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Am Kamin und unter Bäumen – Mülheim/Ruhr: Restaurant am Kamin

 

Das Restaurant "Am Kamin" ist ursprünglich das Forsthaus der größten westdeutschen Baumschule gewesen und wird seit nunmehr 50 Jahren als Restaurant betrieben. Seit 1992 hat Heike Nöthel-Stöckmann die Leitung inne und übernimmt die Funktion der sprechenden Weinkarte. Nach ihrer Zeit im Aachener Gala, in Davos und im Düsseldorfer Hummerstübchen hat sie den Betrieb von ihren Eltern übernommen. Ehemann Hermann Stöckmann von smartwine sorgt für den Weinzufluss, wobei der Schwerpunkt bei biologisch-nachhaltig, bzw. biodynamisch erzeugten Weinen liegt. Fred Loimer, Gernot Heinrich, Foradori, Fonterutoli und Alvaro Palacios seien stellvertretend genannt, hinzu kommen junge Talente wie Andreas Bender aus Leiwen (mit Rebflächen auch in Hainfeld/Pfalz) und Gut Hermannsberg. Mitten im Winkhausener Wohngebiet liegt das Restaurant in einer idylisschen Mulde mit terrassiertem Außenbereich, von hohen Bäumen schützend umstanden. Im Fachwerkbau ist es urig, vor Weberknechten sollte man sich allerdings nicht fürchten.

Amuse Gueule: Karamellisiertes Schwarzbrotcarpaccio mit Sesam, Pumpernickel mit Kräutercrème, würzige Tomatenwürfel im Teig-Körbchen

dazu: Juve y Camps Reserva de la Familia Brut Natural 2005 en Magnum

40% Macabeo, 45% Parellada, 15% Xarel.lo

Das Etikett der Familienreserve erinnert immer wieder verblüffend an das vom Dom Pérignon, der Inhalt nicht. Was von manchem mittlerweile schon als Gütehinweis verstanden wird. Jedenfalls hatte ich mit der Familienreserve von Juve y Camps bisher noch nicht so viele Ausfaller und Flaschenvarianzen, wie mit dem Zugpferd aus dem Hause Moet et Chandon. Aus der Magnum schmeckt diese Cava am besten, da unterscheidet sie sich wiederum in nichts vom Champagner. Nase, Gaumen- und Gesamteindruck, sind dagegen merklich unterschiedlich, leiden aber nicht unter der Naturdosage. Oft führt der Verzicht auf Zucker im Dosageliqueur zu einem gezehrten, lakritzigen, rapsigen und an Unkraut erinnernden Geschmack, nicht so hier. Das ist jedes Mal ein Pluspunkt für diese Cava, die sich auch sonst entgegenkommend, schmackhaft, einigermaßen komplex und mittellang zeigt. Mit karamellisierten Aromen hat sie freilich einige Probleme, Sesam, Pumpernickel, Kräutercrème und Tomate hat sie hingegen angenehm umspült.

I. Frische Steinpilzpfanne mit Salatbouquet

dazu: Bender, Riesling, Mosel, 2009

Die Steinpilze waren aromatisch, bissfest, adäquat gewürzt und insbesondere nicht versalzen, hätten aber etwas größer geschnitten sein können. Der leichte, moseltypische Bender-Riesling passte gut dazu und war mit seiner fruchtig-schmelzigen Art ein charmanter Begleiter, der sich dezent im Hintergrund hielt, ohne dabei bedeutungslos zu sein.

II. Weisse Salami-Schaumsuppe

dazu: Bender, Weißburgunder, 2009

Das weiße Schaumsüppchen war ausgewogen, milchig, sämig und hatte nur einen Hauch von der Salami abbekommen, was mir anfangs zu wenig erschien, sich gegen Ende jedoch als richtig dosiert herausstellte. Mit jedem Löffel summierte sich nämlich der minimal räucherige Salamigeschmack am Gaumen und hätte tatsächlich nicht viel stärker sein dürfen. Der wieder sehr leichte Weißburgunder von Bender passte auch zu dieser Speise gut, da er eine verwandte Bauart zeigte.

III. Wildkräutersalat

dazu: von Racknitz, Vulkanfelsen, 2008

Von Wildkräutern war nicht viel zu sehen, Blattsalat, Rucola, Feldsalat, Löwenzahn wird es gewesen sein, dazu ein paar Schnittlauchstangen. Da gibt es deutlich mehr an Wildkräutern auf dem Markt und genau das war auch die Erwartungshaltung. Wenigstens Taubnessel, Giersch, Portulak, Spitzwegerich und Brunnenkresse hätte ich mir vorgestellt. Dafür war der Vulkanfelsen von Racknitz gut wie stets.

IV. Tomatentartar

dazu: di Leonardo, Sauvignon Blanc, 2008

Auch nicht sehr beeindruckend war das Tomatentatar, das einem kalten Bruschetta-Belag glich. Schlecht war es nicht, die Tomaten waren reif und aromatisch, aber der Pfiff fehlte. Am Wein gab es nicht viel auszusetzen, ein ordentlicher, kontinentaler Sauvignon-Blanc von mittlerem Gewicht, der sich mit den Tomaten gut vertrug.

V. Kaninchen "en papillottes", mit Peperonicoulis, Lavendel und Amarettobrösel

dazu: Alvaro Palacios, Priorat, Terrasses, 2006

Optisch einer der Höhepunkte des Menus und aromatechnisch sehr klug komponiert. Die Teighülle war hauchzart und knusprig, der Inhalt stand im richtigen Mengen- und Geschmacksverhältnis zueinander. Der kleine Wiesenracker hatte zartes, aromatisches Fleisch, das von einer sämigen, schmeichelnden Sauce und saftigem Paprikacoulis umgeben war. Dezent, doch merklich bereichernd waren Lavendel und Amarettobrösel. Dazu war der Priorat gut, weil immer noch in seiner Entwicklungsphase, die sich verändernden Weinaromen bereicherten den Gang zusätzlich, ohne ihn zu überfrachten.

VI. Heidschnuckenwürstchen mit zweierlei Senfcrème

dazu: Alvaro Palacios, Priorat, Terrasses, 2006

Sehr fein waren die Hedschnuckenwürstel. Sehr aromatisch und nicht viel größer als Nürnberger Rostbratwürste, aber gehaltvoll, stimmig gewürzt und pur noch besser, als mit den Fruchtsenfsorten. Dazu passte der letzte Schluck Sauvignon-Blanc noch gut, denn er unterstützte die kräuterige Komponente, dazu passte ebenfalls der Priorat, solange er noch ganz frisch und etwas orientierungslos im Glas war.

VII. Gnocchi mit getrüffelter Gorgonzolasauce

Die Portion kam mir sehr klein vor, was prinzipiell nicht schlimm ist. Nicht sehr froh war ich aber, als ich auch nach gründlicher Suche keinen Trüffelschnipsel finden konnte und deshalb davon ausgehen musste, die Sauce sei lediglich mit Trüffelöl behandelt worden – was mir der Koch nachher bestätigte.

VIII. Geschmorte Ochsenbäckchen mit Topinambur und Vanilleschaum

dazu: Alvaro Palacios, Priorat, Terrasses, 2006

Die Ochsenbäckchen hätten länger geschmort sein müssen, so waren sie zwar zart, aber mir nicht zart und zerfallend genug. Sehr gut waren dagegen die vanillierten Wurzelwürfel, davon hätte ruhig mehr auf dem Teller sein dürfen. Der Priorat lief hier zu bester Form auf und gefiel zum Essen wie solo gleichermaßen. Mittlerweile hatten sich die Aromen einigermaßen sortiert. Zwischen Zwetschge, Bleistift, Schattenmoerelle, Gestein und Beerenobst fand sich noch genügend Platz für abgelagertes Holz, moosige Töne, bereichernde, strukturierende Säure und maßvolles, bereits süsslich wirkendes Tannin.

IX. Wiener Schnitzel mit Speck-Kartoffelsalat

Die Schnitzel-Panade war nicht kross, sondern laff. Auch schien mir das Schnitzel eher dick und klein als platt und gross. Das verwendete Kalbfleisch war allerdings in Ordnung.

X. Mangosorbet im Apfel-Meerrettich-Mus

dazu: Bender, Paulessen, 2009

Das Apfel-Meerrettich-Mus schmeckte ganz genau so, wie man es erwarten durfte. Zwar als Schaum annonciert, war es doch mehr ein Brei, verwob aber die Apfelfrucht untrennbar mit der würzigen Schärfe vom Meerrettich. Die wirkte konziliant und schien zunächst nicht lange vorzuhalten, kam aber doch hintenrum zum tragen. Das war jeweils der Moment, indem man ein bisschen Mangosorbet nachführen musste, um die sich entwickelnde Schärfe in exotischem Fruchtaroma einzuwickeln. Der Bender-Wein war dazu eindeutig zu mild. Solo sicher ein angenehmer Moselvertreter, dem Meerrettich aber nicht gewachsen, dem Zusammenspiel von Apfel, Merettich und Mango dann gleich dreimal nicht.

XI. Brownie mit flüssigem Schokokern und weißem Amaretto-Schokoladeneis

dazu: Geheimrat Dr. Wegeler, Kaseler Nies'chen, Riesling Eiswein 1993

Unschuldig wirkte der Brownie, bis man ihn dann anstach und er heisse, flüssige Schokolade aus seinem Inneren entließ. Die vermählte sich schleunigst mit dem weißen Eis, und das auf sehr ansprechende Weise. Dazu konnte man den Eiswein mit viel Freude trinken, mir machte er solo am meisten Spass. In der Farbe konnte man den ohne schlechtes Gewissen auf Anfangneunzigerjahre schätzen, im Duft war er reif, aber noch nicht sehr stark firnig oder petrolig. Frische, leicht vegetabile und kräuterige Noten überwogen in der Nase und im Mund zeigte sich der Wein ausgelassen und tobte mit einer wirbelwindartigen Säure über den Gaumen. Erst zum Ende des langen Nachhalls zeigten sich andeutungsweise Alterserscheinungen in Form einer leichten Buttrigkeit, vermischt mit noch sehr unterwürfigem Kratzen.

Diplomatico Rum Reserva Exclusiva 12 yo, Venezuela

Am Rum habe ich nur geschnuppert, wie ich das bei Spirituosen fast immer mache. Viel Alkohol, etwas Holz, ein schwerer, körperreicher Vertreter seiner Art, mit dunklen, an Früchtebrot, schwarze Schokolade und Rumrosinen erinnernden Aromen.

Essen… verwöhnt. Ein Zug durch die Gemeinde.

I. Hugenpoet (1* Guide Michelin)

Frau Bergheim habe ich leider nicht selbst am Herd gesehen, aber das Hugenpoet ist mir vor allem wegen der dort verschnabulierbaren Grossbuddeln eine gerngewählte Anlaufstelle.

Weine:

– Van Volxem, Volz 2008 en Magnum – die alte Einzellage aus dem Wiltinger Braunfels grenzt an den Scharzhofberg. Der Wein war noch arg jung, mit Kräuterduft und Apfelnase, reifen Obst, milder, schmeichelhafter und genau richtig platzierter Süße, mineralischem Druck am Gaumen und noch reichlich Potential.

– Fürst, Spätburgunder Centrafenberg R 2003 aus der Doppelmagnum. Der Centgrafenberg hatte von seiner jugendlichen, überaus betörenden Frucht und charmanten Säure etwas zugunsten einer volumigeren Reife eingebüßt. Da war nun eine geschmeidige, reife, mit etwas Graphit angereicherte Burgunderwürze im Vordergrund, außerdem Kirschfrucht und reifes, süßes Tannin. Die unfassbare Leichtigkeit von letztem Jahr habe ich allerdings vergeblich gesucht, der Wein ist deutlich ernster geworden.

1. Würzbissen: Gambatartelett mit Gewürzsauerrahm, Lachspumpernickel und geröstetes Baguette mit Tomate und Parmaschinken

Das Tartelett bildete einen guten Einstieg ins Rennen, der Rahm war fest, aber nicht betonhart und wässerte auch nicht. Die Tomate schmeckte erwartungsgemäß tomatig, als hätte sie es drauf angelegt, zu den Würzbissen zu zählen. Der Parmaschinken war ok, ebenso Lachs und Punpernickel. Den Fürst konnte man dazu gut trinken, den Volz besser.

2. Blutwurststrudel mit Gewürzkürbis und Bohnenragout

Ich gehöre zu denen, die gern Weißwein zur Blutwurst trinken, ebensogut konnte man hier den Fürst nehmen, der sich mit dem Strudelteig sehr gut verwob und die Kürbisaromen gekonnt prononcierte.


II. Lucente

Gaspare Maidas und Franco Giannettis Restaurant gehört trotz des Umzugs um einige Meter in der Rü zu den feststehenden Größen in Essen, das weiß nicht nur Otto Rehhagel, der zu den prominenteren der dort immer wieder anzutreffenden Stadtbekannten gehört.

1. Spaghetti Aglio-Olio-Peperoncino mit Wildgambas

Die relativ dünnen, bissfesten Spaghetti waren mit dem Aglio-Olio-Peperoncino sozusagen lasiert, kaum, dass überflüssig herumsuppende Flüssigkeit die Gefahr der völligen Outfitverhunzung barg. Die Gambas dazu waren reichlich, ohne das Gericht zum Meeresfrüchteteller zu machen und hätten einen Wimpernschlag früher aus der Pfanne genommen werden sollen. Trotzdem noch bissig und aromatisch, was gut zur unaufdringlichen, nachhaltigen Schärfe der Nudeln passte.


III. Résidence (2** Guide Michelin)

Henri Bach und Patron Bühler standen auch heute wieder hinter dem gewohnt stilsicheren Auftritt.

Weine:

– Springfontein Sopiensklip White (2/3 Chardonnay, 1/3 Sémillon) 2009

Frischer, lebhafter Weisswein mit einem schönen Gleichgewicht aus bedenkenloser Fruchtigkeit und würdevoller Mineralität, ungebutterte Chardonnayaromatik, reife, botrytisfreie Sémillonwürze.

– Odernheimer Weingut Klostermühle Riesling feinherb 2008

Die Energierechtskanzlei Becker Büttner Held hat einen Namenspartner, der offenbar noch weinfreudiger ist, als man Rechtsanwälten gemeinhin nachsagt. Bei diesem Wein fällt es allerdings nicht schwer, Wein zu mögen. Mittelgewichtig, von schmaler, fast zierlicher Struktur, mit einer leicht überwiegenden Fruchtsüße, gefälliger Säure und bedächtiger Herbe, ganz das, was man sich unter einem feinherben Riesling vorstellen sollte.

1. Geschmortes Bäckchen vom irischen Weideochsen mit Graupenrisotto und Vanillemöhrchen

Dieses geschmorte Bäckchen aus Henri Bachs Küche ist zum Verrücktwerden. Unfassbar zart, von einer Aromenintensität und gediegenen, fleischigen Faserigkeit, wie man sie selten auf den Teller bekommt. Dazu passte bestens das bis in den Kern weiche Graupenrisotto und die behutsam vanillierten Möhrchenwürfel. Der Sopiensklip hatte gegenüber dem Riesling den Vorteil der etwas besseren Durstlöscherfunktion und der dezenteren Aromatik, die sich gegenüber dem Bäckchen wohltuend im Hintergrund aufhielt.

2. Entenbrust in Tandoori-Honig mit gestiftetem Rahmkohlrabi, Süßkartoffelpurée und Sesamjus

Die Entenbrust war auf den Punkt gegart, außen angenehm kross und mit einem für mich etwas zu sparsamen Kleckser Tandoori-Honig versehen, dessen raffinierte Würze ausgezeichnet zum Riesling passte. Kohlrabi und Süßkartoffelpurée gefielen mir sehr gut, obwohl ich kein besonderer Kohlrabiesser bin, dafür Süßkartoffeln umso lieber habe. Verbindendes Glied war der Sesamjus, in dem ich leider einige zu arg geröstete, schwarz gewordene Sesamkörner fand, was dem Geschmack keinen merklichen Abbruch tat, aber vermieden werden muss.


IV. Casino Zollverein

Eine der spektakulärsten Restaurantlocations nicht nur im Ruhrgebiet.

Wein:

Peter-Jakob Kühn, Eine Traube "Jacobus" 2009. Man merkt es gleich, da ist einer von den kleineren Petar-Jakob Kühns im Glas. Der hat noch nicht den Mut, Spontangäraromen öffentlich zur Schau zu stellen und Weinanfänger damit zu vergraulen. Statdessen bietet sich süffiger Rheingauer Rieslingspass mit Mineralität und Zitrusfrische, Apfel, Pfirsichanklängen, etwas in die Breite gehendem Honig und steinigen Noten.

1. Gratinierter Ziegenkäse mit Ingwer-Ahornsirup und Rucola mir Bergamotte-Vinaigrette

Als Earl-Grey-Trinker fand ich die Bergamotte-Vinaigrette sofort überzeugend. Deren Aroma passte zur typischen Rucolaschärfe und schlug einen doppelten Salto zum Riesling, der sich nicht zweimal bitten ließ und den Ziegenkäse anstandslos herunterspülte. Gute Combo.


V. Nelson Müller, Die Schote

Nelson Müller war so freundlich, höchstselbst eine Extraportion Trüffel über Maultasche und Lauchgemüse zu hobeln.

Weine:

– Pinotage 2007

Ohne den ganz dramatischen ape-shit in der Nase, jedoch sehr fordernd, mineralisch, etwas flintig, am Gaumen eher ruhig.

– Reichsrat von Buhl, Weissburgunder aus der Ruhr-Edition 2009

Um ihn kommt man im Kulturhauptstadtjahr nicht herum. Gekonnte Mischung aus Frucht Säure, Blütenaromen und gelbem Obst.

1. Dreierlei von der Blutwurst mit marinierten Linsen

Die Blutwurst gab es einmal kross gebraten, dann im Teigmantel und schließlich noch in Brotwürfelform. Mächtig würzig und typisch für Nelson Müllers soulfood waren die Linsen. Zu denen schmeckte der Pinotage gut, beide auf hohem Niveau aromatisch und in spannungsvollem Kontrast zueienander. Mit der Blutwurst, mein Favorit war die kross gebratene, gefiel mir der Weissburgunder besser, wobei der Pinotage sich respektabel zur Teigversion verhielt.

2. Kalbsmaultasche mit Rahmlauch und Sommertrüffel

Die Kalbsmaultasche war kein gewöhnliches Hergottsb'scheisserle mehr, sondern ein ausgewachsener Klotz von einer saftigen Kalbfleischfüllung in einem starken Rahmlauchbett. Vor dem strengen Blick der göttlichen Obrigkeit getarnt wurde der Teigracker nur durch die sehr reichlich darübergehobelten Trüffelscheiben, was das Vergnügen noch einmal steigerte. Ich habe dazu den Weißburgunder favorisiert, doch letztlich bereut, nicht ein Glas Roséchampagner dazu geordert zu haben.


VI: Kölner Hof (16 Punkte Gault-Millau)

Heinz Furtmann ließ es sich anlässlich der WM und herzlichst belohnt mit dem Schweizer Sieg über die Spanier nicht nehmen, in "Hopp-Schwiz!" T-Shirt und mit Alphorn als Reverenz an seine Frau aufzutreten.

Wein:

Champagne Alfred Gratien Brut Classic

Taufrisch, mit viel Apfel, Kraft, Würze und voller Tatendrang strömte der Champagner ins Glas und aus dem Glas in die Kehle.

1. Rosa Kalbsrücken mit Thunfischsauce, Sommersalat und Baguette mit schwarzer Oliventapenade

Zart, fein und mürbe das Kalbfleisch, sämig, aromatisch und nicht zu mastig die Thuinfischsauce, ein Vitello Tonnato, wie es direkt aus dem Film "Das große Fressen" hätte serviert werden können. Exquisit dazu war der Champagner, dessen klare Säure beim durchschniden der Sauce half, Kapern und Kalb miteinander verband und einen sauberen Gaumen hinterließ.

2. Ziegenfrischkäse mit Trüffelhonig auf Rucola-Melonensalat

Ganz zum Abschluss nochmal Käse, für die schon etwas müden Kiefermuskeln in Frischkäseform und einem wohlig-trüffeligen Honig, der nicht belastete. Rucola und Melone gesellten sich gern dazu, kabbelten sich etwas mit dem Champagner, der deshalb solo nach vollständigem Verzehr auch der letzten Frischkäsekrümel den Heimweg einläutete.

Riesling Grosse Gewächse 2007

Karl-Heinz Frackenpohl hatte nach Engelskirchen geladen und es hat sich gelohnt, der Einladung zu folgen. Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle dafür!

Die jeweiligen Flightsieger sind fett wiedergegeben.

Der Moselflight hatte die undankbare Aufgabe, das muntere Treiben zu eröffnen und tat sich leider etwas schwer.

I.1 Grans-Fassian, Trittenheimer Apotheke, alte Reben

Dicklich, konzentriert, zitronig, aber unfrisch und kurzatmig. Gefiel mir nicht besonders.

Meine Punkte: 87

Platzierung/Rundendurchschnitt: 36/88,33

I.2 von Schubert'sche Gutsverwaltung, Maximin Grünhäuser Abtsberg "Superior"

Erster Gedanke: Sponti? Zweiter Gedanke: Weinfehler? Bienenwachs und florale Töne, darunter immerhin eine recht frische Beerennase. Den Gedanken an einen in die Hose gegangenen BSA wurde ich dennoch nicht los. Im Mund dann sehr wenig und eher breiig-milchige Säure mit dünn gehäckselten Kräutern. Auch nicht mein Fall.

Meine Punkte: 86

Platzierung/Rundendurchschnitt: 35/88,85

I.3 Eitelsbacher Karthäuserhofberger Auslese trocken "S"

Der erste feinere, moseltypischere Wein des flights. Im Mund dichter und herber als gedacht, im Hintergrund minimales Petrol, Basilikum und Aprikose.

Meine Punkte: 88

Platzierung/Rundendurchschnitt: 30/89,77

I.4 Wegeler, Bernkasteler Doctor

Kalkig, pudrig, mit Melone und Drachenfrucht. Leicht pricklig, Minifirne, die von einer frischen Kräuterwürze eingehüllt wird. Schlanker, gleichzeitig schon gut entwickelter Wein.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 24/90,00

I.5 Reichsgraf von Kesselstatt, Josephshöfer

Wieder Bienenwachs, sonst sehr mineralisch, einfaches, nicht sehr anregendes Petrol, im Mund aprikosig, eher eng.

Meine Punkte: 88

Platzierung/Rundendurchschnitt: 25/90,00

I.6 von Othegraven, Kanzemer Altenberg

Corned Beef. Mit viel Luft immer noch eine diffuse, nur minimal fruchtige Nase. Am Gaumen irgendwie leer und ereignislos.

Meine Punkte: 86

Platzierung/Rundendurchschnitt: 33/89,62

I.7 van Volxem, Wiltinger Gottesfuss

Rund, knusprig, schlank, trotz seiner fröhlichen Art glatt, gepflegt, seidig und fein, merklicher Restzucker, der ihm wegen seiner dennoch herben, kernig-gesunden Art gut steht.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 18/ 90,92

I.8 Heymann-Löwenstein, Winninger Uhlen R

Tannenholz. Kühl, schieferig, vermittelt einen dunklen Eindruck. Im Mund geht der Wein recht weit auf, zeigt aber neben Butter und leicht alkoholischer Schärfe – noch – nicht viel.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 10/91,54

Cassoulet von weißem und grünem Spargel mit Scampi und gebackenem Estragon

Ein sehr gelungener flight und vielleicht der schönste des Abends war der nun folgende flight, in dem Rheinhessen zeigen konnte, wo der Rieslinghammer hängt.

II.1 Dönnhoff, Hermannshöhle

Mildes Mineral, crèmig, mit Orangenblüten; im Mund lebhaft, stoffig und griffig, stark, aber nicht schwer, wird leider schnell alkoholisch.

Meine Punkte: 88

Platzierung/Rundendurchschnitt: 31/89,77

II.2 Wittmann, Brunnenhäuschen

Sanddorn, Quittenmus, Vitamin C. Mit Luft entwickelt sich daraus wundersam eine Apfeltarte. Lang, dabei elegant und durchweg griffig. Die Verwandtschaft zum Morstein konnte man mehr raten, als allenfalls entfernt ahnen.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 20/90,65

II.3 Keller, Abtserde

Kork

II.4 Künstler, Hochheimer Hölle Goldkapsel

Viel Apfel, aber auch weißer Pfeffer, Kalk, Birnenchutney. Animierende, vitale Säure, etwas zu schnell weich ausgleitend.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 6/92,38

II.5 Keller, Morstein

In der Nase neben dem Früchtekorb vor allem Butter, Zucker, Karamell. Im Mund erneut eine höchst frugale Angelegenheit mit Birne, Apfel, Reineclaude. Saftig und lang.

Meine Punkte: 92

Platzierung/Rundendurchschnitt: 10/91,54

II.6 Wittmann, Morstein

Großer Wein. Zusätzlich zum Obstsalat sehr viel Mineral, nasser Stein, Moos, vielleicht am Ende auch schon die ersten Petrolnoten. Lang, vielschichtig, turbulent, überraschend und begeisternd.

Meine Punkte: 94

Platzierung/Rundendurchschnitt: 1/93,77

II.7 Keller, G-Max

Herb, mit Johannisbeere, Stachelbeermus, Rhabarber, außerdem eine körnige, an Dinkel oder Roggen erinnernde Nase. Auch viel Mineral. Gegenüber dem Morstein von Wittmann dichter gepackt, infanteristischer.

Meine Punkte: 93,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 2/93,54

II.8 Leitz, Rüdesheimer Berg Rottland, alte Reben, Goldkapsel

Bienenstich. Vollmundig, rund, dabei kraftvoll und herbfrisch. Nicht so bepackt wie der G-Max und ihm gegenüber etwas im Nachteil – alleinstehend würde er sicher besser abschneiden.

Meine Punkte: 91

Platzierung/Rundendurchschnitt: 14/91,31

Maischolle Finkenwerder Art mit Wirsinggemüse

Dieser flight hatte es nach den drei starken Schlussweinen des Vorgängers nicht leicht, hatte aber eine probentaktisch klug eingebaute Brücke in Form des Frauenbergs von Battenfeld-Spanier.

III.1 Wagner-Stempel, Heerkretz

Dick, wuchtig, mit Aprikose und Pfirsich, von pfälzischer Machart. Am Gaumen derselbe Eindruck, wird mit Luft etwas lakritzig, was ich nicht besonders schätze. Zum Essen dann eine sehr gute Sache, was den Wein gerettet, aber nicht über die 90 Punkte gebracht hat. Leider nicht mehr lange genug im Glas gehabt, um die weitere Entwicklung zu beobachten.

Meine Punkte: 89,5

Platzierung/Rundendurchschnitt: 32/89,69

III.2 Diel, Burgberg

In der Nase Pilze, vor allem Morcheln. Die schlanke, griffige, auch etwas spritige Art wird im Mund von einer etwas kaugummiartigen Konsistenz beherrscht, der Wein entzieht sich scheinbar dem Gaumen und bleibt dadurch unfokussiert. Habe ich auch schon eleganter getrunken.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 34/89,46

III.3 Battenfeld-Spanier, Frauenberg

Großer Wein. Tiefgründig, mit viel mineralischem Druck, offenbar der reinste Kalklolly. Pricklig, mit frischen Pilzen, Kombuchaaromatik.

Meine Punkte: 93+

Platzierung/Rundendurchschnitt: 8/91,92

III.4 Emrich-Schönleber, Monzinger Halenberg

Kalkig, pfeffrig, Paprikanoten, vielleicht auch etwas zu alkoholisch. Ohne seine pudrige, um kühlenden Ausgleich bemühte Art wäre er unter 90 gerutscht.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 19/90,92

III.5 Dönnhoff, Norheimer Dellchen

Apfel, Mandelsplitter, Buttercrème, fein, schlank und damenhaft bis hin zu einer spätkolonialen Limonadenhaftigkeit, die aber nicht ins kitschige abgleitet, sondern herb und griffig bleibt. Am Ende immer noch schnittig mit einer Spur von schwarzem Tee. Zeigt schon die gefährliche Schlotzigkeit der Dönnhoffweine.

Meine Punkte: 91

Platzierung/Rundendurchschnitt: 21/90,85

III.6 Schäfer-Fröhlich, Felseneck

Meiner Meinung nach Kork

Platzierung/Rundendurchschnitt: 16/91,00

III.7 Diel, Dorsheimer Goldloch

Anstrengender Wein. Zwischen Rumtopf, Bratapfel, überreifem Obst, Rumrosine und untypischer Altersnote kurvt der Wein herum, ohne zu kollidieren. Das spricht meiner Meinung nach dafür, dass seine positiven Komponenten den Schwerpunkt der Würdigung verdienen, daher trotz aller Bedenken 91 Punkte, die Runde sah es überwiegend anders.

Meine Punkte: 91, aber hart an der UTA vorbei

Platzierung/Rundendurchschnitt: 37/88,29

Geschmorte Kaninchenkeule mit Kartoffelstampf, sautierten Möhrchen und weißen Rübchen nach Mutter Frackenpohls Art

Sicher hat nach der vermehrt durchwachsenen bis negativen Kritik am Rheingau nicht jeder mit einem so starken flight gerechnet, wie er dann aus genau diesem Gebiet kam.

IV.1 Spreitzer, Hattenheimer Wisselbrunnen

Mostig, mit Jasminteenase. Klebrig, mit einer Mischung aus Kamille und Bienenwachs. im Mund düster, kraftvoll und dick. Wirkt etwas unausgeglichen.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 27/89,92

IV.2 Kesseler, Berg Roseneck

Wegen seiner massiv irritierenden flüchtigen Säure und seiner unruhigen, bizzligen Art von mir deutlich unter 90 gehalten. Wirkte mir in diesem Stadium allzu unruhig und eindimensional, könnte was draus werden, denn die Entwicklung mit Luft war sehr langsam, aber mit klarer Aufwärtsbewegung.

Meine Punkte: 88 mit viel Potential nach oben

Platzierung/Rundendurchschnitt: 11/91,54

IV.3 Robert Weil, Gräfenberg

Dünn, wässrig, verschlossen. im Mund schlank und etwas spritzig. So sexy wie ein isotonisches Getränk für Triathleten.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 29/89,85

IV.4 Schloss Johannisberg, Johannisberger

In der Nase überwiegend süße Kräuter wie man sie auf der Kirmes in Kräuterbonbonform bekommt. Auch im Mund viele Kräuter, dabei schlank und leicht, von einer seltsam verschatteten Süße.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 26/90,00

IV.5 Georg Breuer, Nonnenberg

Großer Wein. Ein harter Hund, der Jean Reno unter den Rieslingen. Erdig, mit Blüten aus der Natursteinmauer, Farne, fette, wuchernde Kräuter und im Mund geht die Post so richtig ab. Eine Prügelszene auf dem Dach einer rasenden New Yorker U-Bahn könnte nicht mitreißender sein.

Meine Punkte: 93

Platzierung/Rundendurchschnitt: 7/92,23

IV.6 Kesseler, Berg Schlossberg

Ebenfalls sehr starker Wein. Völlig andere Richtung, asiatischer, puristischer, so wie ein Parfum von Issey Miyake. Formosa Oolong, Earl Grey, Mangopurée. Schlank und rassig, betont zurückhaltende Säure.

Meine Punkte: 92,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 17/91,00

IV.7 Kühling-Gillot, Niersteiner Pettenthal

Nochmal starker Stoff. Wieder viel nasser Stein, Rotliegendes, das sonnenbeschienene Rheinufer, wie es lebt und pulsiert. Am Ende mit einem leichten Süßehaken, der minimal malzig ankommt.

Meine Punkte: 92

Platzierung/Rundendurchschnitt: 3/92,75

IV.8 Schloss Schönborn, Pfaffenberg

Konzentrierter, dicker, pfäffischer, verschmitzter Wein. Gummibärchen, Weingumminase. Mit Luft ausziselierter, mineralischer, ernster. Sicher nicht jedermanns Sache.

Meine Punkte: 91,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 23/90,15

Die Pfalz musste den Schließer geben, erledigte die Aufgabe allerdings mit Bravour – was nach den vorangegangenen Weinen eine beeindruckende Leistung ist.

V.1 Dr. Bürklin-Wolf, Gaisböhl

Schon mit relativ viel Petrol und eher wenig, aber stets präsenter und nicht völlig untergeordneter Säure. Von üppiger Statur. Buttrig, aber mir doch insgesamt noch etwas kurz.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 13/91,46

V.2 Mosbacher, Forster Ungeheuer

Gut trinkbarer, facettenreicher und ausgewogener Riesling aus der Honig-Orange-Familie; wirkt auf mich etwas frühreif, aber durchaus betörend.

Meine Punkte: 91,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 12/91,54

V.3 Christmann, Idig

Die Marshmallownase scheint einen reuelosen, kurzweiligen Rieslinggenuss ankündigen zu wollen, im Mund dagegen eine herbe, rapsige Angelegenheit, die noch sehr unfertig wirkt.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 15/91,23

V.4 Dr. Bürklin-Wolf, Pechstein

Hochgewachsen, rassig und schlank, Typ römische Patrizierin. Zitrusfrischer Mund, Bergamotte, aber auch ein anschmiegsamer, biegsamer, elastischer und spannungsvoller Körper und mineralischer Druck, der eine starke Zunge fordert.

Meine Punkte: 93

Platzierung/Rundendurchschnitt: 22/90,62

V.5 Reichsrat von Buhl, Kirchenstück

Saftige Orangennase, charmante Süße, erdiger, würziger, Bodenhaftung vermittelnder Ausgleich, sozusagen der Onkel Dittmeyer des flights.

Meine Punkte: 92,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 4/92,69

V.6 Keller, Hubacker

Hagebuttennase, Holzapfel, herb, kräftig und männlich, im Mund geschliffen, auch wieder apfelig, etwas hitzig.

Meine Punkte: 92,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 9/91,92

V.7 Ökonomierat Rebholz, Kastanienbusch

Gebrannte Kräuter, Vanille, Jod, eine etwas schwierig einzuschätzende Kombination. Mittelgewichtig, mit Potential nach oben. Zusammen mit Wittmanns Morstein und Christmanns Idig sicher noch einer der unfertigsten Weine des Abends.

Meine Punkte: 91

Platzierung/Rundendurchschnitt: 5/92,46

Erdbeer-Blaubeer-Salat im Mürbeteigschiffchen mit Vanilleschaum und Minze

Zum süßen Ende gab es noch

Dr. Bürklin-Wolf, Deidesheimer Kalkofen Riesling Beerenauslese 1959

Mokka, Pflaumenmus, Walnuss, Mandelkrokant, Sherry. Keine bezwingende Süße, sondern eine langsam metallisch werdende Art, die den Abstieg einleitet. Musste jetzt und konnte auch noch mit Freude getrunken werden. Passte sehr gut zu Blaubeere und Mürbeteig.

Meine Punkte: 91
nicht in der Rundenwertung

Informeller Besuch im Haus Stemberg

A. Die Weine:

I. Calitin, Simply Sunshine Sparkling Shiraz, McLaren Vale, NV

Diesen Wein und den Kuchen gab es vorweg als nachmittäglichen Auftakt.

Schlappe 40 g/l RZ lassen so manches Dessert neben diesem Wein überflüssig erscheinen. Zum Apfel-Weisswein-Kuchen mit Kakaohäubchen war der fruchtig-süsse Shiraz dennoch eine gute Wahl. Ein pH-Wert von 3,48 und mäßige 5,6 g/l Säure, vergleichsweise niedrige 28 g/l freier Schwefel liefern nur eine sehr unzureichende Begründung dafür. In Wirklichkeit braucht es diese Begründung meiner Meinung nach gar nicht und ich habe mir, obwohl allgemein kein Freund von Süßspeisen, die Kombination weitgehend kritiklos schmecken lassen. Solo hätte ich sagen müssen, wäre mir der Sparkling Shiraz zu säurearm und allzu schnell erdrückend bis ermüdend vorgekommen. Zum Kuchen war er herrlich, speziell die grossen Apfelstücke und die andeutungsweise vorhandene Weißweinnote lieferten dem Sparkling Shiraz glänzende Spielpartner.

II. Bernhard Prass, Bacharacher Schloss Stahleck, Riesling halbtrocken, Mittelrhein, 2008

Am Mittelrhein ist es bei vielen Winzern wie in Franken: halbtrocken steht dort bei Weinen auf Etiketten, die anderswo nur mit der Aufschrift "Vorsicht! Ultratrocken, nur für Spezialisten!" verkauft werden würden. Ich glaube, bei Prassens hat man kurz überlegt, ob man den halbtrockenen Stahleck-Riesling nicht sogar als lieblich oder mild deklarieren sollte, doch am Ende scheint der common sense gewonnen zu haben. Der Riesling schwebt zwischen trocken und fruchtig-süß, schlägt je nach Begleitung mal nach oben und mal nach unten aus – was ihn zu einem sehr galanten Essenbegleiter macht. Mir hat er schon allein gemundet, noch besser war er zu den Spargelvariationen des Abends und zum Entenleberpraliné, außerdem kam er überraschend gut mit der Graupensuppe zurecht.

III. Poss, Weissburgunder trocken, Nahe, 2008

Das Weingut Poss macht bekannte und in vielen Situationen bewährte Weißburgunder, die mir stets am besten zu deutscher Küche schmecken. Deshalb lag es nahe, aus Sascha Stembergs klug renovierter Weinkarte den Weißen Burgunder von Poss im Glaserl zu wählen. Es sollte keine Enttäuschung sein. Mit seinem mildschmelzigen, entgegenkommenden Naturell ist der Wein ein adäquater Rahmen für Spargel, Salat und Schnitzel gewesen, für das der Barrua zu machtvoll gewesen wäre. Gerade der leichte, nicht verpampte Kartoffel-Radieschen-Salat zum Schnitzel, sowie eben dieses zarte Kalbfleisch waren zusammen mit dem Wein von besonderer Harmonie.

IV. Agricola Punica, Barrua, Isola dei Nuraghi, 2006

Agripuninca ist ein Joint Venture von zwei sehr geschätzten Weingütern: auf der einen Seite Tenuta San Guido, deren Sassicaia weithin als sehr guter "Bordeaux" bekannt ist und den ich überaus gern trinke, auf der anderen Seite die Genossen der Cantina di Santadi, deren Rocca Rubia bereits ein bemerkenswerter Wein ist und deren Terre Brune zu den standardbildenden Weinen seiner Preisklasse gehört. Der aktuelle Duemilavini 2010 ist vom gemeinsamen Kind der beiden entzückt und gibt 5 Trauben, Gambero Rosso und Guide l'Espresso lassen sich ebenfalls nicht lumpen und Sardinien ist sowieso eine aufregende Insel. Also habe ich mir den Wein aus 85% Carignano, 10% Cabernet Sauvignon und 5% Merlot, 18 Monate Barrique, je hälftig in neuem und gebrauchtem Holz, mal in die Karaffe gefüllt. Ich erwartete einen kräftigen Wein, der sich gut mit der Kost aus Sascha Stembergs Küche vertragen würde und sollte nicht enttäuscht werden. Eine halbe Stunde freischwimmen in der Karaffe brachte einen charaktervollen, sonnenverwöhnten, jugendlichen Athleten hervor, den man sich besser in einem Davidoff-Werbespot vorstellen kann, als bei Dolce & Gabbana. Knackig, sonnengebräunt, mit viel pointierter Brombeere und kühlem Blaubeerjoghurt, schmeichelndem Tannin und leicht glyceriniger Süße zum Schluss.

V. Champagne Lanson Black Label (Dank gebührt dafür dem Patron Sascha Stemberg)

Irgendwann zwischen Espresso und dem Abplatzen der letzten verbliebenen Hosenknöpfe überkommt mich der Champagnerdurst anstelle des Verlangens nach Grappa oder anderem Schnaps. Wie gerufen kam deshalb Sascha Stembergs Hauschampagner, der Black Label von Lanson. Der kommt ohne biologischen Säureabbau und infolgedessen mit etwas mehr Säure als andere Champagner seiner Preisklasse ins Glas. Zusammen mit dem herbfrischen Champagnerprickeln ist das für mich der beste Abschluss eines guten Essens und der ideale Übergang zu Kaminfeuer und erotischem Laienschauspiel.

 

B. Das Menu:

I.1 Amuse Gueule: Spargelsüppchen, Nordseekrabben-Happen und Hummersüppchen mit Champagner

Das Spargelsüppchen bildete einen appetitanregenden Einstieg und machte Vorfreude auf den Spargel ganz zum Schluss. Der Happen aus Nordseekrabben und Dill war von einer Bissfestigkeit und Meeresfrische, dass sogar Meeresfrüchteskeptikern Zweifel an ihrer Haltung kommen mussten. Nicht zu vergessen das delikate Hummersüppchen, dessen empfindliche Aromatik völlig frei war von überhitzten Karkassen und angebranntem Hummerfett – ein Aroma, das in manchen gut beleumdeten Küchen wie selbstverständlich zum Krustentiersüppchen dazuzugehören scheint.

I.2 Erster Gruss aus der Küche: Spargelschaum

In der Spargelzeit bietet sich so eine Variation natürlich an. Mir kam sie auf eine fast schon japanische Art schlicht vor: feinstperliger, reinweißer, standfester Schaum, darauf ein paar geröstete Sesamkörner. Schon sehr subtil, um nicht zu sagen: sublim.

II.1 Graupensuppe

Omas Graupensuppe war nicht besser. Das liegt nicht nur daran, dass Oma nach dem Krieg keine nennenswerten Einlagen für die Suppe hatte, sondern das liegt vor allem daran, dass die von Sascha Stemberg einfach überragend gut ist. Früher, als ich noch ein Graupensuppenverächter war, wären mir die Unterschiede gar nicht aufgefallen. Heute dagegen freue ich mich über die herzhafte Wurst, die perfekt gegarten, sämigen, bissfesten, nicht zu matschigen, nicht zu harten Graupen, die richtige Menge an Gemüse und Kräutern, den Salzgrad und die möglichst hohe Serviertemperatur.

II.2 Ziegenkäse mit Rapunzel-Bouquet, Pinienkernen und einer Sauce von Roter Bete, Kümmel und Karamell

Es ist leicht zu erraten, die Sauce gab hier den Ton an, erstklassig sekundiert von den Pinienkernen und in vollendeter Eintracht mit Salat und Ziegenkäse. Ein leichter, gaumenverwöhnender, wegen der großzügigen Menge an Ziegenkäse aber vom Sättigungseffekt her nicht zu unterschätzender Gang.

III. Zweiter Gruss aus der Küche: Entenleberpraliné im Pumpernickelmantel auf Hagebuttenreduktion

Immer wieder ein Vergnügen sind die Pralinés aus Sascha Stembergs Küche. Vor zwei Jahren war seine Blutwurstpraline der Höhepunkt des Abends, nun kam also Entenleber auf den Tisch. Die wirkte etwas rustikaler als die Blutwurstpraline; punkten konnte sie mit ihrer reizvollen Kombination aus Süsse, zartem Schmelz und angenehm vollkörniger Ummantelung. Die Hagebutte hätte etwas konzentrierter oder einfach mehr sein dürfen und gefiel mir zusammen mit Prassens halbtrockenem Riesling ausgezeichnet zu diesem Gruss aus der Küche.

IV.1 1/2 Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Radieschen-Salat und Beerensauce

Das Stemberg'sche Wiener Schnitzel ist ebenso wie die Graupensuppe ein Gericht, das durch seine fast obszöne Einfachheit besticht. Die Herausforderung ist dabei nicht, einer altbekannten, täglich millionenfach zubereiteten Speise neue Facetten abzugewinnen. Die Herausforderung liegt vielmehr darin, ein Basisrezept so ungekünstelt und natürlich wie möglich herzustellen. Das gelingt Sascha Stemberg bei beiden jedes Mal aufs Neue. Das Schnitzel profitiert mächtig von der Herkunft nur wenige Meter die Kuhlendahler Strasse bergaufwärts, die Konsistenz, Faserigkeit und Aromatik des geplätteten Kalbfleischs dürfte selbst Schnitzelstrategen vom Rang eines Figlmüller in bodenloses, oder doch zumindest sehr beifälliges Staunen versetzen.

IV.2 Senfrostbraten mit dicken Bohnen, Perlzwiebeln und Kartoffelstampf

Das Rind – und ich darf mich, da ich während des Studiums für das Fleischrinderherdbuch Rheinland gearbeitet habe, in Rinderfragen einiger Kenntnis berühmen – war seiner Bestimmung aus gutem Grunde nicht entgangen. Denn dieses Fleisch war wie geschaffen für den Teller eines passionierten, manche werden sagen: obsessiven Fleischessers, wie ich einer bin. Als Braten zubereitet schätze ich Rindfleisch besonders, wenn es im Kern nurmehr zartrosa und saftig ist, nicht jedoch blutig, respektive quasi-roh, oder, wie mir auch schon vorgeworfen wurde, nur scheintot, namentlich, wenn ich es als Steak auf dem Teller habe. Dieses erlesene Stück Fleisch entsprach also meinen Vorstellungen von einem guten Rostbraten sehr genau. Was allerdings die Senfkruste angeht, war die mir eine Spur zu wenig senfig. Zwiebelchen, dicke Bohnen und Stampf dagegen waren tadellos.

V. Dritter Gruss aus der Küche: Pfirsichsorbet mit hawaiianischem Vulkansalz

Eine kleine, den Appetit raffiniert befeuernde Erfrischung kam nun aus der Küche. Einige wenige Körnchen von dem ziemlich salzigen schwarzen Salz genügten, um aus einer unscheinbaren Pfirsichsorbetkugel eine Delikatesse zu machen, über deren aromatischen Sensationswert man streiten kann, die mir aber ausgezeichnet gefiel, da ich ein großer Salzfreund bin.

VI. Spargel mit Sauce Hollandaise

Der Spargel war einfach traumhaft. Gleichbleibend dick, nicht zu dick, unverholzt, bissfest, unzerfasert, aromatisch, eben so, wie man sich Spargel wünscht. Die Hollandaise dazu hätte ruhig etwas forscher sein dürfen, ich habe sie letztlich weggelassen, weil mir der Spargel pur lieber war.

VII. Käseauswahl: Brin d'Amour, Langres, Fourme d'Ambert, Rochebaron, eingelegte schwarze Nüsse, Birnenmus und Paprikachutney

Bundesgartenschau 2011 in Koblenz

Als alter Koblenzer will ich nicht versäumt haben, auf die bevorstehende Bundesgartenschau im stets etwas verschlafen wirkenden Oberzentrum hinzuweisen:

Bundesgartenschau 2011 Koblenz

Hering: BUGA-Weine aus Rheinland-Pfalz gesucht

Bei der ersten Bundesgartenschau in Rheinland-Pfalz im kommenden Jahr in Koblenz wird sich Deutschlands Weinland Nummer 1 eindrucksvoll und selbstbewusst präsentieren. Das hat der rheinland-pfälzische Weinbauminister Hendrik Hering angekündigt.

„Mit einer Vinothek und einer Aquathek in der „Langen Linie“ auf der Festung Ehrenbreitstein sowie einer multimedialen Ausstellung zu Weinreisen, Wandern, Radwandern und Gesundheit, den Schwerpunktthemen unserer Tourismusstrategie, wollen wir den vielen Besuchern der BUGA 2011 Lust und Appetit auf die vielfältigen Weine und die hochwertigen Urlaubsangebote im Land machen“, erklärte Hering.

Sehr erfreut zeigte sich der Minister darüber, dass die BUGA GmbH das Thema „Wein“ in ihre eigenen konzeptionellen Überlegungen eingebunden hat und es ermöglicht, dass in der BUGA-Gastronomie ausschließlich Weine aus Rheinland-Pfalz angeboten werden. Gemeinsam mit den Gebietsweinwerbungen des Landes und der BUGA GmbH ruft der Minister Weingüter und Winzergenossenschaften auf, sich an der Ausschreibung für die BUGA-Weine zu beteiligen.

Gesucht werden rheinland-pfälzische Weine, die folgenden Kriterien entsprechen:

Probe A

Im Offen-Ausschank der BUGA-Gastronomie werden präsentiert:

·   Silvaner trocken (Rheinhessen),
    Grauburgunder trocken (Pfalz),
    Riesling halbtrocken/feinherb (Mosel),
    Riesling trocken (Mittelrhein),
    Dornfelder trocken (Nahe),
    Früh- oder Spätburgunder trocken (Ahr).

·   Weißweine des Jahrgangs 2009, Rotwein der Jahrgänge 2007 bis 2009

·   Qualitätswein, Kabinett oder Spätlese bzw. Spätlesequalität

·   0,75-Liter-Flasche

·   Mindestmenge je1.500 Flaschen

Probe B

Für den Bereich der Selbstbedienungsrestaurants ist der Verkauf von 0,25-Liter-Flaschen geplant.

  • Silvaner trocken (Rheinhessen),
    Dornfelder trocken (Pfalz),
    Riesling halbtrocken/feinherb (Mosel),
    Portugieser oder Spätburgunder Rosé oder Weißherbst (Nahe)
  • Weißweine/Rosé des Jahrgangs 2009, Rotwein der Jahrgänge 2007 bis 2009
  • Qualitätswein
  • 0,25-Liter-Flasche
  • Mindestmenge je 2.000 Flaschen

In der Auswahlprobe werden 2009er Weißweine verkostet. Zum Ausschank bei der BUGA 2011 soll der dann aktuelle Jahrgang 2010 kommen.

Die Angebotsformulare mit den detaillierten Lieferkonditionen können unter www.weinmarketing.rlp.de (Themen/Vertrieb/BUGA 2011 Ausschreibung) beim Kompetenzzentrum Weinmarkt und Weinmarketing in Oppenheim abgerufen werden.

Alle bis 4. Juni 2010 angemeldeten und eingeschickten Weine nehmen an der verdeckten Auswahlprobe teil.

Die Probenweine (je 2 Flaschen) bitte zusammen mit dem Produktpass an folgende Anschrift senden:

DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Kellerei – Herr Eller
Wormser Str. 111
55276 Oppenheim

Rési reloaded – Mit dem Fernseh in der Résidence

Beim Essen gefilmt zu werden ist gar nicht weiter schlimm, wenn man sich seiner Umgangsformen nicht schämen muss, oder wenn es einem sowieso egal ist. Oder aber, wenn das Fernsehteam dank fortgeschrittener Kameratechnik dezent im Hintergrund bleiben und dem sorglosen Schlemmer trotzdem auf die Gabel blicken kann. So war es letzten Dienstag in der Résidence, Essen-Kettwig.

O.1 Amuse Gueule: Frühlingsrolle, Selleriecréme auf Pumpernickel und Walnusscrème im Knusperröllchen

– Die Frühlingsrolle war mundgerecht, dicht, aber nicht zu dicht gepackt und daher angenehm bissfest;

– Die Selleriecrème als Würfel mit ca. einem Zentimeter Kantenlänge auf der Pumpernickelscheibe stand aromatisch im richtigen Verhältnis zum Brot, war mir aber als Kontrast zwischen wabbeliger Crème und festem Brot etwas zu weit auseinander;

– Die Walnusscrème im Knusperröllchen lag wieder auf meiner Wellenlänge, fluffige Crème, die intensiv nussig, aber nicht ranciohaft schmeckte, das Knusperröllchen harmonierte gut.

 

O.2 Gruss aus der Küche: Hummer-Fenchel-Variation

– einmal im Wan-Tan gebacken, mir zu sehr an die Frühlingsrolle angelehnt, aber geschmacklich gut;

– mit Fenchel-Tagliatelle, leicht säuerlich, wie beim Sushi-Rettich, als Appetitmacher ausgesprochen gklug platziert;

– als Tartar war mir der Hummer zu unsichtbar, ich habe ihn lieber in größeren Stücken;

– als gestreifte Terrine wiederum gingen Hummer und Fenchelcrème eine überaus schmackhafte einander spielend leicht ergänzende Kombination ein.

 

O.3 Zweiter Gruss aus der Küche: Tomatenessenz mit Gemüserauten

Das war das Signal für die Geschmacksnerven, die nächsten fünf Stunden unter Höchstspannung zu arbeiten. Die Essenz kam sozusagen als Blanc de Noirs, also nur als weiss abgepresster Saft aus den Tomaten, mit einem leicht rötlichen Schillern und war so konzentriert, so aromatisch, dass am Gaumen die schönste Sommersonne schien.

 

Währenddessen gab es Champagne Robert Moncuit Blanc de Blancs Grand Cru 2004. Am besten schmeckte er zur Frühlingsrolle und zum Wan-Tan-Hummer, auch zum Sellerie-Pumpernickel und zu den anderen Variationen mit Fenchel brillierte der Champagner, auch mit der Tomate hatte der champagner keine Mühe und das, obwohl die beiden sonst als geschworene Feinde gelten. An seine Grenze stiess er jedoch sehr klar, als er es mit der leicht süssen Walnusscrème aufnehmen musste, dafür fehlte ihm das nötige Alter und die dann sich langsam herausbildende nussige Aromatik reifer Chardonnays. Anzulasten ist das nicht dem Winzer, nicht dem hervorragenden Sommelier Herrn Voigt, sondern mir, denn ich hatte den Champagner mitgebracht.

 

I. Zweierlei vom geräucherten Chinook-Lachs mit Topinambur und Wildkräutern, dazu ein 2009er Klüsserather Riesling vom Weingut Kirsten, auf Wunsch der Ehefrau Inge von Geldern durchgegoren

Für einen jungen Riesling war der Klüsserather herausfordernd golden, mit aromatisch breiter Schulter und einem herbsüssen Restzuckerschwänzchen. Zum Topinambur mit seiner süsslichen Aromatik passte das schonmal sehr gut. Aber um den Topinambur ging es nicht, der Riesling sollte sich zum Lachs beweisen. Dessen Filet war wahrhaft königlich. Wer sich auf Empfängen und Buffets beim Lachs immer zurückhält, weil er sich vor den Hormonschleudern aus Aquakultur fürchtet, kann beim Chinook beherzt rein- und zubeissen, der Unterschied ist so groß wie der zwischen altem Badeschwamm und Kalbsbries. Dazu der Reisling und die eröffnung des Abends war gesichert.

 

II. Sautierter Skrei im Feldsalatsud, mit Lardo, konfierter Kartoffel und Senfsauce, dazu Rudolf May, Silvaner Spätlese trocken "RECIS" 2007

Kabeljau, bzw. eben Skrei ist und bleibt ein schmackhafter Fisch, den früher nur Kinder, Engländer und arme Leute gegessen haben. Daraus einen schmackhaften Gang zu kreieren, geht so: Den Kabeljau mit guter Butter auf der Haut anbraten, einen nur optisch draufgängerischen, aromatisch dafür umso delikateren Feldsalatsud zubereiten, der sich mit einer nicht zu senfigen Senfsauce optimal für das zarte Skreifleisch eignet, fertig. On top kam dann noch der leicht knusprige Lardo mit der konfierten Kartoffel und ganz on top der Silvaner von Rudolf May, der wie massgeschneidert für diesen Gang war.

 

Z.1 Den Übergang machte ein zartfaseriges, nussig-aromatisches, gesundfleischiges Bäckchen vom Ibericoschweinderl auf gebratener Tomate. Dazu tat der Silvaner weiterhin gut und zeigte bei aller Konzentration und Tiefe willkommene Durstlöscherqualitäten.

 

III. Langostino mit karamellisiertem Blumenkohl und Trüffelscheiben, Frühlingsmorcheln und Dörraprikosen, dazu Domaine de Chatenoy, Menetou-Salon, Cuvée Pierre-Alexandre 2007

Wenn ich Menetou-Salon höre, stelle ich mir unwillkürlich immer eine seltsame Mischung aus dem Sioux-Häuptling von Karl May und dem Spitzenchampagner aus dem Hause Laurent-Perrier vor. Einen champagnerschlürfenden Indianer also, was irgendwie nicht passen will. Was jedoch sehr gut passt, ist Langostino und dieser Wein. Der war nämlich erst ganz sachte pfeffrig und andeutungsweise holzig, entwickelte eine kühl buttrige, ja speckige, auch ein wenig burgundische Stilistik, blieb lang, kühl und ohne Säure im Mund, so dass er mich von seinem ganzen Wesen an ein in dunklen und kühlen Regionen des Meeres herumwanderndes Krustentier erinnerte. Butter, Speck und Pfeffer riefen den Langostino leibhaftig auf den Plan und die zutage getretene Seelenverwandtschaft war das reinste Freudenfest, gekrönt noch von dem konzentrierten Dörraprikosengeleewürfel, von dem ich mir zu jedem Happen vom Langostino eine mikrometerdünne Scheibe herunterschnitt, wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war, mich an der Kombination der Geleescheiben mit Blumenkohl und Trüffel zu laben.

 

Z.2 Vor der Jakobsmuschel gab es noch Pulposalat mit Brunnenkresse, die den Gaumen wieder etwas klärten, was vor allem an der reinigenden, auch den Appetit wachhaltenden Schärfe der Brunnenkresse lag.

 

IV. Jakobsmuschel mit Kirschtomate, Kräuterfocaccia und Basilikumkresse, dazu Kruger-Rumpf Blanc de Noirs vom Spätburgunder, Spätlese trocken 2008

Kruger-Rumpfs 2008er Grosse Gewächse gehören zu meinen Lieblingen dieses Jahrgangs. Grosse Freude war deshalb gesichert, als Herr Voigt den Blanc de Noirs von Kruger-Rumpf vorschlug. An diesem Gang gefiel mir am besten die Basiliumkresse, die der Jakobsmuschel zusammen mit der Kirschtomate zu einer lebendigen Aromatik verhalf. Wie erwartet sehr gediegen dazu der Blanc de Noirs, dem es gelang, die entlegeneren Aromen der Kräuterfocaccia herauszukitzeln.

 

V. Medaillon und Tartar von der Gelbflossenmakrele mit Erbsenallerlei, dazu Churchview Estate, Margaret River unoaked Chardonnay 2007

Das Medaillon von der Gelbflossenmakrele war einer der Höhepunkte des Menus. Besser hätte man es nicht zubereiten können, das relativ feste Fleisch hätte schon für sich allein stehen können und genau deshalb habe ich es getrennt von den Beilagen genossen. Der Chardonnay dazu war mir leider zu lasch, ich wüsste aber aus dem Stand auch nicht, was mir ausser Sake oder Pils besser hätte gefallen können.

 

VI. Cherry Valley Entenbrust mit Rote-Bete-Ravioli, Pak-Choi und Belugalinsen, dazu Domaine de la Martinelle (Beaumes de Venise) Rouge 2008

Ein anderer Höhepunkt des Mahls war der Entengang. Auf die Garkunst von Henri Bach ist Verlass, so dass ich das Entenfleisch nicht noch weiter belobhudeln will. Worauf es mir hier im Gegensatz zur Makrele ankommt, ist die Kunst der Beilage. Das Türmchen von der Roten Bete und der kleine Ravioli mit Roter-Bete-Füllung waren trotz ihrer ja eigentlich erdnahen natur zusammen mit der Ente dem Himmel schon sehr nah. Die Reise wäre aber nicht anzutreten gewesen ohne den roten Beaumes de Venise, eine Gegend, aus der ich bis dahin nur Süssweine getruinken habe. Allein hätte mir dieser Rotwein auch gar nicht geschmeckt, fruchtig war er, erdig, trocken, nicht uncharmant, etwas mehlig, sehr bodennah. Flügel wuchsen ihm erst, als er der Kombination von Ente und Roter Bete den letzten Schliff gab.

 

Wenn mir in einem Restaurant die Sauce besonders gelungen erscheint, dann nehme ich davon gern ein Espressotässchen für den Sologenuss. Hier musste ich ein Tässchen mit dem sensationellen Sesamjus haben, das ich in winzigen Schlückchen zusammen mit dem schon ganz irrational gut dazu passenden Beaumes de Venise wegschlürfte. Perfekt war an dieser Sauce alles, hervorheben muss ich die einzigartige Konsistenz der Sesamkerne. Die waren exakt bissfest, nicht mehr mehlig oder hart, aber auch noch nicht durchgeweicht und matschig, auch keine Abstufung irgendwo dazwischen, sondern exakt auf den Punkt. Sowas macht mich als Sesamfreund glücklich.

 

VII. Geschmorte und kurzgebratene Short Rib vom Angus-Rind mit Poweraden und Perlzwiebelpurée, dazu Côtes de Bourg, Château Falfas "Le Chevalier" 2005 ca. 2/3 Cabernet-Sauvignon und 1/3 Merlot von achtzig Jahre alten Reben, biodynamisch erzeugt

Dieser Wein scheint mir nicht geeignet, im Alleingang den Ruf einer in Vergessenheit geratenen Appellation zu restaurieren. Dazu erscheint er mir zu außergewöhnlich und untypisch für die Region, die ich aber – im Vertrauen – gar nicht besonders gut kenne. Zum geschmorten Rind, das ich mühelos noch Stunden lang hätte essen können, machte sich das Perlzwiebelpurée besonders gut, zum gebratenen Stück gefiel mir die Babyartischocke, deren Name so frappierend an ein isotonisches Getränk erinnert, besser.

 

VIII. Wölkchen von der Passionsfrucht, Sesamkrokant, Kokosnusseis und Zuckerblüte, dazu eine 2006er Riesling Beerenauslese von der Disibodenberger Klostermühle

Zum Passionsfruchtwölkchen hätte ich zu gerne und ganz gegen meine Gewohnheit und Vorliebe eine ältere Fleur de Passion von Diebolt-Vallois getrunken. Herr Voigt hatte aber eine – wahrscheinlich – bessere Idee. Er trug den Hauswein der großen deutschen Energierechtskanzlei Becker Büttner Held auf, deren Namenspartner Christian Held steht hinter diesem Weingut. Dass die Kollegen nicht nur etwas von Energie- und Infrastrukturrecht verstehen, wird schnell klar. Sonntägliches Toastbrot mit dick Butter und Honig drauf, dazu ein schöner Ceylon-Tee – oder ein Schluck vom Disibodenberger, dessen galoppierende Säure nach einem längeren Mahl jeden Schnaps ersetzt. Für das Passionsfruchtwölkchen war das schon eine Herausforderung, Sesamkrokant und Kokoseis dagegen verstanden sich auf Anhieb blendend mit dem Wein.

 

IX. Pitahayacrème mit Knallbrause, weißem Kaffeeeis und Schokobecher

Peta Zeta heisst die Knallbrause. Nun weiss ich es endlich, werde es mir aber wiederum nicht merken können, fürchte ich. Zur Pitahaya, die zu meinen Lieblingsfrüchten gehört, passte sie, so wie sie zu fast allen Desserts gut passen mag. Die Pitahayacrème war indes sehr delikat, mir wäre sie ohne Knalleffekt lieber gewesen. Auch Wein mochte ich dazu nicht kombinieren. Das konnte man schon eher mit dem weissen Kafeeeis machen, das sich ebensogut allein schön wegschlotzen liess. Der Schokobecher, so winzig er letztlich war, kam mir zu dem Zeitpunkt schon sehr mächtig vor. Zur BA passte er besser, als Pitahaya und Kaffeeeis.

 

X. Himbeertörtchen, Orangen-Brombeer-Törtchen, Physalistörtchen und Chilipraliné

Die Törtchen wollte ich eigentlich gar nicht mehr. Zwei Dinge brachten mich dennoch dazu, davon zu probieren. Einerseits: die völlig absurde Überlegung, wenn ich etwas frisches, fruchtiges nehmen würde, hätte das vielleicht eine erfrischende Wirkung und ich könnte mich danach noch dem Käse zuwenden. Andererseits: ausgerechnet die angebotenen Sorten gefielen mir alle sehr gut, einzig die Schokotrüffeltorte liess ich aus. Vielleicht hätte ich davon ein Stückchen nehmen sollen, die Törtchen waren überzeugend. Himbeere, wie ich sie aus meiner Kindheit in Erinnerung habe, Brombeeraroma wie von den Sträuchern die damals direkt neben den Himbeeren standen, Physalis und Orange, die gute Laune verbreiten. Völlig überrumpelt vom plötzlichen Ende meiner gastrointestinalen Aufnahmefähigkeit musste ich auf den Käse dann leider verzichten und trollte mich rüber in den Club B. Und was sich dort noch ergab, darüber bald mehr an dieser Stelle und in der Champagnerdepesche!

Große Gewächse 2008 im Schnelldurchlauf

Ein (+) bezeichnet meine Favoriten aus der jeweiligen Kollektion am Verkostungstag.

 

A. NAHE

– Rieslinge –

 

I. Schlossgut Diel

 

1. Pittermännchen

Ausgewogen, fruchtig und klar, aber recht wenig Säure, eher birnig. Kann man auch als elegant bezeichnen, mir ist das zu wenig Wumms.

 

2. Goldloch

Etwas mehr Säure, dabei immer noch milde, hier aber schon schärfer ausgeprägte Konturen von gelbem Obst und mehr Gewicht als beim Pittermännchen.

 

3. Burgberg (+)

Mineralisch, auch nicht gerade massive Säure, aber gut versteckte Kraft und vielleicht der eleganteste von den dreien.

 

II. Dönnhoff

 

1. Dellchen (+)

Elegant, mit mild eingebundener, feiner Süße und einem saftigen, sämigen Naturell. Hoher Wegschlotzfaktor.

 

2. Hermannshöhle

Verschlossener, enger, mit höherer Säure und weniger Süße, deutlich ernster, als das Dellchen, aber wohl auch mehr Potential.

 

III. Emrich-Schönleber

 

1. Frühlingsplätzchen

Mineralisch, erdig, mit flintigen Noten. Sehr feine Säure und viel Spiel. Braucht frische Luft und Auslauf.

 

2. Halenberg

Etwas alkoholischer und schwergewichtiger als das Frühlingsplätzchen, in der Entwicklung auch etwas zurück, gesund-vegetabile Noten, die zusammen mit reichlich Säure noch ziemlich unruhig wirken.

 

IV. Tesch

 

1. Rothenberg

Mild, weinig, großväterlich. Sehr säurearm, mit sanfter Süße und keineswegs unangenehmem, aber auch nicht besonders originellem, weil recht allein dastehendem Apfelaroma.

 

V. Prinz zu Salm-Dalberg'sches Weingut

 

1. Berg Roxheim

Wässrig, mittelherb, nicht sehr lang.

 

2. Johannisberg

Alkoholischer, nicht ganz so wässrig wie der Berg Roxheim, länger, aber kein Knaller.

 

VI. Schäfer-Fröhlich

 

1. Felsenberg

Mild, sogar andeutungsweise nussig, dabei keinesfalls oxidativ, eigenwillig schön, mit herben Kräutern und von guter, säuregetragener Länge.

 

2. Kupfergrube

Gegenüber dem Felsenberg geglättetere Aromatik, aber am Gaumen griffiger.

 

3. Felseneck (+)

Pricklig, dem Felsenberg von der aromatischen, unverkitschten Eigenständigkeit nicht unähnlich, aber einen touch besser, weil irgendwie geheimnisvoller, abenteuerlicher und rundum eine Spur gelungener.

 

VII. Kruger-Rumpf

 

1. Kapellenberg

Samtiger, sanfter Auftakt, der schnell in heftige Säure übergeht und weg ist der Wein.

 

2. Dautenpflänzer

Eher grober Typ, dabei nicht besonders lang und recht sauer.

 

3. Pittersberg (+)

Der längste, ausgeformteste, mineralischste und mit charmant apfeligen Aromen ausgestattete Pittersberg machte dem Gaumen ein herbschönes Angebot.

 

B. RHEINHESSEN

– Rieslinge –

 

I. Kruger-Rumpf

 

1. Scharlachberg

Kräuter, saftig, mild, auch hier wieder Äpfel und eine unverkrampfte, einfach zu trinkende Stilistik.

 

II. Battenfeld-Spanier

 

1. Kirchenstück

Konzentriert, jung, dicht, fest, nur von einer ganz feinen, noch etwas Zitrusschalen-Bitterstoff mitschleppenden Süße stellenweise aufgelockert.

 

2. Frauenberg

Wie ein mit Kalk abgedämpfter, sehr mineralisch wirkender Pfalzriesling, viel Frucht, aber auch noch viele andere, weniger stark entwickelte Anlagen, insgesamt recht herb, aber blitzsauber.

 

III. Kühling-Gillot

 

1. Sackträger

Ölig, mit Fassgeschmack, ziemlich herbe Schönheit.

 

2. Ölberg (+)

Mineralisch, steinig, auch feuersteinig, erdiger, regennasser Boden, viel verhaltene Kraft, die dem Wein schon eine gewisse Eleganz verleiht.

 

3. Pettenthal (+)

Dem Ölberg nicht unähnlich, ruppiger, auch filziger und mit einem Hauch mehr Süße, am Ende mit Luft und Zeit vielleicht sogar der überlegene Wein.

 

IV. Gutzler

 

1. Kirchenstück

Naturtrüber Apfelsaft, süßlich; nicht schlecht, aber etwas einfach gestrickt.

 

V. Keller

 

1. Hubacker

Nur wenig und verspielte Säure, dafür Butter, Apfel und Zimt.

 

VI. Rappenhof

Der Rappenhof hat sich, das vorweg, nach Kellers Hubacker sehr gut geschlagen und das bei vergleichsweise moderaten Preisen.

 

1. Ölberg

Saftig, säurearm und insgesamt ganz gut, dem Gutzler'schen Kirchenstück nicht unähnlich.

 

2. Pettenthal

Mineralischer, männlicher, härter als der Ölberg, vielleicht etwas kürzer.

 

VII. St. Antony/Freiherr Heyl zu Herrnsheim

 

1. Pettenthal

Ölig, apfelig, weinig und rund, etwas mostig, insgesamt ganz fülliger Wein, mittellang.

 

2. Ölberg

Prickliger, und einen Hauch schlanker als das Pettenthal dabei auch kein Leichtgewicht.

 

3. Brudersberg (+)

Sämig, mostig, aber im Einklang mit sich selbst, präsente Säure und nährendes Fruchtfleisch stehen sich auf hohem Niveau gegenüber.

 

VIII. Wagner Stempel (+) das von mir favorisierte Weingut an diesem Tag

 

1. Höllberg

Schon der Höllberg schlank, rassig, kalkig, mit flotter Säure und gleichzeitig zupackender Art. Kein Weinungetüm, sondern ein behender Macher, geht in großen proben leider nur zu schnell unter, weil die feinen Anlagen des Weins kaum Chancen haben, sich im rechten Licht zu zeigen.

 

2. Heerkretz (+)

Vielschichtig, gediegen, sanft und von adeliger Süße, die dem Wein Würze und Politur verleiht, ohne aufgesetzt zu wirken. Rubensweib trifft es nicht ganz, aber um eine veritable Maitresse à la Marquise Maintenon oder Marie-Louise O’Murphy dürfte es sich schon handeln. Und das beste: praktisch jeder kann sie haben!

 

IX. Wittmann

 

1. Aulerde

Ein Wein, genau wie der Boden auf dem er steht. Unter einer dichten Packung von Ton, Sand, Stein liegt ein lockerer Kies. So liegt auch unter der dcihten, aber nicht gedrängten jodigen Mineralik eine luftige, lebenslustige Säure. Schon jetzt ein Vergnügen.

 

2. Kirchspiel (+)

Eine Schaufel mehr Komplexität und Ernsthaftigkeit legt das Kirchspiel drauf. Dickere Mineralschicht, mehr, auch ernstere Säure, dafür auch mehr und längerer Nachhall.

 

3. Brunnenhäuschen

Der Wein vom Rotliegenden oberhalb des Morsteins teilt dessen wesentliche Bodeneiegnschaften bis auf das Drainageverhalten. Gegenüber dem Morstein ist er feiner, leichter, buttriger und unterscheidet sich auch durch eine etwas nussige Art.

 

4. Morstein

Der schläft noch. Lange, ruhige Atemzüge von Kräuterduft und Steinen, eine grummelnde, tiefgründige Säure, darüber hoch aufgetürmte Schichten von Mineral. Ruhen lassen.

 

– Spätburgunder –

 

X. Battenfeld-Spanier

 

1. Kirchenstück 2007

Ziemlich herber, leicht kräuterbonboniger Geselle mit Malzbrocken und einer Andeutung von Weihnachtsmarkt: kühle Luft, kalte Nasen, Punsch- und Glühweingewürze.

 

XI. Gutzler

 

1. Morstein 2006

Der 2006er schon mit einem ziemlich reifen Auftreten, mit Mürbeteig und einer etwas mehligen Art.

 

2. Morstein 2007

Der 07er dagegen noch etwas zu jung und spitz. Genau dazwischen müßte es noch einen geben, dann wäre die Spätburgunder-Performance von Gutzler gelungen.

 

XII. Keller

 

1. Bürgel

Ladungen von Toffee, Milchschokolade, Kaffee und Himbeertörtchen. Erfreulich, dass bei diesem Wein keine kleinen Himbeerkerne zwischen den Zähnen stecken bleiben, auch erfreulich, dass sich da weder Graphit noch Rauch störend in den Vordergrund mengten, selbst obwohl ich das sonst sehr mag – hier hätte es bloss den idyllischen gesamteindruck verhunzt.

 

C. PFALZ

– Rieslinge –

 

I. Kuhn

 

1. Steinbuckel

Weich, fein, lang, aber auch aufgrund seiner überwiegend reifen, obstigen Aromatik etwas sättigend.

 

2. Burgweg (+)

Eleganter, bissiger, kraftvoller, dynamischer, aber auch schlanker als der Steinbuckel und insgesamt trotz seiner ebenfalls auf reifes Obst aufbauenden Stilistik eher das powerhouse unter den Kuhn'schen Rieslingen.

 

3. Kirschgarten

Noch etwas komplexer, und ca. eine halbe Gewichtsklasse höher angesiedelt ist der Kirschgarten. Auch hier wieder reife Stilistik, aber zusätzlich noch ein Händchen voll Bodylotion, die dem Wein Geschmeidigkeit und Elastizität verleiht.

 

II. Pfeffingen – Fuhrmann-Eymael

 

1. Herrenberg "M" (Mardelskopf)

Die Uhunase kündet von flüchtiger Säure, eine nicht unappetitliche Schärfer lässt erstmal vorsichtig nippen. Und in der Tat findet sich eine adstringierende Säure, die schwachen Mägen nichts anderes als feinstes Sodbrennen verheißt. Wem das nichts ausmacht, der wird unter der übrigens sehr küchenfreundlichen Säure einen noch längst nicht fertigen, spannungsvollen Wein finden, auf dessen weitere Entwicklung man sich freuen darf.

 

2. Weilberg (+)

Einen ebensolchen Rabauken verbirgt der Weilberg, dieser pubertierende Wein ist der Parkourläufer unter den Weinen. Zupackend, schnell, drahtig, gleichzeitig elegant und nahtlos geschmeidig. Gefiel mir deshalb deutlich besser als der "M", wobei beide Weine sicher noch eine verfolgenswerte Entwicklung absolvieren werden.

 

III. Mosbacher

 

1. Kieselberg (+)

In der Nase wie ein Cassis-Traubenzuckerbonbon aus der Apotheke; auch Nektarine mag dabei sein. Ein Wein, der mir sehr leicht, fast zu leicht vorkommt aber die Eleganzphilosophie von Mosbacher exemplarisch zum Ausdruck kommen lässt. Gehört solo getrunken, im Verkostungsgetümmel geht er schnell unter.

 

2. Pechstein

Zitrusnoten, auch Grapefruit prägen diesen Wein. Und wer gerade keine Limette und keinen grobgemahlenen schwarzen Pfeffer zur Hand hat, um ein knalliges Salatdressing herzustellen, der kann auch einfach die rohen Salatblätter essen und mit diesem kompromisslosen Pechstein runterspülen.

 

3. Freundstück

Etwas herber, kräuteriger, und fetter geht es im Freundstück zu. Nachdem das Salatbouquet aufgegessen ist, darf es mit dem ersten Vorspeisengang auch etwas kräftiger weitergehen. Der Wein dazu ist völlig stimmig.

 

4. Ungeheuer

Eine sehr reife Leistung bietet das Ungeheuer. Honig, Wucht, Trockenkräuter, Ingwerschnipsel und Blutorange hämmert der Wein so eisenhart raus, wie 1870 die Telegraphenstationen Frankreichs Kriegserklärung an Preußen, dessen Ministerpräsident Bismarck bekanntlich einer der prominentesten Ungeheuer-Trinker war.

 

IV. Bassermann-Jordan

 

1. Hohenmorgen

Zwar saftig, aber mit einer vegetabilen, grünlichen Note, die nicht recht passen wollte.

 

2. Jesuitengarten

Organischer, harmonischer, schöner war der Jesuitengarten. Auch hier etwas viel Gartengemüse, aber auch reichlich gelbes Obst und eine ordnende Säure. Mehr, als der Hohenmorgen, weniger als der Pechstein, im Moment aber am besten zu trinken. Auf lange Sicht wohl dem Pechstein deutlich unterlegen.

 

3. Pechstein

Der Pechstein pricklig, ausdrucksarm und eng, hinter der abweisenden Front aber schon absehbar eine Ansammlung verschiedenster Aromen; schwierig, die zuzuordnen, hier hilft erstmal nur warten, ich bin aber guter Dinge.

 

V. von Buhl

 

1. Kirchenstück

Buhl zeigte eine reihe schöner Weine, die langsame, aber stetige Entwicklung versprechen. Das Kirchenstück steht ersichtlich noch ganz am Anfang seiner Karriere und ist kaum mehr als erdig und ungelenk.

 

2. Jesuitengarten

Ein eleganter Wein, die Mönchskutte aus Seide, weltläufig, ansprechend, durchgebildet, vielleicht eine Spur Jod, vielleicht einfach Unruhe im Wein. Jedenfalls ein entwicklungsfreudiger Wein mit Potential.

 

3. Reiterpfad

Auf Anhieb erstmal furchtbar eng, zitronig, allenfalls noch etwas sehr harter, grüner Apfel. Erst mit etwal Luft lösen sich Blütendüfte, salzige Mandeln und Aprikose, auch Pfirsich aus dem monolithischen Block. Slowperformer, aber einer, von dem wir noch viel erwarten dürfen.

 

4. Pechstein

Schon ganz freundlich zeigte sich dagegen der Pechstein. Wie ein Juwelier präsentiert dieser Kollege seine Juwelen und breitet die Aromenpalette von roter Johannesbeere über Marille, Quitte bis hin zu Jonathan-Äpfeln und granitenen Klumpen aus. Der erste Wein der ollektion, der sozusagen mit offenen Karten spielt und jetzt schon zeigt, was er alles hat. Nämlich alles.

 

5. Ungeheuer

Nicht ganz so grandios und mühelos trabte das Ungeheuer an. In allem etwas gedrungener, noch nicht so lichtdurchflutet und glockenhell wie der Pechstein, auch kompakter und gedrängter wirkte das alles, aber vielleicht lässt sich das Ungeheuer mit der Entfaltung auch einfach nur mehr Zeit.

 

V. Christmann

 

1. Reiterpfad

Säurearm, mild und mit offenen Armen erscheint dieser Wein im Glas.

 

2. Langenmorgen

Ebenfalls versöhnlich und sehr gastfreundlich ist der Langenmorgen. Mit einem Anklang von Weizenkörnern in der Nase, im Mund dagegen eher reife Kumqat.

 

3. Mandelgarten

Mineralisch und durchstrukturiert, aber auch saftig, von der herbfruchtigen Seite der Mango beeinflusst, für mich nur knapp unter demn Idig.

 

4. Idig (+)

Schlank und ausgewogen, so elegant wie der Nachtfuchs Toulour aus Ocean's Twelve, geschmacklich in der Nähe einer Mischung aus Pitahaya und Litschi, vibrierend, agil, leicht, stark.

 

VI. Bergdolt St. Lamprecht

 

1. Reiterpfad

Mild, leicht und würzig, erinnert an Milch mit Muskatnuss, geschmacklich wie ein Apfeljoghurt, solider Wein, fair bepreist.

 

VII. Ökonomierat Rebholz

 

1. Im Sonnenschein "Ganz Horn"

Zurückhaltende Mineralität, leichter, nicht dramatisch säurehaltiger Wein, sondern ein vornehm zurückhaltender, sich seiner Stärke bewusster Riesling.

 

2. Im Sonnenschein

Gegenüber dem Ganz Horn jodiger, salziger, fast schon etwas problematisch, wenn da nicht auch diese unschuldige, reine Pfalzfrucht wäre, Aprikose, Weinbergpfirsich, mit grasigen Noten unterlegt.

 

3. Kastanienbusch (+)

Sanfter Engel aus Blutorange und Vanille, Nektarine, eine Prise Salz, herrschaftlicher und prunkvoller als die beiden Sonnenscheine, aufgrund dieser Offenheit, bei mindestens gleichem Potential, von mir etwas höher angesiedelt.

 

VIII. Friedrich Becker

 

1. Sonnenberg

Einer der wenigen ganz leichten Rieslinge, mit nur 12,2% vol. alc. Wirkt regelrecht moselanisch, Nektarine und Aprikose, feine fruchtige Säure, wahrscheinlich einer der Weine, die im Rahmen einer solchen Verkostung allzuschnell übersehen werden.

 

– Spätburgunder –

 

IX. Knipser

 

1. Kirschgarten "Mergelweg" 2006

Die Ansage ist: stark, zart, süß. Zwischen diesen Polen schwebt der Wein, unterstützt von einem leichten Feuer.

 

2. Kirschgarten 2006 (+)

Der Kirschgarten legt noch ein Scheit drauf, ohne dass das Fruchtmobilé verbrennt. So wird aus dem herzhaften Kirscharoma z.B. gerade nicht ein Eau de Vie de Kirsch, sondern einfach ein intensiveres Geschmackserlebnis. Die ganze Konstruktion bekommt etwas mehr Frucht, Konzentration, Würze, Tannin und Druck.

 

3. Burgweg "Im Großen Garten" 2006

Etwas abgetaucht und unauffindbar wirkt der Große Garten. Die sparsame Frucht täuscht aber lediglich über die sich ankündigende reife hinweg, denn aus den poren wabert und dampft eine verführerische, dunkle, würzige Komposition aus Malzbrocken und Espressobohnen. Wenn der wieder auftaucht, wird's ein Fest.

 

X. Kuhn

 

1. Kirschgarten 2007

Ich bedauere ja am allermeisten, dass der Kuhn'sche Frühburgunder kein Großes Gewächs ist. Der Spätburgunder ist aber auch sehr schön, saftig, konzentriert und reif, freundlicher und greifbarer als die Kirschgarten-Komposition von Knipser.

 

XI. Bergdolt St. Lamprecht

 

1. Kalkberg 2007

Ziemlich klassisch deutsch anmutender Spätburgunder mit einer gut herausgearbeiteten Erdbeer-Himbeer-Frucht, aber auch etwas zu einfach gestricktem Säuregerüst. Kirschkern und Tannin, Rumkandis und ein touch Eukalyptus machen den Wein aber trotzdem zum Hingucker.

 

XII. Münzberg

 

1. "Schlangenpfiff" 2006

Lang, erdig und dem Schlangennaturell damit nicht unähnlich. Dabei eine milde Säure und keine stark ausgeprägte Frucht. Ein Kaltblüter eben.

 

XIII. Ökonomierat Rebholz

 

1. Im Sonnenschein 2004

Uhu, Erde, grip und Säure, wirkt dabei immer noch etwas tapsig und sollte erstmal die Säure unter den vorhandenen Zwetschgenhut bringen; dafür mit mildem, mandeligem Ausklang.

 

XIV. Friedrich Becker

 

1. Sankt Paul 2007 en Magnum (+)

Animierende, Neugier weckende Schärfe und schmeichelnde Süße wechseln sich ab, dazwischen feuert der Wein seine beeindruckende Beerenpalette ab, dass es nur so raucht – aber was für ein edler Rauch, vermischt mit Mokkaduft und Kakaobohnen, dann wieder Mon Chéri, etwas kunstvoll eingestreutes Tannin; ja so darf eine Diva sein.

 

2. Kammerberg 2007

Gerade mal 400 Meter vom Sankt Paul entfernt kommt hier gleich wesentlich mehr Säure ins Glas, der Wein ist gerbstoffiger, wirkt wilder, ist von drahtigem Körperbau, der die Sehnen etwas sträker hervortreten lässt, einfach der sportlichere Typ.

Rebveredelung und Schädlingsbekämpfung

Rebveredlung: Die erfolgreichste biologische Schädlingsbekämpfung

15.12.2009 Wenn alljährlich im November und Dezember Medaillen und Ehrenpreise an die erfolgreichen Teilnehmer der rheinland-pfälzischen Landesprämierung in den sechs Anbau­gebieten des Landes vergeben werden, stehen natürlich die großen Weine des Jahres und ihre Erzeuger im Mittelpunkt. Eine Ausnahme bilden die Anbaugebiete Rheinhessen und Nahe. Hier sind es nicht nur Winzer, Erzeugergemeinschaften oder Kellereien, die sich aus freien Stücken einem Qualitätswettbewerb stellen. Hier besinnt man sich anlässlich der Wein- und Sektprämierung darauf, dass bestes Pflanzgut erst die Voraussetzung für beste Weinqualität und den wirtschaftlichen Erfolg der Weinbaubetriebe schafft. Daher hat sich hier die Tradition des Prämierungsentscheids der Rebveredler erhalten, dem sich jährlich zwi­schen 25 und 30 Betriebe stellen.

Bis ein Winzer überhaupt einen Weinberg anlegen kann, in dem er später die Trauben erntet aus denen er seine Weine keltert, haben schon drei Instanzen davor ihre Arbeit erledigt.: Ein Züchter hat eine  spezielle Selektion einer vorhandenen Rebsorte oder die Kreuzung zweier Rebsorten vorgenommen. Der Rebveredler, der die Pflanzschule bewirtschaftet, hat auf eine Unterlage einen Rebsortenklon aufgepfropft, das Pflanzgut vermehrt und in der erforderli­chen Qualität und Quantität zur Verfügung gestellt. Die Landwirtschaftskammer als staatliche Anerkennungsbehörde hat die Züchtung anerkannt und in mehreren Anerkennungs- und Kontrollschritten die Vermehrung zu Pflanzreben, deren Sortierung und Verkauf begleitet und mit einem Pflanzenpass nach EU-Norm die erforderlichen gesundheitlichen Eigenschaften der Pflanze attestiert. Ohne Rebveredlung, ohne die Betriebe, die gesundes und leistungsfä­higes Pflanzmaterial bereit stellen, ist Qualitätsweinbau längst nicht mehr möglich.

Vor etwas mehr als 100 Jahren war das noch ganz anders. Rebveredlung war da im Wein­bau überhaupt kein Thema. Erst eine existenzielle Gefährdung des Weinbaus in  Europa durch einen bis dahin unbekannten Schädling und eine geniale Verteidigungsstrategie machten Rebveredlung hier zur verbreiteten Selbstverständlichkeit. Rebveredlung setzte sich als  erfolgreichste biologische Schädlingsbekämpfung aller Zeiten rasch durch.

Das Jahr 1865 ist nicht wegen eines großen Weinjahrgangs ein ganz besonderes in der  europäischen Weingeschichte. Vielmehr ist ein unscheinbar kleines und in seiner Lebens­form recht kurioses Insekt verantwortlich dafür, dass dieses Jahr zum Merkdatum wurde. Es ist das Jahr, in dem die Reblaus (Vitaeus vitifliae) nach Frankreich eingeschleppt wurde und sich von da an rasant über das Land ausbreitete. Binnen weniger Jahre waren 2,5 Mio. Hektar Rebfläche zerstört, ohne dass irgendwelche Schutzmaßnahmen mit Aussicht auf Er­folg auch nur konzipiert waren, obwohl sich die klügsten Köpfe des Landes in Krisenstäben mit Louis Pasteur an der Spitze damit beschäftigten. Die Reblaus stammt aus Nordamerika und ernährt sich durch Saugen an den Reben.  Andere Pflanzen sind vor ihr völlig sicher. Man unterscheidet weiblich Wurzelläuse, die zahlreiche Eier legen, aus denen im Sommer sich einige zu geflügelten Rebläusen häuten und das Erdreich verlassen. Auch sie sind alle weiblich und legen  Eier aus denen männliche und weibliche Larven, die sogenannten Ge­schlechtstiere, schlüpfen. Denen fehlen Kauwerkzeuge und Verdauungsorgane, da ihre ein­zige Bestimmung darin besteht, für Nachwuchs zu sorgen. Das Männchen stirbt nach dem Begattungsakt, das Weibchen nach der Ablage eines einzigen Eis, aus dem im Frühjahr eine Laus als Mutter aller Folgegenerationen schlüpft. Sie legt die Eier für die oberirdische Gene­ration an den Blättern und für die Wurzelläuse, die den zerstörerischen Kreislauf schließen.

In Californien hatte sich in den Millionen Jahren der Evolution eine gegenseitige Anpassung von Parasit und Wirtspflanzen entwickelt, so dass die dortigen Rebsorten zwar befallen wur­den, aber nicht abstarben. In Europa aber hatte diese Evolution nicht stattgefunden. Für eine funktionierende Symbiose, wie in Amerika, fehlten die Voraussetzungen. Die Reblausinvasion traf die hier heimischen Rebsorten völlig unvorbereitet. Bei Befall bildeten sich an den Wurzeln Wucherungen, die das Leitgewebe schädigten. Im Winter faulten die Wucherungen, und das Wurzelsystem starb ab, und zwar in einer Rasanz, dass die Rebstockvernichtung infolge Reblausbefall sich epidemieartig ausbreitete.1874 trat die Reb­laus in der Gartenanlage Annaberg bei Bonn und damit erstmals auch in Deutschland auf. Sie traf hier allerdings auf eine gut vorbereitete Verteidigungslinie mit verschiedenen Qua­rantäne- und massiven Bekämpfungsmaßnahmen Am Ende des 19. Jahrhundert aber galten deutschlandweit dennoch 156  ha Rebland als verseucht. Die Gefährdungslage blieb außer­ordentlich hoch, bis die Ampelografie die Wende einleitete und mit der Freigabe des Pfropfrebenanbaus im Jahre 1925 die indirekten Bekämpfung endgültig den Triumph über die Reblaus brachte.

Die geniale Idee der Bekämpfung durch Pfropfen beruhte auf der Erkenntnis, dass der in Amerika praktizierte oberirdische Kreislauf der Reblaus über die Blätter bei den europäi­schen Reben ausblieb. Es kam hier ausschließlich zum Befall und Absterben der Wurzeln Bei den amerikanischen Sorten hatte der Wurzelbefall dagegen nicht zum Absterben geführt. Das war der Schlüssel zur Bekämpfungsstrategie mittels Rebveredlung. Zunächst wurde in Deutschland der Anbau der amerikanischen Reben verboten, damit der Blattbefall unterbun­den wurde; sämtliche Bestände wurden vernichtet. Reblausbekämpfung wurde zur hoheitli­chen Aufgabe. Die Herstellung und der Anbau von veredelten Pfropfreben unterliegen bis heute der staatlichen Kontrolle.

Die Pfropfrebe besteht damals wie heute aus zwei Bestandteilen. Der oberirdische Teil be­steht aus einer europäischen Rebe, die nicht am Blatt befallen werden kann, und die als de­finierte Rebsorte (Klon) den späteren Wein in seiner Art bestimmt. Aufgepfropft wird diese Rebe als Edelreis mit einem Austriebsansatz (Auge) auf eine unterirdische Unterlage, die aus reablausunempfindlichen amerikanischen Sorten gekreuzt wurde. Die Unterlage über­nimmt über ein tief greifendes Wurzelwerk später die Nährstoff- und Wasserversorgung. Aus dem Edelreisauge wächst der Rebstamm, der Reben, Blätter und schließlich Trauben her­vorbringt Der Rebveredler stellt die Verbindung der beiden Bestandteile her, indem er mit speziellen Schnitten ein gemeinsames Wundgewebe (Kallus) bildet. Darin verwachsen beide miteinander und werden zur pflanzlichen, reblausresistenten Einheit

Im Rebenveredlungsbetrieb werden die jungen Pfropfreben so lange gehegt und gepflegt, bis sie im Freiland der Rebschule über eine gesamte Vegetationsperiode kultiviert werden. Wenn sie 1 Jahr alt sind, kann die Pflanzung durch den Winzer erfolgen. In der Regel zwei Jahre nach der Pflanzung im Weinberg trägt der Rebstock die ersten Trauben und erreicht ab dem dritten seine volle Leistungsfähigkeit. Der so angelegte Weinberg kann eine Lebens­dauer von 30 Jahren und, wenn gewollt, noch mehr erreichen. Im Hinblick auf Reblausvorsorge muss der Winzer lediglich verhindern, dass sich oberhalb der Verede­lungsstelle Wurzeln bilden oder es unterhalb zu Blattaustrieb kommmt, da beides der Reb­laus wieder eine Angriffsfläche bieten würde. Solches geschieht häufig in aufgegebenen und ver­wilderten Weinbergen (Drieschen), deren Beseitigung auch unter diesem Gesichtspunkt eine dringende Aufgabe ist. Reblausbefall wurde in den vergangenen Jahren wieder häufiger festgestellt. Betroffen waren wurzelechte Reben und Pfropfreben der Unterlagensorte 26 G. 2006 wurde das Anpflanzen wurzelechter Reben verboten. Zu verhindern, dass sich die Reblaus neue Lebensbedingungen erschließt und damit wieder zu einer großen Gefahr wird, ist eine wichtige Aufgabe für Züchter, Rebveredler und Winzer. Die Funktion der Rebveredler besteht dabei in der Kultivierung resistenter Unterlagen und der Selektionierung nach Maß­gabe der jeweiligen Standortbedingungen des anzulegenden Weinbergs. Mit der Wahl der Pfropfkombination  von Unterlage und Klon entscheidet der Rebveredler nicht zuletzt auch fundamental über den wirtschaftlichen Erfolg der neuen Rebanlage. Er kann dabei auf um­fassende Affinitätsversuche etwa des DLR Rheinpfalz zurückgreifen.

Die Landwirtschaftskammer betrachtet die Prämierung von besonderen Betriebsleistungen als Anerkennung und Ansporn zugleich. Die Bewertung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird im Zuge einer Feldbesichtigung im Sommer eine Beurteilung der Rebschule nach defi­nierten Kriterien vorgenommen. Später wird die Beschaffenheit des setzreifen Pfalzguts ge­prüft und ebenfalls anhand vorgegebener Kriterien mit Punkten bewertet. Bei der Rebschulprämierung 2008/2009 für die Anbaugebiete Rheinhessen und Nahe, die  gemein­sam mit der Wein- und Sektprämierung in Mainz vorgenommen wurde,  wurden mit einer gol­denen Kammerpreismünze ausgezeichnet:

Rolf Dexheimer, Unterwendelsheim 56, 55234 Wendelsheim

Weingut Jäger, Rheinstr.17, 55437 Ockenheim

Wolfgang Kern, Neustr. 24, 55578 Wallertheim

Gerold Knewitz, Außerhalb 13, 55437 Appenheim

Walter Kiefer, Wallertheimer Str. 5, 55288 Armsheim-Schimsheim

Werner Magmer, Hauptstraße 19, 55546 Biebelsheim

Ulrich Martin,  Rebschule, 67599 Gundheim

Jürgen Mauer, Mittelstraße 22, 55578 Gau-Weinheim

Hans-Günther Müller, Wackernheimer Str. 6, 55270 Schwabenheim

Adelheid Reimann, Klosterweg, 55452 Guldental

Klaus-Heinrich Rupp, Schulstraße 9, 55578 Wallertheim

Heinz-Willi Sommer, Mühlweg 19, 55599 Siefersheim

Klaus Schäfer, Wallertheimer Str. 8, 55288 Armsheim-Schimsheim

Peter Strubel, Wilhelm-Leuschner-Str. 3, 55237 Flonheim-Uffhofen

Ernstfried Wennesheimer, Westring 29, 67550 Worms-Abenheim

Quelle: Frieder Zimmermann, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz

Champagne-Kurztrip: Ledru, Bonnaire, Diebolt u.a.

I. Marie-Noelle Ledru, Ambonnay

Die sehr resolut wirkende Mme. Ledru öffnete

1. Extra Brut 85PN/ 15CH mit 50% 2003 und 50% Reserveweinen aus den

Jahren 1999 und 2002. Die holznahe Nase wies in die falsche Richtung,

Holz kam bei diesem Champagner nicht zum Einsatz. Der Wein wirkte

angenehm und fruchtig, ließ aber etwas rondeur vermissen. Kraft, die

er zu besitzen scheint, ist eben nicht alles.

2. Brut, gleiche Cuvée, jedoch mit 8g dosiert. Hier zeigte sich die

ganze Stärke des Spätburgunders aus gutem Hause und guter Lage.

Weich, rund, sanft, schon gut zugänglich und mit sanft kandierten

Fruchtaromen schon ein interessanter Champagner, dessen

Chardonnayanteil die nötige Portion Frische und etwas belebende Säure

einbringt.

3. 99er Brut Nature. Hart und karg, mit einer hauchzarten Chlornote,

die sich bis ins Lakritzige erstreckt, durchgängiger Säure und

rundlicher Frucht, erscheint so gar nicht brut nature; das mag für’s reife Lesegut sprechen.

4. 00er Brut. Wie der 99er, die etwas an Gougères erinnernde Note

störte mich allerdings. Mit Luft wurde der 00er dann feiner und eleganter als sein

Vorjahrescousin. Ein Champagner, der wie alle Champagner des Hauses

gewöhnungs- und luftbedüftig ist. Für eilige Proben nur schlecht

geeignet.

5. Goulté 2002, Blanc de Noirs. Weinig und rund, lecker-gschmackig und

stoffig im Mund. Ein Wein, der zwar nicht die Gaumenauskleidung

herunterreißt, aber mit etwas Temperatur, Flaschenreife und Luft zu

großer Form auflaufen kann, speziell in diesem guten, die elegante

Seite noch betonenden Jahr. Mittlerweile ist schon die sehr gelungene 2004er Cuvée de Goulté auf dem Markt, die beiden werde ich mir mal nebeneinander vorknöpfen.

II. Paul Déthune, ebenfalls Ambonnay.

Viel zu trinken gibt es bei Sophie meist nicht, im Lagerchen herrscht nämlich das ganze Jahr über ziemlicher Durchgangsverkehr mit nur sehr kurzer Verweildauer. Aber es gab zumindest:

1. Brut (2003-basiert, zzgl. Reservewein), 10g/l. Frisch, säurebetont,

kann Temperatur vertragen, die zart holzige Nase und die lebhafte

sonstige Art dieses Champagners vermitteln den Eindruck einer

besonders gut gelungenen Pomeloschorle.

2. Cuvée Prestige. Holzfaßgereift. Kandierte Zitrusfrüchte,

hintergründig etwas nussige Noten, stabiler und langgezogener

Säureteppich, im Mund von warmer, gemütlicher, fast anheimelnder Art,

gleichzeitig seidig, mit der Zeit kommt eine feine Silexnote zum

Vorschein.

Mme. Déthune erklärt übrigens gern, wie die Lotnummern

ihrer Champagner zu lesen sind: Die Großbuchstaben stehen für die

Cuvée (z.B. PR für Prestige), danach kommt die Nummer (3) und das Jahr

der Tirage (T), in unserem Fall 00 für 2000. Es folgt D für das Datum

des Degorgements und ein Kürzel für Monat (01) und Jahr (07).

III. Yves Delozanne, Serzy et Prin (86% auf der échelle, ein

Meunierspezi), Vallée de l’Ardre.

1. Brut Tradition, 80PM, 10CH, 10PN. Saftiger, süßlich wirkender

Champagner mit gut eingebundener Säure und leichter Metallnote.

Unbeschwert zu trinken und wegen seiner einfach strukturierten

Aromatik ein bequemer Essensbegleiter selbst zur Gorgonzolapizza.

2. Rosé, selbe Cuvée wie oben. Hefig, brotig, rindig. Krosse, mit Bier

behandelte Holzofenbrotrinde, dazu bananige Aromen und ein paar

Tröpfchen Rosenwasser im Bouquet. Wirkte angenehm mürbe, wenngleich

zu jung. Kann noch was werden. Dosage wirkte im übrigen recht hoch,

scheint um 11g gewesen zu sein.

3. 97 Cuvée d’Exception, je 1/3 PM, PN, CH. Quitten, Cranberry,

Sauerkirsch und zum Schluß etwas Schokolade. Eine Art Edelmoncheri

mit strammer Säure und spannendem Potential. Mittlerweile hat ja die junge Generation das Ruder bei Delozanne übernommen, die Cuvée d’Exception wird jetzt unter dem Label V. Delagarde verkauft.

IV. Pol-Roger, Epernay

wie immer eine freundliche Führung, in deren Verlauf dies und das

erklärt wurde. Zu den Champagnern gibt es nicht viel Erstaunliches zu vermelden:

1. Extra Cuvée de Reserve schmeckte wie immer, ziemlich gut.

2. Blanc de Chardonnay (im Hausjargon: flüssiger Diamant) 1998, ein

reiner Grand Cru (was viele gar nicht wissen) und der letzte dieser Art, seit dem 99er Jahrgang

heißt der „Blanc de Chardonnay“ wie alle 100%CH-Champagner „Blanc de

Blancs“. Zuerst toastig und vollzuversichtlich blnacdeblancig,

dann mit plötzlich auftauchender, schockierend häßlicher Krautnase und dann erst ganz langsam wieder als vernünftiger Chardonay erkennbar. Merkwürdige Flasche.

3. Vintage 1998, 60PN, 40CH. Kraftvoll, ja wuchtig, ausgewogen und

typisch. Zwischen kräuterigen Noten und schmelzigem Karamell. Mein

Favorit.

4. Rosé 1999, Cuvée wie der weiße Vintage, jedoch mit 10% Rotwein.

Erdbeerchen, fast leichtfertige Fruchtnase, im Mund Rote Grütze,

dunkle Kirschen, wegen fehlender Säure leider etwas kurz – und im Handel leider auch viel zu teuer.

5. Sir Winston Churchill 1996. Dunkel, machtvoll, fordernde Säure und

eine Andeutung von Cognac und angebrannten Waffeln in der Nase. Wunderwunderwundervoll.

Im Table Kobus dann nochmal 98er Pol-Roger (zum Steak, bzw. zum

Zander). Genuss ohne Worte.

V. Bonnaire, Cramant

Monsieur Bonnaire zeigte uns seine beeindruckende, sehr moderne

Anlage und öffnete

1. Non Dosé

Vorbildliches, sehr schönes Äußeres. Springlebendige Nase, im Mund

unbeschwert schorlig, Durstlöschercharakter. Unaufdringliche,

jederzeit diskrete, aber spürbare Säure und milde Mineralität.

2. 2002er BdB GC 10-11g/l

Saftig, weinig, rund und lecker. Orangenmarzipan, Grand Marnier,

feine, cremige Textur. Sehr schöner Champagner und mein Favorit aus dem gelungenen Program von Bonnaire.

3. Variance (Boisé), enthalten ist ein Drittel zweimal belegtes Holz,

10-11g/l. Holzige, nicht zu schwere Nase, Minze, Eukalyptus und

freche Zitrusnoten kitzeln in der Nase. Säure satt, jedoch nicht

ermüdend. Länger, dafür auch schwerer als der 2002er. In gewisser

Hinsicht eine Steigerung zum 2002er, an dem sehr warmen

Verkostungstag und bei gehoben-frivoler Laune aber etwas zu

herbstlich.

VI. Diebolt-Vallois, auch in Cramant

Monsieur Diebolt war anfangs wie immer etwas zugeköpft, kam aber schnell ins

rollen.

1. Prestige

Blitzblanke Säure, Tannenholz, Harz, Lindenblüten, Weißdorn, Honig.

Frisch, schön, sauber, zugänglich, von ruhiger Had gemacht und schon

jetzt sehr gut zugänglich.

2. Blanc de Blancs 2002, 6g/l

Süffiger als der Prestige, etwas schlanker und filigraner. Weißdorn

und Lakritzanspielungen, dabei saftig, kräuterig und voller

Kelleräpfel, abschließend warme, nussige Töne, die den gut reifenden

Großchardonnay ankündigen.

Im Keller von Monsieur Diebolt griff er en passant eine

3. Fleur de Passion 2002 heraus. Wir leerten diesen gigantischen Wein

an Ort und Stelle. Sagenhaft schöner Champagner. Potenzierter Burgunder mit feinsten Bläschen.

Zum Schluß probierten wir noch die 2006er Grundweine aus den Tanks

und die Grundweine für die Fleur de Passion 2006 aus dem Holzfässchen

(53 Fässer getrennt nach lieu dits, bzw. zum Teil bereits im Faß

vereint). Am beeindruckendsten und einer großen Tafel würdig war Faß

5, „Grosmonts“.

VI. Bollinger, Ay

Im Garten des Hauses gedeiht das Miniversuchsfeld mit den Rebsorten (Teinturier, Pinot Meunier, Pinot Blanc und Pinot Gris, Arbane und Gamay).

1. Special Cuvée: wie immer: sehr gut! Was soll man da eigentlich noch groß schreiben?

2. Grande Année 1999 (einmal im September, einmal im Dezember 2006

degorgiert), dasselbe: auch sehr gut, jetzt deutlich harmonischer als beim letzten Mal und beispielsweise für Silvester 2009/2010 ein würdiger Trunk, wenn man nicht das Glück hat, die noch bessere 2000er Grande Année zur Hand zu haben.

3. RD 1996. Immer noch zu jung (degorgiert im Dezember

2006), aber zweifellos großer Wein, der noch eine ganze Weile laufen kann.

VII. Regis Fliniaux, Ay

1. Blanc de Blancs Grand Cru (Ay). Die Flasche wurde a la

volée vor unseren Augen degorgiert, Dosage hatte er deshalb natürlich

keine, vorgesehen ist eine Dosage von ca. 8g/l. Ein außergewöhnliches

Erlebnis, einen Blanc de Blancs aus der Pinot-Hochburg zu trinken. Ähnlich wie etwa der Chardonnay von Billecart-Salmon erstklassig gediehen und

von einer für die gegend von Dizy bis Mareuil exemplarischen exotischen Fruchtfülle, der nur ein ganz kleines bisschen Säure fehlt.

2. Cuvée des Signataires 50PN/50CH. Ananas, KiBa, Vanille, verspielte Säure, trinkbare gute Laune, der perfekte Abschluß eines großartigen Kurztrips.

Kleine Champagnerprobe auf Schloss Westerholt

I. Flight
Pierre Peters Perle de Mesnil Blanc de Blancs Grand Cru NV
150000 Fl. p.a.
Liebling der französischen Sternegastronomie. Viel Le-Mesnil-Säure, mit Frucht und Malo abgedämpft. Champagner für Feingeister.

Yves Delozanne Cuvée d’Exception NV (1997)
60000 Fl. p.a.
Je 1/3 PN, CH, PM
Archetypischer Vallée de la Marne Champagner. Mürbe, biscuitig, sehr ausgewogen und schon gut reif, solo besser als mit Begleitung; sympathischer, etwas rustikaler Stil nach Art der Pfalzrieslinge

II. Flight
Michel Gonet Blanc de Blancs Grand Cru 1998, btl. no. 3801
300000 Fl. p.a.
handbemalt
Klassischer Avizechampagner mit einer Perlenkette freundlicher Aromen, von Weissdorn über Nashibirne, Ananas, Weinbergpfirsich hin zu Mandarine, Nektarine und einem Mineralrückgrat, das den Champagner immer aufrecht stehen lässt.

André Clouet Un Jour de 1911 Blanc de Noirs Grand Cru, btl. no. 800, degorgiert am 27. Feb. 2007
65000 Fl. p.a.
25% 1997, 50% 1996, 25% 1995
Grosser Champagner nach Art der Grossväter. Ein Abgrund von Pinot Noir: Erotik im Glas, würzig, weinig, warm, fast schwül, ein richiger Burlesque-Champagner.

III. Flight
Bernard Hatté Rosé NV
40000 Fl. p.a.
100% PN
Winzerrosé aus der östlichen Montagne, Verzenay Grand Cru ist zusammen mit Ay und Ambonnay eines der mächtigsten Pinotterroirs der Champagne – und bernard Hatté macht das Beste draus, je nach Jahr mit Stahltank oder Holzfass, aber immer bis ins Letzte ausgeleuchtete Aromatik, präzise sitzende Säure und ein ruckelfreises Weinvergnügen zum kleinen Preis, leider auch nur in kleiner Menge

Larnaudie-Hirault Rosé Premier Cru NV
30000 Fl. p.a.
20% Rotweinzugabe
Winzerrosé von der westlichen Montagne, Premier Crus aus Trois Puits und Rilly-la-Montagne kommen in diesem Rosé zusammen. Gaumenschmeichler mit viel Rosenblättern, Zitrusschale, Kräuterwürze. Reiner Wein aus dem Stahltank, unverkitscht auf die Flasche gebracht.

IV. Flight
Tarlant Brut Zéro Rosé NV, degorgiert Juni 2006
100000 Fl. p.a.
15% PN, 85% CH
holzfassausgebaut, Rotweinzugabe
Parkers Liebling mit einem innovativen Geschoss. Dass die Tarlants schon seit 50 Jahren mit Extra-Brut hantieren, weiss fast keiner. Deshalb staunt alle Welt immer über diese aus dem Handgelenk geschüttelten Cuvées von Jean-Mary und Benoit Tarlant. Aber diese mühelose entfachte Fruchtexplosion verdankt sich nicht dem Zufall, sondern langer Erfahrung und harter Verkostungsarbeit.

Taittinger Comtes de Champagne Rosé 1997
4,7 Mio. Fl. p.a.
70% PN, 30% CH
Maischekontakt
Der alte Adel unter den grossen Rosés und einer der besten Prestigerosés überhaupt. Trinkt sich hervorragend und kostet im Gegensatz zu den edelrosés der anderen Grosskopfeten nicht die Welt. Taittingertypische Eleganz, sportliche Sehnigkeit, der perfekte Triathlet: gut aussehen, gut duften, gut schmecken.

V. Flight
Regis Fliniaux Cuvée des Signataires NV
20000 Fl. p.a.
50% PN, 50% CH
holzfassausgebaut
Das Genie aus Ay, leider ständig ausverkauft, aber wenn man Regis mal vor dem ersten Hahnenschrei in seiner Heimstätte beim Dégorgieren (alles von Hand!) überrascht, dann darf man auch ein paar Flaschen mitnehmen. Die Signataires sind ein Wahnsinn aus Kirsche, Banane, Ananas, Mango, Passionsfrucht, mit spritziger Säure und gutem Kehlenprofil.

2003 by Bollinger
1,3 Mio. Fl. p.a.
70% PN, 30% CH
holzfassausgebaut
Hommage an ein desaströses Jahr. Einer der merkwürdigsten Champagner der letzten Jahre, hing zuerst wie ein toter Wellensittich im Glas, entwickelt sich aber seit etwa einem jahr immer besser und rollt unaufhaltsam auf seinen wahrscheinlich recht baldigen Reifehöhepunkt zu. Kaffee, Toffee, viel Apfel, wenig Säure, Mürbeteig, mineralisch-jodige Noten. Sicher nicht für jeden ein Genuss, aber auf jeden Fall eine Besonderheit.

VI. Flight
Moet et Chandon – Dom Pérignon 1998
26 Mio. Fl. p.a.
50% PN, 50% CH
Der Mönch und die Mode – von Lagerfeld aufwendig in Szene gesetzt und von den Stars und Sternchen weltweit mehr oder minder besinnungslos weggeschlürft. Dabei verdient dieser Champagner und dieser Jahrgang eine genauere Betrachtung und eingehendere Würdigung; sicher: als überragend werden 98, 99, 00, 01 nicht in die Geschichte der Champagne eingehen – aber das gilt auch für 1987, 1995 und 1997. Und aus diesen Jahren gibt es sensationelle Champagner. Das wiederum zeigt: der Könner im Keller kann was draus machen. Beim Dom hat es geklappt. Kein Dom vom Kaliber eines 90 oder 96, aber einer mit einem eigenständigen, bodennahen Profil, fast ein wenig back to the roots. Mineralisch, sehr viel Toast, Kräuter, die typisch dommige Leichtigkeit und die ständige Verwandlung und weiterentwicklung im Glas machen aus diesem Champagner dann doch noch einen würdigen Dom.

Gosset Celebris 1998
900000Fl. p.a.
36% PN, 64% CH
kein BSA; Holzfassausbau
Champagner vom ältesten Weinhaus der Champagne. Völlig anders als der durchgeistigte Mönch. Von Anfang an präsent, mit starker Stimme, starken Aromen, starker Säure, von allem etwas, ohne dass man das Gefühl des non multa sed multum bekommt. Starke performance dieses etwas aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gerutschten Hauses.