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Tag Archives: Arbane

ProWein 2014 – Die besten Champagner und Schaumweine

Die Prowein begann für mich am Samstag unter anderem mit einem sehr seltenen Champagner: de Marne – Frison Cuvée "Elion" Rosé. Von de Marne -Frison habe ich schon verschiedentlich berichtet und dabei letzthin leider auch erwähnen müssen, dass die Zukunft des 6,5 Hektarguts in Ville sur Arce (Aube) ungewiss ist. Aber Valerie Frison macht allein weiter, nachdem ihr Mann Thierry sich in den Süden Frankreichs verabschiedet hat. Die Zukunft ist also sicher und weil ich hoffe, dass sie auch rosig ist, kam der rare Rosé ins Glas. Der ist eher dunkel und so granatenfruchtig, so voller Granatapfel, dahinter Banane und Kirsche und ein etwas ungemütlicher Gerbstoff, dass mir um die Zukunft dieses sympathischen Kleinerzeugers nicht bang ist. 

Der Eröffnungssonntag brachte verschiedene schöne Schäumer ins Glas. Lanson öffnete beispielsweise aus der spätdegorgierten Jahrgangscollection (alles Magnums) ein paar Exemplare. Mir gefiel der ausdrucksstarke, einerseits sehr frische, andererseits gediegen-reife 1976er, dég. im Februar 2014, am besten.

Zuvor hatte Cyril Janisson aus seiner Einzellagen-/Einzelrebsortenserie den von "Chemin de Conges" in "Conges" umbenannten 2006er Meunier ins Glas gebracht und meinen Beifall geerntet. Der neue Jahrgang ist etwas niedriger dosiert, was ihm unheimlich gut steht und mehr Durchzugskraft verleiht. Der Champagner ist rassiger, klarer definiert, sportlicher und um Nummern forscher, als sein Vorgänger. 

In der nämlichen Champagnerlounge, die letztes Jahr erstmals oberhalb der Österreicher in Halle 7.1 zu finden war und heuer nicht so verdruckst im Halbdunkel, sondern in überwiegend strahlendem weiß vorzufinden war, schenkte Montgueux-Winzer Vincent Couche seinen Sensation 1997, dég. 12. April 2012, aus. Das ist seine Antwort auf den Trend zum verlängerten Hefelager und gefiel mir schon als 1995er sehr gut. Diesmal war eine Spur mehr Eleganz und Finesse, etwas weniger Oxidation und daher sogar mehr Trinkvergnügen als erwartet in der Flasche.

Von 1995 zu 1997 zurück zu 1995: Bruno Paillard, der zum Jahrgangsvergleich seiner aktuellen 2004er Vintages geladen hatte, überzeugte mal wieder mit seinem 1995er Assemblage, der sich bei mir wegen seiner perfekten Reife noch vor dem 2004er Blanc de Blancs, dem 2004er Cuvée und dem 1995er Blanc de Blancs platzieren konnte. Und das will was heißen, denn der 1995er Blanc de Blancs war in einer ähnlichen Vergleichsprobe mit den Jahrgängen 1989, 1995, 1999 Anfang des Jahres in Berlin noch mein klarer Favorit.

Die jungen Aube-Player Tendil & Lombardi mit dem verblüffend an Dom Pérignon angelehnten Etikett konnten vor allem mit ihrem Blanc de Noirs punkten, Piper-Heidsieck setzte sich mit dem 'gewöhnlichen' 2006er Vintage positiv nach oben vom sehr guten und mancherorts (FINE Champagne Magazine Nummer 1 der 100 Best Champagnes for 2011) für überragend gehaltenen Rare 2002 ab. Den sehe ich erst in der Spitzenriege, wenn der Babyspeck abgeschmolzen ist.

Bei den englischen Sparkling Wines ('Méthode Anglais') hat Gusbourne die Nase vorn; dort hat man sich Verstärkung geholt: Charlie Holland, der von Ridgeview kommt und Christian Holthausen, der vor gar nicht so langer Zeit von Piper-/Charles Heidsieck zu Nyetimber gewechselt hat. Während ich tüchtig mit Charlie probierte, schlürfte Christian übrigens den eben erwähnten Conges von Janisson-Baradon, was ich ihm von Herzen gegönnt habe. Schon länger im Auge habe ich von Camel Valley den Annie's Anniversary Brut, ein sagenhaft flottes Gerät mit quiekend frischer Säure, Boskoop und Lemon Curd, also allen Attributen, die man sich nur wünschen kann, um den eingestaubten Gaumen freizubekommen. Balfour hatten nur zwei Sparkler da, aber die waren ebenfalls sehr gut und hatten mir schon im letzten Jahr sehr gut gefallen. Die Präsentation war von der knorrigen Art und mit einem Humor, der den anhaltenden Kriegserfolg des Empires erklären hilft. 

Aus deutschen Landen habe ich leider nicht sehr viel probieren können, weil jeder Aufenthalt in der Deutschlandhalle selbst den ehrgeizigsten VKN-Produktionswillen unterminiert und zunichte macht. Vor lauter Begrüßung und Wiedersehen kommt man kaum zum probieren. Geschafft habe ich deshalb nur ein paar Flaschengärer wie Madame Bettys Rheingau Riesling Brut vom Sekthaus Solter, das auf den Etiketten witzigerweise und quasi im Anschluss an die Engländer (oder umgekehrt) die 'Méthode Allemande' für sich reklamiert. Aus der Raumland-Kollektion gefielen mir am besten Marie-Luise und Blanc et Noir, das Triumvirat muss noch ruhen, bevor es sich zum Gaumennahkampf rüsten soll. Vor allem optisch positiv aufgefallen ist mir außerdem mal wieder der Winzerhof Stahl aus Auernhofen, der in Würzburg die "Edel Stahl Brause!" versekten lässt. Dieser Riesling Brut Sekt ist mir eigentlich zu hoch dosiert und schmeckt verdächtig nach Aromahefen, aber wer partout keinen Champagner anrühren will, wird sich leicht mit diesem Frankensekt versöhnen und im Idealfall natürlich verwöhnen können.     

Aus Spanien drang lediglich eine Cava zu mir durch, die sich aber wegen des Chardonnayanteils darin selbst zu später Stunde noch mit Freude trinken ließ. Ausgeschenkt wurde sie von Hauptstadtwinzer Daniel Mayer, der für die spanischen United Wineries als Sales Director Deutschland fungiert. Eben diese United Wineries haben übrigens auch beim Sieger der italienischen Euposia Challenge unter den Rosé-Schäumern ihre Finger im Spiel. Denn der italienische Trento-DOC Erzeuger Cesarini Sforza, von dem der nicht zuletzt unter meiner Mitwirkung aufs Siegertreppchen gehobene "Tridentum Rosé" stammt, gehört den Spaniern.

Der Proweinmontag sollte Großes bereithalten. Nämlich die Party auf der Party: die Caractères et Terroirs de Champagne Single Vineyards Probe in luftiger Höhe. Jörg Kalinke hatte extra und dankenswerterweise höchst bereitwillig seine Bar M168 im Düsseldorfer Rheinturm zur Verfügung gestellt. So konnten gottlob 15 Champagnerwinzer ihren Stoff und seine Wirkung auf den menschlichen Organismus vorstellen. Champagne Aspasie brillierte mit den Cépages d'Antan und einem sehr gelungenen Brut de Fut, von Meunierspezialist Michel Loriot gefiel mir die Monodie, die mir aber neuerlich zu hoch dosiert vorkam. Über den modern gehaltenen Chétillons 2007 von Pierre Peters und die Cuvée des Grands Vintages muss ich glaube ich nicht viel sagen, die beiden haben ihren guten Ruf völlig zu recht, wenngleich sie völlig unterschiedliche Geschmäcker ansprechen. In Richtung des Chétillons ging auf der Caractères-Veranstaltung sonst nur noch die Einzellage "Les Fervins" von Penet-Chardonnet, der mit viel Energie den Markt aufrollt. Dass Eric Rodez auch mit Chardonnay umgehen kann, wissen mittlerweile selbst die erkenntnisscheuesten Typen. 

Daher überrascht es nicht, wenn ich bekenne, dass auf der Meiningerprobe von Sascha Speicher am Dienstag der Blanc de Blancs von Rodez zu meinen Favoriten unter den vorgestellten Chardonnays gehörte. Einhalt gebot dem erst der letzte Champagner der Verkostung, Ruinarts großartiger Dom Ruinart 2002. Dazwischen gab es mit der Cuvée des Caudalies von de Sousa, Emmanuel Lassaignes Le Cotet, Rafael und Vincent Bérèches lange auf der Hefe gebliebenen "Côte" sehr starke Mitbewerber und selbst Taittingers Comtes de Champagne 2005 schaltete sich kurz vor Schluss noch kurz ein, konnte aber nicht als game changer reüssieren. Denn für mich waren die Sieger klar: Rodez und Ruinart. Jacquesson, Bollinger, Gosset und Pol-Roger gerieten mir auf der diesjährigen ProWein etwas aus dem Fokus. Sie werden es verkraften, denn es ist kein Ausdruck von Missbilligung, sondern vielmehr so, dass diese guten und stabilen Erzeuger gerade nicht meiner ständigen Aufsicht bedürfen.   

Jerome Coessens' Champagner habe ich erst kurzem wieder lobend erwähnt, daher spare ich mir hier weitere Ausführungen. Hinweisen möchte ich an dieser Stelle sehr gerne noch auf die Champagner des jungen Thibaud Brocard von der Aube, der als Winemaker bei Champagne Brocard-Pierre eine köstliche Cuvée mit dem Namen Limited Edition Blended zu verantworten hat. Das ist Champagner, wie man ihn sich von einem Talent der jungen Champagne-Avantgarde wünscht. Deutlich weniger weitläufig und fassnah angelegt ist die wagemutig gestaltete Cuvée Lady Style von Champagne Malard, Lieferanten des Hauschampagners von "Nicolas", dem französischen Pendant zu unseren Jacques' Weindepots. Die Cuvée Lady Style ist Extra Brut und aromatisch eine etwas unterkühlt wirkende Schönheit vom Typ der eiskalten osteuropäischen Spionin aus James Bond und anderen Agentenfilmen. An dem Cliché ist hier sogar etwas dran, denn Leitfigur ist die bildhübsch in Szene gesetzte Ehefrau des rugbyspielenden Hausherrn, Model und Volleyballspielerin Natacha Malard, die gebürtig aus der Ukraine stammt.  

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Terres et Vins de Champagne: Benoit Tarlant

 

Vins Clairs 2011:

BAM (Pinot Blanc-Arbanne-Meslier), vom Sablo-Calcaire aus Oeuilly; Mocque Tonneau (Pinot Noir) vom Calcaire dur aus Celles-les-Condé, der Grundwein für den Vigne Rouge; Chardonnay aus der Lage Crayon, Ausgangsstoff für die Cuvée Louis. Süßsauer wie ein köstliches Asiasüppchen, spaßig und gut war der BAM, was angesichts des ungeliebten Weißburgunders viel bedeuten will. Denn Weißburgunder wirkt beim Champagner auf mich immer wie ein gräßlich entstellter, notdürftig verkleideter Zwerg auf einem ausgelassenen Kindergeburtstag. Beim BAM hatte ich dieses peinliche Gefühl nicht. Mehr Frucht und mehr Schmatz, weniger Quirligkeit hatte der Pinot Noir aus dem Mocque Tonneau. Knorrige, strenge Säure wurde beim Louis-Chardonnay von fröhlich ausgleichender Frucht umtost wie ein Patriarch, der auf dem Familiensommerfest im Kreise seiner tobenden Enkel sitzt.

Champagner:

1. La Vigne d’Or Blanc de Meuniers 2003

Mit 2 g/l dosiert.

Fruchtgeprägt, etwas bärchenhaft und tapsig. Dafür, dass Brut Nature Champagner den Ruf haben, dem Gaumen mit ihrer schneidenden Schärfe und Fokussiertheit ernsthaft verletzungsgefährlich werden zu können, wirkt der Vigne d'Or sehr zahm. Wie ein Bärenbaby, das gern genauso furchterregend brüllen würde wie seine älteren Artgenossen, stattdessen aber eher niedliche Laute macht.

2. La Vigne Rouge Blanc de Noirs 2003

Mit 1 g/l dosiert.

Das eine Gramm wirkt in diesem Champagner zehnfach vergößert, so fruchtig und süß schmeckt er. Dass trotzdem belebende Säure enthalten ist, muss man sich extra aufschreiben, denn nach dem ersten Mundeindruck überwiegt der süße Anteil so sehr, dass man geneigt ist, den Champagner allein daran festzumachen. Ob es beim Namens Vigne Rouge bleiben wird, ist noch unklar; beim Dachverband ist man damit offenbar wegen der Verwechslungsgefahr mit Rotwein nicht einverstanden. Sei's drum. Das ist der massentauglichste, easyeste Wein von Benoit und Melanie Tarlant. Von seiner Entstehung her würdig, das dritte Glied im Bunde der Vigne de … Champagner zu sein und in dieser Form bis auf weiteres einzigartig im Portfolio von Tarlant.

3. Cuvée Louis, dég. à la volée

1998, 1997 und 1996.

Neptun, den Fluten entsteigend. In dieser absoluten Höchstform habe ich die Cuvée Louis noch nicht oft getrunken, denn leider ist der Champagner weder bei den großen noch bei den kleinen Erzeugern frei von Varianzen. Wenn ich aber bedenke, wie wenig dieser Champagner eigentlich kostet und welche Entwicklungskurve er bisher hingelegt hat, ist klar, dass ich mir davon noch schleunigst ein paar Flaschen besorgen werde, möglichst undosiert.

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Terres et Vins de Champagne: Olivier Horiot

 

Vins Clairs 2011:

Pinot Noir vom Argileboden der Lage Les Prémalins, Pinot Noir vom Marneboden der Lage En Escharere, Pinot Blanc vom Argileboden der Lage En Barmont. Für mich war der Weißburgunder am interessantesten, obwohl ich nicht zu den Fans von Weißburgunder als Schaumweinrebsorte gehöre.

Champagner:

1. Sève Blanc de Noirs 2006

100PN.

Die Champagner von Olivier Horiot und seiner Frau werden mit sehr vielen Vorschusslorbeeren bedacht, was ich nicht immer recht nachvollziehen kann. Mir waren die Champagner noch nie ausgereift genug, um mir ein annähernd belastbares Urteil bilden zu können. Vom Sève war ich in den letzten zwei Jahren kein einziges Mal wirklich angetan. Also: spannend ja, Grund zum Jubeln nein. Die diesmalige Begegnung zeigte freilich, dass der Champagner seine Kinderstube langsam verlässt und sein hässliches Entenkükenkleid abzustreifen versucht. Sehr konzentriert, in Richtung rotfruchtiger Elsässer Obstbrände gehender Geschmack, dabei glatt und keineswegs hitzig oder brandig. Wenn alles so weitergeht wie bisher, ist der Sève in zwei bis drei Jahren ein ernstzunehmender Pinotchampagner, der dem Ruhm seiner Heimatgemeinde vollauf gerecht werden kann.

2. 5 Sens 2008

Wider Erwarten besonders gut gefiel mir der 5 Sens. Ich betone es immer wieder, Weißburgunder im Schaumwein ist für mich noch nie als Bereicherung auffällig geworden, sondern immer nur als Belastung. Der aktuelle 5 Sens kommt mit dieser Last gut zurecht. Ausgeprägt holziger Duft, der gut zur Entenbrust vom Holzkohlegrill passt, die sich in Anknüpfung an das Sève-Entlein hierzu aufdrängt, dazu kommt eine entschieden auftretende Pinotfrucht, ein ebenso entschiedener Säureanteil, der sich kerngesundem Chardonnay mit nicht allzu mineralischen Ambitionen verdanken dürfte.

3. Sève Rosé de Saignée 2007

Blumig, mit Eau-de-Vie de Kirsch, zeigt der Rosé seine enge Verwandtschaft zum weißen Sèves.

4. Rosé de Riceys 2006

Den Rosé de Riceys von Olivier habe ich am Vorabend noch als 2004er getrunken, der ein feineres Auftreten hatte, sich aber sonst nicht groß vom gleichermaßen jung wirkenden 2006er unterschied. Etwas mehr Profil zeigte sich beim 2006er, die konditorenhafte Süße hatten wieder beide gemeinsam. Gut gelungen und eines der besseren Beispiele für roten Stillwein aus der Champagne.

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Terres et Vins de Champagne: Jean Baptiste Geoffroy

 

Vins Clairs 2011:

Einige spannenden Sachen gab es bei den BSA-freien Grundweinen zu probieren, ob bloß als Spielerei oder mit echtem Potential lässt sich im Moment nicht sagen. Der Rosé de saignée “Blanc de Rose”, eigentlich eine Commazerisation, also gemeinsame Mazerisation von PN und CH hatte einen eigentümlichen, sehr hervorgehobenen Rosenduft, vermischt mit Mandelaroma, erwies sich aber nicht als sehr charmanter Trinkwein, mir war er zu mau für einen Vin Clair; Les Houtrants en complantation ist ein 2005 gepflanzter gemischter Satz aus PN PM CH Petit Meslier und Arbane, der mir wie der Rosé etwas laff vorkam und nur am Ende eine leichte Rauheit am Gaumen erzeugte; am klassischsten war die Cuvée Empreinte 55PN 38CH 7PM, 35% im Holz vinifiziert, Säure musste man hier abermals vergeblich suchen, dafür schien mir der Winzer hier am erkennbarsten wieder auf gewohntem Boden zu sein.

Champagner:

1. Expression

40PN 47PM 13 CH, 2009er Basis mit Reserve aus 2008, mit 9 g/l dosiert.

Saftig, mit guter Balance für einen etwas schwer geratenen Champagner, der von niedrigerer Dosage profitieren könnte.

2. Rosé de Saignée

100PN.

Kräftige Frucht, nicht unerhebliche Herbe, dazu eine alkoholische Note. Zum Essen geeignet, beispielsweise Linsen oder gepökeltes Schweinefleisch, auch confierte Entenschlegelchen und rustikale Küche der Region. Solo überzeugte mich der Rosé nicht.

3. Millésime 2004 aus der Karaffe

71CH 29PN, 100% Barrique, mit 2 g/l dosiert.

Das Holz drückt dem Wein merklich seinen Stempel auf, karaffieren musste man ihn deshalb aber nicht gleich unbedingt. Umfassende Aromatik, die im Nussigen beginnt und bei aller begleitenden Saftigkeit doch stärker den getrockneten, konzentrierten Aromen verhaftet ist.

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Terroirs et Talents: Champagne Aspasie Vignobles Ariston und Maxime Blin

 

Vallée de l'Ardre und Massif St. Thierry. Räumlich trennen die beiden Nester Brouillet in der Vallée de l'Ardre und Trigny im Massif ca. 20 km, Grund genug, zwei ihrer Winzer aufeinanderfolgend zu probieren, was besonders einfach ist, wenn die beiden nur wenige Meter voneinader ihr Probierstanderl aufgebaut haben.

I. Champagne Aspasie Vignobles Ariston Père et Fils

Die Champagner von Aspasie sind alle relativ leicht, eher fruchtig und waren früher für meinen Geschmack zu sehr an den Stil großer Häuser angelehnt, will sagen zu süß. Das mit der Süße hat sich gelegt und mit dem zuerst verkosteten Cepages d'Antan gibt sich Aspasie sogar ziemlich innovativ.

1. Cépages d'Antan

40 Petit Meslier 40 Arbane 20 Pinot Blanc, mit 6 g/l dosiert

Die Rebanlage ist ca. 15 Jahre alt, gehört also nicht zu den uralt-wiederentdeckten, sondern wurde, als das Thema vergessene Rebsorten in der Champagne aufkam, eigens angepflanzt. Von dieser Cuvée habe ich den 2011er Grundwein probiert, der nussig und leicht salzig rüberkommt, Erdnussbutter mag eine Rolle spielen, eine schlanke Säure kommt noch dazu und gibt dem Wein einen ansehnliche, schlanke Figur. Brav und sektig ist der fertige Champagner, der Weißburgunder (meiner Meinung nach) steuert eine rapsige Note bei, die ich nicht mag. Um zu den Namensvettern von Tarlant (Vignes d'Antan) und Bérèche (Reflets d'Antan) aufzuschließen, ist mehr Wagemut erforderlich.

2. Blanc de Blancs

Der 2011er Chardonnaygrundwein ist leicht rauchig, die Säure nur mäßig aggressiv, weshalb man ihn gut trinken kann. Dem fertigen Champagner fehlt die Säure dann aber merklich. Mir war er zu zahm.

3. Brut Millesime 2007

Drittelmix.

Erwartungsgemäß ist der 2007er Jahrgang von Aspasie nichts für Freunde extremer Zuspitzung. Säurearm, mit einer noch sehr primärfruchtigen, bananigen und metallisch unterlegten Art. Ein paar Muskeln kann der sonst gut gerundete Champagner spielen lassen, von den drei verkosteten ist er der kraftvollste, bekömmlich sind sie alle.

 

II. Champagne Maxime Blin

Von den Jahrgängen aus dem Hause Blin war ich bis jetzt immer am meisten angetan, die jahrgangslosen Geschichten kenne ich nicht so gut. Mit guten 9 g/l sind die Blin-Champagner dosiert, das ist in Zeiten der sich immer weiter ausbreitenden Extra- und Ultra Brut Champagner richtig viel. Ob es zu viel ist? Das sehen wir sogleich.

1. Brut Carte Blanche

80PM 20PN

Rund, fruchtig und etwas einfach gestrickt, mürbe und leicht brotig. Den Eindruck zu hoher Süße hatte ich nicht, was mir fehlte, waren Feinheit und Komplexität.

2. Cuvée Maxime Blin

Drittelmix.

Der 2011er Grundwein dieser Cuvée hatte einen ganz ansprechenden, für die Region nicht untypischen Fruchtcharakter, der in Richtung Blutorange und Nektarine geht und sich hier in rundlicher Form zeigte. Was beim Grundwein schön ist und schmeckt, rächt sich dann im fertigen Champagner als zu lahm. Ich kenne natürlich nicht den Grundwein der hier zugrunde lag, kann mir aber vorstellen, dass er ähnlich sanftmütig war. Die Cuvée Maxime Blin würde mehr Druck beim Grundwein sicher danken.

3. Rosé d'Assemblage

100 PN, davon zwischen 14 – 18% roter Coteaux Champenois

Beim Rosé könnte diese Rechnung aufgegangen sein. Der 2011er Grundwein war wie mit Bühnen Make-up etwas zu dick geschminkt, holzig, mit viel Mandel und Marzipan, charakterlich ein Rotwein. Wenn der Grundwein für den jetzt probierten Rosé von gleicher Art war, sollte Maxime diesen Weg weiter verfolgen. Kraftvoll, nicht allzu fruchtig, seriös und weinig. Für den Solospass etwas zu ernst, als Essenspartner darf man ihn nicht überschätzen. Am besten dürften Ziegenkäse, Blätterteigspeisen und helle, gebundene Saucen dazu korrespondieren.   

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Terres et Vins de Champagne (III/III)

 

XIII. Laherte Frères

Aurelien Laherte, in dessen Fasskeller ich schon vor zwei Jahren den bravourösen Gehversuchen des noch ganz jungen Winzers folgen durfte, hat mal wieder ein spitzenmäßiges Programm mitgebracht.

Vins Clairs:

1. Les Noues

100CH aus Chavot

Ausdrucksvolle Nase mit Bergamotte, Formosa Oolong, auf einen Chabliskörper aufgepflanzt.

2. Vigne d'Autrefois

100PM

Luftig, womit nicht der gelegentlich anzutreffende Luffton gemeint ist, sondern eine leichte und beschwingte Art, ein müheloses und fröhliches Mit- und Durcheinander von gebackener Banane, Nashibirne, Litschi, Pitahaya, bouquet garni, umgeben von reichlich Zitrusfrüchten.

3. Rouges Maisons

100PN

Im Gegensatz zum Meunier stach hier roter Apfel mit einer etwas oxidativen, brotigen Note durch, auch hier wieder viel strukturgebende Säure

Champagner:

1. Blanc de Blancs brut nature

2008er Basis mit 2007

Hart, kraftvoll, mineralisch, das aber eher von der würzigen, angeschmutzten Sorte und nicht so sehr wie von pudrigem Kalk; bodennah, mit insgesamt gemäßigter Säure

2. Les Empreintes brut nature

40PN 40CH, davon wiederum 1/3 Chardonnay Muscaté, 20PM, 2007er

Sehr feiner Champagner, stark, aber ultranervös und spannungsgeladen, vibrierend und mit einer besonders ausgeprägten Schmackhaftigkeit, wie eine Essenz von Trauben-Tiramisu

3. Vigne d'Autrefois

2007er, mit 2 g/l dosiert

Wippend, federnd, elastisch, weniger vibrierend, als die Empreintes. Leicht und fruchtig, pricklig, aufgeladen mit Energie und Tatendrang, dabei mittelgewichtig und vom Typ her eher ein Jacky Chan als ein Steven Seagal

 

XIV. David Leclapart

Der Winzer, der ein bisschen aussieht wie Sting. Auch er ist noch nicht so arg lang mit seinen Weinen im Geschäft dass man von echter Trinkerfahrung mit seinen alten Jahrgängen sprechen könnte; auch dürfte sich wegen der kleinen Menge die Zahl der weltweit gelagerten Léclapart-Flaschen in sehr überschaubaren Grenzen halten, was einer der Nachteile dieser Kleinsterzeuger ist. Denn bei Verkostungen der aktuellen Jahrgänge hat man immer nur Hoffnungen im Glas, aber noch keinen empirischen Anhalt dafür, wohin die Reise einmal gehen könnte.

Vins Clairs:

1. Amateur

Bananig, amylisch, trotzdem hart und verschlossen, gleichzeitig irgendwie vielversprechend. Ist nur zu hoffen, dass sich all die Erwartungen, die in Grundweine dieser Art gesetzt werden, auch irgendwann als berechtigt erweisen.

2. Artiste

Weicher und extraktiger als der Amateur, aber sonst sehr ähnlich.

3. Apôtre

Erkennbar die Spitze der Pyramide dieser Art von Grundwein. Einesteils fühlt man, wie das Zahnfleisch von Rasiermesserklingen traktiert wird, andereseits ist da die fast schon künstlich wirkende und nahezu übersteigerte Fruchtverlockung.

Champagner:

1. Amateur 2007

Gummibärchen und Tannennadeln, Walnuss, Apfel und Muskat. Solche Champagner lassen einen dann erstmal die Bedenken wieder auf Seite schieben. Viel weniger rätselhaft, als im letzten Jahr um die Gleiche Zeit der 2006er Amateur

2. Artiste 2006

Weicher als der Amateur, mit stärker ausgeprägtem Luftton, wirkt er aromatisch nicht so ausgearbeitet wie der Amateur und gleichzeitig nicht so selbstbewusst wie der 2005er Artiste

3. Apôtre 2005

Weinig, rund, weich, groß. Hier ist der Champagner von Leclapart wieder ganz bei sich. Nicht so kalkig und unbezwingbar wie der 2004er Apôtre, sondern fassbar, wenngleich nicht einladend oder freundlich. Auch dieser Wein will von Luft, Zeit und Gaumenwerkzeu bearbeitet werden.

 

XV. Franck Pascal

In so guter Form habe ich die Champagner von Franck Pascal noch nie erlebt.

Vins Clairs:

1. Silicieux

80PM 12PN 8CH

Bananig und weich, wie man die Grundweine von Franck Pascal gar nicht kennt. Außerdem rund, würzig, samtig, auch etwas metallisch.

2. Assemblage wusste Franck selbst nicht mehr; ungeschwefelt

Rassig, spritzig, scharf, das war wieder ganz die alte Form.

Champagner:

1. Tolérance Rosé

Kirsche, Banane, Erdbeere, einige gemüsige Anklänge, ein wenig Metall; nichts erinnert hier an den sonst so weltabgewandten Rosé, der sonst unter diesem Namen auf den Markt kam. Weiter so.

2. Quintessence 2004

Butter, Candy, Karamell, nur gegen Ende noch ein wenig ungezügelte Säureaggressivität, die wirkt, als wäre der Maler kurz vor Vollendung seines Gemäldes plötzlich wahnsinnig geworden. Genau das macht den Champagner natürlich aufregend und interessant, auch hier ein weiter so, das ist der richtige Weg!

3. Prestige 2002

Der wohlgeformteste und arrondierteste Champagner, den ich bisher von Franck Pascal im Glas hatte. Gurken und Zitronenlimonade, einige Kräuter – erinnert entfernt an Pimm's No. 1.

 

XVI. Hubert Paulet

Monocrus aus Rilly-la-Montagne. Was nicht an Billecart-Salmon verkauft wird, dient als Grundlage für die Champagner des akkurat gescheitelten Monsieur Paulet.

Vins Clairs:

1. Chardonnay

Abgeklungen ist die Banane, jetzt sind Vitamin-C und eine leichte Exotik am Steuerrad.

2. Pinot Meunier

Vornerum weiche Frucht, hintenrum stabile Säure.

3. Pinot Meunier, dekantiert, aus 2009

Sehr weich und mild. Ende Vitamin C, insgesamt glatt.

Champagner:

1. Brut Tradition Premier Cru

50PM 25CH 25PN, mit 7 g/l dosiert

Leichter, etwas einfacher Champagner, brotig, alter Apfel, wenig Säure, mir außerdem zu hoch dosiert.

2. Mazerationsrosé 2004

80CH 20PM, drei Tage auf der Maische

Kirsche, Banane, Holz. Eher leicht, mit etwas Gerbstoff, nachhaltig, aber nicht beeindruckend.

3. Cuvée Risleus

27CH 20PN 43PM ohne BSA, bâtonnage; ungeschönt, ungefiltert.

Nach den beiden mäßigen Vorgängern ein starkes Stück: markig, kräftig, behutsam eingebundenes Holz, vollmundig, mit stattlicher Säure; auf dem Niveau würde ich gern alle Champagner von Paulet sehen.

 

XVII. Pouillon et Fils

Elodie und der beredte Fabrice Pouillon bewirtschaften ca. 15 ha entlang der Marne bis in die Montagne de Reims

Vins Clairs:

1. Les Villages

100PN, aus Ecueil, im Holz spontanvergoren, mit BSA

Minimal gerbstoffig, mit Fenchelnote und weichem, etwas einfachem Burgundercharakter

2. Les Blanchiers

50PN 50CH, im Holz spontanvergoren, mit BSA

Ausgeprägter, komplexerer Cuvéecharakter, einleitend apfelig, leichter Luftton, dann übernimmt erfrischende Säure, von Gerbstoffen hingegen keine Spur

3. Mazerationsrosé

100PN

Beaujolaischarakter, so ähnlich wie bei Horiot; sehr mild, mit abschließend knackiger Säure

Champagner:

1. Les Blanchiers Brut Nature

2006er Basis

Brotig, apfelig, mit der erfrischenden Säure, die auch schon der Les Blanchiers zeigte und ruhig noch etwas kräftiger sein könnte.

2. 2XOZ

100PN, Süßreservezugabe für die Gärung

Grapefruit, Mandeln, Graphit und ein eleganter Säureteppich mit herbfruchtigem finish.

3. Mazerationsrosé

2008er Basis, mit 20% aus 2007, mit 8 g/l dosiert

Weich, mild und weinig. Frucht und Mineralität im Einklang miteinander, ausgewogener, nicht sehr prunkvoller Rosé.

 

XVIII. Tarlant

Vins Clairs:

1. BAM

Pinot Blanc/Arbane/Petit Meslier

Als Fassprobe hatte ich diesen Mix schon in zwei unterschiedlichen Ausführungen probiert, zwischen unzugänglichem, nicht besonders charmantem Stinker und sehr flottem Burgundergrundwein mit bemerkenswertem Potential schwankten meine Einschätzungen im letzten Jahr noch. Die massive Säure wird von buttrigen und kandierten Aromen etwas gezügelt, der Wein wirkt harmonischer, crèmiger, nicht mehr so furieux, bleibt aber noch leicht gerbend und hat das Zeug zu einem weiteren namhaften Champagner aus dem an famosen Champagnern bereits nicht armen Haus Tarlant.

2. Mocque Tonneau

 

100PN

Erhebliche Säure mit einem nicht ganz so ernsten Charakter, pricklig und rund.

3. Îlot des Sables

Das ist der Grundwein für den berühmten Vigne d'Antan, ungepfropfter Chardonnay mit Extrakt, Würze und Tiefe, etwas Crème und der Ambition, als Champagner etwas richtig Großes darzustellen.

Champagner:

1. Cuvée Louis, dég. März 2009

50PN 50CH, aus den Jahren 1998/1997/1996.

Holz, Wucht und Kraft, Haselnuss, Walnuss, Trockenfrüchte und Apfel. Fette Sahnigkeit, die man bei einem Champagner ohne BSA gar nicht vermuten würde; glasklar ein Powerchampagner erster Güte.

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ProWein Nachlese: Meiningers Champagnerverkostung

 

Die ProWein bietet zahlreiche Attraktionen für große und kleine Weinfreunde. Für mich eine der Hauptattraktionen ist die vom stets wohlinformierten Sascha Speicher kundig geleitete Champagnerprobe des Meininger-Verlags. Dieses Jahr gab es einen etwas unzusammenhängenden, als best of ProWein annoncierten Querschnitt der Gewächse von Ausstellern auf der ProWein.  

1. A.R. Lenoble, Blanc de Blancs Grand Cru Chouilly "Les Aventures" Extra Brut,

Jahrgänge 2002, 2000 und 1996 aus der 0,5ha-Einzellage Les Aventures am Fuß des Château de Saran. Unter Naturkork gereift, Handdegorgement, Ficelage. Mit 3 g/l dosiert.

Schmeckte sehr reif, etwas holzig und profitierte von der aus dem Inneren kommenden, gut stützenden Säure. Traubig, fast muskatig, mit flüchtigen Anteilen; schmeckt süßer, als er dosiert ist, was an teilweise sehr reifem Lesegut liegen dürfte.

2. Alain Thiénot, La Vigne aux Gamins 2000

Blanc de Blancs, Avize Grand Cru. Zehn Jahre Hefelager, dann mit 10g/l dosiert. Nussnote.

Muscovado-Zucker und schwarzer Pfeffer, etwas nussig und leicht sahnig, insgesamt in einer sehr schönen Form und freundlicher, als die Pulle vom Vortag.

3. Duval-Leroy, Blanc de Blancs Premier Cru Vertus "Clos des Bouveries" 2005

Der Clos des Bouveries gehört als Sonderling eigentlich in die Authentis-Serie von Duval-Leroy, ihm wurde aber von den beiden resoluten Damen in Chef- und Kelleretage ein eigenes Leben geschenkt. Bei meinem letzten Besuch dort konnte ich mir den in ferner Vergangenheit wohl mal ummauerten, heute teilweise von Hecken umstandenen Weingarten ansehen, sowie die Vorgänger des 2005ers intensiv mit und ohne Dosage durchprobieren. Der aktuelle 2005er war überaus apfelig, etwas pektinig, lang und frisch, mit dezentem Druck.

4. Bruno Paillard, Blanc de Blancs "Réserve Privée" Grand Cru Brut, dég. Juni 2010

Le Mesnil, Oger, Chouilly, 6,5 g/l.

Weich, sahnig, satinig, relativ hohe, aber noch nicht störende Süße, weil ein erfrischender Säuregegendruck drin ist. Aus dem Portfolio der Champagner Bruno Paillards ist dieser Champagner mit dem verminderten Flaschendruck eine gute Empfehlung und verglichen mit dem in jeder Hinsicht überragenden Nec Plus Ultra auch noch bezahlbar.

5. de Saint Gall, Blanc de Blancs Grand Cru "Cuvée Orpale" Brut Nature 2003, en Magnum

Chardonnays aus Cramant, Oger und Le Mesnil.

Die Genossen sind rege und einfallsreich, zuletzt haben sie sich stark in der Gastronomie festsetzen können, wo sie mit der Cuvée Orpale eine preisgünstige Alternative zum übermächtigen Dom Pérignon zu platzieren versuchen. Die Fachpresse scheint angetan. Ich nicht so sehr. Kernobst und süssliches Kompott im Vordergrund, dahinter nicht mehr viel. Mir fehlte die Säure, was gewiss am Jahrgang gelegen haben mag – aber: dann darf man eben einen solchen Jahrgang nicht oder nicht so vinifizieren. Mau.

6. Drappier, IV (Quattuor), Blanc de Quatre Blancs

Je 25% Chardonnay, Pinot Blanc, Petit Meslier und Arbane. Mit 8,5 g/l dosiert.

So gut habe ich den Quattuor noch nie getrunken. Meist stört mich der Weißburgunderanteil in Champagnern aus den Randrebsorten. Hier ging es aber. Buttercrèmetortenfeeling am Gaumen. Konzentriert, aber nicht belastend, kräuterig, mit Apfelanklängen.

7. Moutard, Cuvée des Six Cépages 2004, dég. 9. Dez. 2010

Arbane, Petit Meslier, Pinot Blanc, Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier. Mit 10 g/l dosiert.

Stinkige Nase. Süß, sektig, leicht hefig, irgendwie belanglos. Da sind mir die Rosés des Hauses lieber.

8. Jacquesson, Cuvée No. 734

54CH 20 PN 26PM. 2006er Basis, 22% 2005 und 5% 2004. Mit 3,5 g/l dosiert.

Die Chiquet-Brüder legen seit der Cuvée No. 728 vielleicht nicht jedes Mal noch einen drauf, aber sie arbeiten bei diesem Standardbrut an der vordersten Spitze der Champagne mit. Kräftig, saftig, mit gekonnter Herbe und einer weichen, entgegenkommenden Art; zwar nur mäßige Säure, aber im Gegenzug viel grip.

9. Taittinger, Mill. 2004

50CH 50PN, mit 9 g/l dosiert.

Karamellisierte Mandelsplitter, Brioche, Nuss, Orangenobst, etwas Apfel. Nicht ganz leicht, aber noch elegant.

10. Deutz, Rosé

100PN aus der Montagne de Reims; Assemblagerosé, 8% Rotwein Ay Grand Cru von alten Reben und aus der Einzellage Meurtet, mit 10 g/l dosiert.

Hagebutte, Quitte, Kirsche. Wenig Säure, dennoch appetitanregend. Der weiße Standarddeutz gefällt mir besser.

11. Pol-Roger, Rosé 2002

65PN 35CH. Mit 11 g/l dosiert.

Rumtopf, Wildkirsche, hohe Süße und haarscharf ausbalancierende Säure, noch weiter kann man den Einsatz von Dosagezucker nicht auf die Spitze treiben, bevor der Champagner ins marmeladige kippt.

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Winzerchampagner ist ein ganz besondres Elixier. Glanz und Elend liegen hier besonders dicht beieinander. Die erfolgreichsten Winzer eint, dass bei ihnen meisterlicher Umgang mit den natürlichen Vorgaben, Avantgarde und Experimentiersinn eine günstige Liaison eingehen und Champagnerfreunde in ihren Bann ziehen. Daraus entwickeln sich verkürzt gesprochen manchmal Trends, die bei einigen der großen Erzeugern mit Freude aufgenommen werden. Die stellen natürlich nur allgemach ihre Portfolios um, denn in der Champagne entscheidet man nicht von Jahrgang zu Jahrgang, sondern muss immer ein diachrones Moment berücksichtigen: die Hefeverweildauer der Champagner von zum Teil mehreren Jahren. Tuchfühlung bei den richtigen Winzern bedeutet deshalb fast so etwas wie einen Blick in die Zukunft zu werfen, was dem intensiven Verkosten einen zusätzlichen Mehrwert verleiht. 

1.Pehu-Simonet

Der Winzer aus Verzenay hat seine Ausbildung wie zahlreiche Champagnerwinzer-Kollegen seiner Generation und eben wie der unvermeidliche Anselme Selosse in Beaune abgeschlossen und orientiert sich bei der Weinbereitung an den Vorgaben aus Burgund. Der Weinberg (8ha) und speziell der Boden wird schonend,bzw. 'nachhaltig' bewirtschaftet. Auf BSA wird weitestgehend verzichtet. Zur Verfügung stehen Stahltanks, 30 Burgunderfässer und 10 klassische Champagnerfässer mit einem Format von 205l. Flaschenvergoren wird kühl bei ca. 10°C.

1.1 Sélection Grand Cru

70PN 30CH, kein BSA, 30% Reservewein aus den beiden Vorgängerjahren, 15% werden fassvergoren. Mit 8 g/l dosiert.

Sauberer Champagner-Winzerschoppen, bei dem man von der Säure zwar nicht überfahren, aber doch bleibend beeindruckt wird.

1.2 Transparence Grand Cru Extra Brut 2006

Hat im Frühjahr einen BSA durchlaufen, ist dafür nur mit 3 g/l dosiert.

Vom Konzept her ein Sélection Grand Cru mit verlängertem Hefelager. Es gibt nur 3000 Flaschen davon, verkauft werden die exklusiv auf der Domaine. Man merkt einen holzigen Einschlag, eine angenehm hefige Note und ein Quentchen mehr Reife, als beim Sélection Grand Cru.

1.3 Blanc de Blancs

2008er Trauben aus einem jungen Weinberg in Le Mesnil, im Stahltank ausgebaut und mit 9 g/l dosiert.

Gefiel mir gut. Rauh, schlank, dabei leicht amylisch, mit den angenehmen Bonbonnoten kühl vergorener Champagner. Dabei bleibt er zum Glück nicht, eine grantelige mineralische und sehr mesnilige Note setzt sich recht schnell durch.

1.4 Rosé

80PN 20CH, 2007er Basis und 25% Reservewein aus den beiden Vorgängerjahren. Teilweise Biotrauben, ohne BSA. Assemblage aus Blanc de Noirs mit einem Anteil Verzenay Rouge. 15% Fassausbau, sonst Stahltank. Mit 7 g/l dosiert.

Hier merkt man paradoxer Weise am deutlichsten den angestrebten Burgundercharakter. Mandel, Marzipan, gehackte Nüsse, im Mund sehr schlank, aber nicht harmlos, minimal adstringierend, dann wieder stahlig, dicht und in sich geschlossen. Kein Moderosé.

1.5 Blanc de Noirs Grand Cru

2007er Basis, Trauben von alten Reben in Verzenay. Ausbau zu 40% im Stahltank und zu 60% im Holzfass von der Tonnellerie de Champagne, die Eichen dafür stammen aus dem Wald von Verzy, nur wenige Meter entfernt über dem Weinberg. Mit 8 g/l dosiert.

In einem komfortablen Bett aus weichem, ganz gegen die Gewohnheit der Tonnellerie de Champagne schonend getoasteten Eichenholz liegt der unruhige Säurekern, eingebettet in dämpfende Ananas-Mangoaromen. Wirkt unausgeglichen, müsste man beobachten.

1.6 Millésime Grand Cru 2005, dég. Nov. 2010

50PN aus der Lage Les Noues in Verzenay, Ausbau im Barrique; 50CH, davon 40% aus Le Mesnil, 60% aus Verzenay Grand Cru, ganz genau aus Pisses-Renard, einer der wenigen Chardonnaylagen in der Pinothochburg, im Stahltank ausgebaut. Mit 8 g/l dosiert.

Unter dem leichten Böckser präsentiert sich ein exotisches Duftbouquet, das in ein Geflecht aus Birne, Ananas, Pfirsisch, Banane und ein paar Nüssen übergeht. Was dieser Champagner wirklich drauf hat, wird sich erst zeigen, wenn die noch fast alles überdeckenden Primärnoten sich mit zusätzlicher Flaschenreife verzogen haben.

 

2. Die Avantgarde der Biowinzer

Besonders rege und betriebsam sind die Biowinzer. Unter ihnen finden sich alteingesessene Großmeister und die junge Generation von Winzern, die teilweise Stück für Stück Pachtverträge mit den großen Häusern ablaufen lässt, um diesen Teil der Weinberge nach eigenen Vorstellungen selbst – und meistens eben biologisch/nachhaltig/biodynamisch – zu bewirtschaften. In der Champagne, wo sowieso jeder mit jedem verwandt ist, netzwerkeln diese Winzer untereinander meist ebenso erfolgreich, wie sie sich neuer Medien bedienen.So kommt es, dass man Kleinsterzeuger mit gerade einmal 3 ha Rebfläche im New Yorker Cru, im Kopenhagener Noma und in Tokyo sowieso auf jeder besseren Weinkarte findet.  

2.1 Benoît Lahaye, Naturessence, dég. 3. August 2010

50PN 50CH

Phenolisch, aber nicht kränkelnd, mit scharfer Säure, dabei sehr traubig, erinnerte mich schon beim Bioweintasting in Paris an einen besonders süffigen Verjus; hatte hier schon etwas Druck verloren und Temperatur gewonnen, wirkte daher gebändigter und trinkfreundlicher.

2.2 Georges Laval, Cumières Premier Cru Brut Nature

Ein Füllhorn an Zitrusfruchtaromen, mit mentholischem touch, kräuterig, mineralisch, ein Spaziergänger mit sehr strammem Schritt.

2.3 Larmandier-Bernier, La Terre de Vertus Premier Cru, non dosé

Blanc de Blancs auf 2006er Basis aus den Einzellagen Les Barillers und Les Faucherets in Vertus.

Stachelbeere, gelbe Johannisbeere, Quitten, Hagebutten, Limetten, dazu eine feine, mineralische Art, die den Wein aber nicht verschließt, sondern stützt. Wo der Laval marschiert, schreitet der Larmandier-Bernier.

2.4 Tarlant, La Vigne d'Antan, Chardonnay non-greffée, 2000

Zusammen mit dem berühmten Vieilles Vignes Francaises von Bollinger einer der ganz wenigen Champagner von ungepfropften Reben, in diesem Fall Chardonnay. Und genauso schwer zu bekommen, aber wenn, dann für ca. ein Zehntel der VVF. Massives Chardonnaygeschütz aus einer anderen Zeit.

2.5 Jérôme Prevost, La Closerie, fac-simile, Rosé Extra Brut

100PM davon 11% Meunier Stillweinzugabe, 2009er Basis. Ausbau in jungen und alten Barriques.

Helles Rosé und natürlich schmeckt er viel zu jung. Kaum, dass sich übrhaupt aromatische Anlagen ausgebildet haben, noch überwiegen sehr unroséhafte mineralische Noten, Geißblatt, weiße Blüten, Akazie, auch eine ganze Reihe frischer Beeren ist dabei, aber das Aromenkonzert klingt wie durch eine dicke Glasscheibe.

2.6 Olivier Horiot, Cuvée Sève "En Barmont", Blanc de Noirs non dosé 2004, dég. 16. April 2009

Nicht sehr inspirierend war leider der fassvergorene, eher schlichte, wenngleich extraktstarke und dadurch süßlicher wirkende Champagner aus dem für seine Rosés prominenten Aubedörfchen Les Riceys.

2.7 Robert Dufour, Bulles de Comptoir Extra Brut

Pinot Blanc, Pinot Noir, Chardonnay.

Einmal mehr zeigt sich, dass Pinot Blanc keine so wahnsinnig gute Schaumweintraube ist. Nach gut gelungenem Sekt schmeckte dieser Champagner, der reinsortige "Les Instantanés" Blanc Gourmand Extra Brut, bzw. sogar Brut Nature 2003, von Dufour lässt grüßen.

 

3. Penet-Chardonnet

Dieser Familienbetrieb aus Verzy verfügt über sechs Hektar ausschließlich in Grand Crus. In Verzenay, bei Pehu-Simonet begann die kleine Winzerchampagner-Revision und im benachbarten Verzenay schließt sich der Kreis für dieses Mal. Diesen kreglen Betrieb, der zu den größten der Gemeinde gehört und sich gehörig für die Zukunft herausgeputzt hat, muss man ernsthaft im Auge behalten. Schönes Detail: die Rückenetiketten sind mit QR-Codes versehen, wer auf seinem Smartphone eine entsprechende App hat, braucht davon nur ein Bild zu machen und wird dann automatisch auf die website des Erzeugers geführt, wo er die technischen Angaben zum betreffenden Champagner nachlesen kann.

3.1 Extra Brut Millésime 2005

70CH 30PN.

Gelungene Jahrgangsinterpretation, Orangenblüten und Akazienduft, apfelig und mit fröhlicher Säure unterlegt, eine unbeschwert tänzelnde Komposition.

3.2 Réserve Grand Cru Extra Brut, dég. Sep. 2010

2/3PN 1/3CH aus Verzy und Verzenay, Basisjahr 2004, 4 g/l.

Rund, mild, reif, mit toastigen Röstnoten und Lemon Curd. Der Mund wird unversehens zum Nobelplanschbecken, so viel quietschvergnügte Champagnerfreude auf einen Schlag gefiel mir sehr gut.

3.3 Grande Réserve Grand Cru Brut Nature

2/3PN 1/3CH hauptsächlich aus Verzy, Basisjahr 2001

Gesetzter, reifer, etwas strenger war die Grande Reserve. Auch dies ein Champagner, der den Mund schlagartig ausfüllt und lange nachhallt, was man bei Brut Nature Champagnern nur dann erlebt, wenn sie richtig gut gelungen sind – sonst zeigen die sich nämlich gern mal lakritzig, ausgezehrt und streng gegen Ende.

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Besuch bei Tarlant

Tarlant

 

Ein kurzer Besuch bei Benoit Tarlant war wieder mal jede Minute wert. Die erst vor wenigen Jahren angeschaffte Coquard-Presse mit 6000 kg Fassungsvermögen versieht nach wie vor in nur 1,5 Minuten ihren Dienst, was gegenüber der alten Pneumatikpresse mit ihren 15 Minuten eine wesentlich Verbesserung darstellt. Nicht nur die Pressdurchgänge sind viel einfacher und sauberer, auch die Vinifikation nach Einzellagen ist einfacher, denn die Presse muss im Gegensatz zum Vorgängermodell nicht proppenvoll sein. So lassen sich auch kleine Teilstücke gesondert vinifizieren und müssen nicht in Cuvées verschwinden. Für einen experimentierlustigen Winzer ist das natürlich prima.

 

Grundweine 2009

 

I. Pinot Meunier, 1. und 2. Pressung des ersten Pressgangs aus der Lage Haut de Four Chaux, Tankgärung

Nicht nur in der Pfalz gibt es Kalköfen, auch in der Champagne heissen die Lagen manchmal so. Dieser Meunier war noch ziemlich frisch, hefig-bananig, mit einer milden Säure. Zu leicht für einen eigenständigen Champagner, aber ein guter Cuvée-Partner für den Brut Zéro, sicher auch als Reservewein noch zu gebrauchen.

 

II. Selbe Lage, nächste Pressung, wieder Tankgärung

Rundlicher, mit einer abgeflachten Säure, da war fast gar kein Profil mehr übrig.

 

III. Pinot Meunier aus der Lage Echaudé, Tankgärung

Ein schlanker, spritziger Meunier mit wenig Frucht und mittelmäßiger Säure. Strukturiert – ja, haltgebend – nein.

 

IV. Aus einer Reihe von Chardonnays, die biodynamisch behandelt werden, gab es einen Grundwein, der am Stock noch unter Mehltau gelitten hatte; Tankausbau.

Sofort macht sich Apfel bemerkbar, der Grundwein ist gegenüber den Meuniers körperreicher, voluminöser, aber nicht sehr säurestark.

 

V. Pinot Meunier von 35 Jahre alten Reben, Fassausbau

Diese Reben stehen zusammen mit ein paar Pinot-Noirs von der Mitte des Bergs bis nach oben hin, zwischen Boursault und Oeuilly, dort wo der Kalk mit Tonerde durchsetzt ist. Das zehn Jahre alte Fass gab dem Wein eine sehr milde Holznote, die bei einem pH-Wert von 2,95 und ca. 8 g/l Säure beileibe nicht im Vordergrund stand.

 

VI. Pinot Meunier von 60 Jahre alten Reben, Fassausbau

Dieser noch leicht prickelnde Kandidat gab die besten Empfehlungen für eine Verwendung als Vigne d'Or ab. Konzentrierte, herbe, an Grapefruit und Pomelo erinnernde Frucht ruhte auf einem beeindruckend festen Säuregerüst.

 

VII. Pinot-Noir vom Mont de Martin

Diesen Wein aus Celles-lès-Condé hätte man so wie er war schon glatt als einen kernigen, unverspielten, gut gelungenen Blanc de Noirs verkaufen können.

 

VIII. Pinot-Noir aus der Lage Les Haules in Oeuilly

Das hier waren die Freunde von Nr. V., im Gegensatz zu den Meuniers war dieser Pinot im Dezember in der Gärung stecken geblieben und machte danach nur sehr langsam weiter. Deutlich daher ein Zuckerschwänzchen, das dem sonst im herbfruchtigen Saft stehenden Wein regelrecht Esprit verleiht.

 

IX. Biodynamischer Chardonnay aus der Lage Fargots, wieder an der Aisne, in Celles-lès-Condé, wo etwas mehr Kalk im Boden ist. Die vier unterschiedlichen Fässer enthalten denselben Chardonnay, der einzige Unterschied besteht darin, dass der Rhythmus in dem die Bâtonnage stattfindet, ein jeweils anderer ist.

 

1. Fleur

Dieser Chardonnay hatte eine fruchtige, aber vor allem buttrige Art.

 

2. Racine

Schlanker, feiner, eleganter und mit etwas mehr Säure ausgestattet, als der im Fleur-Rhythmus gerührte Chardonnay.

 

3. Noeud

Der dickste, prallste, weinigste, an Kirschen, Kalk und Meursault erinnernde Wein aus der Serie.

 

4. Fruit

Hier zeigte sich am meisten kräuteriges Naturell, im Mund eine einengende, adstringierende Säure.

 

Insgesamt eine interessante Erfahrung, welchen Einfluss der Rührrhythmus auf die Weinentwicklung hat.

 

X. Chardonnay non-greffée

Körper, Extrakt und die Präsenz eines Dritten strahlte dieser Wein aus. Der Butteranteil überwog den der Säure deutlich.

 

XI. BAM – 20% Pinot Blanc, 10% Arbane, 70% Petit Meslier

Hinter diesem kleinen Stinker verbarg sich ein Mix aus drei der in Vergessenheit geratenen Rebsorten der Champagne. Zwar macht gerade Peter Liem Furore mit kryptischen Andeutungen über einen rot und still vinifizierten Gamay mit nur 9% vol. alc., der aus Montgueux stammen soll und von einem Toperzeuger für den privaten Bedarf gemacht wurde, aber von mengenmäßig herausgehobener Bedeutung sind diese Rebsorten für die Champagne alle nicht. Trotzdem ist es interessant, einen BAM, Six Cepages, Quatuor und wie die Rebellenchampagner sonst so heissen, im Glas zu haben. Dieser zeigte eine vegetabile, ins Kräuterige hinüberspielende Aromatik mit präsenter, aber oberflächlicher Säure.

 

XII. BAM Reserve aus 08 und 07

Ganz anders wiederum der Mix aus 2008 und 2007. Bis zum 25. Dezember hatte der noch satte 20 g/l Restzucker und ließ sich viel Zeit bei der Gärung, bei einem pH-Wert von 2,8 überrascht aber gleichzeitig nicht, dass er sich gerade mit einer extrem scharfen Säure zeigt, die sich erst noch abmildern muss. Hinzu kommt eine Ahnung von Butter, die den Wein wie einen Weissburgunder aus der Pfalz – nicht von der übelsten Sorte, ich denke da z.B. an die Weissburgunder aus der Ruhr-Edition von Buhl  – wirken lässt.

 

XIII. Pinot Meunier, rot vinifiziert

Abschließend gab es eine rot und still vinifizierten Meunier, den Benoit am letzten Tag der Ernte gelesen hat. Der wirkte frisch aus dem Fass total reduktiv, stank nach Räucherkerzen und Paraffin. Im Mund entwickelten sich mit großer Geschwindigkeit und viel Tannin im Schlepptau rote Beeren, der Wein wirkte paradox, reif, aber nicht mit UTA, gesund und gleichzeitig noch völlig unfertig. Benoit hat noch keine Ahnung, was er mal draus machen wird, der Wein selbst weiß es wahrscheinlich noch viel weniger. Er könnte mal ein schöner, angenehm trinkbarer, vielleicht sogar ganz anspruchsvoller Coteaux Champenois werden. Auch als Rotweinzugabe für den Rosé könnte er sich eignen – dann aber nicht für irgendeinen, sondern vielleicht für eine Cuvée Louis Rosé. Und schließlich könnte ihm auch das Schicksal der Destillation bevorstehen. Ich hoffe, dass mal was anständiges aus ihm wird.

 

Die Champagner:

 

I. Brut Zéro Blanc

50% 2005, Rest aus 2004, 2003, 2002. Schlank, pur, aber auch schon reif und gar nicht gezehrt. Beim Zéro zeigt sich doch immer wieder, ob der Winzer mit seinem Wein umzugehen versteht, oder nicht. Benoit jedenfalls weiss, was er da macht.

 

II. Brut Zéro Rosé

80% 2004er, überwiegend Chardonnay, kleiner Anteil Pinot-Noir. Dieser Rosé ist durch Assemblage entstanden. Der Grund dafür ist ganz einfach: Rosé, der ganz ohne Zucker auskommen soll, muss Tannin und Säure unter einen Hut bringen. Ohne ein vermittelndes Element kann das sehr schwer werden. Bei den 2004ern, die Benoit hier verwendet hat, war stets zu viel Tannin in den Trauben, so dass die Säure dazu ziemlich schräg wirkte. Deshalb entschied er sich für die Assemblage mit einem gemäßigteren Rotwein. Eine Traumhochzeit sind Tannin und Säure noch nicht eingegangen, im Gegensatz zu früheren Rosé Zéros wirkt dieser hier weiniger, der Rotwein schlägt stärker durch und er ist nicht so verspielt, explosiv fruchtig und unbeschwert wie sonst.

 

III. Millésime 1998 Extra Brut, dég. Nov. 2009

60CH, 40PN. Reif und frisch in einem – ob das an den nur 4 g/l Dosagezucker liegt? Man hat den Eindruck eines runden, ausgewogenen, in sich ruhenden Weins, der auf Anforderung brachiale Kraft abrufen kann. Der Steven Segal unter den Champagnern. Für mich ein spannender Essenbegleiter und ein Kandidat für das Champagnerleistungszentrum.

 

IV. Millésime 1996 Extra Brut, dég. Mai 2009

Hier noch mehr unverhohlene Kraft und ungebändigte Power. Wer vor einigen Jahren vom 96er Winston Churchill geblendet war, kann denselben Eindruck hier noch einmal nachvollziehen, mit einem etwas gestählteren Körper allerdings. Honig, Brot, Eukalyptus-Menthol bis zu Minztoffee-Bonbons, Schafgarbe, Weißdorn und eine beeindruckende Länge zeichnen diesen Wein aus, dem jedes Jahr zusätzlicher Flaschenreife gegenüber dem ersten Dégorgement sehr gut getan hat.

 

V. Vigne d'Or, dég. Juli 2004

1999er Basis. Der Champagner wirkt gemütlich, reif und rund, dabei nicht unverschmitzt. Wenn der 98er Vintage Steven Segal ist, dann ist der Vigne d'Or der Meister Eder aus Benoits Kollektion. Ein etwas vergranteltes, aber herzliches Goldstück.

 

 

VI. Cuvée Louis

1998er Basis (80%), Reserve 97er und 96er. Das ist der Spitzenwein der an Charakterstärke und Individualität nicht armen Kollektion des Hauses. Mir hat er etwas zu viel Holz, aber Freunde dieses Aromas werden genau das loben und zu preisen wissen. Und in der Tat ist hier nicht herumgeholzt worden, sondern der Ausbau erfolgte ganz ohne unangebrachten Eifer oder Knalleffekt. Die apfeligen Aromen werden nicht zu einer Art Analogcalvados in einer Ecke zusammengedrängt und weder Säure, noch Alkohol wirken vermatscht. Ich habe andere Favoriten in der Kollektion, empfehle dennoch die Cuvée Louis dem sensiblen Holzfreund.

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Einige Winzerchampagner

I. J. et J. Berat, Special Cuvée

Gar nicht mal so kleiner Erzeuger in Boursault, mit schönem Blick auf das Château de Boursault der Veuve Clicquot hinter den Baumwipfeln.

Die Special Cuvvé ist vor allem eine frische, nicht sehr säurehaltige Cuvée aus 60% Pinot Noir und jeweils 20% Chardonnay und Pinot Meunier, 10% neues Holz. Mild, sogar fast sämig am Gaumen, hinterlässt einen leicht klebrigen, aber nicht unsauberen Eindruck.

 

II. J. et J. Berat, Millésime 1999, dég. 2008

70 CH, 30 PN

Da geht also noch was! Weiniger Champagner aus der Cognacnasen-Ecke, Duft von Eau de Vie und altem Holz. Im Mund keinerlei scharfe Säure, wie man sie bei einem kürzlich degorgierten Champagner hätte erwarten können, sondern eitel Sonnenschein und gute Laune. – Chardonnays aus der Vallée de la Marne einzuschätzen, ist schwierig, denn statt der unzugänglichen Mineralität und Säure junger Côte des Blancs oder der üppigen exotischen Früchte aus dem Bereich von Ay bis Ambonnay sind diese Chardonnays einfach etwas verhaltener, neigen zur Frucht und zu milder Säure und erinnern damit an die Gewächse aus Pierry und Chouilly.

 

III. J. et J. Berat, Cuvée Perle

Marzipannase, dahinter wenig bis nichts. Auch im Mund kein Champagner, der begeistert. So abwechslungsreich wie ein Würfel, ich hätte von dieser Cuvée, die der Winzer mit leichtem Nachdruck anpries, mehr erwartet.

 

IV. Paul Déthune Grand Cru Millésime 2002

Déthune aus Ambonnay muss man als Qualitätszugpferd nicht mehr vorstellen. Sophie macht einen grossartigen Job, der sich leider auch in den hohen Preisen für ihre Champagner niederschlägt.

70 CH, 30 PN. Kirsch-Banane, Acerola, sehr sparsam eingesetztes Holz. Wie so viele 2002er filigran, aber nicht zerbrechlich. Die besondere, jahrgangstypische Eleganz macht es hier schwer, den Hausstil zu erkennen, dieser Champagner hätte zwischen Regis Fliniaux' Cuvée des Signataires bis hin zu Gossets Celebris Blanc de Blancs alles sein können. Jedenfalls war er wegen der starken KiBa-Aromatik erkennbar sehr jung und ebenfalls erkennbar auf Cru-Ebene anzusiedeln. Den Jahrgang zu identifizieren, war da schon wesentlich schwieriger.

 

V. Champagne Piollot/Marie-Courtin Cuvée "Efflorescence" Extra Brut

100 PN, 2006er Basis, 10-monatiger Ausbau im Holzfass

Das Haus an der Aube gehört zu den wenigen Erzeugern, die noch einen Bestand an Arbane haben (hier ca 4% der Rebfläche). Gearbeitet wird bio-nachhaltig.

Vielversprechender Champagner von einem vielversprechenden Erzeuger, leider hatte die Flasche einen Hau. Sauerkrauttöne und Schwefel hielten sich die Waage, im Mund null Säure, für mich ein Anzeichen für übertriebene Malo und vielleicht einen Schwefelfresser. Sehr schade.

 

VI. Eric Taillet, Brut Excellence, 30 PN, 30 CH, 40 PM

Erzeuger aus der Mitte der halbmondförmigen Weinbergskerbe von Châtillon sur Marne (da wo Kreuzzugpapst Urban II. steht) bis Paradis in nordöstlicher Richtung durch die Wälder des Marnetals gegen Reims zu.

Winzerchampagner von der herbfrischen Sorte. Mostige Nase, auch am Gaumen traubig, kühlend, mineralisch. Wirkt etwas alkoholisch, insgesamt eher kurz.

 

VII. Laurent Gabriel, Brut Rosé, 100 PN

Der Winzer ist in dem Premier Cru Avenay Val d'Or zu Hause, ein Örtchen am südlichen Fuss der Montagne de Reims, dort wo der Wald aufhört und die Grand Crus beginnen.

Schönes Kupfer, Eau-de-Vie Nase, herb, erinnert an Kirsche, Acerola. Am Gaumen schwer, mit konzentrierter, aber einfacher Frucht, auch eher kurz.

 

VIII. Alexandre Lenique, Cuvée Excellence, 50 CH, 45 PM, 5 PN

Der Juniorchef von Champagne Michel Lenique aus dem Premier Cru Pierry am südlichen Ortsausgang von Epernay hat unter seinem Namen ein eigenes, modernes Label.

Fruchtige, etwas sahnige Nase, sehr einladend. Auch im Mund sehr fruchtig, mit einer diskreten Buttrigkeit und einer molligen, aber überhaupt nicht fetten Art. Sehr gelungene Kombination aus Geradlinigem, nicht zu säurebetontem Chardonnay und gekonntem Fruchteinsatz von der Meunier.

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