A. Apéritif

I. Reserve en Magnum – sauberer, sehr fruchtiger mit hohem Meuniereinsatz (zur Zeit 27%) und hoher Speisenaffinität


II. Special Cuvee – Pinotstark, harmonische Holznote, üppig, mit vielleicht in den letzten Jahren ganz leichter Tendenz, leichter und zugänglicher geworden zu sein

III. Deutz Brut Classic en Magnum – Stimmiger, ordentlicher Standardbrut, der sich sehen lassen kann. Im Gegensatz zu früher wirklich gut trinkbar, wenn man ihn nicht direkt nach dem Bollinger trinkt.

IV. Rosé de Saignée – Sauberer, stilistisch etwas strenger Champagner, den ich schon lange nicht mehr getrunken habe. Im offenen Vergleich sicher nicht herausragend, aber vom Portfolio des Hauses her sicher im Kontrast zum Lady Rosé zu sehen, der wiederum fast kitschig süß ist.


V. et Chandon Grand en Magnum – Interessant, weil der so abgrundschlecht und sogar ganz katastrophal war. Nicht ganz so der Champagner, der von der Stilistik entfernt an den 2003 by Bollinger erinnert, im Vordergrund steht aber eine gewisse Müdigkeit und vorzeitige Reifetöne, ja fast schon UTA.

B. Menu
Tim Raue hat zusammen mit dem Adlonchefkoch Thomas Neeser dann dieses hier gekocht:


I. Langusten mit und grünem Apfel,

dazu de Saint Gall de Blancs en Magnum:

Eine an sich stimmige Komposition mit klug hinzukombiniertem Apfel, der die Foie Gras aber auch nicht leichter werden liess. Insofern wäre entweder eine kräftigere, auf Grand Cru Niveau spielende Cuvée oder ein Klacks frischer, säuerlicher Fruchtzubereitung, von mir aus auch etwas Aceto Tradizionale o.ä. nötig gewesen, um eine optimale Harmonie zu erreichen.


II. Loup de Mer auf Steinpilzmarmelade mit Sherryessig und Pata Negra Schinken,

dazu Taittinger Blanc de Blancs 1998:

Leider zeigte sich der Comtes de Champagne etwas schwach auf der Brust. Die Speisen waren dagegen ausgezeichnet, kräftig gewürzt und lagen ganz in Erwartung dieses sonst zuverlässigen Prestigechampagners auf dem Teller, resp. glitten über die Zunge, als gälte es, ins Paradies zu gelangen. Der Comtes zeigte auch Andeutungen seiner Größe, war aber irgendwie nicht in Spiellaune. Insofern bringt ihm die dosagebedingte Gefälligkeit keine Pluspunkte, eher bin ich geneigt, für so etwas Abzüge zu verteilen, denn zuckroge Pampigkeit entspricht nicht der für Champagner dieser Größenordnung typischen, zum Leichtsinn zwingenden Lustigkeit.


III. Statt Spanferkelbäckchen in Kreuzkümmeljus mit Roter Bete, Grapefruit und Koriander mit Himbeergelee und dazu Champagne Krug – wie ursprünglich vorgesehen – gab es Kalbskamm und

dazu Rosé 2002

Ein klarer Abstieg: das Kälbchen ist geschmacklich leider keineswegs so breitschultrig, wie es das Spanferkelbäckchen gewesen wäre, insofern empfahl es sich nicht, im Tim Raueschen Geschmacksüberschwang freigebig zu würzen. Die Koriandersauce passte schon ausgezeichnet zum Kälbchen, die Bete ebenfalls und alles zusammen war mutig und wurde belohnt, denn der enge, flache, aromatisch strenge, unverspielte und sehr spröde Veuve Rosé passte, wenn überhaupt zu irgendetwas, dann nur zu diesem Gang.


IV. Als Abschluss gab es Rohmilchkäse von Maître Antony, Chutneys und Marmeladen ohne Ende und einige Desserts wie Ingwer-Tapioca Crème Brûlée, Kir Royal Dessert, Kirschtörtchen, Feigenküchlein mit Mandeln und Mascarpone, Vanille-Orange Topfennockerln, Quitten-Met Charlotte, geschmorte Boskoop-Terrine, Birnen Clafoutis, Fruchtsüppchen mit Kokos-Limonenschaum

dazu Louise 1998 und Lanson Ivory Label (demi-sec) 1989 en Magnum

Die Louise habe ich einfach so, unbegleitet getrunken, ich halte sie für einen Champagner, der nicht zu Süßspeisen passt und zum Käse ziehe ich demi-sec sowieso vor. Die feine Mineralität und den damenhaften, fin de siècle mäßigen Körper dieser begehrenswerten Dame sollte man sich pur zu Gemüte führen. Von ganz anderem Kaliber ist dagegen der Lanson. Ein ziemlich seltenes Kaliber zumal, denn wer macht schon Jahrgangs demi-sec? Und dann aus der Magnum, herrlich (zum Glück habe ich mir davon noch eine aufs Zimmer bringen lassen)! Ein Festival der Süffigkeit, anregende Säure gepaart mit saftiger, üppiger, dabei nicht übetriebener Süße, keine naive Bonbonaromatik, sondern gut abgelagerter Apfel, bzw. keine Lolita sondern ein ausgewachsener Vamp, der da lockt. Passte meiner Meinung nach am besten zum Käse, die Desserts habe ich wiederum überwiegend einfach so verputzt. Gut in Erinnerung geblieben ist mir die Kombination Lanson mit Creme Brûlée und mit dem Tropensüppchen, denn die Spuren von Ingwer gaben einen besonderen twist.

 

C. Ausklang
Zu den Zigarren von Davidoff, einer No. 2 und einer Semicorona hätte sich der vierzig Jahre alte Port von Rozès noch gut gemacht, mir hat aber der Duft genügt.
Dom Pérignon aus der Dom-Lounge im hauseigenen Club Felix konnte das dann auch nicht mehr steigern und schmeckte allenfalls gediegen.
Zurück in der Smoking-Lounge vom Adlon habe ich dann noch bis zum Frühstück den Davidoffstumpen zu Ende geschmökt und mir die Lanson Magnum dazu gut gefallen lassen (nicht alleine natürlich).