Moselsekt von Immich-Batterieberg: http://www.captaincork.com/jour-fixe-riesling-sekt-brut-zero-gernot-kollmann-immich-batterieberg
Nachdem die diesjährige ProWein-Champagnerprobe von Sascha Speicher den Blick für die Dosage beim Champagner noch einmal geschärft hatte, ging ich bei den traditionellen Flaschengärern auf die Suche nach weiterem Anschauungsmaterial. Hinter dem sperrigen Namen "Verband der traditionellen Flaschengärer" stecken einige der besten Namen der deutschen Schaumweinszene und dementsprechend spritziges Vergnügen. Nicht alle verkosteten Flaschen hatten nach dem Dégorgement genügend Zeit, die Dosage zu verdauen, einige sehr interessante Verkostungsergebnisse konnte ich trotzdem mitnehmen. Die nachfolgenden Notizen sind allerdings wegen der teils noch nicht ganz eingegliederten Dosage mehr denn je nur als ganz punktuelle Momentaufnahmen zu verstehen.
1. Raumland
a) Riesling, dég. November 2011
2008er Jahrgang, mit 11,3 g/l dosiert, bei Säure 9 g/l
Ich habe leider ganz vergessen zu fragen, ob der 2008er so wie der 2007er Riesling ganz ohne BSA in die Flasche ging. Auffällig ist nämlich die knackige, strahlklare Rieslingsäure zusammen mit viel weicher, reifer Aprikose. Die für Raumland eigentlich hohe Dosage fällt dankenswerter- und klugerweise überhaupt nicht auf, bei den später dégorgierten Flaschen wird sie wahrscheinlich aufgrund des längeren Hefelagers sowieso wieder sinken. Eine niedrigere Dosage wäre aber für diesen noch jungen Sekt problematisch geworden. Neben seiner Eigenschaft als vorbildlicher Rieslingsekt ist er also eine interessante Lektion für jene, die prinzipiell alles über 10 g/l als weichgespült ablehnen.
b) Marie-Luise Blanc de Noirs, dég. November 2011
2008er Jahrgang, PN mit 8,5 g/l dosiert, bei Säure 6,6 g/l
Frisch, jugendlich und schlank, ohne den von mir durchaus geschätzten Babyspeck, mit anderen Worten: mir im Moment ein Spur zu dünn. Muss mit der Zeit noch einige frauliche Kurven zulegen.
c) Katharina Blanc de Noirs, dég. Januar 2012
2006er Jahrgang, PN/PM mit 7,4 g/l dosiert, bei Säure 6,2 g/l
Vielleicht liegts am Meunier, vielleicht am längeren Hefelager, oder einer der vielen anderen Komponenten, die im Wein wirken; fest steht für mich, dass die Katharina mittlerweile einen ausgeprägteren Champagnercharakter als früher hat, mit gleichzeitig sektig-fröhlicher Frucht und ohne jeden störenden Brotton, dafür mit feiner Nuss und dezenter Pudrigkeit. Gefiel mir gegenüber letztem Jahr deutlich besser und ist einer der dringenden Kauftips aus dem Raumland-Portfolio.
d) Blanc de (Pinot) Blancs , dég. November 2011
2007er Jahrgang
Schon mit dem 2004er Weissburgunder war ich nicht ganz glücklich; die schlanke, mineralische, weißburgundisch-säureschwache Art machte mich auch beim 2007er nicht froh. Schuld daran ist aber nicht Volker Raumland, sondern meine gewandelte Einstellung gegenüber dem Weißburgunder als Schaumweintraube. Ich mag sie in dieser Form einfach nicht besonders, sei es im Sekt, sei es im Champagner oder in Schaumwein anderer Herkunft.
e) Blanc et Noir Brut Nature, dég. April 2011
50CH 50PN, mit 2 g/l RZ, bei Säure 6,3 g/l
Vor einem Jahr habe ich nach meiner Erinnerung erstmals die Cuvée Blanc et Noir getrunken und fand sie da als Einstieg in eine breit angelegte Champagnerprobe bestens geeignet. Nach angemessener Ruhezeit in der Flasche fand ich den Blanc et Noir diesmal wieder sehr gelungen. Saftig und rund, mit Honig, Nuss und Brioche, unter den bisherigen Sekten zusammen mit der Katharina der champagnerigste, überragt nur noch vom Triumvirat. Interessant dabei finde ich, dass Katharina, dieser hier und Triumvirat bei einem zwar vergleichsweise niedrigen aber identischem Säurewert von 6,2 g/l immerhin von 3, bzw. ganzen 5 g/l Dosagezucker getrennt werden.
f) V. Triumvirat 2005, dég. November 2011
PN/PM/CH, mit 5,5 g/l RZ, bei Säure 6,2 g/l
Seit dem I. Triumvirat 2001 verfolge ich die Triumvirate im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten durch die Jahre. Meine gesammelten Eindrücke sind positiv. Jedes Triumvirat ist bislang eine Steigerung gegenüber dem vorherigen gewesen und dabei ist schon das I. Triumvirat wie ein deus ex machina von oben in den deutschen Sektmarkt eingestiegen. Das V. Triumvirat ist voluminös, aber nicht fett, komplex und mit einer aus allen Rebeigenschaften der drei verwendeten Rebsorten zusammengewachsenen Aromenfülle: rote Früchte vom Pinot Noir, grüne und gelbe vom Meunier, etwas Apfel vom Chardonnay, Räucherspeck und Mineralität, dazu sanft mitschwingende Säure. Wahrscheinlich ist es die schönste Genugtuung für einen Kellermeister, wenn der Plan einer Cuvée so haargenau aufgeht, wie hier.
2. Reinecker
Im Jahr 1987 begann Herbert Reinecker mit der Herstellung seiner Auggener Spitzensekte. Handlese versteht sich dabei von selbst, die Trauben kommen unversehrt auf die Kelter und werden nach Lagen getrennt, teilweise in alten Eichenfässern, vinifiziert.
a) Riesling Brut
In Auggen ist der Riesling nicht gerade die tonangebende Rebsorte. Gerade für die Versektung dürften die wenigen dort wachsenden Rieslinge kaum je in Frage kommen. Bei Reinecker gibt es trotzdem Rieslingsekt, guten zumal. Rasse und Schwung sind nicht seine Stärke, er ist eher von gemütlicher, aber nicht behäbiger Art, mit viel eingelegter Aprikose und saftigem, vollreifem Pfirsich, etwas Bonbon ist noch dabei, bestimmt ein Resultat notwendiger kalter Gärführung.
b) Pinot Brut Blanc de Noirs
PN/PM
Für einen Pinotsekt aus den beiden Champagnerpinotrebsorten wirkt er eher leichtgewichtig; rund und gefällig, wie die meisten im Marnetal mit ähnlicher Rebsortenmischung hergestellten Champagner auch sind. Denen gegenüber fehlt es hier an Säure, Struktur und Gewicht, unter Sektgesichtspunkten ist der Blanc de Noirs von Reinecker bei den vollmundigeren Vertretern einzuordnen.
c) Baden Crémant Brut
SB/PB/CH
Vom Sauvignon-Blanc kommt wahrscheinlich der in diesem Sekt vorhandene Methoxypyrazinanteil, das Marienkäferaroma, bzw. die merkliche grüne Paprikanote. Mich stört das im Sekt regelmäßig, weil es ein herrschsüchtiges Aroma ist, neben dem sich andere kaum richtig entfalten können. Wenn die Rebsortenpartner wie hier Weißburgunder und Chardonnay heißen, ist von ihnen in der Jugendphase des Sekts außerdem kein bestimmender Aromenbeitrag zu erwarten. Wer sich damit nicht so schwertut wie ich, wird die grünlich-vergetabilen, aber nicht unreif wirkenden Aromaassoziationen des Sauvignon-Blanc als willkommene Bereicherung begrüßen, im Basiscrémant von Reinecker halten sich diese Noten zum Glück noch im Zaum. Säure zeigt sich nicht.
d) Chardonnay Brut
Druckvoll und klar, mit einer an unberabeiteten Marmor erinnernden Textur. Jetzt sicher zu jung.
e) Cuvée Classic Brut
50-60CH im kleinen Holzfass vergoren und ausgebaut, PN/PM, alle aus selektierten Lagen; 36 Monate Hefelager.
Mein Liebling aus dem Reinecker-Sortiment, jetzt offenbar mit neuem, leider nicht mehr so schön schlichtem Etikett. Spritzigkeit und Strukturiertheit schließen einander hier nicht aus, der Wein ist gelbfruchtig, mit exotischen Anklängen, dabei unverkitscht; eingerahmt von rotfruchtigen Aromen. Präzis den Zungenrand entlang geführt, engmaschig und mit einer sich in Form von gerösteter Brotrinde ankündigenden Empfehlung für feine Reife.
f) Rosé Brut
PN/CH und ein Schuß von nur 1-2% Rotwein
Helle Zwiebelschalenfarbe. Herb und kräftig, dabei erstaunlich säurearm, was ich eigentlich nicht besonders mag. Von seiner Art her erinnert er mich ganz entfernt an den Rosé von Giraud, der trotz seiner zarten Färbung so unerwartet herb ist. Was dem Reinecker-Rosé an merklicher Säure fehlt, gleicht er offenbar mit dem Tanninanteil aus dem Rotwein aus. Für mich zusammen mit dem für die Gegend untypischen Riesling auf einer Stufe direkt nach der Cuvée Classic.
3. Gebrüder Simon, Sektgut Ingo Simon
Die Gebrüder Simon sind seit der letzten Betriebsübergabe im Jahr 2004 das Firmendach für Familiensproß Ingo Simons 1993 gegründete Sektmanufaktur, die von der verdienstreichen Kiki Pfitzer aus dem Markgräfler Land unterstützt wird. Der Moselsekt von Gebr. Simons Sektgut Ingo Simon ist für um die 8,50 €/Fl. zu haben, wenn er denn mal zu haben ist. Zu haben ist er aber nicht immer, denn dass aus Lösnich guter Sekt kommt, ist weithin bekannt, der Betrieb deshalb jedes Jahr ausverkauft. Handrémuage und Handdégorgement sind hier noch üblich. Einen guten Namen hat der Betrieb sich auch als Lohnversekter erworben (Kunden sind u.a. so renommierte Güter wie Bergdolt, Minges und Franzen). Die verkosteten Sekte sind alle frisch, d.h. Anfang Februar dégorgiert.
a) Riesling Brut
Grundwein aus dem Ürziger Würzgarten und dem Erdener Treppchen, spontan vergoren und kurz im Fuder gelagert. Eisweindosage.
Quirliger und sehr beweglicher, sympathischer, schlanker, ephebenhafter Moselriesling mit reifer Frucht, Apfel, Hagebuttentee, Pampelmuse, lang nachklingendem Mineral und lippenleckender Säure.
b) Pinot Brut Blanc de Noirs
In der Nase etwas verhaltener als der Riesling, auch am Gaumen kein solcher Schnellstarter. Hellere Früchte als beim Riesling stellen sich paradoxerweise im Laufe der Verkostung ein und dann bildet sich zum Abschluss noch eine fast kristalline Salzigkeit heraus. Sehr behutsam gemachter Sekt, dem man mit Freude nachspüren kann.
c) Pinot Cuvée
PN, PM, PB, überwiegend aus Lösnicher und Erdener Steillagen. Kurze Zeit im Holz ausgebaut.
Allerlei apfelige Töne spielen hier eine tragende Rolle, dazu kommt eine wahrscheinlich von den roten Rebsorten herrührende Griffigkeit und Nachhaltigkeit, die einen andeutungsweise bierhefigen Nebenton nicht anklagend in die Ecke stellt, sondern als Ausläufer in das Gesamtbild einbezieht.
d) Riesling Brut
Erdener Treppchen, Lösnicher Försterlay, Kinheimer Rosenberg. Kurz im Fuder. Auslesedosage.
Bei diesem Sekt mag es die Gefahr allzu bonboniger Mostigkeit und vorgeblicher Rieslingfrucht in der Cuvée gegeben haben, zum Glück hat sie sich nicht realisiert. Der Sekt ist nur besonders süffig geraten, meiner Meinung nach sogar mit einem gewissen Archetypcharakter für den Moselrieslingsekt. Mein Favorit im Sortiment des Guts.
4. Sekthaus Solter
Der Grundwein für den Sekt von Solter kommt aus Rüdesheimer und Assmannshäuser Steillagen, aus Lorch, Geisenheim, Johannisberg, Hochheim und Winkel, teilweise kommen die Burgunderrebsorten auch vom Kaiserstuhl.
a) Riesling Sekt Brut
Riesling vom Berg Roseneck, 2007er Jahrgang, mit 11,9 g/l RZ , bei Säure 7,8 g/l
Üppiger Rheingauer Riesling, der vollmundige Sahnigkeit mit räucherigem Mineral paart. Bestimmte, aber nicht bestimmende Säure, passende Dosage; Rüdesheim hautnah.
b) Blanc de Blancs Brut
50% Grauburgunder vom Kaiserstuhl und 50% Weißburgunder, mit 2,1 g/l RZ, bei Säure 6,3 g/l
Nach dem schwungvollen Rieslingauftakt hatte es der weichere Burgundersekt schwer, sich durchzusetzen. Er zeichnete sich aber durch Beharrlichkeit aus. Sein niedriger Restzuckergehalt war da ganz hilfreich, die reifen, holzfassverfeinerten Grauburgundertöne und der schlanke Weißburgunder erwiesen sich als gut eingespieltes Team und ergeben zusammen einen runden, schmeichelnden Sekt.
c) Pinot Cuvée
2006er Bischoffinger Grundweine, 50% Spätburgunder 30% Weißburgunder 20% Grauburgunder, mit 4,1 g/l RZ, bei Säure 6,3 g/l
Ob er vom Fassausbau her so buttrig geraten ist, der BSA etwas lange gedauert hat, Oxidation ein Rolle spielt oder was nun die eigentlich Ursache für den Diacetylton in diesem Sekt ist, kann ich natürlich nicht aufklären; das ist sowieso nicht meine Aufgabe. Ich kann nur sagen, dass ich eine leichte Buttrigkeit ganz charmant finde, vor allem wenn sie mit Mandelmilch und einer zarten Kokossplitternase einhergeht, die allerdings tatsächlich vom Holz kommen dürfte. Sonst ist der Sekt mildfruchtig und von robuster Struktur.
d) Pinot Noir Rosé Lilly
Mazerationsrosé mit Pinot Noirs aus dem Rheingau und vom Kaiserstuhl, mit 10,3 g/l RZ, bei Säure 7,5 g/l
Spritziger, frecher Oeuil de Perdrix. Acerola, Rhabarber, Himbeere. Eine Säure fast schon auf Rieslingniveau, die eine entsprechende Dosage erfordert. Mit 10,3 g/l ist der Sekt gut eingestellt und fit nicht nur für die anstehenden Erdbeergelage, sondern auch für Ziegenfrischkäse und längere Flaschenreife.
5. Winterling
In Niederkirchen nächst Deidesheim sind die Winterlinge auf ca. 10 ha zu Hause. Seit 1982 besteht das Wein- und Sektgut. Seit 2008 wird ökologischer Weinbau betrieben. Riesling, Spätburgunder, Weißburgunder und Chardonnay werden von Hand gelesen, unversehrt gepresst und vinifziert, bei der Flaschengärung bleiben die Weine möglichst lang auf der Hefe. Der Riesling erhält eine Dosage zwischen 11-12 g/l, die anderen verkosteten Sekte liegen bei 8-9 g/l.
a) Riesling Brut Ruppertsberger Reiterpfad 2010
Vornehmer Pfalzriesling, ein echter Lagensekt, wie man ihn aus dem Rheingau von Schloss Vaux oder Solter, an der Mosel mit vergleichbarer Typizität bei den Flaschengärkollegen von Simon bekommt. Quitte, Boskoop, Kombava, festgewirkt, stoffig, gut.
b) Blanc de Blancs Brut 2010
100CH
Nicht so angetan war ich von dem etwas langweiligen Chardonnay. Hauptsächlich Apfel, ein Touch Nelke, ganz leicht stechender Pfeffer, mit der lebhaften Säure ein durchaus aparter Mix, aber im Moment leider nicht viel mehr als das. Vielleicht ist der Sekt auch noch zu jung, schließlich hat er gerade mal zwölf Monate in der Flasche zugebracht. Spätere Dégorgements oder mehr Flaschenreife müssten die jugendliche Unzulänglichkeit dann ausgleichen.
c) Pinot Rosé Brut 2010
Assemblagerosé.
"The lipstick on his collar/doesn't seem to match mine" – Caro Emerald hat genau diesen Pinot Rosé in Amsterdam kennengelernt, seither ist er ihr fester Begleiter, richtigerweise als Magnum. Zumindest die Farbe in ihrem Glas ist also genau die richtige. Die Probleme des 2010er BdB sind dem Rosé fremd. So vollweibhaft, köperlich und gegenwärtig wie die Musik von Caro Emerald und so gekonnt wie ihr Mix aus Swing, Mambo und Jenesaisquoi ist der dazu passende Rosé von Winterling, kein Wunder also, dass die Sängerin begeistert von diesem Sekt ist. Im Glas ist er vor allem von einer sämigen Erdbeerfruchtigkeit. Der Sekt kommt außerdem ohne die sich häufig ungefragt dazugesellenden Schokoladenaromen aus und wirkt dadurch besonders pur. Auch an weinigem Subkontext mangelt es ihm nicht, das hebt ihn über die Gruppe der no-brainer Rosés hinaus.
d) La Coulée d'Or Brut 2007
Drittelmix wie in der Champagne, Klone und Beratung beziehen die Winterlinge aus Frankreich. Genauer: aus der Champagne. Von Goutorbe in Ay, um ganz genau zu sein. Champagnerfreunde sind vielleicht mit den Champagnern von Henri Goutorbe vertraut oder kennen die Familie wegen der Terres et Vins de Champagne Verkostungen im Castel Jeanson von Goutorbe. Fassgärung und -ausbau des Coulée d'Or finden in alten Fässern von Rousseau aus dem Burgund statt, gefolgt von 36 Monaten Hefelager. Das ergibt kräftigen Sekt mit Winzerchampagnercharakter und burgundischem Naturell. Hauchweise Cognac, feste Säure, Volumen und Kraft. Gebrannte Mandeln, Torrone, Nougat, Walnuss, Zwetschgenröster. Für 12,50 €/Fl. unbedingt kaufen!
6. Sektgut St. Laurentiushof Klaus Herres
Der langjährige Lieferant des Bundespräsidenten und des schwedischen Königshauses ist in Leiwen, der Partnergemeinde von Le-Mesnil zu Hause. Das verpflichtet. Erste Erfahrungen mit der Schaumweinbereitung hat Klaus Herres im Chardonnay-Epizentrum deshalb direkt in der Champagne gesammelt. Im heimischen Keller durchlief seine eigene Schaumweinbereitung 300 Jahre Champagnergeschichte im Schnelldurchlauf, insbesondere den ärgerlichen Teil mit den explodierenden Flaschen. Seit Anfang der Neunziger ist das Sektgut in der Spitze der deutschen Flaschengärer verankert.
a) Crémant Extra brut 2009, dég. Ende Februar 2012
PN/CH/R, mit 4 g/l dosiert.
Keinerlei Integrationsprobleme mit der kürzlich erfolgten niedrigen, daher insoweit unproblematischen Dosage. Unabhängig davon ist der Crémant Extra Brut ein luftbedürftiger, sehr kultivierter Sekt mit zitrusfruchtiger Nase, reichem Blumenduft, crèmigem Mundgefühl und klarem Abgang.
b) Crémant Brut 2009
PN/CH/R, mit 8,9 g/l dosiert.
Dem Extra Brut sehr ähnlich, aber gefälliger, süffiger. Abzüge nimmt der Crémant Brut gegenüber dem extra Brut bei Dichte und Mineralität vor, dafür gibt es Zugewinn im Fruchtspektrum.
c) Riesling Brut 2008
Mit 12,7 g/l dosiert.
Hier zeichnet sich der Riesling so klar ab, wie Schamteile unterm Wicked Weasel Bikini. Dazu kommt betäubendes Blumenparfum, Aprikose, Pfirsich und eine beginnende Reifenote. Die Säure hält sich in Grenzen.
d) Riesling Brut 2009
Frischer, frecher, schlanker, rutschiger als der 2008er Riesling, mit nicht ganz so viel ausgeprägter Aprikosenspalte und mir daher eine Spur lieber, ja ich muss sogar sagen, das ist mein Lieblingslaurentiussekt.
e) Chardonnay Brut 2009
mit 11,9 g/l dosiert.
Rund und gelbfruchtig, vom Quittenmus bis zum gelben Paprikaconfit ist alles dabei, Apfel spielt keine so große Rolle, Säure auch nicht.
f) St. Laurent Blanc de Noirs Brut 2008
Sehr hell ist dieser St. Laurent Blanc de Noirs geraten, die bloße Farbe verrät hier nocht nichts über die Rebsorte. Die Nase auch nicht. Im Mund ist der Sekt sehr weich, fast flaumig, quasi säurelos und mir kommt er ziemlich lahm vor.
g) Cuvée Nadine Spätburgunder Rosé Brut 2009
Mit 10,2 g/l dosiert.
Der Spätburgunder Rosé ist nach einer niedlichen Eröffnung mit Milchbrötchen und Schokoraspeln zunehmend kräftig und bildet einen Strudel herbstlicher, kräuteriger Aromen um die im Zentrum stehende verwegen wirkende Erdbeere, die sich nach geschmorter Rehkeule sehnt. Kostet gerade mal 11,50 €/Fl.
7. Sektkellerei Martinushof
Niederkirchen ist ein gutes Sektpflaster. Familie Reinhardt fertigt dort seit 2001 Schaumwein, nachdem der Sekt ab 1991/92 zunächst nur für den Ausschank auf der eigenen Hochzeit hergestellt wurde, sich dann aber immer mehr zum Zugpferd entwickelte und schließlich den Umzug in den Martinushof erforderte. Eine Hefelager von mindestens zwölf Monaten haben die hier hergestellten Sekte, produziert werden sie mit Gerätschaften aus der Champagne. Medaillen und Prämierungsbapperl kommen nicht auf die Flaschen, obwohl reichlich Auszeichnungen vorhanden sind. Die Preise liegen größtenteils unter 10,00 €/Fl.
a) Riesling Extra Brut 2010
Pfälzer Signatur, wie mit dem Stempel prägen sich Apfel, Pfirsich und Mango auf die Zunge.
b) Riesling Brut 2010
Der Zucker holt aus dem Riesling noch Stachelbeere und gelbe Johannisbeere heraus, die Unterschiede zwischen beiden sind so fein nuanciert, dass ich keinem von beiden den Vorzug geben könnte. Der Brut ist aber aus mir nicht erfindlichen Grund mit 8,30 €/Fl. um 0,50 € günstiger als der Extra Brut.
c) Crémant Brut 2010
100PN
Rund, weich und finessereich, mit einer delikaten Burgundersäure und zartem Schmelz; leider lässt sich die Säure nach nur kurzem Gefecht von der etwas mächtigeren Fruchtigkeit an den Rand drängen. Das macht den Crémant zwar süffig, aber ein ganz kleines bisschen mutigere Säure hätte ihm mehr Spannung verliehen.
d) Chardonnay Brut 2009
Mir zu süß und verwaschen.
e) Pinot Rosé Brut 2010
75PN 25PM
Auch dieser an sich schöne Marnetalmix leidet meiner Meinung nach unter zu viel Zucker. Mehr als rotes Bonbon konnte ich nicht wahrnehmen.
f) Sauvignon Blanc Brut Nature 2010
Gras, Kräuter, grüne Paprika, auf den ersten blinden Schluck ein richtig guter Neuseeländer. Harte, aber nicht aggressive Säure, die nach der ersten Mundattacke den saftigen Charakter besonders kontrastreich wirken lässt.
1. Wilhelmshof, Blanc de Noirs Brut 2007
20 Monate Hefelager.
Der erste Wein in einer Verkostung sein zu müssen, ist immer mit Schwierigkeiten behaftet. Der Gaumen mancher Verkoster ist vielleicht noch nicht recht kalibriert, die Begeisterungsschwelle noch nicht alkoholbedingt gesunken. Der Wilhelmshof musste als leicht zu enttarnender Pirat diese undankbare Einsteigerrolle übernehmen. Für den bekanntermaßen exzellenten und vielfach dekorierten deutschen Sekterzeuger mit der hohen Champagneraffinität war die Pole-Position leider besonders ungünstig, denn Sekt und Champagner lassen sich nur ganz schwer in einer Probe, bzw. in einem flight unterbringen. Hinzu kommt noch, dass der konkret verkostete BdN mit einem unangenehmen Sauerkrautstinker nicht auf Anhieb begeistern konnte; besser wurde er dann zu allem Unglück auch nicht mehr. Keine Spur von der sonst vom Wilhelmshof bekannten Sekt-Noblesse, keine betörende Frucht, zwar ein angenehmes Mundgefühl, aber letztlich zu wenig von allem.
2. Marie-Noelle Ledru, Ambonnay Grand Cru Brut
80PN 20CH, mit ca. 8g/l dosiert.
Von Viticultrice Marie-Noelle Ledru ist mir die Spitzencuvée de Goulté sehr ans Herz gewachsen. Ihre anderen Champagner kenne ich nicht so gut und so war es für mich schwer, mich dem Champagner blind zu nähern. Hochwertiges Lesematerial konnte man vermuten, dafür gaben Struktur und Gewicht des holzlos ausgebauten Weins genügend Anhaltspunkte. Die deutlich schmeckbare Wildkirsche kam mir allerdings allein etwas zu simpel vor, Nebenaromen konnte ich kaum ausmachen.
3. Roger Brun, Cuvée des Sires, Grand Cru "La Pelle" Extra Brut 2002
100PN aus südlich exponierter Einzellage; in kleinen Holzfässern vinifiziert. Unfiltriert, mit 3 g/l dosiert.
Kräftig, reif, vollmundig, dabei etwas pektinig und ganz leicht trocknend, daher an der Gaumenmitte vielleicht nicht gerade ein Loch, aber eine dünnere Stelle. Ich dachte wegen seiner verschwenderischen Fruchtnase (Kirsche, Banane, Bratapfel) zuerst an eine noch ganz junge Cuvée des Signataires von Régis Fliniaux, den ich erst kurz zuvor noch besucht hatte. Zumindest was den Ort betrifft, lag ich also richtig. Ein schöner Champagner, der wegen seiner durchdringenden Aromatik nicht an einen 2002er denken lässt und gut zum Essen passt.
4. André Clouet, Un Jour de 1911 Multi Vintage (2002, 2001, 2000 (?))
100PN aus Bouzy Grand Cru.
Ein langgehegter Wunsch ging in Erfüllung: mal eine etwas reifere Flasche vom 1911er trinken. Bisher habe ich diesen Champagner immer viel zu jung getrunken. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn schon in seiner Jugend schmeckt er famos, bei mir ist er als Burlesque-Champagner abgespeichert. Doch ist mir bei früheren Flaschen stets sehr schmerzlich bewusst gewesen, wie viel Potential er hat. Köstlich war der Mix aus weichen, sämig-fruchtigen Aromen vollreifen Beeren, die behutsam daruntergewobene Vanilligkeit, die unverpampte Textur. Die sehr scharf umrissenen Konturen von Goji-Beere, Cranberry und Zitrusfrüchten jüngerer Flaschen sind jetzt nicht verschwommener, aber gaumenfreundlicher, nicht mehr so dichtgedrängt und quirlig. Dieser Reifezustand entspricht seinem wärmenden Naturell – vielleicht schaffe ich es jetzt, dies Flaschen länger unangetastet zu lassen.
5. Jérôme Prévost, La Closerie, Rosé Brut Nature "fac-simile" (2007er), #58/2800, dég. Dezember 2009
100PM davon 11% Meunier Stillweinzugabe. Ausbau in jungen und alten Barriques.
Ich meine ja, dass längst nicht jeder der mal bei Anselme Selosse ein Praktikum gemacht hat, gleich ein Selosse-Schüler ist. Jérôme Prévost ist aber doch einer. Zu Hause ist er in Gueux. Das ist ein beschauliches Nest westlich von Reims, an der A4 Richtung Paris, IKEA-Freunde wissen, wo. Das Aufsehenerregendste in Gueux ist die freundlich-geschwätzige Verkäuferin im Tante-Emma-Eckladen, aber rein äußerlich gewiss nicht das Prévostische Anwesen. Daran fährt man schnell mal vorbei, denn Monsieur Prévost bewirtschaftet nicht zig Hektar und residiert nicht wie die großen Herrschaften. Über eine unscheinbare Bimmel kündigt sich der Besucher an, wenn er Einlass begehrt und wird freundlich aber bestimmt abgewiesen, wenn es nichts zu verkaufen gibt, was der Regelfall ist. Sein Champagner mit dem außergewöhnlich schlichten Etikett kam hell-zwiebelschalenfarben ins Glas. Kaum zu greifen war die Aromatik dieses noch ganz blutjungen Champagners, von dem man sich nur wünschen kann, dass er in Zukunft mehr Zeit auf der Hefe verbringen darf. Mineralisch, dicht, wandlungsfreudig. Beerig, vegetabil, mineralisch. Wispernd und leise, aber nicht vernuschelt. Kompromisslos und bestimmt, mit hoher Kraftreserve und viel Potential, allerdings von völlig anderer Machart als der 1911er in seiner Jugend. Sehr schön dürfte dieser ultrarare Champagner derzeit zu sparsam gewürztem Fisch mit hoher Eigenaromatik schmecken, noch viel schöner in fünf Jahren solo.
6. Jacquesson, Rosé, Dizy Premier Cru Extra Brut "Terres Rouges" 2003, mise en bouteille 14. Mai 2004, dég. 1er Trim. 2008
83PM, gepflanzt 1971 und 17PN, gepflanzt 1993; Mazerationsrosé mit 12 Stunden Schalenkontakt. Vinifikation im Fuder, dosiert mit 3,5 g/l.
Mit diesem Champagner kam das genaue Gegenteil des Prévost ins Glas. War der eine schon fast zu hell für einen Rosé, so war dieser hier meiner Meinung nach zu schon wieder sehr sehr dunkel und hätte ebensogut als – unzulässiger – Rotchampagner eingeordnet werden können. Dem 1959er Bourgogne Mousseux Méthode Champenoise vom Wochenende zumindest in der Farbe sehr ähnlich. In der Nase konzentriert, schwere, aber nicht bordellige Duftschwaden. Intensiv erdbeerig, mehr noch kirschig und mit viel Bodenhaftung – kein bloßer Früchtchenchampagner, sondern merklich enge Verwandtschaft zu Burgund. Sehr reif, säurearm. Überaus stark in Kombination mit Schinken, Salami, Pfeffer, Edelschimmelkäse. Faszinierend.
7. Xavier Leconte, "Les Vents d'Anges" 2005
100PM.
Nach dem Roséflight und ganz besonders nach dem mächtigen Jacquesson hatte es dieser weiße Meunierflight nicht leicht. Die Champagner von Xavier Leconte aus Troissy gehören zu den eleganteren Vertretern aus dem Marnetal. Von bäuerlicher Unbeholfenheit und trampelnder, etwas unsauberer Fruchtigkeit bei ihm keine Spur. Die Rebsortenchampagner aus seiner Serie "Les Vents d'Anges" gefallen mir alle gut, am besten gefallen mir Chardonnay und Pinot Noir. Den Pinot Meunier habe ich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal geöffnet. Grapefruit und Birne, reif, aber nicht überreif. Schlanker Wein ohne störende Holzeinflüsse.
8. Leclerc-Briant, Cumières Premier Cru Les Authentiques "La Ravinne"
2006er und 2005er, Blanc de Noirs von Pinot Meunier aus Verneuil. Mit 5 g/l dosiert.
Von der Frucht her dem Leconte sehr ähnlich, lediglich mit einer Spur mehr frischer Säure und einer etwas breiteren Bauart.
9. Egly-Ouriet, Blanc de Noirs Grand Cru Pinot-Noir Vieilles Vignes "Les Crayères", dég. nach 54 Monaten im Januar 2008
Erste Gärung im Holzfass (kennt man sonst noch von Krug oder Alfred Gratien). Ungeklärt, ungeschönt, ungefiltert. Kein BSA. Mit 2 bis 4 g/l dosiert.
Ein klarer Schritt nach oben und gelungener Abschluss eines schönen Blanc de Noirs Abends war der Crayères von Egly-Ouriet. Sattes Gold kündigt reife Aromen an, aber auf das dann kommende Erlebnis sollte man vorbereitet sein. Der erste Schluck ist, als würde man in eine bereits fahrende Achterbahn einsteigen. Temporeiche Entwicklung, mit Beerenfrüchte, Zwetschgenkuchen, pikant holziger Minzigkeit, die entfernt an amerikanische Eiche erinnert und ganz dezenter Hefe. Anders als in der Achterbahn rutscht man hier nicht auf einer glatten Sitzbank hin und her, sondern hat in phantastischen Sportsitzen jederzeit perfekten Halt. Völlig zu recht ein weithin begehrter Champagner.
10. Zoémie de Sousa, Blanc de Blancs, Cuvée Precieuse
Chardonnay aus Chouilly, Cramant, Avize, Oger und Le-Mesnil.
Der große Erfolg der Winzerchampagner von Erick de Sousa führte dazu, dass er den Status des négociant erwarb und begann, unter dem Namen Zoémie eine Champagnerlinie zu kreieren, bei der er Trauben zukauft. Das gelingt ihm ganz gut, denn an den Prinzipien der Weinbereitung wird dabei nicht gerüttelt. Die Vinifikation findet in 400-Liter Eichenfässern statt, es folgt ein dreißigmonatiges Hefelager. Autolytische Aromen, rote und grüne Äpfel prägen das Geschmacksbild.
Sekt, Schaumwein, Perlwein
Bach/Troost/Rhein
Ulmer, 3. A. 2010
448 Seiten
69,90 €
ISBN: 3-8001-6412-7
Nach fünfzehn Jahren und zahlreichen Gesetzesänderungen – die nicht vollumfänglich in der Neuauflage berücksichtigt werden konnten, weil der Gesetzgebungsprozess noch in vollem Gange war – gibt es manche Neuerung nicht nur für den deutschen Schaumweinpraktiker. Ebenfalls geändert hat sich die Bearbeiterstruktur des Standardwerks. Von der bisherigen Autorentrias ist als Alleinbearbeiter Hans-Peter Bach übriggeblieben, die beiden anderen sind zwischenzeitlich leider verstorben. Die nicht ganz einfache Aufgabe, das umfangreiche Werk überarbeiten und anpassen zu müssen, hat Bach gut gelöst. Freilich, der Veröffentlichungszeitpunkt ist ungünstig, denn gerade im Angesicht einer vor dem Abschluss stehenden Weinrechtsnovellierung mag es fruchtbringender erscheinen, noch ein wenig mit der Veröffentlichung abzuwarten. Andererseits ist gerade das Europarecht ständig im Fluss und eine Neuauflage war längst schon überfällig. So mag denn an der einen oder anderen Stelle das Werk nicht nahtlos an das neue Recht anknüpfen, doch zumindest ich kann dafür Verständnis aufbringen.
Der deutsche Sektmarkt wird bekanntlich dominiert von Großerzeugern, die im Tankgärverfahren gewaltige Mengen Prickelstoff produzieren. Demgemäß richtet sich ein Sektbuch tunlichst an jene, die sich mit den Eigenheiten und Problemen dieser Methode bereits jetzt täglich auseinandersetzen oder vorhaben, das zu tun. Diesem Ansatz ist Hans-Peter Bach treu geblieben. In den letzten Jahren kam jedoch die Winzersektszene merklich in Bewegung. Dieser Tendenz wollte sich der Verlag offenbar nicht verschließen. Daher ist in der Neuauflage dem flaschenvergorenen Schaumwein ein breiterer Platz eingeräumt, als bisher. Ich begrüße das sehr. Überaus begrüßenswert ist zudem die Preisanpassung nach unten. Statt wie bisher 99,00 € schuldet der Erwerber seinem Vertrauensbuchhändler für das neu aufgelegte Werk nur noch 69,90 €, muss jedoch eine Verringerung des Buchumfangs von ehemals mehr als 600 Seiten auf nunmehr knapp 450 Seiten hinnehmen. Die Aufmachung ist behutsam modernisiert worden, viele bewährte Graphiken hat Bach aus dem Vorgänger übernommen – schade nur, dass er z.B. auf S. 44 nicht die gesamte Graphik übernommen hat. Im Vorgänger wird nämlich noch die Schwankungsbreite beim Flaschendruck gezeigt, die zum Teil bedenklich unterhalb des gesetzlich festgeschriebenen Mindestdrucks liegt. Gerade im Angesicht der Diskussion über Flaschenminderdruck, bzw. zugesetzte Industriekohlensäure in deutschen Schaumweinen wären ein paar erläuternde Worte nicht schädlich gewesen.
Der Aufbau ist noch immer übersichtlich und zerfällt in sieben statt bisher sechs Teile. Der erste Teil ist eine kurze, allgemein gehaltene Einführung in das Thema, im zweiten Teil geht es um die Grundweine, im dritten sodann um die Hilfsmittel der Schaumweinherstellung. Teil Vier befasst sich mit den verschiedenen Methoden der Schaumerzeugung und der fünfte Teil ist komplett der Flaschengärung nach klassischer Methode gewidmet. Dem schließt sich ein Kapitel über Kohlendioxid an und zum Schluss folgt ein Kapitel über betriebliches Qualitätsmanagement.
Lag im Vorgängerband der Schwerpunkt ganz klar im Bereich der Schaumweinerzeugung unter industriellen Bedingungen mit einer ausführlichen Vorstellung von Geräten, Maschinen und Apparaten, so hat sich in der Neuauflage der Akzent wohltuend verschoben. Für viele Weinerzeuger, die mit einem Qualitätsschaumwein nicht mehr nur als Abfallprodukt der Stillweinproduktion, sondern als Aushängeschild liebäugeln, bietet das Werk eine solide Handhabe. Für die Produktion von Winzersekt aus dem Stegreif sind die Ausführungen freilich nicht geeignet, Anfängern sei das Buch mehr als Lehrwerk denn als Praxisleitfaden anempfohlen. Winzer mit Stillweinerfahrung und ausgeprägtem Interesse an den Grundlagen einer guten eigenen Sektproduktion dürfte das Buch schon wesentlich bessere Hilfestellung bieten. Dem wichtigen Thema "Schwefelung" wird im gesamten Werk ausreichend Platz eingeräumt. Wie bedeutsam die Schwefelfrage ist, zeigt übrigens der gerade erst an dieser Problematik gescheiterte Biowein-Entwurf von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos.
Die Punkte Abwasser/Abwasseraufbereitung, Unfallschutz und Produktionsplanung am Ende der 2. Auflage sind zugunsten einer auf kleinere Betriebe zugeschnittenen Betrachtung des Qualitätsmanagements weggefallen. Das ist einerseits der, um mit Schumpeter zu reden, verzweifelten Kürze des Buches geschuldet, andererseits ein mutige und nicht mutwillige Schwerpunktverlagerung, die vor allem in jungen Betrieben auf offene Ohren stoßen wird. Angesichts der ebenso umstrittenen wie an Fahrt aufnehmenden und selbst in Geisenheim schon angekommenen biodynamischen Wirtschaftsweise habe ich Ausführungen zu diesem Thema leider vermisst.
Lob verdient das Werk schließlich noch für seinen korrekten Umgang mit dem Hinweis auf Gesetze und Verordnungen. Nur zu oft liest man selbst in Fachpublikationen vage Umschreibungen des jeweils betroffenen Gesetzestexts und ist insofern, wenn man sich darauf verlassen wollte, dem geisteswissenschaftlichen Hörensagen hilflos ausgeliefert. Bach benennt die Regelwerke und ermöglicht es so jedem interessierten Leser den Blick ins Gesetz.
Fazit: Nach wie vor liefert "Sekt, Schaumwein, Perlwein" eine zuverlässige, von langjährigem Praxiswissen an vorderster Forschungsfront geprägte, önologisch-technische Aufbereitung der Schaumweinherstellung. Man könnte sie sich vielleicht umfassender aber kaum nutzbringender vorstellen. Die Bach'sche Diktion macht das Lesen darüber hinaus zu einem Vergnügen. Geringe Schwächen auszubessern sollte das nicht allzu fern liegende Ziel der nächsten Auflage sein.
2010 schwer im Trend: Guerilla-Restaurants. Überall schießen sie angeblich wie Pilze aus dem Boden, aber wie bei den kleinen Eukaryonten ist es auch mit den Restaurants: Pfifferlinge und Steinpilze findet man leider nicht so oft. Umso schöner, dass der Essener Stadtteil Frohnhausen mit Essen-Privat einen solchen Edelpilz vorzuweisen hat. Ein Besuch bei Achim und Conny Lichte lohnt sich immer, am besten mit munterer Truppe. Vorabeindrücke gibt es unter www.essen-privat.de.
Wir hatten uns folgendes Menu zur Schaumparty ausgesucht:
Als opener gab es "Fraenzi" Rotling secco von Castell, sehr fruchtig, von fast leichtsinniger Süße, die nach Erdbeer-Sahne Bonbons von Campino schmeckte, harmonierte aber gut mit dem Amuse:
I. Amuse Gueule: Spinathäppchen, Gravad Lax, Ketakaviar und Crème,
dazu Cava, "A Posteriori" Rosé, Brut (7,5 g/l) von Colet aus dem Penedes, Merlot, ca. 15 Monate Flaschenlager, 11,5% vol. alc.
Wirkte zum Amuse flacher und karger als der Fraenzi, als standalone zeichnete sich em-eukal-Kirsche ab, das war's. Man merkt's: nicht sehr beeindruckend und ziemlich cavauntypisch.
II. Möhren-Chili-Ingwersuppe mit Flusskrebsschwänzen,
dazu Crémant Brut von Ponsot aus Gevrey-Chambertin, dagegen Yarden Brut, Blanc de Blancs Jahrgang 2000, koscher, von den Golan-Höhen, Israel
Der Burgunder fast rosé in der Farbe, anfangs mit überreichlich Schwefelgestank und erst im Mund schmeichelnd-fruchtig, passte sich gut der Suppe an und vertrug sich besser damit als der chardonnayuntypisch schmeckende Yarden, der trocken, fast sandig schmeckte und erst nach etwa einer Stunde und später noch, allerdings nur mit einem gewissen Exotenbonus Trinkfreude bereitete.
III. Wildkräutersalat mit gebratener Wachtelbrust und gebackenem Ziegenkäse, Nuss-Himbeervinaigrette,
dazu Cava Artesa, Katalonien, "Bocchoris" Brut Nature Reserva aus Xarel.lo, Macabeo, Parellada, dagegen Colet Assemblage Extra Brut, 55% Pinot-Noir, 45% Chardonnay, 36 Monate Hefelager, 90 Parkerpunkte (also Jay Miller Punkte)
Der Bocchoris war geschmacklich dicht am Fraenzi, scheinbar sehr kühl vergoren, mit viel viel Bonbon, Gummibärchen und überhaupt eher Aromen aus der Kindheit als aus dem Geschmacksleben eines Erwachsenen, dafür mit angenehmem Druck ausgestattet und leidlich passend zur Vinaigrette. Der Assemblage dagegen als rechtes Dickschiff etwas klobig, sparsame Aromen und keine zum Salat passende Wendigkeit. Auch mit der Wachtel und dem Käse tat sich der Assemblage schwer. Noch nichtmal allein konnte er so recht überzeugen. Vielleicht fehlte da die nötige Flaschenreife, der wein wirkte jedenfalls allzu verschlossen.
IV. Dorade Royal, Hummer und Jakobsmuschel mit Sepialinguine,
dazu Schloss Vaux Rosé Brut, Pinot Meunier/Portugieser, dagegen Langlois Château Rosé aus Chenin Blanc, Chardonnay + Cabernet Franc
Der Vaux mit einer behenden Leichtigkeit, die Freude bereitet, leider auch mit einem etwas konventionellen, langweiligen Aromenspektrum und muffiger, ältlicher Frucht zum Ende hin. Der Langlois dagegen mit mehr Grandeur, lebhafter Säure und zupackender Art, ein Freund von Cabernet Franc im Schaumwein werde ich aber bis auf weiteres trotzdem nicht. Beide machten sich gut zum Meeregestier, wollten aber allein nicht so recht schmecken.
V. Perlhuhnbrust im Speckmantel, Risoléekartoffeln, Pfirsichsauce,
dazu Schloss Sommerhausen Riesling Brut 1997, dagegen Raumland Weissburgunder Brut 1997
Der Schloss Sommerhausen 97 ist nach wie vor einer meiner erklärten Lieblinge, 2004 degorgiert schmekt er ausgesprochen frisch, glänzt mit attraktiver Säure, einem für Brut-Rieslinge verschwenderisch anmutendem Aromenreichtum, hält sich aber noch im Rahmen einer unverspielten, ernstzunehmenden Stilistik und schmeckt keineswegs nach Robby Bubble o.ä. Der Raumland leider etwas schwächlich daneben, angefirnte Note, merklich gealtert, aber nicht kaputt oder fehlerhaft, sondern gut geeignet für Freunde des kräftigen Schäumers mit herben Aromen; immer noch genügend power, um mit Speckmantel und Pfirsich eine ménage à trois einzugehen.
VI. Tiramisu und Waldbeeren,
dazu Rives-Blanques, Blanquette de Limoux aus 90% Mauzac, 10% Chenin Blanc + Chardonnay, dagegen Marcus Stein, Kinheimer Sekt vom Moselschiefer aus 90% Weissburgunder und 10% Riesling + Müller-Thurgau
Der Blanquette muffig, bäuerlich, herb, klobig und säurearm, ein milder Ausgleiter für den Abend, vom Tiramisu aber erstaunlicherweise nicht überfahren, sondern, wohl weil er ziemlich dickfellig ist, in ganz aparter Weise als sparringspartner aufgenommen, verhielt sich sehr gut zu den Beeren (speziell Himbeere und Blanquette sind eine viel schönere Kombination, als das Cliché Erdbeere und Champagner). Der Stein-Sekt mit würziger Säure und gleichsam das Messer, das durch die Tiramisu glitt, weniger harmonisch mit den Beeren, dafür gut als Fettabbauhilfe und Geschmeidigkeitsverleiher, im übrigen auch keine unedle Kombination mit dem Espresso, aber alles in allem kein überragender Sekt.
Sekt, Schaumwein, Perlwein
Troost/Bach/Rhein
Ulmer, 2. A. 1995
620 Seiten
99,00 €
ISBN: 3-8001-5818-3
Es gibt Bücher, die einen besonderen Stellenwert haben. Vom Autor signierte Erstausgaben großer Klassiker zum Beispiel, möglichst bibliophil ausgestattet natürlich. Zu den Büchern mit herausgehobenem Stellenwert gehören auch Fachbücher, die sich über lange Jahre am Lehrbuchmarkt etabliert haben. Juristen werden Brox und Medicus, ältere Semester Flume rufen, aus der Medizinerecke schallt es laut Harms, Silbernagl und Pschyrembel, die Physiker pochen auf Demtröder, Bergmann/Schäfer oder Tipler. Unter den religiösen Werken sind die führenden Klassiker-Bestseller unter anderem Talmud, Koran und Bibel. Und so haben wir es hier auch mit einem Buch von ganz besonderem Wert, ja einer Art Bibel zu tun: es handelt sich um die deutschsprachige Bibel der Schaumweinbereitung.
Die – noch – aktuelle zweite Auflage aus dem Jahr 1995 (Neuauflage mit Schwerpunktbildung beim Winzersekt ist für April 2010 geplant) ist eine önologisch-technische Aufbereitung der Schaumweinherstellung, wie man sie sich umfassender und kompakter zugleich nicht wünschen kann. Es handelt sich freilich weniger um ein Wein-Lesebuch für den ambitionslosen Weinfreund, vielmehr sind einigermaßen belastbare Kenntnisse rund um die chemischen, biologischen, physikalischen und technischen Aspekte der Sekterzeugung für ein gewinnbringendes Lesevergnügen unabdingbar – und auch dann wird sich das gewichtige Werk nicht in einen Schmöker verwandeln, den man in der Grabbelkiste großer Buchhandelsketten wiederfinden könnte. Dafür bürgen bereits die Verfassernamen, große Namen der deutschen Schaumweinforschung- und Lehre. Gerhard Troost ist als uralter Geisenheimer quasi von Amts wegen bekannt, Hans-Peter Bach ist als Leiter der staatlichen Lehr- und Versuchskellerei in Trier durch seine zahlreichen, man könnte versucht sein zu sagen: zahllosen Veröffentlichungen bestens eingeführt und zusammen mit Otto Rhein, der langjähriges Mitglied im technischen Ausschuss des Sektverbands war, ein Praktiker erster Güte.
Das Lehrbuch wendet sich dementsprechend ausdrücklich an die Praktiker in den Kellern und beantwortet in glasklaren, unverquasten Ausführungen alle erdenklichen Fragen, die sich im Rahmen der Schaumweinbereitung stellen können. Nachdem gerade erst wieder ein offenbar mäßig gut recherchierter Bericht über zugesetzte Industriekohlensäure in deutschen Schaumweinen an die TV-Öffentlichkeit gelangt ist, beruhigt es sehr, über das Problem des Minderdrucks bei deutschen Markensekten in nüchternen Worten bereits bei Troost/Bach/Rhein lesen zu können.
Im Übrigen folgt das Buch einem übersichtlich gegliederten Aufbau. Es zerfällt in sechs Teile, auf die Einführung in das Thema schäumende Weine folgt bereits der umfangreiche herstellungsbezogene Teil, wiederum gefolgt von den theoretischen Grundlagen der Kohlensäurebildung und einem Teil über die Mittel zur Lenkung der Herstellung. Nach einer Vorstellung der Geräte, Maschinen und Apparate schließt das Buch mit dem sechsten Teil, der leider nur sehr knapp das Umfeld der Herstellung beleuchtet und insbesondere Abwasser/Abwasseraufbereitung, Unfallschutz und die Produktionsplanung näher erfasst. Angesichts der zahlreichen Änderungen vor allem der rechtlichen Rahmenbedingungen (man denke nur an die gemeinsame Marktordnung und die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie) und der an Fahrt aufnehmenden biodynamischen Wirtschaftsweise wäre eine vertiefte Bearbeitung dieser Themen in der Neuauflage sehr wünschenswert.
Die Ausführungen zur Cuvéebildung sind knapp, aber was soll ein Lehrbuch auch konkrete Angaben zur Zusammenstellung einer bestimmten Cuvée enthalten? So gesehen ist die Beschränkung auf die wesentlichen technischen Vorgänge völlig richtig, so mancher junge Sekterzeuger dürfte sowieso eher auf die Angaben zur kellertechnischen Stabilität angewiesen sein, als auf Dosierbeispiele fiktiver oder existierender fremder Cuvées.
Der Verfasser eines Lehrbuchs das in einem Wirtschaftsbereich angesiedelt ist, der von nationalen und europarechtlichen Vorgaben nur so strotzt, steht immer vor der Frage, ob er gerade noch ausreichend auf die gesetzlichen Grundlagen hingewiesen hat, oder ober schon damit übertreibt. Troost/Bach/Rhein haben hier ihre Hausaufgaben gemacht. Der Bezug auf Verordnungen, Richtlinien und Gesetze geschieht wohldosiert und unaufdringlich, im Gegenteil: er ist oft genug hilfreich – denn nicht selten schweigen sich andere Lehrbücher über den gesetzlichen Regelrahmen aus oder zitieren ungenau, was lästige Recherche provoziert.
Gute Hilfe bietet das Buch bei der Mengenberechnung z.B. von Dosagezucker und Schwefelgehalten, ein besonderer Schwerpunkt liegt auch bei den Ausführungen zur Tankgärung, bzw. Großraumgärverfahren; dass in der Neuauflage die Schwerpunktsetzung beim Winzersekt und damit bei der Flaschengärung erfolgen wird, ist sehr zu begrüßen. Zwar dürfte die deutsche Sektproduktion auch weiterhin mengenmäßig hauptsächlich durch Tankgärung erfolgen; aber Winzersekt erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Und mit steigendem Interesse der Verbraucher an diesem qualitativ hochwertigen Produkt dürfte auch die Nachfrage der Winzer nach entsprechender Literatur steigen. Was das für einen auf wenige tausen Exemplare begrenzten Fachbuchmarkt bedeutet, kann sich jeder leicht ausmalen.
Schon in der jetzigen Auflage nimmt übrigens die Besprechung der Verschlussarten für Schaumweinflaschen einen erfreulich großen Raum ein, allerdings dürfte angesichts der Entwicklung neuer Verschlussmethoden und der sich verschärfenden Korkproblematik in der Neuauflage noch einiges an Erkenntnissen hinzugekommen sein.
Fazit: Das Werk von Troost/Bach/Rhein kann getrost als die Bibel der Schaumweinbereitung und demnächst wohl auch der Winzersektbereitung bezeichnet werden.
Aufruf zur Teilnahme an der Landesprämierung für Wein und Sekt
14.12.2009 Zur Förderung der Erzeugung qualitativ herausragender Qualitäts-, Prädikatsweine und Sekte veranstaltet die Landwirtschaftskammer jährlich, verteilt auf sechs Termine, die Landesprämierung für Wein und Sekt. Zur Teilnahme aufgerufen sind Betriebe, die Wein erzeugen oder abfüllen (Winzer, Kellerei, Erzeugergemeinschaft). Anstellungstermin bei allen Weinbauämtern und Dienststellen der Kammer für die sechs Prüftermine ist jeweils der 15. eines ungeraden Monats, also Januar, März, Mai, Juli, September und November. Es gelten die Bestimmungen der Landesprämierung.
Diese sowie alle Informationen dazu finden sich hier >>> . Auskünfte erteilen die Weinbaumitarbeiter aller Dienststellen >>> . Der Wettbewerb ist der mit Abstand größte dieser Art in Deutschland, zu dem von über 1.699 Betrieben rund 18.709 Erzeugnisse aus den sechs rheinland-pfälzischen Anbaugebieten vorgestellt werden. Die Weine und Sekte werden nach fachlichen Gesichtspunkten sortiert ohne Kenntnis der engeren geografischen und betrieblichen Herkunft den Sachverständigenkommissionen zur Beurteilung vorgestellt. Als Sachverständige werden nur in der Sensorik besonders geschulte und in der Weinbewertung erfahrene Personen herangezogen.
Die Bewertung der Weine und Sekte wird nach dem für die amtliche Qualitätsweinprüfung in der Weinverordnung vorgeschriebenen Bewertungsschema vorgenommen. Nur deutlich über dem Durchschnitt liegende Erzeugnisse werden mit einer Preismünze ausgezeichnet. Ausgezeichnete Weine und Sekte sind erkennbar an der Medaille in Gold, Silber oder Bronze auf den Flaschen. Goldprämierte Weine haben die Chance, einmal im Jahr beim Wettbewerb der Besten Siegerwein des Jahres zu werden.
Die Ergebnisse der Landesprämierung werden in Prämierungsverzeichnissen veröffentlicht. Außerdem stellt die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz seit dem 7. Dezember 2009 mit dem neuen Internetportal unter www.praemierung-rlp.de ein Navigationsinstrument zur Verfügung, das den weininteressierten Nutzer der Plattform direkt zu den erfolgreichen Weinen der Landesprämierung und ihren Erzeugern führt.
Rebveredlung: Die erfolgreichste biologische Schädlingsbekämpfung
15.12.2009 Wenn alljährlich im November und Dezember Medaillen und Ehrenpreise an die erfolgreichen Teilnehmer der rheinland-pfälzischen Landesprämierung in den sechs Anbaugebieten des Landes vergeben werden, stehen natürlich die großen Weine des Jahres und ihre Erzeuger im Mittelpunkt. Eine Ausnahme bilden die Anbaugebiete Rheinhessen und Nahe. Hier sind es nicht nur Winzer, Erzeugergemeinschaften oder Kellereien, die sich aus freien Stücken einem Qualitätswettbewerb stellen. Hier besinnt man sich anlässlich der Wein- und Sektprämierung darauf, dass bestes Pflanzgut erst die Voraussetzung für beste Weinqualität und den wirtschaftlichen Erfolg der Weinbaubetriebe schafft. Daher hat sich hier die Tradition des Prämierungsentscheids der Rebveredler erhalten, dem sich jährlich zwischen 25 und 30 Betriebe stellen.
Bis ein Winzer überhaupt einen Weinberg anlegen kann, in dem er später die Trauben erntet aus denen er seine Weine keltert, haben schon drei Instanzen davor ihre Arbeit erledigt.: Ein Züchter hat eine spezielle Selektion einer vorhandenen Rebsorte oder die Kreuzung zweier Rebsorten vorgenommen. Der Rebveredler, der die Pflanzschule bewirtschaftet, hat auf eine Unterlage einen Rebsortenklon aufgepfropft, das Pflanzgut vermehrt und in der erforderlichen Qualität und Quantität zur Verfügung gestellt. Die Landwirtschaftskammer als staatliche Anerkennungsbehörde hat die Züchtung anerkannt und in mehreren Anerkennungs- und Kontrollschritten die Vermehrung zu Pflanzreben, deren Sortierung und Verkauf begleitet und mit einem Pflanzenpass nach EU-Norm die erforderlichen gesundheitlichen Eigenschaften der Pflanze attestiert. Ohne Rebveredlung, ohne die Betriebe, die gesundes und leistungsfähiges Pflanzmaterial bereit stellen, ist Qualitätsweinbau längst nicht mehr möglich.
Vor etwas mehr als 100 Jahren war das noch ganz anders. Rebveredlung war da im Weinbau überhaupt kein Thema. Erst eine existenzielle Gefährdung des Weinbaus in Europa durch einen bis dahin unbekannten Schädling und eine geniale Verteidigungsstrategie machten Rebveredlung hier zur verbreiteten Selbstverständlichkeit. Rebveredlung setzte sich als erfolgreichste biologische Schädlingsbekämpfung aller Zeiten rasch durch.
Das Jahr 1865 ist nicht wegen eines großen Weinjahrgangs ein ganz besonderes in der europäischen Weingeschichte. Vielmehr ist ein unscheinbar kleines und in seiner Lebensform recht kurioses Insekt verantwortlich dafür, dass dieses Jahr zum Merkdatum wurde. Es ist das Jahr, in dem die Reblaus (Vitaeus vitifliae) nach Frankreich eingeschleppt wurde und sich von da an rasant über das Land ausbreitete. Binnen weniger Jahre waren 2,5 Mio. Hektar Rebfläche zerstört, ohne dass irgendwelche Schutzmaßnahmen mit Aussicht auf Erfolg auch nur konzipiert waren, obwohl sich die klügsten Köpfe des Landes in Krisenstäben mit Louis Pasteur an der Spitze damit beschäftigten. Die Reblaus stammt aus Nordamerika und ernährt sich durch Saugen an den Reben. Andere Pflanzen sind vor ihr völlig sicher. Man unterscheidet weiblich Wurzelläuse, die zahlreiche Eier legen, aus denen im Sommer sich einige zu geflügelten Rebläusen häuten und das Erdreich verlassen. Auch sie sind alle weiblich und legen Eier aus denen männliche und weibliche Larven, die sogenannten Geschlechtstiere, schlüpfen. Denen fehlen Kauwerkzeuge und Verdauungsorgane, da ihre einzige Bestimmung darin besteht, für Nachwuchs zu sorgen. Das Männchen stirbt nach dem Begattungsakt, das Weibchen nach der Ablage eines einzigen Eis, aus dem im Frühjahr eine Laus als Mutter aller Folgegenerationen schlüpft. Sie legt die Eier für die oberirdische Generation an den Blättern und für die Wurzelläuse, die den zerstörerischen Kreislauf schließen.
In Californien hatte sich in den Millionen Jahren der Evolution eine gegenseitige Anpassung von Parasit und Wirtspflanzen entwickelt, so dass die dortigen Rebsorten zwar befallen wurden, aber nicht abstarben. In Europa aber hatte diese Evolution nicht stattgefunden. Für eine funktionierende Symbiose, wie in Amerika, fehlten die Voraussetzungen. Die Reblausinvasion traf die hier heimischen Rebsorten völlig unvorbereitet. Bei Befall bildeten sich an den Wurzeln Wucherungen, die das Leitgewebe schädigten. Im Winter faulten die Wucherungen, und das Wurzelsystem starb ab, und zwar in einer Rasanz, dass die Rebstockvernichtung infolge Reblausbefall sich epidemieartig ausbreitete.1874 trat die Reblaus in der Gartenanlage Annaberg bei Bonn und damit erstmals auch in Deutschland auf. Sie traf hier allerdings auf eine gut vorbereitete Verteidigungslinie mit verschiedenen Quarantäne- und massiven Bekämpfungsmaßnahmen Am Ende des 19. Jahrhundert aber galten deutschlandweit dennoch 156 ha Rebland als verseucht. Die Gefährdungslage blieb außerordentlich hoch, bis die Ampelografie die Wende einleitete und mit der Freigabe des Pfropfrebenanbaus im Jahre 1925 die indirekten Bekämpfung endgültig den Triumph über die Reblaus brachte.
Die geniale Idee der Bekämpfung durch Pfropfen beruhte auf der Erkenntnis, dass der in Amerika praktizierte oberirdische Kreislauf der Reblaus über die Blätter bei den europäischen Reben ausblieb. Es kam hier ausschließlich zum Befall und Absterben der Wurzeln Bei den amerikanischen Sorten hatte der Wurzelbefall dagegen nicht zum Absterben geführt. Das war der Schlüssel zur Bekämpfungsstrategie mittels Rebveredlung. Zunächst wurde in Deutschland der Anbau der amerikanischen Reben verboten, damit der Blattbefall unterbunden wurde; sämtliche Bestände wurden vernichtet. Reblausbekämpfung wurde zur hoheitlichen Aufgabe. Die Herstellung und der Anbau von veredelten Pfropfreben unterliegen bis heute der staatlichen Kontrolle.
Die Pfropfrebe besteht damals wie heute aus zwei Bestandteilen. Der oberirdische Teil besteht aus einer europäischen Rebe, die nicht am Blatt befallen werden kann, und die als definierte Rebsorte (Klon) den späteren Wein in seiner Art bestimmt. Aufgepfropft wird diese Rebe als Edelreis mit einem Austriebsansatz (Auge) auf eine unterirdische Unterlage, die aus reablausunempfindlichen amerikanischen Sorten gekreuzt wurde. Die Unterlage übernimmt über ein tief greifendes Wurzelwerk später die Nährstoff- und Wasserversorgung. Aus dem Edelreisauge wächst der Rebstamm, der Reben, Blätter und schließlich Trauben hervorbringt Der Rebveredler stellt die Verbindung der beiden Bestandteile her, indem er mit speziellen Schnitten ein gemeinsames Wundgewebe (Kallus) bildet. Darin verwachsen beide miteinander und werden zur pflanzlichen, reblausresistenten Einheit
Im Rebenveredlungsbetrieb werden die jungen Pfropfreben so lange gehegt und gepflegt, bis sie im Freiland der Rebschule über eine gesamte Vegetationsperiode kultiviert werden. Wenn sie 1 Jahr alt sind, kann die Pflanzung durch den Winzer erfolgen. In der Regel zwei Jahre nach der Pflanzung im Weinberg trägt der Rebstock die ersten Trauben und erreicht ab dem dritten seine volle Leistungsfähigkeit. Der so angelegte Weinberg kann eine Lebensdauer von 30 Jahren und, wenn gewollt, noch mehr erreichen. Im Hinblick auf Reblausvorsorge muss der Winzer lediglich verhindern, dass sich oberhalb der Veredelungsstelle Wurzeln bilden oder es unterhalb zu Blattaustrieb kommmt, da beides der Reblaus wieder eine Angriffsfläche bieten würde. Solches geschieht häufig in aufgegebenen und verwilderten Weinbergen (Drieschen), deren Beseitigung auch unter diesem Gesichtspunkt eine dringende Aufgabe ist. Reblausbefall wurde in den vergangenen Jahren wieder häufiger festgestellt. Betroffen waren wurzelechte Reben und Pfropfreben der Unterlagensorte 26 G. 2006 wurde das Anpflanzen wurzelechter Reben verboten. Zu verhindern, dass sich die Reblaus neue Lebensbedingungen erschließt und damit wieder zu einer großen Gefahr wird, ist eine wichtige Aufgabe für Züchter, Rebveredler und Winzer. Die Funktion der Rebveredler besteht dabei in der Kultivierung resistenter Unterlagen und der Selektionierung nach Maßgabe der jeweiligen Standortbedingungen des anzulegenden Weinbergs. Mit der Wahl der Pfropfkombination von Unterlage und Klon entscheidet der Rebveredler nicht zuletzt auch fundamental über den wirtschaftlichen Erfolg der neuen Rebanlage. Er kann dabei auf umfassende Affinitätsversuche etwa des DLR Rheinpfalz zurückgreifen.
Die Landwirtschaftskammer betrachtet die Prämierung von besonderen Betriebsleistungen als Anerkennung und Ansporn zugleich. Die Bewertung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird im Zuge einer Feldbesichtigung im Sommer eine Beurteilung der Rebschule nach definierten Kriterien vorgenommen. Später wird die Beschaffenheit des setzreifen Pfalzguts geprüft und ebenfalls anhand vorgegebener Kriterien mit Punkten bewertet. Bei der Rebschulprämierung 2008/2009 für die Anbaugebiete Rheinhessen und Nahe, die gemeinsam mit der Wein- und Sektprämierung in Mainz vorgenommen wurde, wurden mit einer goldenen Kammerpreismünze ausgezeichnet:
Rolf Dexheimer, Unterwendelsheim 56, 55234 Wendelsheim
Weingut Jäger, Rheinstr.17, 55437 Ockenheim
Wolfgang Kern, Neustr. 24, 55578 Wallertheim
Gerold Knewitz, Außerhalb 13, 55437 Appenheim
Walter Kiefer, Wallertheimer Str. 5, 55288 Armsheim-Schimsheim
Werner Magmer, Hauptstraße 19, 55546 Biebelsheim
Ulrich Martin, Rebschule, 67599 Gundheim
Jürgen Mauer, Mittelstraße 22, 55578 Gau-Weinheim
Hans-Günther Müller, Wackernheimer Str. 6, 55270 Schwabenheim
Adelheid Reimann, Klosterweg, 55452 Guldental
Klaus-Heinrich Rupp, Schulstraße 9, 55578 Wallertheim
Heinz-Willi Sommer, Mühlweg 19, 55599 Siefersheim
Klaus Schäfer, Wallertheimer Str. 8, 55288 Armsheim-Schimsheim
Peter Strubel, Wilhelm-Leuschner-Str. 3, 55237 Flonheim-Uffhofen
Ernstfried Wennesheimer, Westring 29, 67550 Worms-Abenheim
Quelle: Frieder Zimmermann, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz
Die Genossen vom Centre Vinicole in Reims nehmen mit Champagne Nicolas Feuillatte One Fo(u)r die Piccolöchen an die kurze Leine.
Ob der One Fo(u)r Pink Brut Rosé und der One Fo(u)r Blue Brut wirklich cool und trendy sind, oder ob da nur einer auf den POP Pommery Zug aufspringen will, sei mal dahingestellt. Auch über das Bändchen, das nicht unfatal an Pocketdigicam und Herrenhandtasche erinnert, mag sich der eine oder andere ein wenig amüsieren.
Durchaus ambitioniert ist jedenfalls der angestrebte Verkaufspreis: für den One Four Blue (Brut) werden 11,90 EUR und One Four Pink (Rosé) gar 13,90 EUR fällig.
Bezugsquellen gibt es bei:
Weinwelt, Mack & Schühle 73277 Owen Tel.: +49 (0) 7021 / 57 01 – 0 |
0. Opener
Sektkellerei Höfer, Würzburg: Pinot Prestige Cuvée (Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay) Brut, AP aus 05
15,00 €
feinfruchtig, blütenblättrig, animierende Säure, konziliante Butternote, rund und gelungen
I.1
Juliusspital, Würzburg, 170 ha: Cuvée Pinot (Weiß- und Grauburgunder) Extra Brut 2006
17,90 €
amylisch, bonbonig, buttrig, Sauerampferbeimischung, Campher, leichte Herbe zum Schluss
I.2
Weingut am Stein, Ludwig Knoll, Würzburg, 21 ha: Grauburgunder Brut 2006
15,00 €
schlanker, spritziger, leichter als der Juliusspitäler, auch mit einer leichten Campherherbe am Schluss
II.1
Fürst Löwenstein (TRIAS), Kreuzwertheim, 30 ha, Grundweine im Barrique, RZ 3 g/l: Weißer Burgunder Satzenstein Extra Brut 2006
20,00 €
Gummireifen und Talkumpuder, entwickelt sich dann aber beträchtlich im Glas, später mit Blüten und obstigen Aromen
II.2
Graf Schönborn, Volkach, 30 ha: Weißer Burgunder Extra Brut 2005, 24 Monate Hefelager
19,50 €
rassig, fruchtig, mild, mit ausgeprägter, eleganter Beeren-/Birnenaromatik
III.1
Schäffer, Volkach-Escherndorf, 3,4 ha: Riesling Extra Brut 1999, 50 mon. Hefelager
12,95 €
Petrol und Zitrusfrüchte, kalkpudrig, wirkt keineswegs ältlich
III.2
Störrlein (TRIAS), Randersacker, 8 ha im Marsberg und Sonnenstuhl: Riesling Extra Brut 2004
13,00 €
wieder Petrol und Zitrusfrüchte, eine Spur fokussierter, mit mehr innerer Struktur
IV.1
Schmitt's Kinder (TRIAS), Randersacker, 19 ha: Schreurebe Brut, AP 07
13,90 €
pink-grapefruchtig, beerig, sauber, kalkig, pudrig, als Scheurebe zu erkennen, aber ohne aufdringliche Katzenpisse, sondern überwiegend exotische Aromen mit allenfalls einer Spur Salmiak, die sich aber im Aromenkonzert gut eingliedert; keine dominanten Aromenausreisser, sondern gediegener Sektgenuss
IV.2
Weltner, Rödelsee, 7,5 ha: Scheurebe Brut 2006
11,00 €
etwas kräftigere Aromatik und ausgeprägtere Salmiaknote, die sich mit etwas nachprickeln langsam verliert, aber noch nicht unangenehm wirkt, hier auch wieder Grapefruit und Cassis
– für beide Scheureben fiel die Bezeichnung (sympathisch-)dümmlich, zu verstehen im Sinne sorgloser und unbeschwerter Weinunterhaltung, was im Zusammenhang mit gut gemachter Scheurebe sowieso nicht fernliegt –
V. außer der Reihe
Jacquart: Mosaique Blanc de Blancs 1992
-,– €
dunkel, oxidiert, in der Nase ladungsweise Butterscotch und Toffee, für mich der Überrascher des Abends, weil ich den 92er angesichts der Vorstellung der BdB Jahrgänge 1997, 1998, 1999 (die sich alle vielleicht zwei, allerhöchstens drei Jahre mit Genuss trinken ließen) von Jacquart für längst hinüber gehalten hätte; stattdessen diese appetitlichen Toffeearomen und ein hauchdünnes Täfelchen feinster Milchschokolade, verspielte Reste einer ohnehin nie dominanten Säure und der Eindruck, als habe eine äußerst wohlriechende Frau gerade erst das Kaminzimmer verlassen
IV. Schließer
Sektkellerei Höfer, Würzburg: Rieslaner Extra Trocken, AP aus 04
12,30 €
Litschi, Drachenfrucht, pudrig und kalkig, trotz der hohen Dosierung mit präsenter Säure, im Mund eine Spur Ammoniak
Fazit: die Extra Bruts hätten gut und gerne auch Brut dosiert sein dürfen, auffällig war eine – beim Sekt leider of beobachtete – Herbe im Abgang, die den Wein nicht seriöser erscheinen lässt, sondern das ansonsten gute Mundgefühl eher beeinträchtigt