Der 2004er Dom Pérignon kursiert schon seit Monaten als Vorabprobierfläschken in Kritiker- und Meinungsmacherkreisen und durch eine Häufung glücklicher Zufälle hatte ich gleich mehrmals die Möglichkeit, diesen von mir sehnlichst erwarteten zu probieren um meine eigene Flasche möglichst lange zu schonen. Denn Dom Pérignon ist der Champagner, der mich mit dem 90er überhaupt erst restlos für den Champagner entflammt hat und seither hat er einen besonderen Stellenwert in meinem Champagneruniversum. Ich muss einräumen, dass ich nach dem 90er Dom nicht nahtlos schöne Erfahrungen anknüpfen konnte, meine Beziehung zu dieser speziellen Cuvée ist sogar eine eher schwierige, waren doch 92, 93 keine ganz großen Würfe und selbst nach ein paar obligatorischen Jahren der Flaschenreife keine Sextoys. Vom 95er dagegen war ich sofort angetan und heute bin ich sogar begeistert, auch 96 ist eine sichere Bank, von zu vielen Korktreffern abgesehen. Doch dann wurde es schwer, 98, 99, 00 schlugen stilistisch einen japanisch anmutenden Weg ein, reduzierte, reduktive Ausstattung, alles schlicht, meditativ, zenhaft, jodig, mineralisch, meergeprägt, algig und ganz ohne die sagenhafte Schwerelosigkeit, die ich am Dom Pérignon, insbesondere nachdem ich mich den reiferen Jahren bis zum fabelhaften 1959er und darüber hinaus 1955 (demnächst sogar dem seltenen 1953er) genähert hatte, immer so bewundert habe. Dann kam , eine erste Abkehr vom japanischen Irrweg, doch ich wusste zwei Dinge: es würde auch noch ein schwieriger 2003er kommen. Aber: dann käme und eine Reihe von Jahrgängen, unter denen 2008 und vielleicht 2012 herausragen werden, bei anderen Erzeugern leuchten sie schon gleißend hell.

Jetzt ist es soweit. 2004 markiert für mich den neuen Dom Pérignon Weg. Lebensfroh, fremd, aber nicht so wie Japan, sondern eher wie die quirligen Teile der westlich orientierten Türkei. Daher vielleicht meine entfernte Assoziationen an Harem, Opiumhöhle, Safran, Nougat, Rosenwasser, Orangen- und Zimtblüte. Kreiselnd, derwischhaft, geheimnisvoll, mystisch, orientalisch, hochkultiviert. Umfassend und verwirrend, sagt Richard Geoffrey, er erschließt und verschließt sich gleichzeitig, sagt Richard Geoffrey. Und damit trifft er bei aller Offen- und Unbestimmtheit den Nagel auf den Kopf. Ich weiß, dass ich mir davon viel hinlegen werde, trotzdem alles viel zu schnell ausgetrunken sein wird und ich dann viel nachkaufen muss, aber mit einem sehr guten Gefühl.