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Tag Archives: saignée

Bio-Champagner nachprobiert

 

I. Françoise Bedel

Ein nettes Wiedersehen mit der stets sehr eleganten Madame Bedel und ihren Weinen. Auf ihre exzellente Cuvée Robert Winer befragt, gab Madame Bedel zur Antwort, dass sie einen 2008er in petto hat. Darauf wird die Champagnerwelt leider noch gute zehn Jahre warten müssen, fügte sie aber sogleich hinzu. Wenn der 2008er mit dem famosen 1996er vergleichbar ist, werde ich gerne warten.

1. Dis, Vin Secret Brut Nature 2003

86 PM 8 PN 6CH. Die Apfelaromen vom letzten Mal haben sich wohl ausmetamorphiert und entschieden, sich in Richtung überreifer Schattenmnorellen zu entwickeln. Trotz seiner weichen Art mit einer angenehmen Spritzigkeit ausgestattet, wobei die Säure etwas überfordert wirkt.

2. Entre Ciel et Terre Brut 2002

100PM. Das feine, leichte elegante Element der Weizenmehlnase hat sich gehalten und verfeinert. Hinzu kommt ein leicht herbes Quittenmusaroma. Der Champagner ist balanciert, lebhafte Säure und eine leichte Mürbe stehen in gutem Gleichgewicht und können sich so sicher noch ein paar Jahre spannungsvoll belauern, bevor der Champagner abbaut.

3. Origin'elle Brut 2004

78PM 9PN 13CH. Alkoholische Nase, im Mund herb. Säurearm und in gewisser Weise effizient: aus dem was er an Meuniercharakter hat, holt er das beste raus.

4. L'âme de la Terre Extra Brut 2002 – informell –

Drittelmix. Erde, Brot, Getreide, wie der Name schon ankündigt. Im Mund glatt, sauber und schnittig, wenn nicht gar seidig. Milde, charaktervolle Herbe.

II. Thierry de Marne, Champagne Frison Demarne

Die allerersten Flaschen gab es, noch ohne Rückenetikett (das später einmal das Dégorgierdatum des jeweiligen Lots tragen wird). Im Frühjahr hatte ich in Paris die damals noch namenlosen Cuvées probiert, nun gab es die in den Startlöchern stehenden Champagner quasi als pre-opening.

1. Blanc de Blancs "Lalore" non dosé, 2007er Ernte

Hatte ich auf meine Merkliste gesetzt und siehe, der Champagner hat sich ganz prachtvoll entwickelt. Frisches Chardonnaynaturell, das mich auf Anhieb an einen am Vorabend getrunkenen 2004er Blanc de Blancs "Les Vents d'Anges" 2004 von Xavier Leconte erinnerte. Knackig, lang, ein vorwärtsdrängender Chardonnay mit einer feinen Butterweck-, Buttercroissantnase. Wenn dieses junge Haus so weitermacht und seinen Champagnern später einmal noch mehr Zeit auf der Hefe gönnt, haben wir einen neuen Spitzenerzeugeranwärter.

2. "Goustan", 2007er Ernte

50PN 50CH. Auch hier lohnt es sich, den Champagner im Blick zu behalten. Rassig, mineralisch; wie seine blonde Schwester mit starkem Vorwärtsdrang, etwas dunkler, eher auf der Krustenbrotseite. Sehr charmantes Mentholfinish.

III. Jean-Pierre Fleury, Champagne Fleury

Aus der Vielzahl der Cuvées von Fleury gab es diesmal drei Champagner.

1. Fleur de l'Europe Brut Nature

85PN 15CH. 2001er Basis mit Reserve aus 2000.

Frische Baumwollnase, dicht gewebt, fast filzig. Etwas chlorig, mittelschwer. Nicht der größte Wurf aus der Fleury-Kollektion.

2. Extra Brut 1995, dég. 2009

80PN 20CH.

Reifer 95er, dem man mit ein wenig glücklicher Spekulation das späte Dégorgement abschmecken kann. Vornerum lebhafte Frische, hintenrum altersangemessen Mürbe. Ähnliche Spannung wie bei Bedels Entre Ciel et Terre 2002. Kann noch ein ganze Weile.

3. Rosé de Saignée Brut (2007)

80PN 20CH.

Herber, kräftiger Rosé, dessen Blumendekor über sein männliches Interieur täuscht.

IV. Bertrand Gautherot, Champagne Vouette & Sorbée

Bertrand Gautherot stellte die Erzeugnisse seiner Kinder vor.

1. Fidèle

100PN. 2007er. Dégorgiert am 14. Dezember 2009. Je mehr Flaschenreife der Champagner bekommt, desto weiter entfernt er sich von seinem niedlichen Namen. Zur Zeit wirkt er kraftstrotzend und zeigt das reinste Raubkatzennaturell. Fleischig, gerbstoffig, lang.

2. Blanc d'Argile

100CH. 2007er. Am 12. Januar 2010 dégorgiert. Immer noch Banane, immer noch üppiges Erdbeer-Himbeer-Aroma, das sich mit Luft in einen gar nicht mal unangenehmen Klebstoffduft umwandelt. Sehr sportlicher, ausgeruhter und mühelos wirkender Typ, geht wie ein Rennwagen über die Zunge. Vom Holz merkt man nicht mehr ganz so viel. Wird sich weiterhin positiv entwickeln, denke ich.

3. Saignée de Sorbée

Ein 2006er. Dégorgiert am 12. April 2010. Dieser Champagner hat sich gegenüber dem letzten Mal gefangen. Ein betörender und für Roséchampagner ungewöhnlich geheimnisvoller Boudoirduft macht sich bemerkbar, floral, mit Maiglöckchen und Lilie. Ein Verkoster meint: das ist der Duft von getragenen Damenstümpfen. Wenn ich meine Damenstrümpfe ausziehe, duften die nicht so, aber wahrscheinlich meinte der Kollege das auch nicht. Am Gaumen ist der Champagner eigenwillig schön, die florale, etwas cremige Textur bleibt lang am Gaumen.

V. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

Ohne Bart sieht er nicht mehr aus, wie Käpt'n Haddock; cool und entspannt, prächtig gelaunt präsentiert er seine Champagner, dass es eine Freude ist.

1. Cumières Premier Cru Brut Nature

2006er. 50CH 25PN 25PM. Kraftvoll, crèmig, etwas fleischig, milde Parfumnote, Duft von Nivea und Zitrusfrüchten. Am Gaumen dann pinotgeladen, weinig und gefühlvoll. Entwickelt sich scheinbar recht flott.

2. Les Chênes Cumières Premier Cru 2005

100CH. Starker Champagner in kleiner Auflage (1776 Flaschen und 49 Magnums). Haselnussnote und Aromen aus der Thaiküche. Immer wieder Zitronengras, Ingwer, Limette. Mildes Holz, superbe Sauberkeit und enormes Entwicklungspotential.

3. Cumières Premier Cru Brut Nature 2002 en Magnum

Schwebend leicht, fein, weich, haselnussig, mittelgewichtig. Schlank, doch im Kern sehr konzentriert. Da findet sich eine Ahnung von Ammoniak, die aber nicht zehrend oder sonstwie beschwerend wirkt, sondern dem Wein eine sportliche Aggressivität verleiht, die mir gut gefällt.

4. Coteaux Champenois Rouge Cumières Premier Cru 2008

Langpfeffer, Tellycherrypfeffer, Kirsche, mandel- und Aprikosenkerne. Weich, mit dennoch kerniger Säure, die sich aber nicht aufdrängt und gegen Ende etwas seifig wirkt.

VI. David Léclapart, Champagne David Léclapart

Immer Chardonnay, immer Jahrgang, immer ohne Dosagezucker und stets mit vollem BSA. Das ist die scheinbar einfache Formel, auf die sich David Léclaparts Champagner bringen lassen.

1. Amateur 2007

100CH von sechs Parzellen. Stahltankausbau. Nur ca. 2-3 freies SO2 mg/l. Rund, weinig, etwas kratzig, auch gerbstoffig.

2. Alchimiste 2007

Marzipan, Rosenwasser, Aprikosenmus, weißer Pfirsich, Orangenblüten, auch Fleur de Sel und was das Verblüffendste ist: ein Geschmack von frischer Foie Gras. Enorm.

3. Artiste 2005

100CH von zwei Parzellen. Halb Stahl, halb Barrique. Weich, schaumig, rund und lang. Schmeichelhafte und leichtfüßig daherkommende Mineralität mit darübergestreuten Zuckerblüten. Sanftes Timbre, das ein wenig der Stimme von David Léclapart entspricht

VII. Champagne Leclerc-Briant

Pascal Leclerc-Briant ist leider am 6. Oktober 2010 verstorben.

1990 begann er mit dem biodynamischen Weinbau nach Jacques Puisais in einer nur 50 Ar großen Parzelle. Im Jahr 2000 wurden erst die Lagen Les Crayères und Les Chèvres-Pierreuses, dann der gesamte Rebbestand in Cumières und Verneuil biozertifiziert. Seit 2006 ist der gesamte Rebbesitz von Leclerc-Briant bio-, seit 2008 demeter-zertifiziert. Pascal Leclerc-Briant war einer der unermüdlichen Antreiber in der Region und einer der wirkmächtigsten Biopioniere der Champagne. Auf ihn gehen die Bio-Tastings der AIVABC zurück.

1. Cuvée de Reserve Brut

70PN 30CH aus 06, 05 und 04. Mit 8 g/l dosiert. Entweder hat die zusätzliche Flaschenreife dem Champagner sehr gut getan, oder die vor einem halben Jahr probierte Cuvée de Réserve hatte einen Hau, bzw. war eben einfach noch nicht soweit. Saftig, g'schmackig, mit einer für 8 g/l schon mehr als nur leichten Süße, dennoch mit hintergründiger Kraft. Schöner Standardbrut.

2. Les Chèvres Pierreuses Cumières Premier Cru

40PN 40CH 20PM.

Mein Liebling aus der Kollektion von Leclerc-Briant. Fordernder, druckvoller Mix aus quietschlebendigem Chardonnay und nur scheinbar um Seriosität besorgtem Pinot, der gegen Ende handzahm wird.

3. Cuvée Divine 2004

50PN 50CH.

Weicher Champagner mit dem Charakter von Kalbfleischrollbraten. Was ich auf der Master Class schon festgestellt habe, bewahrheitet sich hier erneut. Der Champagner ist dicht, aber nicht fokussiert, wuchtig, aber nicht massig.

VIII. Bruno Michel

Bruno Michel erklärte mir, weshalb sein "Rebelle" diesen und nicht einen anderen Namen bekommen hat. Weil er die Biobewegung als eine rebellische Bewegung ansieht, die sich gegen den industriellen Massenwein zur Wehr setzt. Eine sympathische Begründung, wie ich finde.

1. Cuvée Blanche Brut

50PN 50CH. 07er Basis mit Reservewein aus 2006. Mit 8 g/l dosiert. Fruchtiger, für die Chardonnays aus Pierry und Chouilly recht typischer Stil, angereichert mit floralen Aromen von Geißblatt und Weißdorn. Stoffig und etwas rauh am Gaumen. Schön.

2. Cuvée Rebelle Extra Brut

2006er von alten Reben. Mit 2 g/l dosiert. Herb, griffig, gegenüber der letzten Probe deutlich runder und nicht mehr so stürmisch-kämpferisch. Kirschkerne und Birnengehäuse, drumherum weiches, sehr aromatisches Fruchtfleisch.

3. Cuvée Blanc de Blancs Pierry Premier Cru

Gegenüber der Cuvée Blanche verfeinert, geschliffener, eleganter, länger und tiefer.

4. Cuvée Rosé

80PM als Saignée und 20CH als Assemblage dazu. Dieser Champagner passt zu Andouillettes, das habe ich beim ersten mal festgestellt und dabei bleibt es nach meiner Meinung auch. Jetzt schmeckt er allerdings schon deutlich feiner nach pürierten Erdbeeren, bzw. Erdbeermargarita. Schlotzig.

IX. Franck Pascal

Neue, wie Franck Pascal einräumte auch schönere Etiketten zieren nun seine Flaschen. Der Inhalt entspricht dem, was ich bereits von ihm kennengelernt habe.

1. Sagesse Brut Nature, dég. 11. Mai 2010

57PM 38PN 5CH.

Alkoholische Nase, wässriger Gaumen. Dann viel Säure. Wieder mal ein viel zu junger Champagner von Franck Pascal. Ich wüsste zu gerne mal, wie die denn in reif schmecken. So kann ich wenig drüber sagen.

2. Tolérance Rosé, dég. 6. Juli 2010

Aus Assemblage entstanden, bilden 96% Sagesse und 6% Pinot-Noir + Pinot Meunier die Cuvée. Etwas enger zusammengeschnürt sind bei diesem Champagner die verschiedenen Stränge aus Säure und wässrig-flüssigem Aromen-Liktorenbündel. Leicht, mineralisch, fruchtarm.

3. Coteaux Champenois Rouge Confiance

Erinnert in der Nase an gedeckten Pflaumenkuchen und an den selbstgebrannten Pflaumenschnaps der Bauern in der Gegend um Nevers. Griffige, konsequent kühl und etas steinig wirkender Pinot.

Kleines Cavatasting

I.1 Masia Freixe, Agrest de Guitard, Reserva, Brut Nature NV

Macabeo, Parellada, Xarel.lo, Chardonnay, ökologischer Anbau seit 1996.

Hätte der anfängliche Korkschleicher sich nicht zusehends zu einem veritablen, üblen Korkschmecker entwickelt, so wäre diese Cava wahrscheinlich ein Favorit für den Preis-Leistungs-Sieger des Abends gewesen. Denn das, was anfangs vom Kork nur am Rande beeinträchtigt war, machte neugierig auf mehr. Feines, kalkiges Auftreten mit chardonnayiger Buttrigkeit und mildem, milchschokoladigem Schmelz, der gerade ankündigte, sich in Richtung einer reifen Armagnacnote vertiefen zu wollen, als der Kork überhand nahm.

I.2 Sabaté i Coca, Castellroig, Brut Nature, NV

Macabeo, Parellada, Xarel.lo, 18 Monate Hefelager.

Die leichte, kalkige Pudrigkeit wurde nur zu grob überdeckt von einer unangenehmen Sauerkrautnase, auch im Mund zeigte sich mehr zehrende als nährende Säure. Glatt, ölig, mir zu pappig und wahrscheinlich liegt alles daran, dass der BSA in die Hose und der pH-Wert nach oben gegangen ist.

II.1 Juve y Camps, Gran Reserva de la Familia, Brut Nature, 2006

Macabeo, Parellada, Xarel.lo, Chardonnay, 36 Monate Hefelager.

In der Nase zunächst vorherrschend Traubenzuckerbonbon mit Blaubeergeschmack und daher der Eindruck, es vielleicht mit einem etwas höheren dunkeltraubigen Anteil zu tun zu haben. In Wirklichkeit kam das ganze Aroma und die gegenüber dem ersten flight dramatisch erhöhte Komplexität offensichtlich von der längeren Reifedauer, Pinot-Noir wurde nämlich gar keiner verarbeitet. Im Mund füllig, nahtlos anliegend, eben das was man präsent nennt. Gute Cava!

II.2 Agusti Torello Mata, Gran Reserva, Brut Nature, 2005, dég. 11/2009

Macabeo, Parellada, Xarel.lo.

Mineralischer, aromatisch enger, dichter und konzentrierter war der Agusti Torello Mata. Kraft ersetzte Eleganz, gischtige Brandung ersetzte sanften Wellenschlag. Ausdrucksvoll und fordernd, mittelfristig vielleicht sogar der überlegene Wein, wenn er sich denn positiv entwickelt und seine jugendlich ungestüme Art ablegt.

III.1 Chozas Carrascal, Reserva, Brut Nature, NV

Macabeo, Chardonnay, teilweise Holzfassausbau.

Wieder ein leichter vertreter, beschwingt, etwas schwebend, mit einem Körbchen reifer exotischer Früchte und maßvoller Saftigkeit, die stets im Widerpart zur natürlichen Herbe dieser Cava steht. Sehr typischer Cavageschmack bei untypischer Zusammensetzung. Stand im Schatten des Flightpartners, der als Pirat geöffnet wurde.

III.2 Domaine de la Garrelière, Francois Plouzeau, Milliard d'Etoiles, Vin de Table de France, Méthode Ancestrale

Biodynamisch seit 1993.

Dunkel, golden, ältliche, mit Aprikose und Honig ausgestatte Nase. Wenig, sich schnell reduzierende Kohlensäure. Der erste Eindruck wies weit zurück in Richtung Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre. Im Mund ganz jung, mit einer proper-rundlichen Restsüße und einem darauf gleitenden mildsaftigen Aroma, das an frische Pilze, Honig und eine Handvoll frischer Himbeeren erinnert. Trotz der Diskrepanz von ältlich wirkender Farbe und lebhaft frischem Mundgefühl ein harmonischer, in sich ruhender, dichter, gleichzeitig eleganter Wein, dessen sehr feine Perlage gar nicht stärker sein dürfte. Seltsam und seltsam faszinierend.

IV.1 Naveran, Perles Roses, Reserva, 2008

100% Pinot Noir.

Spätburgundig, erbeerig, mit etwas Holzwürze, Humuserde und einem touch Yogurette. Mit Luft kommt noch eine weitere Ausziselierung der Aromen, was den Wein zu einem dankbaren Solisten macht, den ich mir freilich auch zu Mürbeteigspeisen und Eischneespeisen vorstellen kann.

IV.2 Gramona, Argent (Blanc de Blancs), Gran Reserva 2006

100% Chardonnay.

Mit hoher Champagnerähnlichkeit startete dieser Blanc de Blancs ins Rennen. Gedeckter Apfelkuchen, ein Töpfchen Vanillesauce, von einer milden Herbe untermalt, die sich mit Luft in ein knsuprig-salzig schmelziges Toffeearoma wandelt, ohne dabei die Frucht zu überdecken. Für mich mit einer Nasenspitze Vorsprung vor dem Naveran Rosé und dem Juve y Camps Wein des Abends, den Loirepiraten einmal außer Konkurrenz gelassen. Mit Sicherheit einer der besten spanischen Schäumer. Selbst der strenge Guia Penin ringt sich, wie ich soeben sehe, zu 91 Punkten durch.

V. Château du Hureau, Rosanna, Saumur, 2007

100% Cabernet Franc.

Der erste Schaumwein-Jahrgang von Philippe Vatan, dessen Château allein schon sehenswert ist: http://www.domaine-hureau.fr/default.cfm

In der leicht hefigen Nase Mandeln, Nüsse und eine samtene, beerige Art, die eine Herkunft von roten Trauben ahnen lässt. Reife rote Paprika höchstens andeutungsweise. Nicht sehr viel mineralischer Druck oder krawallige Säure, dafür mehr florale Aromen. Schöner Übergang zur Schnäpselrunde mit Ratafia und Marc de Champagne.

ProWein-Champagner: Nachlese Teil II

IX. Besserat de Bellefon

Auch hier selbst zu später Stunde noch freundlich Bewillkommnung und Vorführung der neuen, superschicken Lackholzkiste, in der sich die gamme stilgerecht präsentieren lässt.

1. Cuvée des Moines Blanc de Blancs

Ein zuverlässiger und immer wieder auf sehr hohem Niveau angesiedelter Champagner ist der Blanc de Blancs von Besserat de Bellefon. Schafgarbe als Hinweis auf eine flüchtige Säure vermochte ich darin weniger wahrzunehmen, als mir im Gespräch angekündigt wurde. Dafür reife Aprikosen und weisse Pfirsiche, mit Luft entfalteten sich tatsächlich noch ein paar gebrannte Mandeln und kandierte Früchte, der Säurewert blieb auf dem Teppich.

2. Cuvée des Moines Millésime 2002

Sahnig, stoffig, lockend, mit einer an Bienenwachs erinnernden Nase und sehr milder Textur. Wie schon der Blanc de Blancs war dieser Champagner kein Säuregigant. Tarurig hat mich das nicht gemacht, denn für Säure ist der Jahrgang sowieso nicht berühmt. Eher schon für eine lange, balancierte, sehr elegante Art. Die war hier etwas gehemmt und wirkte schüchtern, erholt sich aber bestimmt in den nächsten Jahren.


X. Francoise Bedel

Vincent Bedel nahm sich sehr viel Zeit, um die außergewöhnlichen Champagner seiner Mutter vorzustellen. Die Biodyn-Zertifizierung erfolgte 2001, nachdem Francoise und Vincent 1996 ein dramatisches Schlüsselerlebnis hatten. Dabei wurde vor allem Francoise klar, dass Leben und Arbeit bei ihr aus der Blanace geraten waren. Der Arzt Robert Winer, dem die Familie einen Hommage-Champagner widmet, ist der Impulsgeber für die vollkommene Umstellung von Lebensstil und Arbeitsweise gewesen.

1. Origin'elle 2004

78PM 13CH 9PN. Saftig und glatt, in der Nase hagebuttig, apfelpektinig, auch Fenchel, mit Kräutern und etwas exotischer Frucht. Machte einen warmen, wohligen Eindruck von altgewordenem Apfel. Am Gaumen wenig Angriffsfläche meiner Meinung nach der morbideste von allen Bedel-Champagnern

2. Dis, Vin Secret 2003 Brut Nature

86PM 8PN 6CH. Klassischer und schöner dagegen der Dis, Vin Secret, trotz des schwierigen Jahres. Aufgrund der hohen Reifegrade war bei diesem Champagner keine Dosage nötig, wie sich nachher beim dosierten Dis, Vin Secret zeigen würde. Merklich waren die fortgeschrittenen, reifen Aromen von Trockenobst und eine leicht alkoholische Note.

3. Entre Ciel et Terre 2002 Brut Nature

100% Pinot Meunier. Sehr spielfreudig zeigte sich der Entre Ciel et Terre. Hinter dem pudrigen Make-Up versteckte sich eine überraschend hervorschnellende Säure, die man einem reinen Meunier nicht ohne weiteres zutraut. Apfel, Hefezopf und allererste Anlagen für eine toastige Röstigkeit, dazu etwas Lemon Curd. Stattlicher Champagner.

4. Entre Ciel et Terre 2002 Brut

Erwartungsgemäss etwas gedämpfter, ich will nicht sagen verwaschener, waren die Aromen beim brut dosierten Entre Ciel et Terre. Immer noch ein schöner Champagner, der viele Champagnerfreunde sehr positiv überraschen dürfte, aber wenn man ihn als brut nature getrunken hat, wird man den dosagelosen Champagner bevorzugen. Wirkte am Tag davor und in einem anderen Kontext (nämlich gegenüber dem Dis, Vin Secret 2000 und 2003) besser.

5. Dis, Vin Secret 2003 Brut

Hier dasselbe. Gegenüber der dosagelosen Ausgabe einfach ein Haufen mehr an reifen, teilweise überreifen Aromen und kein bisschen übriggebliebener Säure. Lässt den Champagner langsam, fad und müde wirken, was schade ist.

6. Robert Winer 1996, dégorgiert im Oktober 2008

88PM 6CH 6PN. Einer Gesamtsäure von 8,01 g/l stehen hier 6,9 g/l Restzucker gegenüber, freies SO2 lässt sich mit lächerlichen 13 mg/l nachweisen. Das Öffnen der hanfstrickverschlossenen Flasche mit dem eigenwilligen Etikett lässt die Reise beginnen. Die fernöstliche Reisgebäcknase deutet noch nichts von der ungeheueren Kraft dieses Champagners an. Die kommt erst im Mund voll zur Geltung. Das ist kein harmloses tackling mehr, sondern ein rabiater bodycheck. Wie ein mittlerer Sekiwake verstopft der Champagner erstmal den Mund, bevor er mit einiger Anstrengung der Geschmacksnerven sinnvoll getrunken werden kann. Grapefruit, Pitahaya, Granatapfel, Kumqat und Physalis rumpeln erbarmungslos in den Schlund und lassen einen aufgerührten Trinker zurück.

Am Tag zuvor hatte ich auf der Renaissance des Appellations bereits folgende Champagner von Bedel probiert:

7. Dis, Vin Secret 2000

Fortgeschrittene, aber nicht unangemessene Reife. Mit Kandiszucker lackierter Apfel trifft es wohl ganz gut. Unter der knusprigen Karamellzuckerschicht lag ein warmer, mürber Apfel mit einem sehr appetitlichen Fruchtfleisch.

8. Âme de la Terre 1998, dég. Juni 2008

24PM, 35PN 41CH. Mit 11,9 g/l dosiert, bei 4,55 g/l Säure. Was war zu erwarten? Dass der Champagner fruchtig sein würde, weil leicht pinotdominiert und weil die Chardonnays von Bedel keine besonders fordernde Säure entfalten. Was noch? Dass die Frucht mir zu plakativ sein würde und der Dosagezucker mir zu hoch vorkommen würde. Und dann noch, dass das späte Dégorgement dem Wein etwas zusätzliches Leben einhauchen würde, worüber ich mir aber noch nicht ganz sicher war. Genau so war der Champagner am Ende. Eigentlich schade, denn in der langen Lagerphase hätte doch etwas viel besseres draus werden können – die Cuvée Robert Winer hatte es vorgemacht.


XI. Fleury

Fleury ist mit revolutionären Methoden vertraut. 1901 gehörte Fleury (gegründet 1895) zu den ersten Winzern der Region, die gepfropfte, reblausresistente Pinot-Noirs pflanzten. Während der Wirtschaftskrise von 1929 gehörte Fleury dann zu den ersten Erzeugern, die ihre Trauben wieder selbst vinifizierten und nicht mehr zu Schleuderpreisen an die großen Häuser verkauften. Im Jahr 1970 war Fleury einer der ersten ökologisch arbeitenden Winzer. Die Umstellung auf biodynamisch erfolgte schrittweise seit 1989, damit ist Fleury wiederum einer der ersten biodynamisch arbeitenden Winzer in Frankreich. Schon am Vortag auf der Renaissance des Appellations probiert.

1. Brut Tradition Blanc de Noirs

Vollmundiger, gutmütiger Champagner.

2. Brut Prestige Fleur de l'Europe

Gewöhnungsbedürftiges Etikett. 85% Pinot-Noir und 15% Chardonnay. In Nase und Mund dann nicht ganz so gewöhnungsbedürftiger, kräftiger, dichter, nicht sehr komplexer Champagner.

3. Rosé de Saignée Brut

Nach den beiden behäbigen, ordentlichen weissen Champagnern kommt beim Rosé eine kleine Überraschung, der Champagner ist von einer gewissen Eleganz und Leichtigkeit, die man gemeinhin mit Rosé-Champagner verbindet, vom Hausstil aber nicht unbedingt erwartet.

4. Millésime 1995, dég. 2009

Wie praktisch immer bei Fleurys Jahrgängen 80% Pinot-Noir 20% Chardonnay. Deutlich ist das Pinotübergewicht, aber der Chardonnay setzt sich mannhaft zur Wehr. Unterstützung erhält er vom späten Dégorgierzeitpunkt, das gibt ihm einen Frischeturbo. Im Moment sehr schön zu trinken, vielleicht die nächsten drei Jahre noch auf diesem Niveau, dann dürfte der Champagner abbauen. Interessanter Kandidat für eine Gegenüberstellung normaler Dégorgierzeitpunkt ./. spätes Dégorgement.


XII. Franck Pascal

Monsieur Pascal war wieder selbst am Stand und erklärte seine Champagner, die es demnächst mit neuen Etiketten zu kaufen gibt. Zur Biodynamie kam er über das Militär. Dort lernte er chemische Kampfstoffe kennen und war später ganz frappiert, als er auf der Weinbauschule eine ähnliche Wirkweise von Pestiziden, Herbiziden und allen möglichen anderen -ziden auf lebende Organismen kennenlernte. Folgerichtig beendete er 1998 den Einsatz von Chemikalien und Düngemitteln im Weinberg.

1. Cuvée Prestige Equilibre 2003

Drittelmix, der mit backenzusammenziehendem Süssholz anfängt und die schwarze, von Holunderbeersaft, Brombeeren und Cassis geprägte Aromatik durchhält. Wirkt bereits ganz zugänglich.

2. Cuvée Prestige Equilibre 2002

Drittelmix, mit 4,5 g/l dosiert. Viel enger, verschlossener, mineralischer als der 2003er. Kein Champagner, der jetzt oder innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre viel Freude bereitet und im Moment nur sehr trainierten Champagnerfreunden gefallen dürfte. Wenn alles gutgeht, ändert sich das demnächst, der Champagner ist einfach noch viel zu sehr in sich selbst verdreht.

3. Cuvée Tolérance Rosé

Nach den beiden Jahrgängen wirkte der Rosé fruchtig, unausgezehrt, ausgeruht und wie zu Scherzen aufgelegt. War er in Wirklichkeit natürlich nicht, da war sein vom Sagesse ererbtes Naturell und die schwer entzifferbare Handschrift des Winzers davor. Unter den Rosés unserer Zeit sicher einer der interessantesten. Nichts für Hedonisten.


XII. Philipponnat

Die Champagner von Charles Philipponnat sind immer ein Gläschen wert, waren am Stand leider sehr sehr kalt.

1. Royal Reserve

Jugendlich, unbekümmert, frisch und fruchtig plätscherte der Standardbrut ins Glas. Dahinter steckt überwiegend Pinot-Noir, ca. ein Drittel Chardonnay und ca. ein Viertel Pinot Meunier. Der Reserveweinanteil kann auf bis zu 40% klettern und wird im Soleraverfahren gewonnen. Biologischer Säureabbau ist für diejenigen Grundweine, die bei Philipponnat ins Holz dürfen, kein Thema. Unter anderem deshalb stecken sie die 9 g/l Dosagezucker gut weg. Für ein großes Haus wäre das übrigens nicht besonders viel, doch ist Philipponnat kein grosses Haus, sondern eher ein großer Winzer. Das sieht man allenthalben an der sehr sorgfältigen, am Detail orientierten Vinifikation. Wie es sich für gute Winzer gehört, trägt jede Flasche das Dégorgierdatum auf dem Rückenetikett. Immer wieder eine Freude und in Deutschland ein noch immer viel zu unbekanntes Haus.

2. Grand Blanc Millésime 2002

Dieser Champagner ist in Teilen ein Clos des Goisses. Dort stehen nämlich ein paar Chardonnayreben, die nachher einen Teil der Wirkmacht des Clos des Goisses ausmachen. Zu 15% stammen die Chardonnays dieses Weins ebenfalls aus dem Clos des Goisses. Der Rest kommt überwiegend aus der Côte des Blancs. Im Stahltank bekommen diese Weine ihren Schliff und ihre chablismässige Statur, wobei es auch in diesem Champagner Anteile gibt, die im Holzfass waren und keinen BSA mitgemacht haben. In der mit 5 g/l dosierten Cuvée merkt man von alledem nicht viel. Ich war zum Beispiel viel mehr damit beschäftigt, über den Chardonnay aus dem Clos des Goisses nachzudenken und ob ich den beim nächsten Besuch mal als Grundwein probieren könnte. Denn irgendwas haben diese Trauben, was dem Champagner einen besonders weichen twist verleiht, eine träumerische Unschärfe nach der Art wie sie David Hamiltons Bilder berühmt gemacht hat.

3. Réserve Millésimé 2002

70% Pinot-Noir aus Ay und Mareuil, 30% Chardonnay aus der Côte des Blancs. Trotz seiner Dosage von 9 g/l ein lebhafter, frischer Champagner, der mir aus der Kollektion am gefälligsten vorkam. Datteln, Feigen, Aprikosen, weisse Schokolade und Limette halten sich hier spannungsvoll die Waage.

4. Cuvée 1522 Blanc Grand Cru 2002

Gedächtniscuvée anlässlich der Niederlassung der Familie in Ay. Folglich muss Pinot-Noir aus Ay mit 60% den Löwenanteil in der Cuvée bekommen. Warum der Rest Chardonnay aus Oger stammt, ist mir nicht klar. Ich finde das nicht konsequent; Philipponnat hätte viel lieber Chardonnay Grand Cru aus Ay nehmen sollen, das hätte viel authentischer zu der Cuvée gewirkt und außerdem traue ich Philipponnat ohne weiteres zu, mit den Trauben vernünftige Resultate zu erzielen. Im Bereich der von diesem Champagner bereits preislich anvisierten Kundschaft wäre das sicher auf große Entzückung gestossen. Mit 4 g/l dosiert und langem Hefelager ist der 1522 so etwas wie eine kleine Prestigecuvée. Schmeckt balanciert, pendelt sich aromatisch beim Khakisüppchen mit Pinienkernen und Ingwer ein.

5. Clos des Goisses Blanc 2000

70% Pinot-Noir und 30% Chardonnay. Wie bei allen Philipponnat-Champagnern geht es auch hier um Frische, Klarheit, Rasse und Stil, daher der bewährte Mix aus Stahltank und BSAlosem Fassausbau. Obwohl mit nur 4 g/l dosiert und zu kalt serviert, entfaltete der Clos des Goisses mühelos seine ganze Pracht. Kakao und Kirsche, Toastbrot und Powidl-Palatschinken, Kaisermelange, Germ- und Marillenknödel, die ganze Wiener Kaffeehauskultur in einem Champagner! Ein schöner Beleg dafür, dass der Clos des Goisses besonders in schwachen Champagnerjahren großartige Champagner liefern kann.

6. Royal Reserve Rosé

Ein Assemblage-Rosé mit 7-8% Coteaux Champenois. So leicht und lebensbejahend wie das zarthelle Rosa des Champagners schmeckt er, Erdbeer-Himbeeraromen werden von 9 g/l Dosagezucker recht vorteilhaft herausgehoben, eine hauchdünn unterlegte Tanninstruktur erinnert daran, dass der Champagner aus einem sehr distinguierten Haus kommt. Alles in allem dennoch kein besonders komplizierter Champagner.


XIII. Paul Goerg

Monsieur Moulin, den die Genossen bei Ruinart herausgekauft haben, stellte die Cooperativenchampagner und die neue, 2004 als Handelshaus gegründete Marke Prieur vor. Die Goutte d'Or aus Vertus stand bis vor kurzem unter der Leitung von Pascal Férat, der nach den jüngsten Querelen in der Winzerschaft die Führung des Winzerverbands übernommen hat. Unter dem Namen Paul Goerg treten die Genossen seit 1982 eigenständig am Markt auf, vorher teilten sie das Schicksal des unbekannten Saftlieferanten mit zahllosen anderen Kooperativen der Region.

1. Brut Tradition

60CH 40PN. Sehr leichter, mit seinen 8 g/l nicht hoch dosierter Champagner. Weinig und angenehm, etwas kurz.

2. Blanc de Blancs

Dem Tradition eng verwandt, mit mehr Dampf, mehr campheriger Säure und einem Beigeschmack von geschwenkter Butter. Nicht besonders groß.

3. Blanc de Blancs Millésime 2002

Stärker hervortretende Chardonnayeigenschaften, voluminöser Apfel, bei mäßigen Säuregraden. Wenn die Mitgliedsbetriebe ihre Lagen in den Premier und Grand Crus der Côte des Blancs haben – so scheint hier doch überwiegend das leichte, fruchtige Element verarbeitet zu werden. Geht beim 2002er in Ordnung.

4. Cuvée Lady Millésime 2000

85CH 15PN. Acht Jahre Hefelager. Ziemlich proper, dabei fast ein wenig divenhaft schwankend zwischen fruchtiger Herzlichkeit und spröder Mineralität präsentiert sich die Prestigecuvée der Genossen. So stellen sich die Mitglieder die perfekte Champagner-Winzerehefrau vor, geschäftlich diamanthart, aber reinen Herzens, rund, facettenreich, nach innen ausgeglichen und harmonisch. Gelungen.

ProWein-Champagner: Nachlese Teil I

I. Pol-Roger

Begrüßt vom freundlichen und gut gelaunten Laurent d'Harcourt ging es direkt medias in res. Der White Foil und sein junger Bruder Pure, beide als Drittelmix cuvéetiert waren die Starter. Nach einer Übergangsphase, in der sich der White Foil immer eine Spur zu süss präsentiert hat, ist mittlerweile scheinbar alles wieder im Lot. Der White Foil ist geschmacklich zur gediegenen Pinot-Eleganz eines racinggrünen Jaguar XJ6 zurückgekehrt. Der Pure hingegen ist eine Einladung an die Freunde englischer Sportwagentradition aus dem Hause Austin Healey, deren Zulademöglichkeiten bekanntlich sowieso nur auf ein Picknickgepäck in Form von zwei Flaschen Champagner nebst Gläsern beschränkt sind. Der 2000er Jahrgang bleibt mit seinem haustypischen 60% Pinotanteil im Glied, was nicht minder für seine sonstigen Eigenschaften gilt, womit ich ausdrücklich nicht sagen will, dass er stärker als andere Champagner aphrodisisch wirkt. Aber ein Landlord, der seinen volljährigen Sohn in das angesehenste Bordell der Hauptstadt mitnimmt, wird schwerlich auf einen Champagner dieses Schlages verzichten wollen. Seine Frau hingegen dürfte es sich, wenn sie nicht gerade zum Gin oder zur Gärtnerei neigt, derweil mit dem Gärtner und einer Flasche vom 2000er Rosé des ehrwürdigen Champagnerhauses bequem machen. Weil der nichts für reine Frauenkränzchen ist, sondern mit seinem Pinotgrundton auch Männer anspricht – und nicht nur die liebestollen. Eine völlig andere Geschichte ist der 99er Blanc de Blancs von Pol-Roger. Dieser Champagner, der früher nur als "Brut Chardonnay" verkauft wurde, ist so etwas wie der heimliche Star in der an sich schon illustren Kollektion. Man merkt's am Preis, aber vor allem am Geschmack und das am besten, wenn er reif ist. Der 99er war noch nicht reif, aber er war schon gut, obwohl er noch nicht Anlass zu der Hoffnung gibt, dass er die Höhen eines 88ers oder 89ers erreichen wird. Viel mehr Grund zur Freude und zum häufigen Anstaunen im perfekten Natursteinkeller haben Champagnerfreunde mit der Cuvée Sir Winston Churchill 1998. Die ist nicht so extrem wie 96, 90 oder 88, was ihr auch gar nicht stünde. Einen klassischen, guten, lange auf hohem Niveau haltbaren Winston dürfen wir meiner Meinung nach im 98er erblicken.


II. Jacquesson

Der stille Gigant aus Dizy musste natürlich mal wieder unter die Lupe genommen werden. Als Stéphane Gass von der Traube Tonbach und Gerhard Eichelmann an den kleinen Stand kamen, war der schmale Gang vollends verstopft und das Verkosten wurde zum Balanceakt. Gut, wenn man die Cuvées des Hauses schon ein bisschen kennt. Die Cuvée No. 734 erwies sich als so zuverlässig wie ein U-Bootsdiesel, was mich nicht wunderte. Ich bin nämlich offensichtlich nicht alleine mit dem Eindruck, dass diese immer nur geringfügig variierte Cuvée von Ausgabe zu Ausgabe besser wird. Über die anderen Champagner des Hauses werde ich eine gesonderte Notiz verfassen, weil ich beim nächsten Besuch in der Champagne bei den technischen Werten etwas nachfassen will.


III. Bruno Paillard

Wie jedes Jahr war Bruno Paillard mit einem viel zu kleinen Stand auf der ProWein, der überhaupt nicht die Bedeutung des Hauses in der Champagnerwelt abbildet. Der Standardbrut besteht zu 22% aus Pinot Meunier, 33% aus Chardonnay und 45% aus Pinot-Noir. Das ergibt ein leichtes Pinotübergewicht, dem der Holzfassausbau noch entgegenkommt. Paillards Kellermeister Robuchon arbeitet als Ausgleich mit einem Reserveweinanteil, der locker um die 40% liegen kann und bringt den dreißig Grundweinen seiner Cuvée damit die nötige Frische. Was nämlich manche gar nicht wissen: Reservewein ist nicht gleichbedeutend mit altem, kaputtem, oxidiertem Bodensatz aus leckgeschlagenen Fässern, sondern kann in vielen Fällen ein Frischekick für Cuvées aus säureschwachen Jahren (wie zuletzt 1997, 1999 und 2003) sein. Bei der stets sehr schön anzusehenden Rosécuvée scheint das leider nicht immer so gut zu gelingen, mir erscheint sie gelegentlich zu schwer, blütenbeladen, gar alkoholisch. Schuld sind dann die rot gekelterten Pinots aus den Toplagen des Hauses in Verzenay, Bouzy, Mailly und Les Riceys. Obwohl Monsieur Robuchon diese Weine manchmal sogar nur rosé ablaufen lässt, entfalten sie für meinen Geschmack einfach zu viel Wucht. Der Blanc de Blancs wiederum ist ein kleiner Leckerbissen mit nur ca. 4,5 bar Flaschendruck und wenig Reservewein. So kommt er zu einer besonders sahnigen Schaumkonsistenz, von der man leider nur dann etwas mitbekommt, wenn das Glas, die Temperatur und alle Umweltbedingungen tiptop sind. Ist das nicht der Fall, kann man immerhin eine vorbildliche Mineralität, einladende Apfelnoten und Mandelsplitter registrieren. Der 99er Jahrgang besteht zu 29% aus Pinot Meunier, 29% Chardonnay und 42% Pinot Noir. Damit handelt es sich von den Anlagen her um einen auf dem klassischen Standardbrut aufbauenden Champagner, nicht um eine Spezialcuvée. Diesem Irrtum kann man schnell unterliegen, wenn man auf die Künstleretiketten reinfällt, die seit dem 1981er (Gründungsjahr des Hauses!) den Jahrgangschampagner von Bruno Paillard schmücken. Die Künstlernamen sagen mir leider nichts, umso mehr dafür der Champagner. Reif, etwas frisch, aber säurearm und wahrscheinlich kein Langläufer. Im Moment jedenfalls gut zu trinken, mit seiner warmherzigen Fruchtigkeit und nur geringen Mineralität.


IV. Drappier

Im Messetrubel blieb nicht viel Zeit für mehr als für ein kurzes Händeschütteln mit Michel Drappier, wobei mir klar wurde, dass ich ihn bei nächster Gelegenheit in Urville aufzusuchen haben werde. Zu oft habe ich ihn nun mal hier, mal da, aber eben nicht in seinem eigenen Wirkungsbereich angetroffen, dabei sind seine Champagner so einprägsam, charaktervoll und sympathisch wie er selbst. Sein Blanc de Noirs Brut Nature folgt nicht der allgemeinen Mode, trotzdem liegt er gut am Gaumen an. Wir haben es hier entgegen der abschreckend wirkenden Etikettenangaben "Blanc de Noirs – Brut Nature" nicht mit einem Spezialistenchampagner zu tun, der nur ganz seltsamen Weinvögeln Freudentränen in die Augen jagt. Ungewöhnlich saftig und überhaupt nicht ausgetrocknet wirkt dieser Brut Nature. Ein Kunststück, das zu vollbringen vielen Trittbrettfahrern entlarvend schwer fällt. Ganz weich und schmeichelhaft war der Charles de Gaulle. Dieses Jahr ist zufällig das Charles de Gaulle Jahr schlechthin: vor 120 Jahren wurde der Panzergeneral geboren, vor 70 Jahren richtete er seinen berühmten Appell an die Franzosen und vor 40 Jahren verstarb er in Colombey-les-Deux-Églises, nur wenige Kilometer vom Sitz seines Lieblingswinzers Drappier entfernt. Die Hommagecuvée ist friedliebend, weich, ganz säurearm und von großer Typizität für die warme Aubegegend. Der Rosé, dessen ehemalige Bezeichnung sich von der Lage Val des Démoiselles ableitete, zog andere Saiten auf. Das Saignée-Fräulein war aufreizend schnippisch und etwas frech, nicht die Spur anstrengend, auch kein bisschen wabbelig oder von überhitztem Gemüt. Gravitätischer war hingegen die Grande Sendrée Blanc 2002, ein Ausnahmewein in dieser Preisklasse, obwohl ich ihn auch schon besser getrunken habe. Ich glaube nicht, dass dieser schöne Jahrgang bereits seinem Ende entgegenschreitet, er dürfte vielmehr langsam abtauchen und sich auf die Wandlung vorbereiten, die mit jedem neuen Reifestadium einhergeht. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen in ein, zwei Jahren.


V. Bauget-Jouette

Die Halle war praktisch leer, nur Monsieur Bauget war noch tapfer am Stand und erklärte die Hausphilosophie. Die ist auf Kontinuität ausgerichtet, so dass Jahrgänge selten sind, was man vor allem an der Prestigecuvée bemerken kann, die dem Multi-Vintage Konzept von Krug und Laurent-Perrier folgt. Angenehm frisch, mit 60% Chardonnay und gut 30% Meunier ausgestattet, trat die Carte Blanche auf. Äpfel, Reineclauden und ein Duft nach frischgewaschener Bettwäsche, gefolgt von einem eher süssen, gefälligen Mundeindruck, den ein Säurehaken am Ende vor dem Abgleiten ins Kitschige rettet. Enger und härter war der Extra Brut. Optimal wäre für meinen Geschmack ein geringfügig abgespeckter Carte Blanche oder ein etwas aufgehübschter Extra Brut. Der Assemblage-Rosé in der hübschen Rosenmusterflasche besteht aus 55% Chardonnay und 25% Pinot Meunier, der Rest ist Pinot Noir. In der transparenten Flasche sieht das natürlich schick aus und schmeckt sogar noch besser. Trotz des hohen Stillweinanteils bleibt der Champagner elegant, feinfruchtig und sehr verführerisch, was für die hohe Qualität des Chardonnays spricht. Der musste sich als Blanc de Blancs 2004 auch noch in Reinkultur zeigen und schnitt nicht ganz so gut ab. Die Anlagen waren zwar komplett vorhanden, aber nie bis ins letzte ausgebaut. Etwas mehr Kompromisslosigkeit würde ich mir von Bauget-Jouette wünschen, dann bekäme auch der BdB meinen ganzen Segen. Zum Schluss war die Cuvée Jouette dran, eine jahrgangslose Cuvée du Fondateur. Hälftig aus Chardonnay und Pinot Noir vinifiziert, wird dieser Champagner im pompösen Geschenkkarton präsentiert. Ebenso pompös schmeckt er dann tatsächlich. Crèmig und mundfüllend, fast ein wenig holzig, mit einer Andeutung von Al Capone's Cognac-Dipped Cigars.


VI. Henriot

Monsieur Huray stellte mit adäquater Begeisterung in der Esprit-Arena die Champagner von Henriot aus. Von der Irritation, die Stanislas Henriot mit seinem überraschenden Rücktritt von der Geschäftsführung ausgelöst hatte, war nichts zu merken. Erklärungen dazu gab es ebensowenig. Dabei wäre es sehr interessant gewesen zu erfahren, was an der Spitze dieses bedeutenden Hauses vor sich geht. Joseph Henriot, der lange die Geschicke von Veuve Clicquot geleitet hatte, übergab 1999 seinem Sohn Stanislas die Zügel seines eigenen expandierenden Champagnerhauses – zu Henriot gehört außerdem der Chablis-Spezialist William Fèvre und das Burgunderhaus Bouchard Père et Fils. Vom Genuss des klassisch-herben Brut Souverain konnte mich das alles nicht abhalten. Mir kam der Champagner zunächst verhalten und etwas wässrig vor, mit Luft füllte er diese Lücken später noch gut aus, wie Zaubertinte erschien aus dem Nichts ein filigranes Flechtwerk aus spröder Mineralität und viskoser Zitronigkeit. Der Blanc de Blancs heisst bei Henriot Pur Chardonnay und stammt von den großen Weinbergen der Champagne, darunter Chouilly, Avize, Le Mesnil und Vertus. Weniger als 5 mg/l freies SO2, 4,9 g/l Säure und pH 3,14 finden sich in diesem knackigen Stöffchen, das zum besinnungslosen Trinken schneller verführt, als einem recht sein kann. Ähnliche Machart zeigte der 98er Vintage. 51% Pinot Noir, 49% Chardonnay, alles wieder aus sehr guten bis exzellenten Lagen, 4,9 g/l Säure, bei einem pH-Wert von 2,95 kündigten ein gegenüber dem Chardonnay erhöhtes Marschtempo an und hielten es durch.


VII. Bollinger

Am Bollinger-Stand ein Plätzchen zu finden, ist nicht leicht, dennoch hat es dieses Jahr wieder geklappt – wegen Termindrucks konnte ich mir leider nicht die aktuellen Ayala-Champagner zu Gemüte führen. Zur Special Cuvée notiere ich fast immer nur noch semper idem und seit es den jahrgangslosen Rosé von Bollinger gibt, verdient er sowieso das größere Maß an Aufmerksamkeit. Denn noch kann man zu diesem Champagner wenig sagen. Außer vielleicht, dass er gut schmeckt. Aber langsam: bevor ich eine neue Cuvée nicht über die ersten Reifestadien hinweg beobachtet habe, fällt mir die Einordnung immer schwer. 62% Pinot Noir, 24% Chardonnay, 14% Meunier, 5% still vinifizierter Pinot Noir aus der Côte aux Enfants, eine Dosage von 10 g/l, 4,1 g/l Gesamtsäure helfen als technische Werte nur bedingt weiter. Deutlich ist, dass die pinotige Cuvée wegen des niedrigen Säurewerts und ihres Dosagezuckers nicht gerade als Leichtbauchampagner geplant gewesen sein kann. Das entspricht voll und ganz dem Bollinger-Stil. Überraschend ist, dass der Champagner nicht annähernd so fleischig und schwer wirkt, wie die Konstruktion vermuten lassen könnte. Im Gegenteil, nur die delikatesten, zartesten Pinots scheinen Eingang in den Rosé gefunden zu haben. Insofern ist absehbar, dass die weitere Beobachtung dieses Champagners kein allzu hässliches Geschäft sein wird. Man könnte Bollinger zur gelungene Grande Année 2000 beglückwünschen. Meiner Meinung nach wäre das zu kurz gesprungen. Denn Bollinger hat schon mit den Grande Années 1997 und 1999 gegen alle jahrgangsbedingten Schwierigkeiten Champagner herausgebracht, die Lob verdienen. Unter den dreien ist der 2000er Primus. Nicht nur, dass er über die den beiden anderen ebenfalls eigene Eingängigkeit verfügt, er ist darüber hinaus ein Champagner, der einer etwas längeren Zukunft und Reifefähigkeit entgegenblicken dürfte. Überragend, selbst für Feinde des Roséchampagners, war die Grande Année Rosé 2002. Fein, aber wirklich sowas von fein, dass ich die Lobeshymne der Revue du Vin de France gut verstehen kann- dort erhielt die 2002er Grande Année volle 20/20 Punkte. Wer sich jetzt noch nicht mit dem Stoff eingedeckt hat, sollte zügigst zur Tat schreiten, sonst lassen uns Franzosen, Briten und Japaner nichts mehr davon übrig.


VIII. Nicolas Feuillatte

Pierre Hartweg strahlte am Tag der Verabschiedung von Frau de Keyser eine Engelsruhe aus und schenkte auch im härtesten Getümmel geduldig aus. Los ging es mit dem Brut Extrem', einem Champagner, der seinen sprechenden Namen wie kaum ein zweiter verdient hat. Gegenüber dem noch vor kurzem getrunkenen Vorgänger, einem 96er Blanc de Blancs, war der jetzt unter dem Etikett Brut Extrem' verkaufte Champagner einerseits von seiner Grundanlage her viel zahmer, andererseits konnte man die Verwandtschafte anhand der aggressiven Grundstimmung gut nachvollziehen. Ich denke, der jetzige Brut Extrem' wird nicht so lange brauchen, wie sein Vorgänger, um trinkbar zu werden und ich weiss nicht, ob er dann ebensoviel Spass machen wird. Zum polarisieren ist er natürlich schon jetzt ideal. Blanc de Blancs Grand Cru und Blanc de Noirs Grand Cru sind keine Lagenchampagner mehr, dadurch haben sie leider ein wenig von ihrem guten Potential eingebüsst. Jetzt nur noch solide. Sehr gern hatte ich die Cuvée 225 Blanc Vintage 1999 im Glas, ein Holzfasschampagner nach der Art, wie große Häuser sie gern machen. Üppig, weinig, in der Welt zu Hause und zur Zeit sehr ausgewogen zu trinken. Auf eine augenzwinkernde Art charmant wirkt der Champagner wegen seiner doch eher krachledernen, in einen feinen Loden gehüllten Herkunft. Getoppt wurde das Vergnügen von einer überaus starken Cuvée 225 Rosé Vintage 2002. Die war wesentlich brachialer, als die Jahrgangscousine von Bollinger und konnte in puncto Eleganz sicher nicht mithalten. Das dürfte aber auch nicht im Sinne des Erfinders sein, die Cuvée 225 Rosé ist vielmehr in einem engen Bezug zu ihrem Bruder, dem 99er Holzhackerbuam zu sehen. Dralle, authentische Erotik wie beim Trachtenstrip in der noblen Starnberger Bauernstube vom Allgeier-Sepp. Züchtig und etwas unterkühlt wirkte neben dieser prallen Lebensfreude die Palmes d'Or Blanc 2000. Dennoch sollte man diesen Champagner nicht unterschätzen. Im letzten Jahr hat mir eine 96er Palmes d'Or en Magnum gezeigt, wie mächtig dieser Champagner mit Flaschenreife aufdrehen kann. Bei diesem Champagner bin ich sehr vorsichtig, was meine Prognosen betrifft, denn die letzten Jahrgänge dieser Cuvée zeigten sich höchst unterschiedlich bis unberechenbar. Leider etwas zu kalt kam die entzückende Palmes d'Or Rosé 2002 ins Glas, die Mischung erinnerte an den süßen Duft von Freesie und Nachtkerze, mit Temperatur und Luft kam die ganze unvermeidliche Beerenbande dazu. Im Mund schien mir der Champagner zuerst, ich vermute temperaturbedingt, flach und wässrig, auch etwas klebrig, dann entwickelte sich eine griffigere, den Gaumen schon stärker fordernde Weinigkeit, die den Champagner auf Jahre hinaus bewegungsvoll und entwicklungsfreudig erscheinen lässt.


Bio-Champagner verkostet – Teil II

VIII. Benoit Lahaye, Champagne Benoit Lahaye

Grundweine:

1. Les Monts de Tauxières

Pinot-Noir aus dem Holzfassl. Voll und weinig, mit viel profilgebender Säure und einem Duft wie in der Sauna nach dem Aufguss.

 

2. Les Grosses Pierres

Pinot-Noir und Chardonnay von achtzig Jahre alten Rebanlagen. Sehr anstrengend. Steine, Steine, Steine, nichts als Steine, darunter auch ein paar Feuersteine. Dann auch noch die viele Säure und das ganze in einen Aromenmantel klassischen Zuschnitts gesteckt – ich bin auf den Champagner gespannt.

 

3. Bouzy Rouge 2009

Herb, mit einem leichten Restprickeln. Erinnert an abgestandene Cherry Coke.

 

Champagner:

1. Rosé de Macération 2007

Reife Kirsche, die ich ja schon vom Bouzy Rouge kannte, nur eben nicht als Colanorgerl, sondern in einem duftigen Kirschkuchen verarbeitet, der ganz ohne Schokolade auszukommen scheint. Im Mund noch sehr aggressiv und sauer und noch – oder vielleicht für immer? – kein Spassgewächs.

 

2. Brut Nature Grand Cru

90PN 10CH. 2007er Basis, mit 2006er und 2005er. Bromjodidnase, erinnert an Krankenhausflur. Im Mund sehr viel schlanke Säure, Geschmack von sehr gutem Verjus. Griffig, mit Apfelpektin, erst gegen Ende leicht mürbe.

 

3. Coteaux Champenois Bouzy Rouge 2007

Am Samstag zuvor gefüllt; nicht unproblematisch. Nussig, mit Kirsche, aber auch einer Tendenz in Richtung Eichelpudding und Pinzgauer Käse.

 

IX. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

Wenn es eine lebende Vorlage für Kapitän Haddock aus Tim und Struppi gibt, dann ist es Monsieur Laval. Der hat seine 2,5 ha am Fuss der Abtei von Hautvillers, im schönen Cumières. So wie Kollege Bliard überlässt auch Laval der Natur die Entscheidung darüber, ob seine Weine einen BSA durchlaufen, oder nicht. Jedenfalls steckt er sie gern ins 300l-Fass, wo sie sich wohlzufühlen scheinen.

 

Grundweine:

1. Chardonnay Les Chênes Premier Cru 2009

Kein ganz so saures Kaliber wie die Mesnilchardonnays, aber mit Ambitionen in diese Richtung. Klassisches Format, das hohe Erwartungen schürt.

 

2. Pinot-Noir Les Hautes Chèvres Premier Cru 2009

Fein gemahlene Haselnusssplitter und viel unterlegte Säure. So könnte Hanuta für Erwachsene schmecken.

 

3. Cumières Rouge 2009

Veilchen, Rosenblätter, alles, was floral ist. Sonst eher kurz, dafür griffig.

 

Champagner:

1. Cumières Premier Cru Brut Nature

2006er. 50CH 25PN 25PM. Dégorgiert im Mai 2009 und damit einer der wenigen schon eingegliederten Champagner. Für einen Brut Nature schon recht schmeichelhafte, beinahe handzahme Aromatik, ganz ohne Kaktusgefühl am Gaumen. Gleichzeitig herb, mit Verbene und Zitronenmelisse unterlegt, wie sich vor allem mit mehr Luft zeigt.

 

2. Cumières Premier Cru Brut Nature 2002 en Magnum

Derselbe Mix wie der 2006er, im Februar 2009 dégorgiert. Fein, weich, haselnussig, mittelgewichtig. Ich bin mir nicht sicher, ob der Champagner jahrgangstypisch ist oder ob sich hier schon ein Magnumeffekt bemerkbar macht. Mit Luft zeigt er sich durchweg schlank, am Zungenrand teilweise fast wässrig, im Kern dagegen konzentriert.

 

3. Les Chênes Premier Cru Brut Nature 2004

100CH. 1776 Flaschen gibt es von diesem Stoff, das ist immerhin genau doppelt so viel, wie es noch vom 2002er gab. Der erste Schluck war trocknend und sandig, beim zweiten Schluck blieb noch das Gefühl, als würde der Gaumen mit einem Frotteetuch abgerubbelt, der dritte Schluck hätte eigentlich schon das rohe Fleisch freilegen müssen – aber siehe! Nichts dergleichen, sondern eine balsamische, an Marillenkernöl erinnernde, leicht apfelige, kühl-minzige und glatt auslaufende Chardonnayigkeit, die ich nicht erwartet hätte kam zum Vorschein. Ungewöhnlicher Start für einen bilderbuchmäßigen Blanc de Blancs, der mit jeder Minute immer noch eine Schippe mehr auflegte; beobachten, bzw. reifen lassen und nicht zu kalt trinken!

 

X. David Léclapart, Champagne David Léclapart

Im Vorfeld für mich bereits ein Highlight der Verkostung war der Champagner von Leclapart. Juhlin hat volle 98 Punkte für den 2004er Apôtre gegeben und nicht nur er gehört zu den Umjublern dieses völlig unselossemäßigen Winzers mit gerade einmal 3 ha in Trépail. Die Champagner sind immer Blanc de Blancs, tragen stets ihren Jahrgang mit Stolz, durchlaufen die malolaktische Gärung und werden nicht dosiert.

 

Grundweine:

1. Amateur 2009

Die Trauben der zugrundeliegenden Parzelle waren komplett im Stahltank. Der Wein schmeckt sehr mostig, wirkt etwas steif, wie ein zu grell angestrahltes Kunstwerk wird hier der nackte Chardonnay zur Schau gestellt und klingt herbbitter aus.

 

2. Artiste 2009

Der Grundwein von zwei Parzellen war halb im Fass und halb im Tank. Hier macht sich eine erste individuelle Regung in Form frischer Säure bemerkbar, sonst bleibt der Grundwein schwierig, ebenfalls sehr mostig und seltsam unnatürlich, wie unter dem Vergrößerungsglas.

 

3. Apôtre 2009

Grundwein von nur einer Parzelle, der komplett im Holzfass war. Dabei handelt es sich um ca. 15 Jahre alte, mit Puligny belegte Fässer. Sehr viel Kraft und Frische kommt da durch, holzig im Sinne der typischen Holzfassaromatik wirkt der Wein keinesfalls, auch nicht wirklich burgundig, vielmehr am Ende leicht metallisch.

 

Champagner:

1. Amateur 2006

Wenn ich nicht gewusst hätte, dass der Amateur kein Holz gesehen hat, hätte ich schwören können, dass diese warme, buttrige Tönung vom Holz kommt. Wie Milchschaum füllt der Champagner den Mund aus und setzt am Gaumen seine Spotlights, die im Gegensatz zum Grundwein nichts grelles mehr haben. In dieses warme, sehr gediegene Ambiente hinein knallt dann eine brettharte, nicht endenwollende Attacke vom Chardonnay und lässt einen verblüfften Trinker zurück. Daran ändert auch ein zweites und drittes nachprobieren nichts, dieser Champagner ist kompromisslos und ein wenig rätselhaft. Wieder ein Kandidat für die Langstrecke.

 

2. Artiste 2005

Ganz anders dagegen ist der Artiste. Langsam, säureärmer, weiniger, in sich geschlossener. Trotz des teilweisen Holzfassausbaus riecht und schmeckt der Artiste überhaupt nicht holzig, nur der leicht salzige Schmelz könnte das Fass verraten. Gleichzeitig ist dieser dezente, Neugier weckende Schmelz nicht stark genug, um sicher auf Holz zu tippen, er könnte auch ganz andere Erklärungen haben. Und so kreisen die Gedanken um den Schmelz dieses Champagners, der eigentlich gar nicht so sehr die Aufmerksamkeit auf sich ziehen will, mit seiner ruhigen und diskreten Art aber dennoch im Mittelpunkt steht.

 

3. Apôtre 2004

Das Flaggschiff der Kollektion erinnert anfangs entfernt, wirklich entfernt an die Champagner von Vilmart. Völlig unaufgetakelt und ohne Tamtam kommt der Wein daher, ist weinig und rund, hat fassweise beste Sahne an Bord, gute Butter ist dabei, aber – und das erweist sich bei der Verkostung als schwierig – auch ein halbes Kalkgebirge. Dass aus diesem Kalkgebirge kein Steinbruch wird, sondern Skulpturen von höchster Plastizität und Originalität, daran besteht kein Zweifel. Ich frage mich nur: wann? Denn im Moment ist der Wein zwar erkennbar gross, aber noch so unübersichtlich und bei allem Vorschusslorbeer so schwierig, dass ich ihn jetzt lieber noch nicht beurteilen möchte.

 

XI. Pascal Leclerc, Champagne Leclerc-Briant

Pascal Leclerc-Briant macht immer BSA mit seinen stahltankvergorenen Weinen, weil der Wein dadurch eine höhere biologische Stabilität erhält und weniger Schwefel braucht. Seine Champagner liegen deshalb zwischen 6-7 mg/l SO2. Soziales Engagement ist ihm ebenfalls nicht fremd: auf dem Weingut arbeitet er mit einem Resozialisierungsprojekt für Menschen in schwierigen Verhältnissen zusammen.

 

Grundweine:

1. Cuvée de Reserve 2008/2009

Dieser buttrige Wein wirkte wie eine leere Zuckerwattemaschine, in die jemand paar Marshmallows hineingeworfen hat. Null Säure. Ging so.

 

2. Chardonnay La Croisette Epernay 2009

Hier dann der reinste Chablis Premier Cru Montée de Tonnerre. Herb, kalkig, leicht fruchtig mit Apfel-Birne-Marille.

 

3. Pinot-Noir Les Quatrièmes Verneuil 2009

Dieser Weinberg liegt weit, weit im Westen, praktisch schon auf dem Flughafen Charles de Gaulle. Auch dieser Wein war buttrig, zeigte etwas Kirsche, aber sonst wenig Frucht, klang minimal salzig aus und machte dann die Vorhänge wieder zu.

 

Champagner:

Die teils braune Etikettenfarbe hat Pascal Leclerc-Briant gewählt, weil sie der Bodenfarbe im Erntegebiet entspricht, Champagner mit grünem Etikett sollen hingegen biologische Frische und dynamisches Auftreten ankündigen.

 

1. La Ravinne Brut

2006er und 2005er, Blanc de Noirs von Pinot-Noir aus Verneuil, mit 6 g/l dosiert, wie die folgenden Champagner von Leclerc-Briant im Dez. 2009 dégorgiert. Aromtaisch schwer zu fassen, mineralisch und kalkig, auch mit etwas Frucht und wenig Säure, wirkte ausdrucksschwach, düfte aber einfach nur zu kalt gewesen sein.

 

2. La Croisette Brut

Blanc de Blancs, daher mit grünem Etikett -> Frische. Basis hier wieder 2006 und 2005, Dosage betrug 5 g/l. Waldmeister machte sich bemerkbar, ausserdem viele andere grünliche aber nicht unreife Noten. Säure habe ich nicht wahrgenommen, dafür wirkte der Champagner über die ganze Länge bemerkenswert frisch, auch kräuterig und sauber. Meiner Meinung nach zu jung.

 

3. Cuvée de Reserve Brut

70PN 30CH aus 06, 05 und 04. Mit 8 g/l dosiert. Dieser Champagner sagte mir gar nicht zu, weil er nur Anklänge von Lakritz zeigte und danach sofort die Schotten dichtmachte. Keine große Länge, keine kauzigen Eigenheiten, keine Schrullen, nichts. Zwiwschenfazit: keinesfalls jung trinken und sich langsam annähern.

 

XII. Bruno Michel

Grundweine:

1. Chardonnay Premier Cru Pierry 2009

Sehr chardonnayig, mit einem Eindruck wie von trockenen Holzspänen, überhaupt viel trockenem Holz, bei stachliger Säure. War witzigerweise gar nicht im Holz.

 

2. Pinot Meunier aus Moussy 2009

Grapefruit, exotische Früchte, Säurearmut lassen den jungen Meunier erkennen.

 

3. Rosé 2009

80% Pinot Meunier de Saignée mit 20% Chardonnaystillwein, also praktisch ein verkehrt herum gemachter Rosé d'Assemblage. Der Wein wurde klar vom Chardonnay dominiert, war aber nicht kratzbürstig, sauer oder übertrieben buttrig, sondern von einer prinzessinnenhaften, nur minimal zickigen Schmiegsamkeit.

 

4. Cuvée Blanche

Je hälftig Meunier und Chardonnay, zu 70% aus 2009, zu 30% aus 2008 und aus altem, ca. fünfzehn bis zwanzig Mal belegten Barrique. Mild, weinig, nicht wirklich säurearm, aber mit einer verdeckt operierenden Säure, die nicht an der Zungenspitze angreift, sondern nach dem trinken am Gaumen.

 

Champagner:

1. Cuvée Blanche Brut

Aus der Cuvée von Grundwein 4. Mit 8 g/l dosiert. Kleiner Waldbodenstinker, milde, morchelige Pilzaromen, elastische, gegenüber dem Grundwein sehr aparte Säure.

 

2. Cuvée Blanc de Blancs Premier Cru

2006er. Auch hier ein Stinkerle, das jedenfalls nicht vom Holz stammen kann, denn der Grundwein kommt aus dem Stahltank. Recht bald nach dem allerersten Eindruck öffnet sich ein gelbfruchtiges, von angemessen unterstützender Säure getragenes Bouquet, das sehr stark für Pierry-Chardonnay spricht.

 

3. Cuvée Rosé

Andouillette-Champagner. Beim ersten reinschnuppern meinte ich, gleich würden die berühmten Würstl aufgetragen, dann wich der charakteristische Innereienduft einer stahlig-rotfruchtigen, dabei schlank angelegten und verdauungsfördernden Cuvée mit hohem Trinkbarkeitskoeffizienten. Diesen Champagner würde ich jedem empfehlen, der erstmals in seinem Leben Andouillettes bestellt und etwas zum runterspülen braucht, bzw. einen Champagner sucht, dessen Aromatik mit dem Würstlduft versöhnt und sogar Lust drauf macht.

 

4. Cuvée Rebelle Extra Brut

2006er Basis. Je hälftig Chardonnay und Meunier von vierzig Jahre alten Reben, mit 2 g/l dosiert. Sehr griffiger, mit Tannin ausgestatteter Champagner, der lang am Gaumen bleibt und dort ich-weiss-nicht-was bekämpft, das aber mit Inbrunst.

 

XIII. Franck Pascal

Grundweine:

1. 80CH 20PN

Ob Monsieur Pascal da wirklich Chardonnay drin hat, oder ob er versehentlich die Salzsäure aus dem Chemiebaukasten seines Sohnes erwischt hat – ich bin mir nicht sicher. Scharf, brennend und rachenreinigend schmeckte der Grundwein jedenfalls.

 

2. 60PM aus 2008 und 20PM + 20PN jeweils aus 2007

Spontanvergoren, ohne Klärung, Schönung, Filterung und völlig ohne Schwefelzusatz. Dieser Wein strotzte vor Pfeffer und Muskat, hatte wie sein Vorgänger eine hohe Säurelast zu tragen, die ihn zur Essenz einer Limonen-Pfeffer-Sauce machte. Er wirkte dennoch viel ausgeglichener und schien, vielleicht wegen seines Reserveweinanteils, sich insgesamt auf einem guten Weg zu befinden.

 

3. Chardonnay sur argiles à calcaires dur

Der drite Säuerling im Bunde, zusammen mit Grundwein 2 liess er die besten Ambitionen erkennen.

 

Champagner:

1. Sagesse

57PM 38PN 5CH. Sans Dosage.

Naiv und mit dickem Pinselstrich angemalte Etiketten sind in der Champagne derzeit Mode. Überhaupt nicht naiv, sondern von brachialer Kraft und urschreistarker Säure war der Sagesse. Von der auf dem Etikett angekündigten Tugend ist dieser Champagner noch sehr weit entfernt, aber vielleicht hat sich Monsieur Pascal bei der Namenswahl nur am Euphemismus für die Erinyen als Eumeniden orientiert.

 

2. Tolérance Rosé

Aus Assemblage entstanden, bilden 96% Sagesse und 6% Pinot-Noir + Pinot Meunier die Cuvée. Immerhin sind hier als Referenz an den Namen der Cuvée großzügige 6 g/l Dosage enthalten. Weich und lang wirkt er dann im Vergleich mit dem puren Sagesse, aber am Ende auch etwas zehrend und lakritzig.

 

3. Harmonie Mill. 2005

100PM von vierzig Jahre alten Rebanlagen, mit 3,7 g/l dosiert. Ein merkenswerter Meunier, leicht und fruchtig, wie Meunier sein soll, aber mit einer für alte Reben typischen Konzentration und Besinnung auf den Rebsortenkern. Leider gegen Ende wieder etwas zehrend, wie ich es sonst nur von zu trockenem deutschem Sekt kenne.

Querschnittsprobe ‘kleiner’ Champagner

I. Champagne Brice, Bouzy

Das Haus verzichtet auf biologischen Säureabbau und dosiert seine Champagner mit 7,46g/l also recht knapp. Die Grand Crus bleiben drei Jahre im Keller, bevr sie degorgiert werden. Monsieur Brice war zu einem Drittel Inhaber von Barancourt, bis das Haus 1994 von Vranken-Pommery übernommen wurde.

1. Blanc de Blancs Premier Cru

Dieser BdB ist aus Chardonnays von fünf Crus der Côte des Blancs komponiert, überwiegend aus den Ortschaften die für ihre zugänglichen, fruchtigen Weine bekannt sind, so etwa Chouilly und Oiry, es ist aber auch etwas Cramant dabei. Dementsprechend ordentlich, aber nicht umwerfend schmeckt er dann auch.

2. Cramant Grand Cru

Der erste Champagner aus der Terroir-Serie des Hauses. Zu 80% 2005er, Reserveweine aus 2004 und 2003. Kräftig, zupackend, mineralisch und sehr geradlinig, was sich bei den anderen Champagnern der Serie fortsetzt. Man hat den Eindruck, Gutes geboten zu bekommen, aber es fehlen die sympathischen und begeisternden Details.

3. Verzenay Grand Cru

Hier 75% Pinot Noir, Rest Chardonnay. Ziemlich kräftiger Champagner, der trotzdem etwas eng gebaut wirkt, mineralisch und sauber, aber nicht betörend – schade für einen Grand Cru Ort, der so feinfühlige, verführerische Pinots hervorbringen kann, wie nur wenige andere Crus in der Champagne

4. Bouzy Grand Cru

Dieser Champagner mit 80% Pinot Noir, Rest Chardonnay ist von ziemlich typischer Art für Bouzy, anfangs brotig und hefig, dann eingekochtes Obst, fruchtfleischig, nicht besonders elegant, auch nicht besonders weit

5. Ay Grand Cru

Am besten gefallen hat mir der Ay Grand Cru, 90% Pinot Noir, 10% Chardonnay, nach dem Öffnen erst etwas schweflig, dann Übergang in röstige Noten, im Mund sehr fruchtig, ausgewogen, mit Steinobst, glatt und gut kehlengängig, aber leider insgesamt auch nicht besonders herausragend

6. Millésimé 2002

75% Pinot Noir aus Bouzy, 25% Chardonnay aus Cramant, also beste Voraussetzungen und Brice macht was draus. Warm, alter Apfel, ohne oxidativ zu wirken. Leicht, elegant, jahrgangstypisch, feine, durchgängige Säure

7. Rosé

In starken Jahren mit 6% Bouzy Rouge, sonst nach der Saignée-Methode. Gut, sauber, etwas einfach.

II. Champagne Francois Lecompte, Rilly-La-Montagne

Sympathischer Winzer, der Rebflächen ausschließlich im Premier Cru Rilly-la-Montagne besitzt.

1. Cuvée Céleste

Holzfassausgebaute Cuvée aus 50% Chardonnay, 30% Pinot Noir und 20% Pinot Meunier, wirkt leicht angeräuchert, aber noch sauber, bei 8-9 g/l Dosage immer noch etwas süsslich

2. Brut Blanc Millésimé 2003

Champagner aus 40% Chardonnay und jeweils 30% Pinot Noir und Pinot Meunier. Saftig, vollmundig, auf die Dauer etwas einfach, für einen 2003er aber ganz gut.

3. Brut Rosé

Leichter, mild buttriger Champagner, der eher mädchenhaft als feminin wirkt

III. Champagne Gabriel Pagin Fils, Avenay Val d’Or

Ampelos-Winzer, der seine knapp 10ha im Premier Cru Avenay Val d’Or naturnah bewirtschaftet, Grundweine werden spontan vergoren und gären bequem sieben bis acht Monate, bis sie fertig sind.

1. Carte d’Or

Blanc de Noirs, Premier Cru, sehr trocken, erst Hundefellnase, im Mund dann herbe, kräftige Säure, mineralisch, durchweg dominante Zitrusnoten

2. Grande Réserve

Premier Cru aus ~66% Chardonnay, ~33% Pinot Noir, mit 7g/l dosiert, kräftige Säure, sauber, aber eng, lang aber wenig Abwechslung

3. Roger Gabriel Millésimé 2000

Premier Cru aus 50/50 Chardonnay/Pinot-Noir. Zwischen 5-7 g/l dosiert, reif, buttrig, auch gerbstoffig, wiederum sehr lange, zitronig-limettige Säure

4. Rosé Saignée

Verführerisch mit Marzipan, Mandel, Marillenkernöl in der Nase, am Gaumen dann rund, mürbe, fruchtig, balanciert, gut.

IV. Champagne Jean Moutardier, Le Breuil

Alte Familie aus der Vallée du Surmelin. Meunier-Spezialisten, die zusammen mit den Genossenschaftlern von Leuvrigny (wo Krug seine Meuniers besorgt) als die besten Erzeuger von Meunier gelten.

1. Carte d’Or

85% Pinot Meunier, 15% Chardonnay. Goldfarben, einfache, ehrliche, saubere Frucht, eher oxidativer Stil, ziemlich viel Apfel.

2. Millésimé 2002

80% Pinot Meunier, 20% Chardonnay. Zeigt schöne Anlagen mit Butterscotch und Toffee, die ganze Palette an Quality Street Candy, leider etwas kurz.

3. Rosé Prestige

80% Pinot Meunier, 20% Chardonnay. Pappkartonnase, dann öffnet sich eine ansprechend fruchtige Nase, rotfruchtig, Apfel-Acerola-Mix, am Ende etwas verwässert.

V. Champagne Michel Gonet, Avize

Mit 40 ha ziemlich großer Winzer aus Avize. Am interessantesten sind seine Jahrgangschampagner aus guten Jahren.

1. Blanc de Blancs Grand Cru

Apfel, Calvados, herber Viez, wirkt dadurch etwas dirty.

2. Blanc de Blancs Grand Cru 2002

Leicht, fein, elegant, Apfel und Kirscharomen. Sehr präsent und druckvoll am Gaumen, ein sehr gut gelungenes Exemplar für diesen großartigen Jahrgang

3. Prestige Blanc de Blancs Grand Cru 2001

Mit 4-5 g/l schmal dosiert, wirkt sehr reif, für mich eine Spur zu reif. Auch hier vollmundig, crèmig, dabei sehr apfelig, aber eben nicht knackfrisch, sondern schon etwas mehlig.

4. Blanc de Blancs Grand Cru 1998

Hier sogar nur 3 g/l Dosage. Reif, vollmundig, erstaunlich frisch für 1998, für mich zusammen mit dem 2002er der beste aus dem Gonet-Portfolio

5. Brut Rosé

100% Pinot Noir, dünne, brotige Nase, nicht so doll.

VI. Champagne Philippe Gamet, Mardeuil

Kleiner Winzer, der im Marnetal knapp 8,6 ha Reben stehen hat, hauptsächlich in Mardeuil, Damery und Fleury-la-Rivière

1. Brut Séléction

40% Pinot Noir, 60% Pinot Meunier, zunächst eine etwas irritierende Chlornase, die ich aber oft bei kleinen Winzern erlebt habe. Bestenfalls fällt die wieder zurück ins Glied, übeöstenfalls bleibt sie dominant. Hier ließ sie sich zum Glück schnell von reifen Birnen und Clavados verdrängen, im Mund dann bei einer Dosage von 10 g/l recht süß.

2. Cuvée 5000 Brut

Philippe Gamet hat nicht sehr viel Chardonnay, sondern fast nur Pinot. Das, was er an Chardonnay hat, geht vollständig in diese Cuvée, die zu jeweils einem Drittel aus Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier besteht. Basis ist der 2005er jahrgang, Reserveweine stammen aus 2004. Wieder 10 g/l Dosage. Starke Apfel-Birnenaromatik, knackig, gesund, kernig, fruchtig, sehr ansprechend gemacht und von ordentlicher Länge.

3. Brut Rosé

Kirsch-Bananenaromen. Auch etwas Gerbstoffig, vergleichbar mit den Fäden von der Bananenschale, gut gemachter, ambitionierter, aber nicht herausragender Rosé. Gehört aber schon zu den besseren Exemplaren und macht gut gekühlt einen überzeugenden Eindruck, trotz oder wegen der 12 g/l Dosagezucker. Für Freunde sehr fruchtiger, expressiver Aromen besonders empfehlenswert.

4. Millésimé 2004

Wieder 10 g/l, ausgeprägte Cognacnase, schwer, weinig, reif, trotzdem nicht oxidativ. Erinnert beim ersten flüchtigen Reinriechen an einen etwas schwächeren Salon. Gut, aber zu kurz.

VII. Champagne Soutiran, Ambonnay

Winzer aus dem Grand Cru Ambonnay.

1. Cuvée Alexandre Premier Cru

40% Pinot Noir, 40% Chardonnay, 20% Pinot Meunier, 20% Reserveweine. Etwas einfacher, metallischer Champagner mit Honigmelonenaromen. Als Standardbrut und erst recht für einen Premier Cru etwas zu schwach.

2. Grand Cru

60% Pinot Noir, 40% Chardonnay. Weiße Blüten, Geißblatt und Birnen, kröftig mit einem hinüberkippen ins Herbe. Meiner Meinung nach wäre der Champagner als reiner Pinot Grand Cru ähnlich der Perle Noire besser positioniert.

3. Blanc de Blancs Grand Cru

Sehr fordernder Champagner, überraschend harte, kompromisslose Säure, exotische, sehr schön drapierte Frucht, insofern typisch für die in letzter Zeit immer wieder kreierten Blanc de Blancs aus – eigentlich – reinen Pinot Grand Crus.

4. Perle Noire Grand Cru

Fleischig, Aromen von verkochtem Rindfleisch, herb, schwieriger Champagner, günstigstenfalls mit Potential, kenne ich besser.

5. Grand Cru 2003

Weich, mürbe, wie ein sehr langsam und tief fliegendes Propellerflugzeug. Strahlt eine gewisse langweilige Zuverlässigkeit aus. Erinnert entfernt an den 2003 by Bollinger.

6. Grand Cru Rosé

Sehr untypischer 100% Pinot Noir. Könnte genausogut ein Cabernet Franc sein. Dunkel, schokoladig, gerbstoffig, dicht, gleichzeitig etwas merkwürdig und ohne besonders stark ausgeprägten Champagnercharakter. Wirkt eher wie ein Stillwein.

VIII. Champagne Tribaut-Schloesser

Auch eines der Höuser mit deutschen Wurzeln, Herr Schlösser kam aus Augsburg.

1. Brut Tradition

Hell und klar. Brotig, hefig, danach gekochtes Fleisch, erinnert in Geruch und Geschmack an naturtrübes Kellerbier.

2. Blanc de Blancs

Einfacher, fruchtiger, leicht crèmiger Champagner, wirkt austauschbar auf niedrigem Niveau.

3. Blanc de Noirs Millésimé 2002

Wieder eine Nase, die von gekochtem Rind, Fondue und Biskin geprägt wird. Im Mund dagegen erstaunlich sauber, sogar mit angenehmer und gesund wirkender Säure. Wegen der starken Buttrigkeit trotzdem Verdacht auf übertriebene Malo.

4. Blanc de Blancs Cuvée Réné

Aus dem großen Holzfass. Mild, etwas unsauberer Bierhefeton. Im Mund einigermaßen frisch, aber nicht sehr ansprechend.

5. Blanc de Noirs L’Authentique, avec ficelage

Sauber, herb, frisch, leicht mineralisch. Gelungener Champagner.

Winzerchampagner, Kobus und Abendessen bei Champagne Mumm

I. M. Vezien Blanc de Blancs

Einfacher, weicher Blanc de Blancs, typischer, unkomplizierter, etwas austauschbar geratener Winzerchampagner mit freundlicher Säure.

II. Remy Massin Brut, 80 PN, 20 CH

Mostig, weinig, mittellang und durchweg druckvoll, gegen Ende jedoch etwas metallisch.

III. Loriot-Pagel Brut Carte d’Or, 80 PM 20 CH

Milchige, mit Kräutern versetzte Nase, im Mund auch etwas staubig. Alkoholische Schärfe, die sich mit etwas Luft wieder einbindet und einem sanften Milchkaffeearoma Platz macht.

IV. Meteyer Carte d’Argent, Drittelmix

Kräftige Nase mit Campher und Weissdorn, auch einige irriterende vegetabile Noten, die in Richtung Paprikaschärfe gehen, sonst gut integriert und recht harmonisch, mit milden Mandelaromen.

V. Carré-Guebels Rosé d’Assemblage 70 CH, 30 PN

Ausgewogen, mittlere Säure, ganz gut strukturiert und mit reichlich kirschdominierter Frucht. Im positiven Sinne interessanter Winzerchampagner.

VI. Maxime Blin Rosé d’Assemblage 100 PN, davon 15% Coteaux Champenois

Alkoholische Nase, Frucht mit Bowlencharakter. Auch zu süss.

Mittagessen im Table chez Kobus

VII. Rillettes von der Babymakrele mit Fenchelcrème, dazu Pierre Gimonnet Blanc de Blancs Fleuron 2004

Glatter, jahrgangstypischer Champagner, schlank und mineralisch, auf Hochglanz poliert; im Mund so massiv und kalt wie eine Granitmurmel. Wenig, aber sehr angenehmer Apfel. Gute Kombination zum Fenchel und auch die Lisettes spielten gut mit, da sie nicht zu salzig waren.

VIII. Marinierte Entenschlegel mit Gemüserisotto und Basilikum-Tomaten, dazu Bruno Paillard Vintage 1999, 48 PN, 52 CH

Nasses, rauchiges Holz in der Nase, am Gaumen griffig, etwas zu breit vielleicht, auch leicht kratzig, aber nicht unsauber, von Bratapfelaromen geprägt. Auf die Dauer vielleicht etwas langweilig, zur Ente mit ihren kräftigen Aromen aber ganz gut und sättigend.

IX. Apfeltarte aus Golden Delicious mit Pecannusseis und Kokosmakronen, dazu Jacquesson No. 733, 52 CH, 24 PN, 24 PM, Basisjahrgang 2005, dosiert mit 2,5 g/l, dégorgiert im ersten Drittel 2009

Verlockende Apfel-Himbeernase, die ohne drohende Säure auskommt. Auch im Mund weich, gleichzeitig, minimal trocknend, adstringierend, mit Apfelpektin und etwas Holz. Die leichten Nussaromen werden vom Pecannusseis schön zurückgeworfen, die nicht zu süsse Apfeltarte repsondiert auch sehr gut.

Nachmittag

X. Gaston Chiquet Rosé Premier Cru, 30 CH, 40 PM, 30 PN aus Hautvillers, Dizy und Mareuil-sur-Aÿ

Honigmelone und Kokosduft, außerdem viel unterlegter Apfel. Das Chardonnaygrundgerüst ist hier eine schöne Spielwiese für die beiden Pinotrebsorten. Kräuterwürze und milde Fruchtnoten wechseln sich mit den ernsteren, weinigeren Pino-Noirs ab. Gelungener PC vom hier noch relativ unbekannten Kultwinzer.

XI. A.R Lenoble Rosé Mill. 2004, 85 CH, 15 PN Stillwein, 5 g/l dosiert

Jahrgangstypischer, von mittlerer Aromenfeinheit geprägter Champagner, überwiegend Trockenobst, Backpflaumen, Zedernholz, auch etwas nussig. Im Mund starker Chardonnay, Apfel, Agrumes, Nuss, Butter, darüber ein sehr zarter Himbeerduft – einer der Rosés mit weißer Seele und trotz der Nachbarschaft zu Chiquet ein völlig anderer Stil.

XII. Drappier Rosé de Saignée “Le Val des Demoiselles”, 100 PN

Einzellagenrosé, sehr typisch für die Aube und einer der Rosés, die auf Ruinartniveau mitspielen können. Rote Früchte pur und in allen Formen, ob als Mus, als Marmelade, Kompott oder konzentrierter Saft, hier findet sich alles wieder. Leider sehr hoch dosiert und daher nicht ganz so fokussiert.

Abendessen bei Mumm

XIII. Apéro: Salzgebäck und Gougères, dazu Mumm Rosé, 60 PN, 18 PM, 22 CH, 12 – 14% Bouzy Rouge

Sehr milder Rosé mit ganz feinen Himbeernoten, im Mund mit einer ziemlich frischen Säure, die an dicke, prickelnd gefüllte Zitronenbonbons erinnert. Gut zum Apéro mit Salzgebäck, aber eigentlich auch nur dazu.

XIV. Getrüffeltes Sahnerisotto mit zweierlei Langusten, méli-mélo, dazu nochmal A. R. Lenoble Rosé Mill. 2004

Zu den Trüffelaromen vom Risotto passte der Lenoble ganz gut, auch das Langustenfleisch war zusammen mit den etwas nussigen Komponenten des Champagners gut zu geniessen.

XV. Lammcarrée in Kräuterkruste mit Polenta und Bratensaft, dazu nochmal Gaston Chiquet Rosé Premier Cru

Ich bin der Ansicht, dass der Gaston Chiquet allein genossen werden sollte, die Kobination mit Speisen ist möglich, aber viele Aromen werden dabei überdeckt und dem Champagner geht das abwechslungsreiche Spiel verloren. Zum Lammcarrée machte sich der Rosé natürlich gut, der kräftige Bratensaft war aber genau die Art von Kombination, die meine Befürchtungen wahr werden liess: schmeckte gut, war aber nicht besonders raffiniert.

XVI. Schachbrett von Comtéwürfeln mit gebrannten Körnern, angeröstetem Sesam und Salatbouquet Mesclun, dazu Duval-Leroy Cumières Authentis 2001, 100 PN

Der Authentis war Blanc de Noirs at its best. Vollmundige, blütenüberströmte, duftige, weinige und auch mit Kelleräpfeln angereicherte Nase, bouquet garni und eine feiste, lockende Fleischigkeit. Im Mund eine überraschend jugendliche, lange Säure, die locker mit dem scharfen Aroma vom alten Comté zurechtkam. Auch das Salatdressing, eine sehr milde Vinaigrette, war kein Problem für diesen saftigen, überbordenden Champagner.

XVII. Lauwarmes Birnen-Nektarinensüppchen mit Honigeis und Makronen, dazu weiterhin Duval-Leroy Cumières Authentis 2001, 100 PN

Der Champagner wirkte neben dem Dessert recht trocken und schmeckte solo besser.

Besuch bei Laherte, Lunch im Château de Boursault und Abendessen bei Jacky Charpentier

Laherte Frères

Laherte verwendet seit 2004/2005 Mytikkorken und weist auf die dadurch verlangsamte, reduktive Reifung hin. Beim Fassausbau geht es ihm um Oxigenisierung, nicht Oxidation, d.h. ungesteuerten, minimalen Sauerstoffeintritt durch die Poren im Fass, nicht aber Vernichtung der Aromatik durch ungezügelten Sauerstoffkontakt. Fassweine machen bei ihm im Gegensatz zu den tankausgebauten Weinen keine Malo mit.

Vins Clairs

I. Chardonnay aus der Lage Les Crayons, 2009

Harte Säure und Mineralität. Wie das Stahlbetongerippe eines Bankentowers.

II. Chardonnay vom Lehmboden, 2009

Jodig, salzig, im Mund anfangs leichtgewichtig, dann eine ziemlich dicht gewirkte Struktur.

III. Chardonnay aus der Lage Les Guichettes, 2009, ausgebaut in einem Fass von der Tonnellerie Francois Frères, Burgund

Burgundische, montrachetähnliche Nase, mildes Holz, hier sitzt das fett an den richtigen Stellen, gute Struktur, mittlere Säure

IV. Chardonnay aus der Lage Les Guichettes, 2009, ausgebaut in einem Fass von der Tonnellerie de Champagne

Röstig, Kaffeenoten, Feuerstein, im Vergleich mit dem identischen Wein aus dem Burgunderholz entwickelt sich hier eher eine Cahblisstilistik. Sehr lehrreiche Sache!

V. Pinot-Noir vom argilo-silex, 2009

Damenhafter, pudriger Duft, mostig und mit einem Aroma von angetrockneten Gojibeeren, sehr langer Nachhall.

VI. Pinot Meunier vom Lehmboden, 2009

Reife, etwas mollige, fruchtige und warme, auch parfumiert wirkende Art, im Mund anfangs schlank, später mit einer kräftigen Vitamin-C-Säure.

VII. Pinot Meunier vom Kreideboden, alte reben, gepflanzt 1047 bis 1964, 2009

Der Meunier stammt von einem klassischen Chardonnayboden und wurde dort nur gepflanzt, weil er mit den dort oft auftretenden Spätfrösten gut klarkommt. Weniger parfumiert, als VI, klar hervortetende Banane, Birne und Klebstoffnoten, erst sehr spät taucht etwas verhaltene Säure auf.

VIII. Alle sieben Champagner-Rebsorten aus einer gemischten Parzelle, 2009,

Frucht, Klebstoff, milde Säure und eine pappiger, klebriger Belag am Gaumen. Kein schönes Weinerlebnis.

IX. Alle sieben Champagner-Rebsorten aus einer gemischten Parzelle, Soleraverfahren mit den Jahrgängen 2008 – 2005

Pures Bananenmus, viel Burgunderaromatik, heisse Butter und schlanke Säure. Könnte man so schon trinken.

X. Pinot-Noir + Pinot Meunier mit leichter Malo, 2008

Apfel, herber Viez, auch sehr viel Birne, Nashibirne, später Banane, Butter und Toffee, bei mittelschwerer Säure.

XI. Chardonnay, 2008, ohne Malo

Zurückhaltend und leicht muffige Spontinote; sonst nur noch kräftige Säure.

XII. 80 PM + 20 PN, 2009 rot vinifiziert

In der Nase Roter Apfel und Graphit, am Gaumen Pektin und Bleistift, erdig, gekräutert, leicht säuerlich. Wie ein noch junger, einfacher, ehrlicher Bourgogne Pinot-Noir.

XIII. 75 PM, 25 PN, rot vinifizierter Stillwein, 2009

Fruchtig, mit Graphit und leichten Tanninen am Gaumen, etwas mehlig. Wirkt sehr “deutsch”.

XIV. Rosé Saignée de Meuniers, 2008, als Stillwein, 12-stündige Mazeration, ohne Malo

Kräftiges, sehr rotes Rosé. Etwas holziger Geschmack mit Spontinoten und viel Säure. Am Gaumen hervorstechendes Tannin und eine leichte alkoholische Schärfe.

Die Champagner:

XV. Rosé Saignée des Meuniers, 2008, schäumend (Tirage: April 2008, noch nicht im Handel), ohne Malo, gerade erst à la volée dégorgiert

Derselbe Wein, wie XIV. im Babystadium der Flaschengärung. Daher schon etwas eleganter, abgerundeter, aber immer noch etwas schwerfällig und von sehr dichter, schwer aufzudröselnder Aromatik.

XVI. Rosé Saignée de Meuniers, Jg. 2007, non dosé, wird ohne Jahrgangsangabe verkauft, ohne Malo

Kräftiges Rot, viel Mineralität, dichtgepackte Frucht mit Wildkirsche, Kirschwasser und Eau de Vie de Quetsch. Im Mund noch sehr sparsame Aromatik und eher hitzig-alkoholisch.

XVII. Rosé Saignée de Meuniers, Jg. 2006, non dosé, dég. Feb. 2009, wird ohne Jahrgangsangabe verkauft, kommt ab Feb. 2010 in den Handel

Auch sehr kräftiges rotes Rosé, das sich in Richtung Kupfer entwickelt. Leichtfruchtige Nase mit Reispapier, Weichselkirsche und Quittenmus, im Mund ebenfalls schon mehr Frucht und weniger alkoholische Wirkung. Mein Liebling unter den Rosés von Laherte.

XVIII. Rosé Saignée de Meuniers, Jg. 2005, Einzellage Les Beaudiers, alte Reben, dosiert mit 5 g/l, wird ohne Jahrgangsangabe verkauft, ohne Malo

Helles Kupfer, schon eine sehr entwickelte, sanfte Fruchtnase mit blumigen Anklängen. Im Mund schon weich und etwas müde. Für mich eine Frage des Rebenalters.

XIX. Rosé Tradition, Jahrgangsbasis mit 60% 2006, 40% 2005, hoher Anteil PM, geringer Anteil PN, 10 % Chardonnay; 12% roter Stillwein aus Pinot Meunier, dosiert mit 5 g/l

Einfacher Winzerrosé, der mehr Mineralität und wenig Frucht mit sich bringt. Passt zu Laherte, da kein Massengeschmackchampagner, aber leider auch kein unbeschwertes Trinkvergnügen.

XX. Blanc de Blancs Brut Nature, 60% 2006, 40% 2005

Alkoholische Nase, Feigenschale, Reispapier, Haselnussspuren, im Mund mineralisch und hart aber fair, mit feinen Pilzaromen.

XXI. Blanc de Blancs, 60% 2006, 40% 2005, aber mit 5 g/l dosiert

Ähnliche Anlagen wie der XX., aber von gediegener, freundlicher Art, die zeigt, dass Brut Nature nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Wirkt am Ende leider etwas simpler, al XX.

XXII. Cuvée Les Clos Extra Brut, Cuvée aus allen sieben Champagner-Rebsorten (10% Fromenteau = Pinot Gris, 18% PM, 18% CH, 15% Petit Meslier, 8% Arbane, 15% Pionot-Noir, 17% Blanc Fumé = Pinot Blanc), Barriqueausbau als Solera, Batonnage, keine Malo, Basisjahrgang 2006, Reserve 2005, dég. 23. Dez. 2008

Komplexe, champagneruntypische Noten. Reif und fett, ziemlich kräftig, nussig, etwas Kokos; die leichte Räuchernote kommt wohl vom weißen Burgunder, der nicht umsonst auch als Blanc Fumé in der Champagne bekannt war; im Mund würzig und burgundig, kernige Säure mit einem Hauch von weissem, gemahlenem Pfeffer, aber auch Nektarine, Mandarine. Schmeckt am ehesten wie sehr guter Sekt.

XXIII. Vigne d’Autre Fois Mill. 2005, 100 PM, dég. 23. Dez. 2008, alte Reben (auf chardonnaygeeignetem, aber frostgefährdetem Kreideboden gepflanzt 1947 – 1964), mit 4 g/l dosiert, entspricht dem Stillwein VII

Dunkles Gelbgold, Papp- und Klebstoffnase, Geissblatt, Weissdorn, erfrischende Säure.

Empfang und Mittagessen auf Château de Boursault mit Daniel Lorson und Schlossherr Harald Fringhian

Das Château, das die Veuve Clicquot einst für ihre Enkelin errichten liess, wird von einem 40ha grossen Grundstück umfasst, davon sind ca. 22ha mit Rebstöcken bepflanzt, die auf dem Château vinifiziert werden.

XXIV. Variation von Bougères, dazu Pierre Moncuit Blanc de Blancs Grand Cru

Dichter, mineralischer Apéro-Champagner mit etwas in Butter gebratenem Granny Smith.

XXV. Blätterteigkekse mit Innereienfüllung, dazu Château de Boursault Cuvée Prestige, 54 PN, 6 PM, 40 CH, dégorgiert am 24. Juni 2009

Milchschokoladennase, im Mund weich, dicht, schmeichelnd, von grosszügiger Art. Glatt, mittellang, sauber. Hat Potential

XXVI. Wachtelbrust und -flügel mit Lauchgemüse, Speck-Sahnesauce und Fleur de Sel Flocken, dazu Piper-Heidsieck Brut Vintage 2000

Typischer, rauchiger, von Kaffeenoten beeinflusster Stil, hier auch schon mit reifenoten, die mir allerdings etwas verfrüht vorkommen, indes nicht jahrgangsuntypisch sind. Ausgewogener Großes-Haus-Champagner, der sich gerade während eines längeren Essens schön entwickelt.

XXVII. Warme Feigenscheiben in halboffener Marzipan-Teigtasche mit Physalis, Himbeereis und gerösteten Mandelsplittern, dazu Mercier Rosé demi-sec

Rosé demi-sec ist sehr sehr selten. manche sagen auch: völlig überflüssig. Dennoch ist es nicht uninteressant diesen Champagner zu vinifizieren und auch zu probieren. Das bestgeeignete haus dafür ist wahrscheinlich Mercier, deren Programm dadurch schlüssig abgerundet wird und die ja auch ein Rosé-Champagner-Eis mit Mövenpick herstellen. Buttrig, Himbeere und Erdbeer-Sahnebonbon, ein Hauch Mineralität, Räuchernoten und Brotrinde. Mit den Feigen etwas überfordert, dafür gut zum Marzipanteig und zu den Früchten.

Jacky Charpentier, Villers-sous-Chatillon, praktisch direkt neben der Monumentalstatue von Kreuzzugspapst Urban II. (der, der auch auf den Etiketten von Emmerich Knoll steht)

Reserveweinprobe mit Jean-Marc Charpentier

XXVIII. Pinot Meunier 2008, 6 Monate Fuder

Fruchtige, alkoholschwache Nase, pudrig und wie mit Steinstaub angereichert. Im Mund lebhaft prickelnde, frische Säure, leicht, trotzdem mittellang.

XXIX. Pinot Noir 2008, 6 Monate Fuder

Kräftig, dicht, aromatischer und runder als der PM, weniger Steinstaub, dafür mehr Kreide. Feine Säure, elegant und weinig.

XXX. Chardonnay 2008, 6 Monate Fuder

Erinnerte an Rheinhessen-Riesling vom Rotliegenden, dabei sehr trocken und staubig, auch etwas metallisch, nur leicht kalkig. Im Mund dann wieder angenehm, rund und sehr säurearm, was ich ganz erstaunlich fand. Ein bisschen wie die helleren, weissen, grünlichen und gelben Gummibärchen. Konnte man schon trinken.

XXXI. 80 PM 20 PN, davon 70% 2008 und 30% 2006 und 2005, Ausbau im Fuder

Etwas Banane und Holz, im Mund sehr mild mit gut eingebundener Säure.

Champagnerprobe

XXXII. Brut Tradition, 50 PN, 50 PM, Basisjahrgang 2005, Reservewein aus 2004, dosiert mit 3 g/l

Machte den Eindruck eines Blanc de Blancs. Zitrusfruchtnase, Kräuter, Orangenricola (spätestens dann weiss man aber, dass man es mit einem Pinot aus der Vallée de la Marne zu tun hat), Geschmack wie Fertigtortenboden mit Dosenmandarinen und Sahne, Baiser, aber auch Toffee, mittellang.

XXXIII. Vintage 2002, 45 CH, 35 PN, 20 PM, dosiert mit 3 g/l

Kaum klassische Chardonnaytypizität und eine schon etwas fortgeschrittene Nase. Auch im Mund noch elegant, aber schon einige weiche, mürbe und mehlige Noten.

XXXIV. Blanc de Blancs, 30 – 35% Barrique

Stumpfe, etwas eckige Mineralität, wirkt herb. im Mund gibt es auch Steine statt Brot, Granit, Steinmehl, Zementstaub, wenig Säure, leichter, aber xerotischer Champagner.

Dinner bei und mit Jacky Charpentier

XXXV. Presswurst Krakauer Art im Blätterteig mit Specksauce auf einer Coteaux-Champenois-Basis, dazu Comte de Chevinot, Drittelmix, Basisjahrgang 2005

Pudrige, etwas holzige Winzerinterpretation des klassischen Drittelmixes, angenehme, saftige, von exotischem Früchtemix geprägte Art mit mittlerer Säure, die mit der kräftigen, salzigen Sauce schön harmoniert und auch gut zu der Wurstscheibe passte.

XXXVI. Spießchen mit Lachs, Jakobsmuscheln und Schweinebauch in grüner Sahnesauce, dazu Cuvée Prestige, 60 PN, 20 PM, 20 CH, Reservewein aus dem Barrique

Flache Nase, aber eine forsche Säure im Mund, die den Fisch fast etwas verblassen liess und mit ihrer eigenen Kräuteraromatik mit Apfel und Acerola grossartig zu der dicken, fetten Sauce passte.

XXXVII. Scheibchen vom Lämmchen, bleu, aussen warm – innen roh, in sauce nature mit verscheidenen Bohnen und überbackener Tomate, dazu Brut aus 80 PM, 20 PN

Kräuter, Weissdorn. Im Mund milde Säure und ein wenig Apfel. Guter Winzerstandard, der problemlos zum Lämmchen ging und sich auch mit der Tomate vertrug.

XXXVIII. Käse: reifer Maroille mit Salatbouquet und Salzvinaigrette, dazu Pinot Meunier Coteaux Champenois 2004

Erstaunlicher Stillwein, kühle Graphitnase mit Pflaumen, Brombeeren und Holunderbeeren, der auch gut aus dem Maconnais hätte stammen können. Sehr gelungene Kombination zu dem traditionellen Käse, der von aussen wie ein Langres aussah und wie eine Mischung aus reifem Brie, Munster und Handkäs schmeckte.

XXXIX. Kokos-Vanilleeis im Biscuitmantel mit osa Biscuit de Reims, Vanille-Sahnesauce und Kaffee-Toffee-Dominostein, dazu Rosé Prestige

Zurückhaltender, mineralischer Rosé, dem Traditionsrosé von Laherte nicht unähnlich. Wenig Dosage, etwas eng, zum Dessert schwierig, würde aber eine Nachverkostung lohnen.

XL. Cuvée Pierre-Henri, 100 PM aus dem Barrique von alten Reben (gepflanzt 1953), ohne Malo, ohne Filtration, Schönung, usw.

Röstig, Kaffeenoten, weinig, lebhafte Säure, erinnerte mich an eine sehr leichte, gereifte Cuvée des Enchanteleurs von Henriot oder an jungen Piper-Heidsieck Rare NV, nach dem Dessert aber etwas schwierig.

XLI. Brut 1990, Pinot Meunier, kleine Anteile Pinot-Noir und Chardonnay aus dem Fuder, dég. 1995,

Rund und reif, typischer Jahrgangsvertreter der gelungenen Art, hat sich blenden gut gehalten. Ganz milde Süssholznoten künden vom relativ hohen Flaschenalter, aber sonst immer noch ein Wein, der durch Ausgewogenheit, raffiniertes Spiel von Kräuteraromen, Zitrusfrüchten und warmen Croissants besticht. Lehrreich für alle, die der Vallée de la Marne und speziell der Meunier keine Reifemöglichkeiten zutrauen.

XLII. Brut 1995, ca. 50 Pinot Meunier, ca. 27 PN, ca. 23 CH, dég. 1998

Nase von Calvados, Cognac und Sheridan’s Coffee-Cream Liqueur. Crème brûlée. Im Mund auch leichtes Süssholz, aber vor allem griffige, sehr charmant gewordene Äpfelsäure und ein leicht trocknendes Tannin.

XLIII Brut 1996, ca. 50 PM, ca. 27 CH, ca. 23 PN, dég. April 2001

Verschlossenen, praktisch zugenagelte Nase. Sehr hoh, technisch wohl auch reife, aber noch viel zu junge Säure. Langläufer, toll in 20 Jahren und später.

XLIV. Brut 1997, ca. 50 PM, ca. 27 CH, ca. 23 PN, dég. Januar 2000

Im besten Sinne typischer 97er, Riesentrinkspass, Mokkanoten, sonst noch fast keine Reifenoten, im Mund genau richtig zwischen frisch und reif, etwas balsamisch, erinnert an Grafschafter Goldsaft oder Ahornsirup, Apfelscheiben mit tröpchenweise uraltem Aceto Balsamico Tradizionale di Modena, mit Milchschokolade und milbuttrigen Aromen.

Mittagstisch im Berceaux, Abendessen bei Duval-Leroy

Berceaux (http://www.lesberceaux.com/)

Leichte Bistroküche:

I. Hasenterrine mit grünem Spragel und Cornichons, dazu Claude Cazals, Blanc de Blancs 2000

Ich bin kein besonderer Fan vom 2000er Jahrgang und die meisten Champagner dieses jahrgangs sind völlig überflüssig. Nicht ganz so bei Cazals. Das Haus in der Côte des Blancs, das die Gyropalette erfunden hat, gehört zu den stabilen Jahrgangsvinifikatoren und der 2000er hier zeigte sich gut ausgewogen zwischen crèmiger Textur, leichter Mineralität und bei merklich fortgeschrittener Reife noch immer igelartig rundherum angelegten Säurespitzen, sonst eher weich. Zu den Cornichons eine gute Wahl, zur Hasenterrine sowieso völlig unproblematisch.

II. Lachs auf Pilzbett, dazu Agrapart, Blanc des Blancs “Les 7 Crus”, tirage Mai 2007, dég. Aug. 2009

Auch von Lachs bin ich kein so besonderer Freund, denn die meisten Kombinantionen mit diesem wie Hausschweine im Wasser gezüchteten Fisch sind schon zur Genüge ausprobiert und penetriert worden. Zu den besseren Kombinationen gehört die von gebratenem Lachs mit einem frischen Pilzbett. Wenn dann noch der Champagner ok ist, lasse ich mir das gefallen. Und Agrapart gehört bekanntlich zu den Könnern. Seine 7 Crus sind das, was man unkompliziert, aber gut nennen kann. Die nördlicheren Crus bringen Saft, die mittleren Crus bringen Struktur, die südlichen Crus bringen Mineralität, hier allerdings nur relativ wenig Säure ein und das ganze ergab einen einfachen, aber gelungenen Gang. Angenehm war die Kombination mit den Pilzaromen, die sich beim Agrapart noch lange nicht finden, von denen man sich aber bereits vorstellen konnte, dass sie einmal sehr gut stehen werden.

III. Haselnusseis mit Birne und Nougatsauce, dazu weiterhin Agrapart, BdB Les 7 Crus

Birne und Nougat vertrugen sich sehr gut mit den jugendlichen, frischen Aromen des Champagners und hier war es ähnlich wie mit den Pilzen: die Speisearomen von Birne und Hanuta fanden sich nur andeutungsweise, Birne stärker als Hanuta, bildeten aber eine stimmige Ergänzung.

Champagne Duval-Leroy, Verkostung mit chef de cae Sandrine Logette-Jardin

I. Fleur de Champagne Premier Cru

70 CH aus Vertus, Trépail, Chouilly, 30 PN aus Bouzy, Ambonnay, Verzennay, Basisjg. ist 2006, Reserveweine aus 2005, 10g/l dosiert

Der FdC gehört zu den leichten, feinen und fruchtigen, im Mund rgendwie volatilen Champagnern, die mit ihren 10 g/l einen grossen Konsumentenkreis ansprechen, ohne direkt Massenchampagner zu sein. Die Chardonnays selbst sind schon von mildsaftiger Art und bekommen durch die klassischen Pinots aus den großen Crus der Montagen de Reims eine anteilsmässig kleine, aber sehr feine Gesellschaft. Erinnert an Kokos und Noisette, mittellang, dann aber auch sehr abrupt weg.

II. Brut Tradition

60 PN, 30 PM, 10 CH aus allen Ecken der Champagne, Basisjg. 2006, 20% Reserveweine aus 2004 und 2005, 9g/l dosiert, dégorgiert Juli 2009

Der Standardbrut ist wie ein kleiner Fleur de Champagne mit 30 PM und einer einfacheren Frucht. Roter Apfel in der sonst zurückhaltenden Nase, auch rote Trauben, wenig Säure. Die etwas niedrigere Dosage macht sich geschmacklich nicht dermassen bemerkbar, dass der Champagner trockener wirkt, als der FdC, sondern wegen seiner sowieso leichteren Art kommt er am Gaumen sogar ein klein wenig süsser an. Eher ein Massenprodukt.

III. Blanc de Blancs 1999, 50% Vertus, Rest Chouilly, Avize, Cramant, Oger, Le Mesnil, 7% Fassausbau, 4 g/l dosiert, dég. 06/2009

Kokos, Toffee, rote Apfelschalen, nasses Holz. Im Mund schon reif, entwickelt und etwas mürbe, dabei wenig und immer noch gut strukturiert, körperreich und saftig, mit Spuren von Kreide. Wirkt nicht wie ein Extra Brut und kommt mit etwas Luft erfreulich aus der Reserve. Jetzt trinken.

IV. Femme de Champagne 1996 (davon gibt es zwei Chargen: eine ist während des Hefelagers mit Kronkorken verschlossen, die andere mit Naturkork – wir hatten die mit Naturkork), 79 CH aus zwei kleinen Parzellen in Chouilly, 21 PN aus Bouzy und einer Parzelle in Ay, direkt neben der berüchtigten côte aux enfants von Bollinger, 7% Holzfassausbau und Dosage < 5g/l

Kokos und Rauch, flintig und immer noch ziemlich unruhig. Thymian-Rosmarinnnoten, bei hoher Säure noch ziemlich enge Aromatik.

V. Clos des Bouveries 2003 sans dosage (die im Handel erhältliche Version hat 2,5 g/l), Blanc de Blancs aus einer rein östlich exponierten Hanglage auf halber Höhe bei Vertus, jeweils hälftig Inox-/Holzfassausbau, gerade erst dégorgiert

Der reinste Kräutergarten, sehr weiche, blumige Nase, Blütenstaub, auch Butter, kandierte Zitrusfruchtschalen und Kreide. Im Mund alkoholisch, recht herb, ein bisschen kratzig und von der Stilistik her dem 2003 by Bollinger nicht unähnlich.

VI. Clos des Bouveries 2004 mit ca. 3,5 g/l dosiert, sonst wie der 2003er, dégorgiert April 2009

Viele viele getrocknete Kräuter, insgesamt eine viel leichtere, beschwingtere und sorglosere Art als der etwas verklemmt wirkende 2003er CdB, kandierter Apfel, Schaumgummierdbeeren, aber auch Duft von Lindenblättertee. Zuckerwattefeeling im Mund, außerdem leicht, seidig, kalkig, mit einer Spur Süßholz. Mein Favorit von Duval-Leroy.

VII. Brut Rosé (ehemals Rosé de Saignée), reiner 2006er, was aber nicht angegeben wird, PN aus Vertus, Verzennay und Ambonnay, als Saignée, dazu CH aus Vertus und Pinotstillwein, 10 g/l dosiert

Intensives Rosé mit blau-violetten Reflexen. In der Nase Erdbeer-Himbeermix, ein Hauch Feuerstein, vielleicht vom Schwefel. Burgundischer Charakter; die Expressivität der Pinot-Noir ohne hinderliches Tannin. Mir etwas zu süß.

Bei Duval-Leroy gab es natürlich auch zu essen:

VIII. Ris de Veau mit Windbeuteln und grünem Gemüse, dazu Blanc de Blancs 1999 en magnum mit 6g/l Dosage und Fleur de Champagne Premier Cru

Die Überraschung des Abend war der 99er aus der Magnum. Völlig anders, als aus der Normalflasche, viel eleganter, mit fröhlicher, ausgelassener Säure und unbeschwerter, verspielter Aromatik. Wirkte wesentlich jünger. Wieder mal ein Beispiel, dass man Champagner am besten nur aus Magnums trinken sollte. Das Ris de Veau geriet dabei völlig in den Hintergrund, was aber gar nicht weiter schlimm ist.

IX. Lammcarrée, dazu Femme de Champagne 1996 en magnum, dég. April 2009

Zum Lammcarrée machte sich die Femme de Champagne aus der Magnum sehr gut. Das aromatische Lammfleisch konnte zusammen mit den Thymian/Rosmarin-Kräuteraromen der Femme nur gewinnen und zusammen mit der Säure liess sich das Lämmchen gleich viel besser essen, fast, als hätte man vier eiss- und Schneidezähne mehr im Mund.

X. Schokomuffin mit flüssigem Kern und Sauerkirschspiegel, dazu Brut Rosé

Trotz seiner deutlichen Süße als standalone Champagner war die Kombination hier nicht einfach. Die Schokolade war zwar eher herb als süß, machte dem Rosé aber dennoch zu schaffen. Gelungen war die Zusammenstellung mit den sehr sauren Sauerkirschen, so dass der Champagner sich aromatisch zwischen den beiden Speisekomponenten bewegen konnte.

abschließend Käse (St. Nectaire, Langres, Brie fermier, Bleu) und Sarments Chocolat et Orange

Mir gefiel gut der Rosé zum Brie fermier und zum St. Nectaire, aber auch der Blanc de Blancs konnte hier nochmal überzeugen.

Herbstliches Champagnermenu


I. Jakobsmuscheln im Lardomantel auf Balsamico-Schmorzwiebeln

dazu: Voirin-Jumel Blanc de Blancs Grand Cru en Magnum

Der saftige, sehr fruchtige und nur ein wenig mineralische Chardonnaychampagner zeigt sich aus der Magnum mit seiner ganzen Pracht und verschwenderischen Aromenfülle. Er ist vergleichsweise hoch dosiert und verträgt sich bestens zu den süsslichen Aromen von der geschmorten Zwiebeln. Das Lardofett steckt er ebenfalls gut weg, ohne die Jakobsmuschel zu übertrumpfen.

II. Halber Hummer, in der Röhre gratiniert

dazu: Alfred Gratien Brut Classique

Zum Hummer gehört Champagner und zum gratinierten Hummer mit ausgelöstem Scherenfleisch macht sich stets ein Champagner gut, der keinen BSA durchlaufen hat, dabei aber nicht schmallippig wirkt, kurz: Alfred Gratien Standardbrut. Der profitiert bei dieser Paarung nämlich von seinem Holzfassausbau und umschmeichelt den Hummer so natürlich, als wäre der noch am Meeresboden.

III. Pappardelle mit Ragout von der Barbarienetenbrust

dazu: Larnaudie-Hirault Blanc de Noirs Premier Cru

Das würzige, kräftige Entenfleischaroma braucht einen Champagner, der sich nicht in den Vordergrund drängt, sondern die herb-wilden Aromen abfedert und um leichte, weinige Aromen angereichert an den Gaumen weitergibt. Eine gute Wahl ist deshalb der Blanc de Noirs von Larnaudie-Hirault. Kühle Stilistik, feines, aber nicht zu sahniges Prickeln, dezente traubige Aromen und Entenfleisch fügen sich hier wie Lego ineinander.

IV. Kurzgegrillter Sashimi-Thunfisch mit Steinpilzen in Baroloreduktion

dazu: Veuve Devaux Rosé Intense de Saignée

Der dunkle, sehr burgundige Rosé von Devaux passt zum Lammcarée ebenso wie zum kurzgegrillten Sashimi-Thunfisch, dessen rotes Fleisch dem Champagner verblüffend ähnelt. Im Mund ergibt sich dann die ideale Mélange aus Jod, Meer, Waldboden, pilzigen Aromen und behender Rotfrucht.

V. Zimteis mit Mango-Limetten-Sauce

dazu: Vranken Demoiselle Ratafia

Schon im Auge glänzt der Ratafia altgolden bis bernsteinfarben, in der Nase eine Nussorgie mit Bratäpfeln, Nelken, Pomeranze, Datteln, Feigen und Rosinen. Im Mund entwickelt sich eine sanfte Glut, die das Zimteis an den Gaumen kondensieren lässt, die exotischen Komponenten der Nachspeise gehen gleichzeitig eine Hochzeit mit den getrockneten Obstaromen des Likörs ein, besser könnten es Madeira, Malaga, Port & Co. auch nicht.