Jérôme Coessens ist einer der Aubevantgardisten par excellence. Seit 2003 in Ville-sur-Arce am Werk, gehört er zu den Einzellagenvinifikateuren, die zudem nur mit einer einzigen Rebsorte arbeiten, bei ihm ist es naheligenderweise Pinot Noir. Bei solchen Winzern lohnt sich das Opfer an Zahnschmelz, das man notgedrungen bei jeder Vin Clair Verkostung bringen muss, meistens ganz besonders, weil man besonders umfassende Einblicke in die Kinderstube kommender Champagner gewinnen kann – anders als bei Häusern, deren Cuvées aus hunderten von Grundweinen zusammengestellt werden.

1. Blanc de Noirs 2012 – der Grundwein war rauchig, flintig und arg schwermütig. Auf mich wirkte er wie ein müder Riese.

2. Rosé 2012 – dieser Grundwein schien mir sehr, sehr eigenwillig zu sein. Kraftvoll bis zur Rücksichtslosigkeit; Brot, Steine und Rauch legten nur einen dünnen Schleier über duftige Blumen, Gras und expressive Marille. Säure spielte sich nicht in den Vordergrund, sondern wirkte als Gerüstbauer, dessen Güte sich bald erweisen wird.

3. L'Argillier Blanc de Noirs

2008er Basis

An sich ausgewogen mit einer sich am Gaumen durchsetzenden Herbe, die wie väterliche Strenge freundlich und wohlmeinend ist, den Champagner aber nicht ganz so unbedarft wirken lässt, wie man angesichts seiner  Dosage annehmen könnte. Hinzu kommt noch zusätzlich ein sehr klug berechneter, punktgenauer Abschluss mit pikanter Beerenfrucht.

4.  L'Argillier Millésime 2006

Rasanter, auf breiterer Front aufgestellt und aromatisch tiefer gestaffelt als der jahrgangslose Blanc de Noirs auf 2008er Basis. Glanzvoller, geschliffener, auch reifer.

5. L'Argillier Rosé de Saignée

2008er Basis

Sehr ausdrucksstarker, notwendiger Rosé. In der Nase viel Rote Grütze, auch viel Cassis, Himbeerjelly, Räuchertofu, erdige Aromen. Im Mund ist das ernstzunehmende Konkurrenz für leichter geratene Spätburgunder. Gefiel mir sehr gut.   

6. Les Sens Boisés

2009er Basis

Der stärkste Champagner von Coessens. Sprintstark, kann aber viel länger laufen, als man bei dem mitreißenden Ersteindruck vermuten würde. Supersaftig, unverholzte Feinheit, weißer Pfeffer, Paprika und auf eine nach Mehr verlangende Weise trocknend; der Champagner verursacht mit jedem Schluck größeres Verlangen, als würde man den Durst mit destilliertem Wasser löschen wollen.