Lange hatte sich Bruno Paillard dagegen gewehrt, eine Prestigecuvée auf den Markt zu bringen. Dabei hätte er gleich mehrfach die Möglichkeit dazu gehabt, die Natur spielte seinem damals noch jungen Haus übermütig Jahrgänge wie 1988 und 1989 in die Hände. Doch erst der Jahrgang 1990 sollte sich als Geburtsjahr für den Nec Plus Ultra erweisen. In England, von wo der entscheidende Impuls ursprünglich gekommen war, sorgte das für Jubel und reißenden Absatz. Es folgte der zu recht erfolgreiche 1995er und dann war es lange still, man hätte fast befürchten müssen, dass Bruno Paillard das Projekt N.P.U. wieder aufgegeben hat. Hat er natürlich nicht, der 1996er lag die ganze Zeit fertig im Keller und musste nur wegen seiner jahrgangstypischen Attribute mehr als die obligatorischen zehn Jahre dort warten, bevor ein erstes Dégorgement ernsthaft in Betracht kommen konnte. Im Jahr 2009 war es dann soweit, der N.P.U. 1996 wurde geöffnet, erwies sich aber als zu säurehaltig und ungebärdig. Flugs sperrte Bruno Paillard ihn wieder weg und ließ ihn weiter warten. Bis zum 20. Juni 2011. Da war endlich Marktfreigabe und ein bestgelaunter Bruno Paillard überließ es dankenswerterweise seiner charmanten Tochter, mich zu initiieren.

I. Blanc de Blancs Millésime 1999, dég. September 2010

Adäquater Steigbügelhalter für den N.P.U. ist der im April des Jahres erstmals öffentlich vorgestellte 1999er Blanc de Blancs – Avant-Première war übrigens im Hamburger Hotel Louis C. Jacob. Der Champagner hat eine Leichtigkeit, die zum Motto "Vivacité" des Künstleretiketts von Guillemette Schlumberger passt, rote und grüne Äpfel, Orange, Nektarine, etwas Fenchel. Im Vergleich mit vielen anderen, routiniert runtergespulten 1999ern wirkt der Blanc de Blancs von Bruno Paillard lebensbejahend, abenteuerlustig und offen, womit er voll auf der Hauslinie liegt.

II. N.P.U. 1996, dég. Januar 2009, Flaschennr. 0003/6523

Limette, Ingwer, Orangenstäbchen, konzentrierte Apfelnoten und eine je nach Gewöhnung ungezogene bis schockierende Säure, sekundiert von warmen Holznoten und sizilianischem Torroncini-Nougat. Bewegender Champagner mit eskalierendem Sendungsbewusstsein, das die Herzen und die Backen schwellen lässt. Dazu gab es guten Schinken, frisch auf den Teller gesäbelt. Dessen salzige Noten sind bekanntlich ideale Kontrapunkte für mächtige Champagner, ebenso wie alter Parmiggiano Reggiano oder der in Frankreichs Sternerestaurants immer beliebter werdende alte Gouda. Keine Überraschung also, dass der N.P.U. sich zusammen mit dem Schinken so wundervoll wegkauen ließ, wobei die erhebliche Säure mit dem nussigen Fett ausgiebig zu tun hatte und dadurch positiv zum Gesamterlebnis beitrug.