Weinmarketing

Gosch, Franz

Österreichischer Agrarverlag, 2003

120 Seiten

19,90 €

ISBN: 3-7040-1890-2

 

Das Marketingbüchlein aus der Reihe Winzerpraxis des Österreichischen Agrarverlags dürfte dem Bedürfnis der Praxis nach unkomplizierter, aber werthaltiger Handreichung entgegenkommen. Der Autor hat es nämlich auf eine bestimmte Zielgruppe, die kleinen bis mittelgroßen Weinbaubetriebe abgesehen. Diese Akteure verfügen meist nicht über das Budget für die Vergabe der Marketingaktivitäten an außenstehende Dienstleister. Um so wichtiger ist es, den Winzern Mittel an die Hand zu geben, erfolgreiches Marketing in Eigenregie zu betreiben. Gosch formuliert deshalb in gut verständlicher Sprache die Anforderungen des Markts an das Marketing der Weinbautreibenden. Die Strukturierung der einzelnen, jeweils nicht sehr langen Kapitel ist gelungen, leicht verständliche Diagramme, Formeln, Schemata und Checklisten erleichtern das durcharbeiten.

 

Zunächst werden die Grundbegrifflichkeiten der englischen Marketingsprache unprätentiös vorgestellt. Der Leser lernt, dass sich hinter CI, 4P-Politik, USP und brainstorming keine undurchdringliche Geheimwissenschaft verbirgt, sondern erprobte Arbeitsmethoden. Dadurch nimmt der Autor dem Marketingneuling einige Schwellenangst. Die beiden Säulen Marketingphilosophie und Marketingtechnologie werden vorgestellt und dann geht es auch schon ans Eingemachte. Der Winzer ist als Marktteilnehmer auf Erkennbarkeit ebenso angewiesen, wie auf Kooperation. Um nicht im Rahmen einer breit angelegten Kooperation völlig unterzugehen, sondern ein mit möglichst hohem Wiedererkennungswert ausgestattetes Profil zu zeigen, empfiehlt der Autor als Königsweg die konsequente Orientierung am Archetyp der Unternehmerpersönlichkeit. Das Auftreten des Chefs ist prägend für den Stil des Weinguts und gleichzeitig das Grundrezept erfolgreichen Marketings – wenn nicht der Chef selbst ein Retortentyp ist.

 

Gosch warnt außerdem vor der Vernachlässigung der Unternehmenskennzahlen und streut einige hilfreiche Formeln ein, die aber auch zu den niedrigeren Rechenkünsten eines jeden gutwilligen Steuerberaters gehören.

 

Dann geht es weiter zur Marktanalyse. Im wesentlichen gebe es sieben Trends: Authentizität, Retro, "weniger ist mehr", Individualität, Gesundheit und Wellness, Spaß/Fun, Wine-Surfing/Homing/Cocooning. Diese Trends werden jeweils knapp vorgestellt. In der zusammenfassung heißt es sodann, Weinmarketing müsse sich den zum eigenen Wein passenden Trend heraussuchen und mit Nachdruck bearbeiten, was einleuchtet. Schwupp, ist der Sprung zur Produktanalyse gelungen. Auch hier gibt es hilfreiche Vorüberlegungen, die in konkrete Anweisungen münden.

 

Sodann ein paar Worte zum Marketing-Mix. Der Autor ist erkennbar davon überzeugt, dass es kein "master tool" für erfolgreiches Weinmarketing gibt und steht deshalb vor dem Problem, in seinem notgedrungen kurzen Marketingbuch kein Patentrezept anbieten zu können. Das ist andererseits nur ehrlich, birgt jedoch wiederum die Gefahr, nur mit Allerweltsweisheiten aufwarten zu können. Aber Gosch kriegt die Kurve. Er verdeutlicht erst den Wert des Produktdesigns im Weinmarketing und kommt dann auf das ausgesprochen wichtige Thema Verkaufs- und Verkostungsraumkonzept zu sprechen. Hier wird er wieder erfreulich konkret und gerade jüngere Winzer, die eine seit Jahrzehnten nicht mehr umdekorierte Verkostungsstube von ihren Eltern übernommen haben, dürften für Verbesserungshinweise sehr dankbar sein.

 

Etwas theoretischer wird es dann beim kurz abgehandelten, aber gut verständlich dargestellten Thema Preisgestaltung und Preispolitik, das eng verknüpft ist mit dem Komplex der internen und vor allem externen Kommunikationsprobleme. Hier kommt es insbesondere auf die rhetorischen Fähigkeiten des Winzers an. Dass sich das rabulistische Repertoire eines gewieften Marketingfachmanns umfangreicher ausnimmt, als das des Weinbauern, erscheint ganz natürlich. Derjenige, der sich externes Marketing nicht kaufen kann oder will, muss deshalb an seiner Verkaufsgesprächstechnik arbeiten. Eines der großen Verdienste dieses Weinmarketingbüchleins ist deshalb die darin enthaltene, kondensierte Rhetorikschulung.

 

Der Messeauftritt nimmt einigen Platz in Anspruch, sicher auch mit gutem Grund – denn ein Messeauftritt ist nach wie vor eine der mächtigsten Möglichkeiten, sich einem breiten, potentiell appetenten Publikum zu präsentieren. Leider nimmt der Autor nicht die Möglichkeiten des Internetmarketings in den Blick. Gerade Betriebe ohne üppiges Marketingbudget haben doch hier ungeahnte Kontaktchancen. Es mag sein, dass zum Erscheinungszeitpunkt diese Entwicklung noch nicht so stark ausgeprägt war, wie heute, aber zumindest in dem am Ende enthaltenen Ausblick auf die Situation im Jahre 2010 hätte ein entsprechender Fingerzeig nicht fehlen dürfen.

 

Fazit: Goschs Weinmarketing ist ein empfehlenswertes Arbeitsbuch. Das Werk ist weder unnötig fremdwortgespickt, noch theorieüberfrachtet. Insbesondere die zahlreichen konkreten Ratschläge und Checklisten dürften gerade kleineren Betrieben sehr nützlich sein