Die abprüfbaren Eigenschaften des Champagners

Ein Champagner, der nicht offensichtlich fehlerhaft ist und deshalb vorzeitig abgelehnt wird, kann in den folgenden Bereichen untersucht werden:

Farbe

Die Farbe kann bei weißen Champagnern von einer wässrigen und hellen Färbung bei sehr jungen Champagnern über die verschiedenen silbrig-grünen (starker Chardonnayanteil) oder rötlich-goldenen (starker Pinot-Anteil) Tönungen bis hin zu einer altersbedingten Hochfarbigkeit reichen. Rosé-Champagner sind zwischen Zwiebelschale/Oeuil-de-Perdrix bis hin zu satten Rotgold angesiedelt. Schwierigkeiten können sich bei der Unterscheidung von farbintensiven Blanc de Noirs ergeben. "Rot-Champagner" ist nicht zulässig.

Fruchtaroma

Das Fruchtaroma kann von feiner und filigran bis hin zu ausgeprägter, tiefgründiger Fruchtigkeit reichen. Außerdem spielt das Sortenaroma der verwendeten Rebsorten eine Rolle. Dabei ist zu beachten, dass Champagner meist als Cuvée vermarktet wird und die Rebsorteneigenschaften ununterscheidbar ineinander verwoben sein können oder durch die Cuvée ganz neue Aromen hervorbringen. Im Auge zu behalten ist trotz aller möglichen Vielschichtigkeit der Fruchtaromen die Reinheit der jeweiligen Aromenausprägung. Zulässig ist eine diffuse oder nur angedeutete Aromatik, unsaubere oder krass fremdartige Aromen hingegen lehne ich bei der Verkostung ab.

Weitere Aromafaktoren

Die meisten Champagner durchlaufen einen biologischen Säureabbau. Dort liegt eine gewisse Fehlerquelle, denn die Raffinesse von Champagner leidet sehr unter einem übertriebenen BSA. Auch autolytische Aromen und Merkmale für Fassausbau müssen bei der Verkostung von Champagner berücksichtigt werden. Kaltgärung und die damit verbundene stärkere Pointierung der fruchtigen, vor allem bananen-, birnen- und bonbonfruchtigen Aromen, gehört weithin zum Standard in der Champagne; oxidativer und reduktiver Ausbau haben beide eine treue Anhängerschaft. Kein so großes Problem wie früher stellt die Traubenreife dar, doch kommt es immer wieder zu Problemen mit echtem und falschem Mehltau, auch Hagelschäden treten durchaus auf. Überwiegend werden die damit verbundenen phytosanitären Schwierigkeiten im Weinberg gelöst.

Aromenverweildauer

Nicht nur die Spitzencuvée eines bekannten Biowinzers aus Avize (Erick de Sousa, Cuvée des Caudalies) bezieht sich auf die erhebliche Verweildauer, die ein Champagner am Gaumen haben kann. Kohlensäure, schaumige bis sahnige Textur und eine weitgefächerte, vielschichtige, von vergleichsweise wenig Alkohol aber relativ hohen Zucker- und Säurewerten getragene Aromatik sorgt dafür, dass Champagner lange am Gaumen wirkt.

Extrakt

Extraktwerte können auch beim Champagner zwischen flach, dünn, kurz über leicht, saftig und herzhaft bis hin zu fett, ölig und mächtig reichen. Sie ähneln insoweit den weißen Burgundern nur wenige Kilometer weiter südlich.

Alkohol

Ein Champagner, der spritig, brandig oder hitzig wirkt, ist in meinen Augen fehlerhaft. Im Übrigen spielt Alkohol bei der sensorischen Prüfung von Champagner keine herausgehobene Rolle.

Zucker

Der dem Expeditions-Dosagelikör zugefügte Zuckergehalt ist eine der wichtigsten Stellschrauben für Champagner. Lagen noch vor wenigen Jahren die Werte für die Standardbruts der großen Häuser an der 15 g/l Grenze, nähern sie sich derzeit dem 10 – 12 g/l Bereich an. Winzerchampagner und die Standardbruts der kleinen bis mittleren Häuser liegen dagegen oft unter 10 g/l. Wo die Wahrnehmungsschwelle liegt, kann nur schwer pauschal gesagt werden, doch gelten Champagner mit bis zu 6 g/l ganz überwiegend zu recht als knochentrocken. Bei 7 – 8 g/l liegt für mich der Bereich, in dem die Dosage als dienende Süße wirkt.

Säurewerte

Champagner bildet hohe Säurewerte aus, die ihm Lebhaftigkeit und Spritzigkeit verleihen. Deshalb ist beim Champagner ganz besonders streng auf die Ausprägung der Säure zu achten. Fade, weiche, lahme Säure hat hier nichts verloren; allenfalls eine gewisse entgegenkommende, harmonische Milde ist noch positiv zu bewerten, während die Säure eines Champagners sonst klar, fest, von stahlig bis rassig, aber immer von hoher Lebhaftigkeit sein sollte.

Kohlensäure

Fast alle Champagner haben den vollen Kohlensäuredruck, nur wenige Champagner werden nach der Art der in der region lange Zeit verbreiteten Crémants mit nur ca. 3,5 bar Kohlensäuredruck hergestellt. Diese Champagner dürfen dann natürlich eine weiche, sahnige Mousse haben, bzw. müssen es sogar. Sonst sind nur die alten Champagner mit mindestens 25 Jahren Flaschenreife noch dem Lager der mousseuxschwachen Champagner zuzurechnen. Alle anderen Champagner müssen lebhaft perlen, wobei es weniger auf die Optik als vielmehr auf den Eindruck der Kohlensäure am Gaumen ankommt.

Gerbstoffe

Bittere, adstringierende oder gar hässlich rapsige Gerbstoffe wird man im Champagner nur selten finden, sie haben dort auch nichts verloren. Eine leichte Herbe mag bei Pinotchampagner noch angemessen sein, darf aber keinesfalls in den Vordergrund treten.

 

Fazit

Die sensorische Prüfung von Champagner unterscheidet sich nur in wenigen Merkmalen von der Stillweinverkostung. Entscheidend sind konstante Probenbedingungen, ein gut kalibrierter Verkostergaumen und ein gutes Assoziationsvermögen, das die Geschmackswahrnehmungen zuverlässig mit Gedächtniseindrücken verbindet.