Back to Top

Tag Archives: Arbane

Champagne-Kurztrip: Ledru, Bonnaire, Diebolt u.a.

I. Marie-Noelle Ledru, Ambonnay

Die sehr resolut wirkende Mme. Ledru öffnete

1. Extra Brut 85PN/ 15CH mit 50% 2003 und 50% Reserveweinen aus den

Jahren 1999 und 2002. Die holznahe Nase wies in die falsche Richtung,

Holz kam bei diesem Champagner nicht zum Einsatz. Der Wein wirkte

angenehm und fruchtig, ließ aber etwas rondeur vermissen. Kraft, die

er zu besitzen scheint, ist eben nicht alles.

2. Brut, gleiche Cuvée, jedoch mit 8g dosiert. Hier zeigte sich die

ganze Stärke des Spätburgunders aus gutem Hause und guter Lage.

Weich, rund, sanft, schon gut zugänglich und mit sanft kandierten

Fruchtaromen schon ein interessanter Champagner, dessen

Chardonnayanteil die nötige Portion Frische und etwas belebende Säure

einbringt.

3. 99er Brut Nature. Hart und karg, mit einer hauchzarten Chlornote,

die sich bis ins Lakritzige erstreckt, durchgängiger Säure und

rundlicher Frucht, erscheint so gar nicht brut nature; das mag für’s reife Lesegut sprechen.

4. 00er Brut. Wie der 99er, die etwas an Gougères erinnernde Note

störte mich allerdings. Mit Luft wurde der 00er dann feiner und eleganter als sein

Vorjahrescousin. Ein Champagner, der wie alle Champagner des Hauses

gewöhnungs- und luftbedüftig ist. Für eilige Proben nur schlecht

geeignet.

5. Goulté 2002, Blanc de Noirs. Weinig und rund, lecker-gschmackig und

stoffig im Mund. Ein Wein, der zwar nicht die Gaumenauskleidung

herunterreißt, aber mit etwas Temperatur, Flaschenreife und Luft zu

großer Form auflaufen kann, speziell in diesem guten, die elegante

Seite noch betonenden Jahr. Mittlerweile ist schon die sehr gelungene 2004er Cuvée de Goulté auf dem Markt, die beiden werde ich mir mal nebeneinander vorknöpfen.

II. Paul Déthune, ebenfalls Ambonnay.

Viel zu trinken gibt es bei Sophie meist nicht, im Lagerchen herrscht nämlich das ganze Jahr über ziemlicher Durchgangsverkehr mit nur sehr kurzer Verweildauer. Aber es gab zumindest:

1. Brut (2003-basiert, zzgl. Reservewein), 10g/l. Frisch, säurebetont,

kann Temperatur vertragen, die zart holzige Nase und die lebhafte

sonstige Art dieses Champagners vermitteln den Eindruck einer

besonders gut gelungenen Pomeloschorle.

2. Cuvée Prestige. Holzfaßgereift. Kandierte Zitrusfrüchte,

hintergründig etwas nussige Noten, stabiler und langgezogener

Säureteppich, im Mund von warmer, gemütlicher, fast anheimelnder Art,

gleichzeitig seidig, mit der Zeit kommt eine feine Silexnote zum

Vorschein.

Mme. Déthune erklärt übrigens gern, wie die Lotnummern

ihrer Champagner zu lesen sind: Die Großbuchstaben stehen für die

Cuvée (z.B. PR für Prestige), danach kommt die Nummer (3) und das Jahr

der Tirage (T), in unserem Fall 00 für 2000. Es folgt D für das Datum

des Degorgements und ein Kürzel für Monat (01) und Jahr (07).

III. Yves Delozanne, Serzy et Prin (86% auf der échelle, ein

Meunierspezi), Vallée de l’Ardre.

1. Brut Tradition, 80PM, 10CH, 10PN. Saftiger, süßlich wirkender

Champagner mit gut eingebundener Säure und leichter Metallnote.

Unbeschwert zu trinken und wegen seiner einfach strukturierten

Aromatik ein bequemer Essensbegleiter selbst zur Gorgonzolapizza.

2. Rosé, selbe Cuvée wie oben. Hefig, brotig, rindig. Krosse, mit Bier

behandelte Holzofenbrotrinde, dazu bananige Aromen und ein paar

Tröpfchen Rosenwasser im Bouquet. Wirkte angenehm mürbe, wenngleich

zu jung. Kann noch was werden. Dosage wirkte im übrigen recht hoch,

scheint um 11g gewesen zu sein.

3. 97 Cuvée d’Exception, je 1/3 PM, PN, CH. Quitten, Cranberry,

Sauerkirsch und zum Schluß etwas Schokolade. Eine Art Edelmoncheri

mit strammer Säure und spannendem Potential. Mittlerweile hat ja die junge Generation das Ruder bei Delozanne übernommen, die Cuvée d’Exception wird jetzt unter dem Label V. Delagarde verkauft.

IV. Pol-Roger, Epernay

wie immer eine freundliche Führung, in deren Verlauf dies und das

erklärt wurde. Zu den Champagnern gibt es nicht viel Erstaunliches zu vermelden:

1. Extra Cuvée de Reserve schmeckte wie immer, ziemlich gut.

2. Blanc de Chardonnay (im Hausjargon: flüssiger Diamant) 1998, ein

reiner Grand Cru (was viele gar nicht wissen) und der letzte dieser Art, seit dem 99er Jahrgang

heißt der “Blanc de Chardonnay” wie alle 100%CH-Champagner “Blanc de

Blancs”. Zuerst toastig und vollzuversichtlich blnacdeblancig,

dann mit plötzlich auftauchender, schockierend häßlicher Krautnase und dann erst ganz langsam wieder als vernünftiger Chardonay erkennbar. Merkwürdige Flasche.

3. Vintage 1998, 60PN, 40CH. Kraftvoll, ja wuchtig, ausgewogen und

typisch. Zwischen kräuterigen Noten und schmelzigem Karamell. Mein

Favorit.

4. Rosé 1999, Cuvée wie der weiße Vintage, jedoch mit 10% Rotwein.

Erdbeerchen, fast leichtfertige Fruchtnase, im Mund Rote Grütze,

dunkle Kirschen, wegen fehlender Säure leider etwas kurz – und im Handel leider auch viel zu teuer.

5. Sir Winston Churchill 1996. Dunkel, machtvoll, fordernde Säure und

eine Andeutung von Cognac und angebrannten Waffeln in der Nase. Wunderwunderwundervoll.

Im Table Kobus dann nochmal 98er Pol-Roger (zum Steak, bzw. zum

Zander). Genuss ohne Worte.

V. Bonnaire, Cramant

Monsieur Bonnaire zeigte uns seine beeindruckende, sehr moderne

Anlage und öffnete

1. Non Dosé

Vorbildliches, sehr schönes Äußeres. Springlebendige Nase, im Mund

unbeschwert schorlig, Durstlöschercharakter. Unaufdringliche,

jederzeit diskrete, aber spürbare Säure und milde Mineralität.

2. 2002er BdB GC 10-11g/l

Saftig, weinig, rund und lecker. Orangenmarzipan, Grand Marnier,

feine, cremige Textur. Sehr schöner Champagner und mein Favorit aus dem gelungenen Program von Bonnaire.

3. Variance (Boisé), enthalten ist ein Drittel zweimal belegtes Holz,

10-11g/l. Holzige, nicht zu schwere Nase, Minze, Eukalyptus und

freche Zitrusnoten kitzeln in der Nase. Säure satt, jedoch nicht

ermüdend. Länger, dafür auch schwerer als der 2002er. In gewisser

Hinsicht eine Steigerung zum 2002er, an dem sehr warmen

Verkostungstag und bei gehoben-frivoler Laune aber etwas zu

herbstlich.

VI. Diebolt-Vallois, auch in Cramant

Monsieur Diebolt war anfangs wie immer etwas zugeköpft, kam aber schnell ins

rollen.

1. Prestige

Blitzblanke Säure, Tannenholz, Harz, Lindenblüten, Weißdorn, Honig.

Frisch, schön, sauber, zugänglich, von ruhiger Had gemacht und schon

jetzt sehr gut zugänglich.

2. Blanc de Blancs 2002, 6g/l

Süffiger als der Prestige, etwas schlanker und filigraner. Weißdorn

und Lakritzanspielungen, dabei saftig, kräuterig und voller

Kelleräpfel, abschließend warme, nussige Töne, die den gut reifenden

Großchardonnay ankündigen.

Im Keller von Monsieur Diebolt griff er en passant eine

3. Fleur de Passion 2002 heraus. Wir leerten diesen gigantischen Wein

an Ort und Stelle. Sagenhaft schöner Champagner. Potenzierter Burgunder mit feinsten Bläschen.

Zum Schluß probierten wir noch die 2006er Grundweine aus den Tanks

und die Grundweine für die Fleur de Passion 2006 aus dem Holzfässchen

(53 Fässer getrennt nach lieu dits, bzw. zum Teil bereits im Faß

vereint). Am beeindruckendsten und einer großen Tafel würdig war Faß

5, “Grosmonts”.

VI. Bollinger, Ay

Im Garten des Hauses gedeiht das Miniversuchsfeld mit den Rebsorten (Teinturier, Pinot Meunier, Pinot Blanc und Pinot Gris, Arbane und Gamay).

1. Special Cuvée: wie immer: sehr gut! Was soll man da eigentlich noch groß schreiben?

2. Grande Année 1999 (einmal im September, einmal im Dezember 2006

degorgiert), dasselbe: auch sehr gut, jetzt deutlich harmonischer als beim letzten Mal und beispielsweise für Silvester 2009/2010 ein würdiger Trunk, wenn man nicht das Glück hat, die noch bessere 2000er Grande Année zur Hand zu haben.

3. RD 1996. Immer noch zu jung (degorgiert im Dezember

2006), aber zweifellos großer Wein, der noch eine ganze Weile laufen kann.

VII. Regis Fliniaux, Ay

1. Blanc de Blancs Grand Cru (Ay). Die Flasche wurde a la

volée vor unseren Augen degorgiert, Dosage hatte er deshalb natürlich

keine, vorgesehen ist eine Dosage von ca. 8g/l. Ein außergewöhnliches

Erlebnis, einen Blanc de Blancs aus der Pinot-Hochburg zu trinken. Ähnlich wie etwa der Chardonnay von Billecart-Salmon erstklassig gediehen und

von einer für die gegend von Dizy bis Mareuil exemplarischen exotischen Fruchtfülle, der nur ein ganz kleines bisschen Säure fehlt.

2. Cuvée des Signataires 50PN/50CH. Ananas, KiBa, Vanille, verspielte Säure, trinkbare gute Laune, der perfekte Abschluß eines großartigen Kurztrips.

Besuch bei Laherte, Lunch im Château de Boursault und Abendessen bei Jacky Charpentier

Laherte Frères

Laherte verwendet seit 2004/2005 Mytikkorken und weist auf die dadurch verlangsamte, reduktive Reifung hin. Beim Fassausbau geht es ihm um Oxigenisierung, nicht Oxidation, d.h. ungesteuerten, minimalen Sauerstoffeintritt durch die Poren im Fass, nicht aber Vernichtung der Aromatik durch ungezügelten Sauerstoffkontakt. Fassweine machen bei ihm im Gegensatz zu den tankausgebauten Weinen keine Malo mit.

Vins Clairs

I. Chardonnay aus der Lage Les Crayons, 2009

Harte Säure und Mineralität. Wie das Stahlbetongerippe eines Bankentowers.

II. Chardonnay vom Lehmboden, 2009

Jodig, salzig, im Mund anfangs leichtgewichtig, dann eine ziemlich dicht gewirkte Struktur.

III. Chardonnay aus der Lage Les Guichettes, 2009, ausgebaut in einem Fass von der Tonnellerie Francois Frères, Burgund

Burgundische, montrachetähnliche Nase, mildes Holz, hier sitzt das fett an den richtigen Stellen, gute Struktur, mittlere Säure

IV. Chardonnay aus der Lage Les Guichettes, 2009, ausgebaut in einem Fass von der Tonnellerie de Champagne

Röstig, Kaffeenoten, Feuerstein, im Vergleich mit dem identischen Wein aus dem Burgunderholz entwickelt sich hier eher eine Cahblisstilistik. Sehr lehrreiche Sache!

V. Pinot-Noir vom argilo-silex, 2009

Damenhafter, pudriger Duft, mostig und mit einem Aroma von angetrockneten Gojibeeren, sehr langer Nachhall.

VI. Pinot Meunier vom Lehmboden, 2009

Reife, etwas mollige, fruchtige und warme, auch parfumiert wirkende Art, im Mund anfangs schlank, später mit einer kräftigen Vitamin-C-Säure.

VII. Pinot Meunier vom Kreideboden, alte reben, gepflanzt 1047 bis 1964, 2009

Der Meunier stammt von einem klassischen Chardonnayboden und wurde dort nur gepflanzt, weil er mit den dort oft auftretenden Spätfrösten gut klarkommt. Weniger parfumiert, als VI, klar hervortetende Banane, Birne und Klebstoffnoten, erst sehr spät taucht etwas verhaltene Säure auf.

VIII. Alle sieben Champagner-Rebsorten aus einer gemischten Parzelle, 2009,

Frucht, Klebstoff, milde Säure und eine pappiger, klebriger Belag am Gaumen. Kein schönes Weinerlebnis.

IX. Alle sieben Champagner-Rebsorten aus einer gemischten Parzelle, Soleraverfahren mit den Jahrgängen 2008 – 2005

Pures Bananenmus, viel Burgunderaromatik, heisse Butter und schlanke Säure. Könnte man so schon trinken.

X. Pinot-Noir + Pinot Meunier mit leichter Malo, 2008

Apfel, herber Viez, auch sehr viel Birne, Nashibirne, später Banane, Butter und Toffee, bei mittelschwerer Säure.

XI. Chardonnay, 2008, ohne Malo

Zurückhaltend und leicht muffige Spontinote; sonst nur noch kräftige Säure.

XII. 80 PM + 20 PN, 2009 rot vinifiziert

In der Nase Roter Apfel und Graphit, am Gaumen Pektin und Bleistift, erdig, gekräutert, leicht säuerlich. Wie ein noch junger, einfacher, ehrlicher Bourgogne Pinot-Noir.

XIII. 75 PM, 25 PN, rot vinifizierter Stillwein, 2009

Fruchtig, mit Graphit und leichten Tanninen am Gaumen, etwas mehlig. Wirkt sehr “deutsch”.

XIV. Rosé Saignée de Meuniers, 2008, als Stillwein, 12-stündige Mazeration, ohne Malo

Kräftiges, sehr rotes Rosé. Etwas holziger Geschmack mit Spontinoten und viel Säure. Am Gaumen hervorstechendes Tannin und eine leichte alkoholische Schärfe.

Die Champagner:

XV. Rosé Saignée des Meuniers, 2008, schäumend (Tirage: April 2008, noch nicht im Handel), ohne Malo, gerade erst à la volée dégorgiert

Derselbe Wein, wie XIV. im Babystadium der Flaschengärung. Daher schon etwas eleganter, abgerundeter, aber immer noch etwas schwerfällig und von sehr dichter, schwer aufzudröselnder Aromatik.

XVI. Rosé Saignée de Meuniers, Jg. 2007, non dosé, wird ohne Jahrgangsangabe verkauft, ohne Malo

Kräftiges Rot, viel Mineralität, dichtgepackte Frucht mit Wildkirsche, Kirschwasser und Eau de Vie de Quetsch. Im Mund noch sehr sparsame Aromatik und eher hitzig-alkoholisch.

XVII. Rosé Saignée de Meuniers, Jg. 2006, non dosé, dég. Feb. 2009, wird ohne Jahrgangsangabe verkauft, kommt ab Feb. 2010 in den Handel

Auch sehr kräftiges rotes Rosé, das sich in Richtung Kupfer entwickelt. Leichtfruchtige Nase mit Reispapier, Weichselkirsche und Quittenmus, im Mund ebenfalls schon mehr Frucht und weniger alkoholische Wirkung. Mein Liebling unter den Rosés von Laherte.

XVIII. Rosé Saignée de Meuniers, Jg. 2005, Einzellage Les Beaudiers, alte Reben, dosiert mit 5 g/l, wird ohne Jahrgangsangabe verkauft, ohne Malo

Helles Kupfer, schon eine sehr entwickelte, sanfte Fruchtnase mit blumigen Anklängen. Im Mund schon weich und etwas müde. Für mich eine Frage des Rebenalters.

XIX. Rosé Tradition, Jahrgangsbasis mit 60% 2006, 40% 2005, hoher Anteil PM, geringer Anteil PN, 10 % Chardonnay; 12% roter Stillwein aus Pinot Meunier, dosiert mit 5 g/l

Einfacher Winzerrosé, der mehr Mineralität und wenig Frucht mit sich bringt. Passt zu Laherte, da kein Massengeschmackchampagner, aber leider auch kein unbeschwertes Trinkvergnügen.

XX. Blanc de Blancs Brut Nature, 60% 2006, 40% 2005

Alkoholische Nase, Feigenschale, Reispapier, Haselnussspuren, im Mund mineralisch und hart aber fair, mit feinen Pilzaromen.

XXI. Blanc de Blancs, 60% 2006, 40% 2005, aber mit 5 g/l dosiert

Ähnliche Anlagen wie der XX., aber von gediegener, freundlicher Art, die zeigt, dass Brut Nature nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Wirkt am Ende leider etwas simpler, al XX.

XXII. Cuvée Les Clos Extra Brut, Cuvée aus allen sieben Champagner-Rebsorten (10% Fromenteau = Pinot Gris, 18% PM, 18% CH, 15% Petit Meslier, 8% Arbane, 15% Pionot-Noir, 17% Blanc Fumé = Pinot Blanc), Barriqueausbau als Solera, Batonnage, keine Malo, Basisjahrgang 2006, Reserve 2005, dég. 23. Dez. 2008

Komplexe, champagneruntypische Noten. Reif und fett, ziemlich kräftig, nussig, etwas Kokos; die leichte Räuchernote kommt wohl vom weißen Burgunder, der nicht umsonst auch als Blanc Fumé in der Champagne bekannt war; im Mund würzig und burgundig, kernige Säure mit einem Hauch von weissem, gemahlenem Pfeffer, aber auch Nektarine, Mandarine. Schmeckt am ehesten wie sehr guter Sekt.

XXIII. Vigne d’Autre Fois Mill. 2005, 100 PM, dég. 23. Dez. 2008, alte Reben (auf chardonnaygeeignetem, aber frostgefährdetem Kreideboden gepflanzt 1947 – 1964), mit 4 g/l dosiert, entspricht dem Stillwein VII

Dunkles Gelbgold, Papp- und Klebstoffnase, Geissblatt, Weissdorn, erfrischende Säure.

Empfang und Mittagessen auf Château de Boursault mit Daniel Lorson und Schlossherr Harald Fringhian

Das Château, das die Veuve Clicquot einst für ihre Enkelin errichten liess, wird von einem 40ha grossen Grundstück umfasst, davon sind ca. 22ha mit Rebstöcken bepflanzt, die auf dem Château vinifiziert werden.

XXIV. Variation von Bougères, dazu Pierre Moncuit Blanc de Blancs Grand Cru

Dichter, mineralischer Apéro-Champagner mit etwas in Butter gebratenem Granny Smith.

XXV. Blätterteigkekse mit Innereienfüllung, dazu Château de Boursault Cuvée Prestige, 54 PN, 6 PM, 40 CH, dégorgiert am 24. Juni 2009

Milchschokoladennase, im Mund weich, dicht, schmeichelnd, von grosszügiger Art. Glatt, mittellang, sauber. Hat Potential

XXVI. Wachtelbrust und -flügel mit Lauchgemüse, Speck-Sahnesauce und Fleur de Sel Flocken, dazu Piper-Heidsieck Brut Vintage 2000

Typischer, rauchiger, von Kaffeenoten beeinflusster Stil, hier auch schon mit reifenoten, die mir allerdings etwas verfrüht vorkommen, indes nicht jahrgangsuntypisch sind. Ausgewogener Großes-Haus-Champagner, der sich gerade während eines längeren Essens schön entwickelt.

XXVII. Warme Feigenscheiben in halboffener Marzipan-Teigtasche mit Physalis, Himbeereis und gerösteten Mandelsplittern, dazu Mercier Rosé demi-sec

Rosé demi-sec ist sehr sehr selten. manche sagen auch: völlig überflüssig. Dennoch ist es nicht uninteressant diesen Champagner zu vinifizieren und auch zu probieren. Das bestgeeignete haus dafür ist wahrscheinlich Mercier, deren Programm dadurch schlüssig abgerundet wird und die ja auch ein Rosé-Champagner-Eis mit Mövenpick herstellen. Buttrig, Himbeere und Erdbeer-Sahnebonbon, ein Hauch Mineralität, Räuchernoten und Brotrinde. Mit den Feigen etwas überfordert, dafür gut zum Marzipanteig und zu den Früchten.

Jacky Charpentier, Villers-sous-Chatillon, praktisch direkt neben der Monumentalstatue von Kreuzzugspapst Urban II. (der, der auch auf den Etiketten von Emmerich Knoll steht)

Reserveweinprobe mit Jean-Marc Charpentier

XXVIII. Pinot Meunier 2008, 6 Monate Fuder

Fruchtige, alkoholschwache Nase, pudrig und wie mit Steinstaub angereichert. Im Mund lebhaft prickelnde, frische Säure, leicht, trotzdem mittellang.

XXIX. Pinot Noir 2008, 6 Monate Fuder

Kräftig, dicht, aromatischer und runder als der PM, weniger Steinstaub, dafür mehr Kreide. Feine Säure, elegant und weinig.

XXX. Chardonnay 2008, 6 Monate Fuder

Erinnerte an Rheinhessen-Riesling vom Rotliegenden, dabei sehr trocken und staubig, auch etwas metallisch, nur leicht kalkig. Im Mund dann wieder angenehm, rund und sehr säurearm, was ich ganz erstaunlich fand. Ein bisschen wie die helleren, weissen, grünlichen und gelben Gummibärchen. Konnte man schon trinken.

XXXI. 80 PM 20 PN, davon 70% 2008 und 30% 2006 und 2005, Ausbau im Fuder

Etwas Banane und Holz, im Mund sehr mild mit gut eingebundener Säure.

Champagnerprobe

XXXII. Brut Tradition, 50 PN, 50 PM, Basisjahrgang 2005, Reservewein aus 2004, dosiert mit 3 g/l

Machte den Eindruck eines Blanc de Blancs. Zitrusfruchtnase, Kräuter, Orangenricola (spätestens dann weiss man aber, dass man es mit einem Pinot aus der Vallée de la Marne zu tun hat), Geschmack wie Fertigtortenboden mit Dosenmandarinen und Sahne, Baiser, aber auch Toffee, mittellang.

XXXIII. Vintage 2002, 45 CH, 35 PN, 20 PM, dosiert mit 3 g/l

Kaum klassische Chardonnaytypizität und eine schon etwas fortgeschrittene Nase. Auch im Mund noch elegant, aber schon einige weiche, mürbe und mehlige Noten.

XXXIV. Blanc de Blancs, 30 – 35% Barrique

Stumpfe, etwas eckige Mineralität, wirkt herb. im Mund gibt es auch Steine statt Brot, Granit, Steinmehl, Zementstaub, wenig Säure, leichter, aber xerotischer Champagner.

Dinner bei und mit Jacky Charpentier

XXXV. Presswurst Krakauer Art im Blätterteig mit Specksauce auf einer Coteaux-Champenois-Basis, dazu Comte de Chevinot, Drittelmix, Basisjahrgang 2005

Pudrige, etwas holzige Winzerinterpretation des klassischen Drittelmixes, angenehme, saftige, von exotischem Früchtemix geprägte Art mit mittlerer Säure, die mit der kräftigen, salzigen Sauce schön harmoniert und auch gut zu der Wurstscheibe passte.

XXXVI. Spießchen mit Lachs, Jakobsmuscheln und Schweinebauch in grüner Sahnesauce, dazu Cuvée Prestige, 60 PN, 20 PM, 20 CH, Reservewein aus dem Barrique

Flache Nase, aber eine forsche Säure im Mund, die den Fisch fast etwas verblassen liess und mit ihrer eigenen Kräuteraromatik mit Apfel und Acerola grossartig zu der dicken, fetten Sauce passte.

XXXVII. Scheibchen vom Lämmchen, bleu, aussen warm – innen roh, in sauce nature mit verscheidenen Bohnen und überbackener Tomate, dazu Brut aus 80 PM, 20 PN

Kräuter, Weissdorn. Im Mund milde Säure und ein wenig Apfel. Guter Winzerstandard, der problemlos zum Lämmchen ging und sich auch mit der Tomate vertrug.

XXXVIII. Käse: reifer Maroille mit Salatbouquet und Salzvinaigrette, dazu Pinot Meunier Coteaux Champenois 2004

Erstaunlicher Stillwein, kühle Graphitnase mit Pflaumen, Brombeeren und Holunderbeeren, der auch gut aus dem Maconnais hätte stammen können. Sehr gelungene Kombination zu dem traditionellen Käse, der von aussen wie ein Langres aussah und wie eine Mischung aus reifem Brie, Munster und Handkäs schmeckte.

XXXIX. Kokos-Vanilleeis im Biscuitmantel mit osa Biscuit de Reims, Vanille-Sahnesauce und Kaffee-Toffee-Dominostein, dazu Rosé Prestige

Zurückhaltender, mineralischer Rosé, dem Traditionsrosé von Laherte nicht unähnlich. Wenig Dosage, etwas eng, zum Dessert schwierig, würde aber eine Nachverkostung lohnen.

XL. Cuvée Pierre-Henri, 100 PM aus dem Barrique von alten Reben (gepflanzt 1953), ohne Malo, ohne Filtration, Schönung, usw.

Röstig, Kaffeenoten, weinig, lebhafte Säure, erinnerte mich an eine sehr leichte, gereifte Cuvée des Enchanteleurs von Henriot oder an jungen Piper-Heidsieck Rare NV, nach dem Dessert aber etwas schwierig.

XLI. Brut 1990, Pinot Meunier, kleine Anteile Pinot-Noir und Chardonnay aus dem Fuder, dég. 1995,

Rund und reif, typischer Jahrgangsvertreter der gelungenen Art, hat sich blenden gut gehalten. Ganz milde Süssholznoten künden vom relativ hohen Flaschenalter, aber sonst immer noch ein Wein, der durch Ausgewogenheit, raffiniertes Spiel von Kräuteraromen, Zitrusfrüchten und warmen Croissants besticht. Lehrreich für alle, die der Vallée de la Marne und speziell der Meunier keine Reifemöglichkeiten zutrauen.

XLII. Brut 1995, ca. 50 Pinot Meunier, ca. 27 PN, ca. 23 CH, dég. 1998

Nase von Calvados, Cognac und Sheridan’s Coffee-Cream Liqueur. Crème brûlée. Im Mund auch leichtes Süssholz, aber vor allem griffige, sehr charmant gewordene Äpfelsäure und ein leicht trocknendes Tannin.

XLIII Brut 1996, ca. 50 PM, ca. 27 CH, ca. 23 PN, dég. April 2001

Verschlossenen, praktisch zugenagelte Nase. Sehr hoh, technisch wohl auch reife, aber noch viel zu junge Säure. Langläufer, toll in 20 Jahren und später.

XLIV. Brut 1997, ca. 50 PM, ca. 27 CH, ca. 23 PN, dég. Januar 2000

Im besten Sinne typischer 97er, Riesentrinkspass, Mokkanoten, sonst noch fast keine Reifenoten, im Mund genau richtig zwischen frisch und reif, etwas balsamisch, erinnert an Grafschafter Goldsaft oder Ahornsirup, Apfelscheiben mit tröpchenweise uraltem Aceto Balsamico Tradizionale di Modena, mit Milchschokolade und milbuttrigen Aromen.