Aufwärts geht es im Rheingau vor allem mit dem Sekt. Barth, Bardong, Solter, Schönleber, Wegeler Geheimrat J. sind Namen, mit denen man auf guten Schaumweinproben rechnen muss, sei es unter den Topplatzierungen, sei es als selbstbewusste Piraten. Beim jetzt schon berühmten Winebank-Fest dominierte der Hattenheimer Hassel Brut 2011 en Magnum von Mark Barth sehr deutlich den Primus 2009, der ja eigentlich selbst auch ein Hassel ist, nur dass es eben da noch nicht draufstand. Der 2009er Geheimrat J. wusste ebenfalls zu begeistern Schönlebers Grande Reserve Brut 2009 und Vollrads Brut 2013 folgten mit etwas Abstand, beim Vollrads vor allem süßebedingt.

Aus der Küche von Gabi Würtz gab es das seit langer Zeit beste, weil funktionierende und überaus schmackhafte flying buffet, bestehend aus Ochsenschwanzsülze, Trüffelremoulade und angebratenem Rotkohlsalat; Ricottaklösschen, Blattspinat, Salbeibutter; Tomatenessenz; Geschmnorter Rinderbacke, Petersilienwurzel, Süßkartoffel; Lauwarmem Schokokuchen, Parfait.

Unter den unzähligen Rieslingen stachen für mich im Jahr 2013 weniger Weine heraus, als 2014:

2013
Wisselbrunnen von Knyphausen, trotz einer sanften Firne, die ich eigentlich bei trockenem Riesling dieses Alters nicht wünsche oder begrüße. Hier aber doch.

Nussbrunnen von Ress hatte diesen betörenden Stinker, den man immer als Mineralität
zu vereinfachen geneigt ist und der bei vielen großen Weinen von Überlegenheit kündet.

Doosberg und St. Nikolaus von Peter Jakob Kühn waren erdverbunden, mit dem salzigen Charakter, der als Beschreibung ja auch schon wieder verpönt, aber eben leicht mit dem Trinkempfinden Vieler abzugleichen ist. Von beiden zeigte der Nikolaus noch etwas mehr Finesse und Güte als der Doosberg.

Rottland von Leitz war flüssiger als flüssig, eine Supraflüssigkeit, wenn man so will, nur umgekehrt, also nicht wie ein Stoff, der ohne äußeren Anstoß das Gefäß verlässt, sondern der sich von selbst den Weg ins Leibesinnere sucht. Weder Mumm, noch Johannishof und Ress konnten mit ihrem Rottland da mithalten.

2014
Hölle von Künstler war famos, von geradezu unnachahmlicher Leichtigkeit, die es vermeidet, substanzlos zu wirken.

Walkenberg von Jost war dynamisch, gedrängt, nichts für Menschen mit Magenproblem, dafür umso mehr für Leute, die Freude an z.B. Champagne-Grundwein haben.

Langenberg von Diefenhardt zog es in die Tiefe des Rachens herab, das es eine Freude war, der Schlenzenberg zog nicht ganz so gut mit.

Hohenrain von Knyphausen und von Jung waren beide gut, der Knyppie etwas buttriger, entwickelter, mehr abgewetztes Tweedjacket, bei Jung dafür mehr Schärfe, mehr Präzision.

Schönhell von Prinz gefiel mir besser als seine Jungfer, einzig störend der süssliche touch, von dem ich, das gilt aber für alle GGs, einfach nicht verstehen kann, was er in einem Wein verloren hat, der sich allen Ernstes auf dem Etikett “trocken” nennt.

Rosengarten von Spreitzer bekam das mit der Süße so hin, dass er schön süffig wirkte, also gerade unterhalb eines störenden Süßepegels agierte, was ihm mein Wohlwollen bescherte.

Silberlack von Schloss Johannisberg ist für mich einer der besten Rieslinge des Abends gewesen. So schön, so exemplarisch, so zugpferdhaft und treibend.

Rothenberg von Wegeler war auf vergleichbarem Niveau wie Johannisberg, ein wenig ist das so, als würde man Dom Ruinart und Comtes de Champagne in rheingauer Übersetzung trinken.

Rottland von Ress übernahm in der Rottlandreihe die Führung vor Mumm und Johannishof, Leitz war aber gar nicht erst mit seinem Rottland angetreten.

Berg Schlossberg von Leitz stach den Berg Schlossberg von Künstler aus, der mir zu poliert und blank wirkte.

Diese Rieslinge waren für die Jahre 2013 und 2014 in Flussrichtung das, was meinem ungehobelten Gaumen am meisten behagte. Nicht unerwähnt lassen will ich, dass auch mancher mauer, müder, süsslicher Wein dabei war, der für mich alles andere als Aufbruchstimmung vermittelte. Zu den sonst erwähnenswerten Weinen rechne ich, um dieses Thema nicht weiter zu vertiefen, noch den raffinierten Gräfenberg 2013 von Weil, den sehr ambitionierten Marcobrunn 2013 von Oetinger und die unverkrampfte Hölle 2013 vom Johannishof; die 2014er Hölle vom Johannishof stand leider etwas im Schatten der sie umringenden Granaten vom Schloss Johannisberg und Wegerler, verdient aber dringend Aufmerksamkeit. Der fruchtige, junge Wisselbrunnen 2014 von Barth zeigte, dass da, wo exzellenter Sekt entsteht, auch sehr guter Stillwein entstehen kann.

Abschließend gab es noch zwei Weingänge mit je 21 Rieslingen, bzw. Spätburgundern. Da gefielen mir am besten der 2009er Hochheimer Hölle erstes Gewächs von Künstler und der Sankt Nikolaus 2010 von Peter Jakob Kühn. Auch der Doosberg GG 2012 en Magnum von F.B. Schönleber der Schloss Johannisberg Silberlack 2009 aus der Doppelmagnum machten gehörig Freude. Unter den ausdrücklich Süßen gefiel mir, nachdem ich allein ca. 3 Fläschchen davon zu Probezwecken geleert hatte, die Rüdesheimer Berg Rottland Trockenbeerenauslese von Mumm am besten.

Fazit:
Wenn ich sehr gut trocken und still trinken will, kann ich in den Rheingau und werde auf höchstem Niveau befriedigt. Aber hundert Prozent sicher bin ich mir dort nicht. Dafür kursiert mir da vor allem unter der Bezeichnung GG zu viel scheintrockener Wein. Und wenn ich wirklich süß trinken will, bleibe ich doch lieber an der Mosel.