Das Marnetal ist die Heimat der Meunierwinzer, durch die malerischen Seitentälern weht ein zugiger Wind, der jeden Ansatz von Botrytis wegfegt. Nachfolgend stelle ich zwei Winzer aus dem Marnetal vor, einen aus Drachy, schon ziemlich am Rand des Anbaugebiets und einen aus Festigny, nächst Epernay.  

I. Fallet-Dart

Von Drachy im westlichen Marnetal, wo Fallet-Dart zu Hause ist und 18 ha Reben stehen hat, bis Paris fährt man nur eine Stunde. Nach Epernay braucht man etwas länger. Besonders stolz ist man bei Fallet-Dart auf Reben in der Lage “Les Clos du Mont”, die auf eine Rebanlage des Bischofs von Soissons aus dem 7. Jahrhundert zurückgehen. Weinbau betreibt die Familie seit 1610. Die heutzutage 180000 produzierten Flaschen sind keine kleine Menge, Fallet-Dart dementsprechend kein kleiner Winzer. Woran merkt man das als erstes? An der hohen Dosage des Verkaufsschlagers.

1. Clos du Mont

70CH 30 PN, 2002 und 2000, im Fassl vinifiziert, mit 6 g/l dosiert.

Der Clos du Mont ist die Prestigecuvée und der winzerigste Champagner von Fallet-Dart. Ausgeprägte Fassaromen, die maßvollste Süße, Honig, Butter, frisches Brötchen. Kein Champagnerschwergewicht, aber immerhin ein Champagner, den man zum sonntäglichen Frühstück mit Kaffee und frisch gepresstem Orangensaft kombinieren kann, mit abendlichen Speisen wird er sich nicht so gut vertragen.

2. Cuvée de Réserve

80PM 20PN, 2008 und 2007, mit 11 g/l dosiert.

Hart und süß zugleich. Die beiden Pinots wirken etwas ungewaschen und bäuerlich, kantig und abweisend, der darübergelegte Zucker versöhnt den Champagner nicht mit dem Trinker. Wer diesen für die Gegend nicht untypischen Stil mag, wird sich an der Cuvée de Reserve delektieren können.

3. Rosé d'Assemblage

100PN, 2008 und 2007

Der Grundwein hätte genausogut von der Ahr kommen können. Viel Frucht, reichlich Säure, etwas Wacholder, etwas schwarzer Pfeffer. Als Champagner musste erst ein kleines Eröffnungsstinkerle überwunden werden, dann die zweite Hürde, der Zucker. Dahinter zeigte sich die vom Grundwein bekannte Frucht, Säure war nicht so stark vorhanden, die Gewürze blieben. Für mich eine gute Empfehlung zu Boudin Blanc und Schweinebauch.

 

II. Michel Loriot

Die Loriots sind eine der alten Familien der Gegend, seit 1675 wird hier Weinbau betrieben und Michel Loriot hat es verstanden, sich als Meunierspezialist zu positionieren. Die Ausgangsposition hierfür war ideal: im kleinen Vallée du Flagot entlang der bewaldeten Weinbergshügel unterhalb des Bois des Châtaigniers liegt ein Qualitätszentrum der Meunierproduktion des Marnetals. Zwischen dem südlich gelegenen Le Breuil und dem nördlich Festigny benachbarten Leuvrigny gedeihen einige der besten Meuniers der Champagne. Die Vins Clairs von Michel Loriot bestätigten das einmal mehr. Exotische Frucht, pointierte Säure, gediegene Reife.

1. Réserve Brut Blanc de Noirs, dég. Dezember 2011

100PM, 2009er Basis mit 2008 und 2007.

Porridge, Kandiszucker, Mandarine, Nektarine, roter Apfel, getrocknete Ananas, getrocknete Mango. Selbst wenn man sich die üppige rucht in einem Jahr etwas zurückgedrängt vorstellen muss, bleibt ein fröhlicher Champagner übrig, der zu leichtem Knabberzeug getrunken werden kann, oder solo den Feierabend einleitet.

2. Brut Millesime 2005

PM/CH

Die einfach gestrickte Meunier mit der weltläufigen Chardonnay, das findet man nicht oft. Und dann noch als Jahrgang. Dass sowas gutgehen kann, zeigt der aktuelle 2005er von Michel Loriot. Bemerkenswert: der Meunieranteil nimmt der Chardonnay scheinbar mühelos die dominante Apfelnote ab, der Schwerpunkt des Champagners liegt deshalb nicht im Fruchtbereich, sondern bei den Backaromen. Schweinespeck, Hagelzucker, Hefezopf, Orangeat und getrocknete Apfelringe bewegen sich im Hintergrund.

3. Pinot Meunier Vieilles Vignes Millesime 2006

Ca. 70 Jahre alte Reben.

Das Meisterstück der Kollektion. Typisch für alte Reben ist ihre Extraktreichtum und ihre Konzentration, so auch hier. Die zitrusfruchtigen Aromen sind hier gelartig verdichtet, Lemon Curd, statt Zitronensaft, Blutorange und Grapefruit statt gewöhnlichem O-Saft, am Ende steht ein herbfrisches Quittenmus. Leider faltet sich der Champagner noch nicht im ganzen Mund aus, nach hinten heraus müsste er sich mit etwas Flaschenreife noch verlängern.