I.1 Pichon-Longueville Comtesse de Lalande, 1978
Krachende rote Paprika, Spuren von Schokolade und Minze. Weich und rund, dabei weder mollig noch irgendwie eingeschnürt. Da ist nichts schlaffes an diesem reifen Wein, den ich mit Freude geöffnet habe und von dem ich die mir nun noch verbliebene Flasche wahrscheinlich nicht mehr lange geschlossen halten kann.
I.2. L'Evangile, 1979
Ein weiterer schöner Vertreter aus Bordeaux, der aber trotz seines vielversprechenden Namens nicht ganz an die Comtesse heranreichte. Der Wein war fein, reif, hatte alles, was ich von ihm erwarten durfte, aber mir fehlte einfach der letzte Zauber, das letzte bisschen herausragende Originalität.
I.3. Paul Autard, Chateauneuf-du-Pape, Cuvée La Cote Ronde, 2006
Grenache, 50% Syrah, von alten Reben; im neuen Holz vinifiziert. Dunkel, kraftvoll, konzentriert, schokoladig, kirschig, etwas jodig, tanninschwach.
I.4. Amy Frères, Coteaux du Layon, 1947
Was Nicolas Joly am trockenen Ende der Skala mit Chenin Blanc macht, findet man mit etwas Glück am süßen Ende in der Appelation Coteaux du Layon: außergewöhnliche, reifefähige Weine mit höchst individuellem Ausdruck. Pilzig, mit Butterscotch, weich, rund, samtig, sämig.
II.1. St. Antony, Niersteiner Pettenthal GG, 2006
In der Nase für mich ein alter Moselriesling, nur etwas fetter, schmeckt auch älter als 2006. Erdig, würzig, aber noch nicht auf der kaputten Seite, sondern noch im kräuterigen Bereich.
II.2. Château des Tours, Côtes du Rhône, Réserve, 2007
Der kleine Rayas mit dem hellen roten Leuchten hat diesen würdigen(den) Beinamen wohl noch nie so sehr verdient, wie jetzt. Das liegt vielleicht daran, dass beide Weingüter nun in einer Hand vereint sind, vielleicht aber auch einfach nur daran, dass dieser Wein schlicht umwerfende Qualitäten hat. Schwarzer Pfeffer, Rosmarin, Thymian, süßliche Rosenpaprika; schmelzig, safftriefend, dabei von sehr eleganter Haltung, übrigens auch schlank. Agil, mit großer und langer Zukunft.
II.3. Cos Labory, 1990
Klassischer wurde es beim Cos Labory. Blumenduft, Paprika, süßlich und rund, mit feinkörnigem Tannin. Unmittelbar jetzt genau richtig zu trinken.
II.4. Pichon Longueville-Baron 1955, Mähler-Besse-Füllung
Toffee, Malz, Liebstöckel; trocknend, unruhig, Duft von geräuchertem Paprikapulver (Pimenton de la Vera), für mich über den Punkt.
II.5. Léoville Las Cases, 1975
In geradezu brachial-kraftvoller Manier wie ein Muskelmann in rotweißem Ringelanzug und Schnurrbart aus dem Wanderzirkus, nur nicht so albern, zeigte sich der Léoville Las Cases. Von Mäßigung keine Spur, der Wein drückte von innen gegen die Backen, als hätte man den Mund voller Kirschkerne und war dabei insgesamt sportlich-minzig aufgelegt; sollte aber eigentlich doch lieber noch paar Jahre liegen.
II.6. Juliette Avril, Chateauneuf du Pape, 1990
Kein Bordeaux ist auf Anhieb so schmelzig, so weich und auf eine hitzige, südländische Art so verführerisch, wie ein gut gereifter Chateauneuf. Saftig und leicht dicklich war dieser verliebte Twen.
II.7. Hugel, Gewürztraminer, Reserve Exceptionelle, 1969
Dieser rosenduftige Wein konnte mit seiner für mich zu geringen, wenngleich angenehm candyartigen Restsüße und buttrigen Reife nicht ganz überzeugen.
II.8. Amy Frères, Coteaux du Layon, 1947
Intensiver Pilzduft, intensives Butteraroma, angebrannte Kondensmilch. In Weine dieser Art könnt' ich mich sowas von reinlegen.
II.9. Bäumler-Becker Erben, Zeltinger Schlossberg, Riesling Spätlese, 1959
Mehr Rasse brachte der Riesling ins Spiel. Auch hier pilzige Noten, aber auch immer noch viel kandierte Zitrusfrucht, unterschwellig kitzelnde Säure, frecher, rotziger als der dagegen behäbiger wirkende Coteaux du Layon.
II.10. Valette, Meursault, 1966
Wahrscheinlich der Wein des Abends für mich. Feinstes, fröhlich-frisches Mittelstrahlhellgelb ließ einen jugendlich gebliebenen Wein ohne harte Oxidations- und sonstige Alterungsnoten erwarten, was dann auch zutraf. Faltenlos wie ein Lackkleid, medizinale Töne mischten sich unter die kräuterig-buttrige Note mit den gerösteten Nüssen, hinzu kamen Fenchel, Anis und Toffee, auch etwas Bienenwachs schmückte den sehr alerten Wein.
III.1. Staatlicher Hofkeller, Silvaner, Innere Leiste GG, 2009
Der Silvaner gibt sich in der Nase mit seinem Sortenaroma von frisch gemähter Unkrautwiese mit frechem Zitronenbeiklang zu erkennen und schmeckt auch genau so, eine zusätzlich anhaltend süßliche Art gibt ihm noch einen abrundenden touch, den ich beim Hofkeller häufiger zu erkennen meine und der mir etwas unfränkisch vorkommt.
III.2. Carl Loewen, Riesling Auslese, Thörnicher Ritsch, 2010
Spielfreude pur, würde man beim Fußball sagen. Dieser Wein hat alles, was ich am Moselriesling schätze und liebe.
III.3. Carl Loewen, Riesling Beerenauslese, Maximin Herrenberger, 2010
Mir schon wieder zu konzentriert gegenüber der Ritsch. Gewiss nicht verkehrt, für eine Beerenauslese auch ganz und gar angemessen, mir aber von allem too much.