Besuch bei Ulysse Collin in Congy. Olivier, bei dem der Champagner-Enthusiasmus förmlich greifbar ist, führte Fasskeller, Böden (in der Chardonnayparzelle liegt etwas Feuerstein/Onyx mit im Kalk) und Weine vor. Früher verkaufte die Familie alles an Pommery, seit 2004 (wäre die katastrophale Ernte 2003 nicht gewesen, hätte er damit losgelegt) macht Olivier lieber seinen eigenen, von Lehrmeister Selosse (ein Praktikum beim Burgunderchampagnerchef im Jahr 2001 machte den Paragraphenjünger Collin zum Winzer) inspirierten Champagner. Er arbeitet aufgrund seiner noch beschränkten Möglichkeiten nur in Ansätzen biodynamisch und experimentiert seit 2004 mit zahlreichen Fässern von zahlreichen Küfern und aus allen möglichen Hölzern, von der Akazie bis zur Kaukasus-Eiche ist alles dabei. Seine Grundweine gären so lange, wie sie gären müssen, nimmt man den Stopfen aus einem der vielen Fässer, kann man dem Wein noch im Mai dabei zuhören. Vergoren wird mit weinbergseigenen Hefen spontan, was sieben, acht Monate dauern kann und locker 12,2% vol. alc. bringt. Durch die zweite Gärung kommen noch einmal 1,5% vol. alc dazu, so dass die fertigen Champagner hart an der 14%-Marke kratzen. Beim Blanc de Noirs wurde daraus ein Problem bei der Weinkontrolle, die sich erst gegen den außerdem zwibelschalenfarbenen Wein wehrte (der Pommery Springtime Rosé ist im Vergleich blasser). Am Ende konnte Olivier den Wein doch noch als Blanc de Noirs deklarieren und das ist mehr als gut so. Insgesamt liegen die Weine 13 Monate im Fass, bevor die parzellenreinen Champagner draus werden. Dosiert wird extra brut, um die 2 g/l, nach dem BSA kommt freies SO2 bei ihm auf ca. 15 mg/l. Weil er nur insgesamt knapp 5 ha mit Chardonnay und Pinot-Noir bewirtschaftet (Pinot Meunier wird verkauft), sind seine Champagner bislang meist reine Jahrgänge, Ausnahmen waren 2006 mit 10% Reservewein und 2007 mit 30% Reserveweinanteil.

I. Blanc de Noirs aus der Parzelle Les Maillons, dég. 13. März 2010

2006er. Jungfernjahrgang.

Aromensprengbombe! Feinstes Holz, kandierter und schokolierter Ingwer, Orangenfilets, Jod. Saft und Mineral in einer Form, die vielleicht zur Zeit nur Selosse-Schüler hinbekommen. Das heisst vor allem: an dem Champagner ist trotz seines Feuerzaubers nichts dauerhaft ermüdendes, der Champagner ist unangestrengt und er strengt nicht an, trotz seiner vielen, die Aufmerksamkeit fordernden Facetten. Nach Deutschland haben es gerade einmal lachhafte 204 Flaschen geschafft, von denen ich mir überlege, einfach ALLE zu kaufen, so gut ist das Zeug.

 

II. Blanc de Blancs aus der Parzelle Les Perrières, dég. 17. Februar 2010

2006er Basis mit 10% 2005er Reservewein

Ganz anders der Chardonnay. Schlank, mit einer flächendeckenden Säure. Wenn der Blanc de Noirs die Sprengbombe ist, dann ist der Blanc de Blancs der daisy cutter. Der mäht Mikrometer über der Zungenoberfläche einfach alles um. Dieser Chardonnay stammt aus der besagten Parzelle mit den Feuertsein/Onyx-Einsprengseln. Eine dramatische feuersteinigkeit hat er indes nicht gerade. Mineral jedoch zuhauf, und eine Steinigkeit, die zwar nichts mit Feuerstein zu tun hat, aber einen provokant guten Chardonnay ergibt.