvée Speciale sich vor. Klar, limettig, frisch, mit einer ununterbrochenen, sauberen, Apfel und Birne duplizierenden Aromatik aber ohne den rechten Schwung, wie ihn der einfache Brut Tradition gezeigt hatte. Trotzdem eine überaus solide Leistung.

3. Rosé

100PN

Muffig, aber nicht korkig, erdig, im Kern etwas zu dick und unausgewogen, mit einem allzustark rot durchscheinenden Charakter war abschließend der Rosé.

Weinsause bei Essen-Privat

A. Als Menu gab es

I. Lachsterrine und Variation vom Wildlachs

II. Flusskrebssuppe mit Zitronenbutter-Croûtons

III. Wiesenkräuter an Rinderfiletspitzen

IV. Lammhüfte vom Grill mit Haricots verts, Fenchelgemüse und Trüffelkartoffelpurée

V. Dessertvariation mit Erdbeersorbet

 

B. Dazu die folgenden Weine

Opener:

Champagne Eric Isselée, Blanc de Blancs Grand Cru 2002 en Magnum

Schon wieder der Isselée. Weil er immer noch gut ist, der Isselée. Zusammen mit Voirin-Jumels Blanc de Blancs Grand Cru ist das bis auf weiteres mein favorisierter Partychampagner aus der Magnum. Saftig, wohlgerundet, mittellang, ein echter Appetitanreger, der aus der Magnum immer genauso schnell verschwindet, wie aus Normalflaschen.

Weiss:

I. Reichsrat von Buhl, Weissburgunder "Ruhr-Edition" 2009

Dieser Wein wird nicht ohne Grund den Sommer an Rhein und Ruhr beherrschen. Fruchtig, mit kerniger, für Weissburgunder schon sehr stattlicher Säure, zur Seite hin mit hellen Blüten und weissem Pfirsich abgepolstert. Der typische crowd pleaser.

II. Pompaelo Blanco 2009

Auf der ProWein erstmals probiert und als Muster mitgenommen. Wenn ich das richtig erinnere, ein Mix aus Viura und Chardonnay mit Muscat Gros Grains, es kann aber auch alles ganz anders sein. Das wohlige, reichhaltige Bouquet spricht für den von mir jetzt einfach mal unterstellten Rebsortenmix, im Mund fiel er leider nach dem Buhl deutlich im Säurewert ab und wirkte laff. Doch nochmal solo nachprobieren.

III. Badet, Clement & Cie., Révelation 2008

Chardonnay und Viognier verpartnern sich in diesem Wein ganz köstlich. Durch den Fassausbau kommt eine leicht speckige Note dazu, die sich mit dem Duft aus Opas Zigarrenkiste vermengt. Im Mund kühlend, mittelgewichtig, mit einer etwas breiten, aber liebenswerten Säure.

IV. Bodegas Piedemonte Garnacha Rosado 2008

Rosé gekelterte Grenache aus Navarra. Erdbeerig, himbeerig, auch schokoladig. Trotz der klaren und allgegenwärtigen roten Aromatik hat man nicht den Eindruck, einen roten Wein im Mund zu haben, dafür ist er dann wieder zu frisch und leicht. Einen transsexuellen Eindruck machte der Wein auf mich aber auch nicht. Gut gelungener Balanceakt in einer immer wieder bespöttelten Kategorie.

V. Reichsrat von Buhl, Forster Pechstein Großes Gewächs 2008

Nach dem jüngsten GG-Performance-Check hatte dieser Pechstein nur wenige Pflichtaufgaben zu erfüllen. Aromatisch war alles da, was junger, ungestümer Pfalzriesling haben darf, Apfel, Melone, Aprikose und Pfirsich, sehr viel Schmiss und eine mitreissende Offenherzigkeit.

VI. Elena Walch, Beyond the Clouds 2007

Aus den Traminer Steillagen Castel Ringberg und Kastelaz stammen die Trauben für diesen eigenwilligen Wein. Chardonnay soll vorwiegend drin sein, aber auch Traminer und am Ende noch Sauvignon Blanc. Aber genaue Angaben fehlen leider. Sie hätten auch nichts an meinem Verdikt geändert: kein Wein, der mir geschmeckt hat. So filigran und einfallsreich wie eine Sonnenblume, so aromatisch wie Sonnenblumenöl. Von Säure keine Spur, dafür ein seltsam verlorenes Zuckerl. Vielleicht in fünf Jahren nochmal trinken, aber im Moment würde ich die Finger davon lassen.

Rot:

I. Château Citran 1996 Mise du Château de Preuilhé, en Magnum

Jedes Mal, wenn er auf den Tisch kommt, überrascht dieser Wein. Diesmal hatte ich mir als allerersten, sich mir sofort in der Nase auffälligen Ton getrockneten, mit Sesamöl eingepinselten und mild gesalzenem See-Lattich notiert, wegen der jodigen Note und weil er tatsächlich danach duftete – und ich bin ein großer Vertilger von getrocknetem, mit Sesamöl eingepinseltem und mild gesalzenem See-Lattich. Eine etwas scharfe Beerenfrucht kam noch dazu, wie ein Dessert aus Erdbeeren, Orangensaft und Pfefferkörnern. Obwohl ich nie ein Fan von Citran war, mit diesem Wein könnte ich es mir vorstellen.

II. Würtz-Weinmann Pinot-Noir 2005

Der Wärtz in rot, was ja gut passt. Knackig war er, die Runde rief sehr schnell und überwiegend "deutsch", vielleicht wegen dieser kühles Klima vermuten lassenden Knackigkeit, vielleicht wegen des für deutschen Spätburgunder typischen, hier aber nicht stereotypischen Charakters von Einmachobst und einer freundlich-warmen Waldboden- oder Humusnote. Verhaltene Kraft und einen süsslichen, entfernt an Weihrauch erinnernden Abgang hatte er ausserdem.

III. August Kesseler, Assmannshäuser Höllenberg Pinot-Noir 1990

Erdig, waldbodig und pilzig duftete dieser Wein. Mit Luft wuchsen die ersten roten Beeren aus dem Glas und lieferten sich einen Wettlauf mit der nicht unbeträchtlichen Säure. Das griffige Tannin spielte daneben keine grosse Rolle, viel spannender war es, den beiden Komponente bei ihrer Entwicklung beizuwohnen. Fast muss man sagen, dass der Wein mit seinen nunmehr zwanzig Jahren noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen ist, so wandlungsfreudig wie er sich zeigte.

IV. Warrenmang Estate Grand Pyrenées 1998

Dieser Bordeaux-Blend passte so gut zum Fleisch, wie nur dasselbe Fleisch selbst noch einmal gepasst hätte. Brombeer und Cassis waren so selbstverständlich da, als wären sie meine direkten Tischnachbarn, dazu kam noch ein neuweltliches, etwas minziges Tannin, das dem Wein ein schlankes, raffiniertes Gewand lieh. So soll Wein zum Fleisch schmecken.

V. Grand Puy Lacoste 1997

Meiner Meinung nach Kork. Wirkte aber unabhängig davon als sei er noch gut beisammen.

VI. Torbreck Juveniles 2001

Über David Powells Weine kann man viel philosophieren. Man wird aber immer auf die Person zurückkommen, die diesen Wein macht. Und ein Stück seiner Persönlichkeit, mehr als nur eine persönliche Randnotiz, steckt in jedem seiner Weine. Holzfäller und Weinmacher, Grobe Kraft und kunstsinniger Feingeist, das sind einige der Stichworte zur Person, an die man sich erinnert, wenn man seine Weine trinkt. Dieser Juveniles kam leider nicht in Höchstform ins Glas, zeigte aber die typischen tiefdunklen, aus den Wäldern der schottischen Highlands stammenden Beerenaromen. Aus 60% Grenache und jeweils 20% Mourvédre/Mataro und Shiraz gekeltert, im Stahltank vinifiziert.

VII. Pikes Merlot 2000

Hier zeigte ein Wein ab der ersten Sekunde, was er kann. Dem Assmannshäuser in der Beziehung verwandt. Mich erinnerte der Wein zunächst an Thymian und medizinische Präparate, dann trat aus dem dichten Schleier langsam der fruchtige, beerige Charakter hervor. Von seiner Art her kühl, hatte der Wein ein durchaus hanseatisches Auftreten. Mit diesem Wein werden in Hamburg-Pöseldorf die künftigen Schwiegersöhne bewirtet, bevor es ans Heiraten geht.

VIII. Robert Groffier Chambertin Clos de Bèzes 1995

Das folgende Gewächs kam von Groffier, der zu den Spitzenwinzern der Region zählt. Ich wusste nicht recht, ob sich der Wein hauptsächlich gegenüber meinem Gaumen, oder seinem eigenen fortschreitenden Alter so angriffslustig zeigte. Die Bewegung tat ihm jedenfalls gut. Eine mürbe, etwas mehlige, nussige Art konnte er nicht verhehlen, verkaufte das aber sehr gut als Esskastanie. Die vereinigte sich ausgesprochen glücklich mit gewissen Kirsch- und Beerenaromen, umspielt, oder besser gesagt umlaufen von einer sehr agilen Säure, die wie ein Schäferhund die Herde an noch frischen Aromen hütete.

IX. Fox Creek Reserve 1998

Sehr viel getrocknete Sellerieschnipsel und Brühwürfel. Unter diesem Konzentrat eine sehr dicht ineinandergewobene Mischung aus allem, was man in der Küche verwenden kann und dunkel ist. Schokolade, Crema di Balsamico, schwarzer Pfeffer, Morcheln, Nelken. Nicht leixcht zu trinken.

X. Léoville Poyferré 1996

Starker Wein für starke Männer. Hat aber auch den Frauen geschmeckt, soweit ich das beobachten konnte. Denn überwiegend habe ich entweder ins Glas geschaut, oder die Augen beim Trinken geschlossen. Nach kurzer Aufwärmphase schiessen saftige Frucht, seidenweiches, reifes Tannin und eine beides sehr dezent umklammernde Mineralität aus dem Glas. Rund und gut, ein Wein, für den man sich ohne falsche Scham prostituieren darf.

Schließer:

I. Horst Sauer, Escherndorfer Lump Riesling Auslese 2009 Fassprobe

Einen guten Riesling hat der Horst Sauer da ins Glas gebracht. Genauso topfit, wie er selbst. Nun bin ich kein großer Kenner der Frankenrieslinge und schon gar keiner der edelsüssen Frankenrieslinge. Das mag erklären, warum mir der Wein so schwer identifizierbar vorkam. Trotz vorhandener, junger, leider noch arg hefiger Frucht wirkte der reichlich massige Wein gebremst und nicht ganz balanicert. Ich hoffe, das renkt sich demnächst ein.

II. Dr. Crusius, Schlossböckelheimer Felsenberg Riesling Auslese 2008

Altersbedingt eine ganze Stufe weiter war der Riesling von Crusius. Quietschlebendig, mit einem pumucklhaften Übermut und Lust an der Komplementärfarbe. Grüne Aromen von Apfel, Kiwi und Stachelbeere standen knallroten Aromen von Johannisbeere und Cranberry gegenüber. Dazu kam Mirabelle, gelbe Pflaumen nicht zu vergessen. Also letztlich genau die Hausfarben vom bayrischen Kobold. Feiner Wein!

III. Fox Creek Vixen Sparkling Shiraz

Schoko und Kirsche in prickelnd. Wenn man ganz genau auf seine Geschmacksknospen horcht, hört man auch, wie sie "grüne Paprika" oder "ladybird taint" rufen. Darüber bin ich mir selbst nicht ganz sicher, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, das vernommen zu haben. Schliesslich passt es sogar ganz gut zu diesem in Deutschland völlig exotischen Wein.


Weinsause in der Gesellschaft Harmonie

I. Voirin-Jumel Blanc de Blancs Grand Cru en Magnum

Diesen Champagner kaufe ich immer en magnum, weil er sich so schnell, quasi wie von selbst austrinkt. Auch kommt seine Balance zwischen apfeliger Frucht, reinigender Mineralität und belebender Frische dort am besten zur Geltung. Aus den one for all Gläsern wirkt er geradeweg wie ein isotonischer Durstlöscher, kandierte Aromen und die relativ hohe Dosage wirkten unaufdringlich.

 

II. Clarendon Hills Kangarilla Chardonnay 1997

Mit dem reif golden glänzenden Kangarilla Chardonnay ging es weiter; zunächst buttrig und zurückhaltend spritig, aber noch nicht kratzig, mit einer Ahnung von Boskoop, dann mit der toastigen, leicht rauchigen Art reifer Chardonnays. Auch im Mund fortgeschritten, mit zartem Schmelz. Schwer zu sagen, wie der früher mal war, vielleicht war er als Solist leicht über den Punkt.

 

Dazu gab es ein Salatbouquet mit Wachtelschlegeln und Entenleber. Ich hatte mir noch etwas vom Champagner gesichert und fand beides gut passend zur Vorspeise. Während der Champagner sich mit Salat und Wachtelschlegeln vergnügte, blühte der Kangarilla zur Entenleber richtig auf und fand meiner Meinung nach hier seine Bestimmung.

 

III.1 Noon Eclipse Grenache 1999

Erst etwas flüchtige Säure, bevor sich Eukalyptus-Menthol, Zedernholz, Sandelholz, Malz, Kräuter und Tabak auftaten. Die Gesamtmixtur duftete ein bisschen wie ein etwas unkonventioneller Saunaaufguss. Im Mund ein beachtliches Säuregerüst, ein Saunabesucher mit strammen Waderln eben. Bei aller Kraft im übrigen nicht alkoholisch oder unausgeglichen, sondern bei relativ langsamer Entfaltung glatt und seidig, mit einer Andeutung von Minztoffee, wie wir das noch mehrmals an dem Abend erleben würden.

 

III.2 Hutton Vale Mataro Grenache 1998

Vollere, konzentriertere Nase, als der Eclipse, auch mehr rote Beeren, zwei denkbar unterschiedliche Grenaches also, was den flight ja auch so interessant machte. In der Nase wie Frische Waffeln mit Kirschsauce und Puderzucker, mit Luft dann auch etwas zurückhaltender Liebstöckel. Hebt sich von 90 Punkten nach oben ab, wenngleich sein Höhepunkt langsam vorbei ist.

 

IV.1 Craiglee Cabernet-Sauvignon 1995

Schöne, entwickelte Nase, die an gut eingetragene Schweinslederhandschuhe, Nivea und eine Spur Graphit erinnert. Im Mund eher leicht, mit noch frischer Säure, dabei wenig spürbares Tannin. Schwierig zu fassen, bei diesem Wein ging es mir wie mit dem Kangarilla Chardonnay, der zeigte erst beim Essen, wozu er geschaffen war.

 

IV.2 Clarendon Hills Cabernet-Sauvignon 1997

Konzentrierter Wein mit reichlich Cassis, dunkel und saftig. Lehrbuchmäßiger, aber nicht langweiliger Cabernet-Sauvignon, vollmundig, mit einer dynamischen Spannung zwischen Frucht, Säure und Power. A class of its own.

 

Zum Rehnüsschen auf Sellerieschaum passte nicht nur der Clarendon Hills Cabernet-Sauvignon sehr gut, sondern auch der Craiglee zeigte zum Sellerieschaum, wozu seine vorher etwas undefinierbare Aromatik wie Legosteinchen passt.

 

V.1 Viking Cabernet-Sauvignon 2000 – leider hinüber/Kork

 

V.2 Warrenmang Cabernet-Sauvignon 1999

Einfacher, eher saurer, aber zumindest sauberer, mit etwas Graphit angereicherter Cabernet. Ging so.

 

VI.1 Montrose 1982

Ziemlich betörender Mix aus roter Paprika, Cayennepfeffer, Kaffee- und Kakaobohnen, Veilchenduft. Im Mund lang, ein Wein der wie ein gutes Steak zum kauen animiert, mit gesundem, sehr gediegenem Tannin, darüber sehr delikate Kirsche, Johannisbeere, Brombeere, wie beim Schleiertanz lugte hinter jeder Schicht noch eine neue Facette hervor. Doller Wein.

 

VI. Citran 1996 en Magnum, Abfüllung Château de Preuilhé

Sehr viel Beerenfrucht, fast burgundische Himbeer-Erdbeer-Komposition, auch hier etwas Veilchen und Milchschokolade, kein Wein, der vor Komplexität platzt, aber für mich der Überrascher des Abends und wahrscheinlich der beste Citran, den ich je getrunken habe.

 

Dazu Entenbrust mit Kartoffelknusperrolle und Wirsingrahm, wobei der Citran eine höhere Affinität zu Knusperrolle und Wirsingrahm hatte, der Montrose dagegen zur feisten Entenbrust.

 

VII.1 La Conseillante 1990

Fluffige Nase, After Eight und süße Paprika, Beerenfrüchte, Rumtopf, aber von keinem zu viel, dieser Wein ist reinste Lebensfreude, allerdings der selbstgenügsamen Art: Conseillante trumpft nicht auf, sondern gewinnt mit Charme und Esprit.

 

VII.2 Château des Estanilles, Faugères, 1999

Brotige und röstige Noten wie von altem Chardonnay, zum Toast gesellt sich dann noch etwas Veilchenduft, im Mund angenehm mürbe, nach dem Conseillante ein sehr schöner, aber überforderter Wein.

 

VIII.1 Clarendon Hills Astralis 1997

Fein, weich, beerig, mit anfangs einem Hauch Klebstoff, der sich in den Duft warmer Butter verwandelt. Im Mund weich, Quality Street Toffee, mit Minze und Erdbeer-Rhabarber-Sahne, aber auch Kirschpaprika. Sehr starker Wein, der manchen Grange umpusten könnte und den ich mir speziell gegen den Grange 1997 ausgesprochen gut vorstellen kann.

 

VIII.2 Fox Creek, McLaren Vale Reserve Shiraz 1998

Dichter, dunkelbeeriger, auch buttrig angereicherter Auftritt mit etwas flüchtiger Säure wie Modellbaukleber, balsamisch, erinnert auch an Süßholzsaft, außerdem Duft von heißer Schokolade. Im Mund ebenso konzentriert, fordernd, massiv. Erfordert eine Mischung aus Grobraster, um die Geschmacksnerven nicht zu betäuben, und hochemepfindlichen Duft- und Geschmacksrezeptoren, um das jubilieren der vielen verschiedenen Beeren, von Eukalyptus, getrockneten Kräutern, nelken, Orangeat und Marzipan nicht zu übergehen.

 

IX. Fox Creek Vixen Sparkling Shiraz

Hat man selten auf dem Tisch, passt auch nicht ohne weiteres zu jedem Menu, machte sich aber gut zur Lebkuchenmousse mit Beerensorbet und Crème brûlée. Am besten gefiel mir die Vixen-typische Mischung aus Kakaobohnen und Sauce Griottine zum Lebkuchen, sehr schön auch noch zum Beerensorbet, weniger gut zur dann schon wieder zu süßen Crème brûlée.

 

X. Nominé-Renard Brut en Magnum

Anders als der Voirin-Jumel ist der Brut von Nominé-Renard kein Blanc de Blancs, sondern ein klassischer Rebsortenmix, der aber von den weit südlich in der Côte des Blancs gelegenen Chardonnays profitiert. Nicht mehr ganz so säurestark wie die aus le-Mesnil, eher schon so konziliant wie die aus Vertus, gepaart mit milder Weinigkeit vom Pinot-Noir und Pinot Meunier als Scharnier. Das heißt: weniger Granny Smith, mehr Cox Orange, kein Zahnfleischbluten, dafür ein aufgeräumtes Mundgefühl. Gehört eigentlich ebenfalls nur aus Magnums getrunken.

 

XI. Pichon Baron 1988

Schwarzkirsche, Marzipan, Graphit, ein Wein mit einem schon etwas struppig gewordenen Dreitagebart, das ließ den Baron etwas rabaukiger erscheinen, als die Comtesse es für gewöhnlich ist. Mir sagte diese maskuline Art nicht so sehr zu, der Wein schlug sich aber ausgezeichnet einerseits zur Pilzessenz mit Madeirasahne, andererseits zum Rehnüsschen mit Quitten-Korinthensauce, Pfifferlingen und Schupfnudeln.

 

XII. Bois de Boursan Châteauneuf-du-Pape 2007 en Magnum

Zunächst bayrische Malzbonbons und Brett, dann Schweinespeck und rote Beeren. Jugendliches, kräftiges, aber nicht unverschämtes Tannin, im Mund schon ein reifer, aber nicht frühreifer Eindruck, der in den nächsten Jahren einige schöne Stunden verspricht. Auch der Ch9 wusste zum Rehnüsschen zu begeistern und ich könnte nicht sagen, welcher der beiden Weine mir besser zum Essen gefiel. Allerdings fände ich das auch solo schwer.

 

Zur Orangencrème à la Reni hatte ich leider nichts im Glas. Dafür gab es zum Abschluss, neben einigen Weinen, die ich auch verpasst haben mag,

 

XII. Graham's 1979

Vielleicht nicht der größte Vintage Port, aber ein ehrliches Vergnügen, mit dick gesoßtem Tabak, warmem Zwetschgenkuchen; im Mund etwas mehlig und mir schon zu säurearm.