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Category Archives: Champagner

Hier dreht sich alles um Champagner.

Weinzeitreise 1899 – 2009


I. 1. St. Antony Pettenthal 2006

Angenehm reif, würzig und gewichtig, mit unbeschwerter Säure.

I. 2. J.B. Becker Wallufer Walkenberg Spätlese trocken 1990

Reif, aber fast ganz ohne Petrol und Firne. Kernige, präsente Säure, saftiges Mundgefühl, wirkte unfassbar jung und sehr dynamisch, entwickelte sich über Stunden hinweg positiv.

II. Dom Pérignon 2003

Nachdem ich den neuen Dom Pérignon 2003 erst kürzlich einer Nagelprobe im Umfeld anderer Prestigecuvées unterzogen hatte, musste er nun in einem völlig anderen Kontext ran. Statt einer abgestimmten Speisenbegleitung gab es ein Stahlbad roter, weißer, stiller und sprudeliger Weine mal mit mehr, mal mit weniger Berührungspunkten zu unserem jungen Helden. Dabei bestätigte sich der beim ersten Test festgestellte Mangel an Säure. Wenn man den 2003er Dom in der Tradition von ebenfalls hitzigen Jahrgängen wie 1947, 1959, 1971, 1976 sehen will, wofür natürlich vor allem die besondere Hitze des Jahrgangs spricht, relativiert sich die skeptische Einschätzung etwas. Aber selbst große englischsprachige Stimmen sprechen beim Reifepotential "nur" von einem Zeitraum um 2020, das ist gerade einmal die erste plénitude, für einen regulär dégorgierten Dom Pérignon also das früheste Kindesalter.

III.1. Clos du Bourdieu Bordeaux Mousseux Blanc Brut Méthode Champenoise

Farbe von schleieriger Cola mit Fanta, nicht sehr schön anzusehen, für einen ca. 60 Jahre alten Schaumwein aber ok. Prickeln Fehlanzeige – auch das ok. In der Nase viel Pilz und Boden, auch Milch, Milchschokolade und Rahm – sehr ok. Im Mund volle Granate karamellisierte Mandelsplitter, ein lang und sauber nachklingender Pilzgeschmack und keine Spur von Metall, das bei so alten Weinen gerne mal die Tertiärschau zunichte macht. Exquisites Stöffchen für Altsprudeltrinker (bei denen kein Sprudel mehr drin ist).

III.2. Clos du Bourdieu Bordeaux Mousseux Rosé Sec (?) Méthode Champenoise

Knallrosarot, transparent, strahlend schön im Glas, und das bei dem Alter (ebenfalls ca. 60 Jahre plusminus)! In der Nase reife, pilzige Aromen, aber vor allem noch eine faszinierende Fruchtnote. Im Mund jugendlich, frisch, fruchtig, sogar noch ganz leicht prickelnd und mit einer ausgeprägten Süße, wie ein nicht genügend stark verdünntes Himbeersirupschörlchen. Gegenüber dem weißen Mousseux objektiv der lebhaftere, wahrscheinlich sogar bessere Wein, mir war er nur leider zu süß.

IV.1. Beaune 1949

Erdig, viel asiatische Schwarze-Bohnen Sauce und für mich zu viel flüchtige Säure, um ihn noch gut zu finden.

IV.2. Chambolle-Musigny 1949

Mähler-Besse Füllung. Ähnlich dem 49er Beaune sehr viel Erde, schwarze Bohnen, Sojasauce, dafür eine längere Aromenentfaltung und eine gesündere, obwohl schon leicht aggressiv wirkende Säure.

IV.3. Chambolle-Musigny 1947

Nochmal eine Steigerung, die Säure wirkt nicht so alleingelassen und aggressiv wie beim 49er Chambolle-Musigny, dafür gesellen sich salzige Aromen hinzu und geben dem Wein ausgewogenere Würze.

IV.4. Vosne-Romanée 1947

Mähler-Besse Füllung. In diesem Burgunderoldieflight mein Liebling, da er zusätzlich zu den bekannten und geschätzten Komponenten seiner Vorgänger eine seidenweiche, animierende und nicht vom Todeskampf herrührende Süße offenbart und damit von allen Flightpartnern der dichteste, feinstgewirkte Wein ist. 

V. Jurade de St. Emilion Vinée Eleonore d'Aquitaine 1952

Reife Süße von roter Paprika, gerösteter Sellerie und Liebstöckel, wirkt aber noch nicht annähernd so alt, wie er ist. Sehr flotter Wein, elegant, lang und sehr gut. Für mich ein echter Brecher.

VI.1. Dupard Ainé Charmes-Chambertin 1962

Seltsam floraler Duft wie in einem mit Blumen überladenen Krankenzimmer. Klebstoff. Kratzige bis beissende Säure, aber auch besänftigendes Graphit. Im Mund salé-sucré. Wirkt auf mich noch nicht oder nicht mehr richtig gefasst. Entweder jetzt trinken oder in drei bis fünf Jahren nochmal probieren, dann ist er entweder tot oder genesen.

VI.2. Latricière-Chambertin 1979

Dünner, flacher, pfeffriger Wein.

VII. Vieux Château Certan 1976

Gegenüber meinen ersten drei Begegnungen mit diesem Wein war er jetzt labberig weich und milchschokoladig. So wie es aussieht leider schon zu lange geöffnet.

VIII.1. Châteauneuf-du-Pape Vieux Donjon 1979

Der Jungfernjahrgang der Domaine schmeckt wie altes Moncherie mit einem Hauch Lavendel. Kann man sich noch gut gefallen lassen.

VIII.2. Châteauneuf-du-Pape Les Cailloux 1979

Ebenfalls reif, aber vollmundiger, mit komplexerer Süße, kesser Saftigkeit und einem breiteren Aromenfächer als der Vieux Donjon. Mit einigem Abstand mein Lieblingswein in diesem flight. 

VIII.3. Châteauneuf-du-Pape Les Marcoux 1979

Noch süßer als die beiden Vorgänger, dabei weicher und weniger profiliert, fällt er für mich gegen den Les Cailloux klar ab.

IX. Grand Puy Lacoste 1995

Sehr süß, sehr reife, dick geballte Früchte, dabei immer noch sehr gediegen. Verführt mit seiner einladenden Art zum achtungslosen Trinken, wäre mir aber in seiner jetzigen Phase nach mehr als zwei Gläsern schon wieder langweilig; die 95 PP kann ich verstehen, würde den Wein aber  erst in frühestens zehn Jahren nochmal trinken wollen.

X.1. Albert Bichot Château de Dracy Ratafia Comte d'Espiès Monopole de la Maison 1929

Nach dem süßreiffruchtigen GPL war der aromatisch von starken Châteauneufs vorbereitete Sprung zum burgundischen Ratafia trotz der räumlichen und zeitlichen Entfernung nicht mehr groß. Trockenbeerenaroma, sowie eine für alten Ratafia und Très Vieux Pineau de Charente typische, mildbalsamische, von Pilzrahmsauce und Mehlbutter flankierte Alkoholnote.

X.2. Château Géneste Villenave d'Ornon Eau de Vie de Bordeaux 1899

Sanddorn, rote Beeren, Safran und Curry, die mich an alten Eau de Vie aus Cognac denken ließen, aber auch ein leichter Pflaumenduft, der mich dann wieder auf alten Armagnac tippen ließ. Im Mund etwas gezehrt und wässrig, wahrscheinlich wegen des Alkoholverlusts im kaltnassen Keller (dort verfliegt der Alkohol schneller, während sich in trockenheissen Kellern das Wasser schneller verabschiedet und einen hitzigeren, alkoholischeren Brand zurücklässt). Die Wahrheit lag buchstäblich in der Mitte: Eau de Vie aus Bordeaux, der tatsächlich einige typische Eigenschaften der nördlich und südlich gelegenen Destillatsregionen Cognac und Armagnac in sich vereint.

XI. Calon-Ségur Premier Cru de St. Estèphe 1962

W.H. Bauly Füllung. Hohl, mit Zitrusspülmittelnote. Nicht besonders inspirierend, für meine Begriffe war der Wein um.

XII. Faiveley Morey-St.-Denis, aus den 70ern (?)

Alte Walnuss, Kräuter, Sauerkirsche. Außerdem Speck und Zedernholz. Im Mund dann sogar noch charmanter, als die schon recht angenehmen Nase vorab wissen lässt. Gefiel mir sehr gut.

XIII.1. Châteauneuf-du-Pape Chante-Perdrix 2009

Dunkle Siebenfruchtmarmelade, Rosmarin, Thymian. Sehr jung, deshalb nur in leicht angekühlter Form zu trinken. Mit so einem Wein verführt man Weinnovizinnen.

XIII.2. Châteauneuf-du-Pape Domaine Pierre Usseglio 2001

Reif und süß, dabei griffig, mit vielenvielen Kräutern. Mit diesem Wein verführt man Frauen, die von Hause aus sehr verwöhnt sind und zu leichten Pölsterchen neigen.

XIV.1. Nicolas Potel Volnay Vieilles Vignes 2005

Anfangs Pillenbox und Plastiknote, nach deren verfliegen kommen schwarzer Pfeffer und Schattenmorelle zum Einsatz. Entwickelt sich über Stunden sehr konzentriert weiter und hätte so früh gar nicht geöffnet oder zumindest dekantiert werden müssen. Bestätigt den guten, in den letzten Jahren wegen seiner vernünftigen Preise sogar immer besser gewordenen Ruf, den Volnay als Rotweinappellation genießt.

XIV.2. Friedrich Becker Spätburgunder Schweigener Sonenberg, Einzellage Kammerberg 2005

Leichter, unbeschwerter als der Volnay, mit mehr Sonne im Herzen. Der französischste deutsche Burgunder, den ich kenne, gleichzeitig ein völlig eigenständiges Weinprofil und mit mehr Reife ein Garant für erfreuliche Überraschung in französischen Burgunderproben.

XIV.3. André Guy Volnay 1964

Liebstöckel unter einer Käseglocke. Obwohl gut trinkbar, reißt dieser Volnay nicht mit, dafür ist er etwas zu kurz angebunden und immer stört der an zu lange im Kühlschrank gelagerten Käse erinnernde Oberton.

XV. Robert Chassaing Hermitage Cru Classé 1947 oder 1955

Brombeere, Maulbeere, Blaubeerjoghurt. Obwohl deutlich älter als der ihm von Norden quasi entgegenkommende Volnay, wirkt dieser Wein viele Jahrzehnte jünger, dynamischer, kerniger und so pumperlgsund wie noch selten ein Wein dieser Herkunft und dieses Alters sich mir präsentiert hat – wobei sich der Jurade de St. Emilion 1952 in ähnlich splendider Form gezeigt hat. Stoffreich und übervoll mit Aromen, so dass er zu platzen droht, wenn man ihn nicht leicht gekühlt trinkt. Ein phantastischer Abschluss.

XVI. Eric Isselée Cuvée Clement Blanc de Blancs Grand Cru élevé en fûts de chêne 2004

Boskoop-Apfeltarte, etwas roter Apfel, Vanillekipferl, Crème brûlée. Herbfrisch und um 3.50 Uhr  mit sehr belebender Wirkung, nach den vielen Roten mit einem auch gaumenklärenden Charakter. 

Das Champagnergipfeltreffen

Knalliger, harter Biowinzerchampagner von 0,3 ha Rebfläche dem Kalkuntergrund unter Lebensgefahr mit bloßer Hand entweder prähistorischen oder genetisch völlig verrückten Reben abgerungen, im selbstgebuddelten Keller ohne Dosagezucker entstanden und mit mindestens Mondgehölzausbau verfeinert, muss manchmal den Nobelkreszenzen und Hommageweinen der großen Erzeuger weichen, die bekanntlich fantastilliardenschwere Marketingbudgets dafür bereithalten, sich die ebenso seltenen wie scheuen High Net Worth Indivuduals gewogen und gefügig zu machen. Was die Großen dafür ins Glas bringen, wird vielfach kritisch beäugt, als gesichtslose Heuschreckenplörre, aufgeblasene Marketingsuppe, Snobbrause etc. getadelt bis verunglimpft. Trotzdem sind immer alle froh, wenn sie mal ein Gläschen – am liebsten umsonst – davon bekommen und sei es nur, weil sich dann kenntnisvoller drüber schimpfen lässt. Gemeckert wurde beim nun stattgehabten Repas au Champagne im Gourmet Bistro von Zurheide in Düsseldorf nicht – weil es nichts zu meckern gab.

1.

Champagne Hugot et Clement NV

dazu Trüffel-Frischkäse-Crème

60PM 30PN 10CH, mit ca. 8 g/l dosiert.

Der Einstieg war außergewöhnlich. PR-Profi Ralf List ist der Mann hinter Champagne Hugot & Clement, eine Marke d'Acheteur mit genau einem Champagner. Fast wie Salon. Nur dass die Pilze im Keller von Salon recht eindrucksvoll vor den Flaschenstapeln wachsen; anders, als bei diesem Champagner. Aber doucement: Hugot & Clement ist ein Kooperativenchampagner von der Cooperative des 6 Coteaux in Pouillon, einem Nachbarort von St. Thierry. Kooperativenchampagner fällt oft in die Kategorie drink and forget. Dieser nicht. Das liegt an seinem ungewöhnlich heftigen Trüffelduft. Der wiederum kommt von Trauben aus dem Herzen des Massif St. Thierry, genauer: aus Merfy, die der Marketinglegende nach eine geheimnisvolle mariage mit dem weißen Trüffel eingehen. So wie der Champagner als Teufelswein galt, war der Trüffel eine zeit lang als Teufelspilz verrufen, auch wenn er noch so sündhaft gut schmeckte. Frère Oudart, ein Mitbruder Dom Pérignons, soll, so wieder die Legende, eine Rezeptur entwickelt haben, die beides unter einen Hut, bzw. in die Flasche bringt. Natürlich ging das Rezept verloren, bis die Herrschaften Hugot und Clement es in den 1970ern wiederentdeckten, genaues weiß man aber nicht außerhalb der Kooperativenmauern. Sicher ist nur, dass dieser Duft von weißem Alba-Trüffel exzellent zur getrüffelten Frischkäsecrème passte, die wiederum selbst mit schön dick Trüffel belegt war. Im Mund war das Trüffelaroma des Champagners dann nicht ganz so ausgeprägt, da hätte es in dieser Intensität aber sowieso nur gestört. Im Übrigen ist der Champagner von solider handwerklicher Qualität, als Einstieg in eine exquisite Probe ist er ein schöner Überrascher. Allzu viel würde ich davon wegen des dominanten Trüffeldufts trotzdem nicht trinken wollen.

2.

Dom Pérignon 2003

dazu Fines de Claires

Mit dem 2002er Dom Pérignon geht es mir ähnlich wie mit dem 2002er Cristal; beide hatten nach 1996 eine mühsame Phase, die bei Dom Pérignon von geschmacklicher Japanisierung geprägt war und dabei die von mir so geliebte domtypische Leichtigkeit vermissen ließ. Beim Cristal dieser Zeit war es so, dass der mediale Prestigefunke qualitativ einfach nicht überspringen wollte, er wirkte auf mich ebenso verstockt und seltsam bemüht, wie die Jahrgangskameraden der anderen ältesten Prestigecuvée (Cristal ist zeitlich gesehen älter als Dom Pérignon, war aber lange eine reine Exklusivangelegenheit des russischen Zarenhauses; erst der 1945er Cristal wurde frei vermarktet. Dom Pérignon dagegen kam mit seinem 1926er, bzw. unter dem Namen Dom Pérignon erst mit dem darauf folgenden 1921er schon gute zehn Jahre zuvor auf den freien Markt). Wie auch immer, der 2002er versöhnte mich dann mit beiden wieder so richtig. Als Premiere gab es aber hier nicht den 2002er, sondern den im Dezember 2011 erstmals vorgestellten und in Deutschland erst ab Februar 2012 erhältlichen 2003er. Da klingelten natürlich erstmal alle Alarmglocken, denn 2003 ist ein ganz und gar untypisches, extrem schwieriges Jahr in der Champagne gewesen, das z.B. bei Bollinger die ungewöhnliche Entscheidung provoziert hatte, einen 2003 by Bollinger zu kreieren, der bekanntlich sehr kontrovers besprochen wurde. Viele Häuser haben gleich ganz darauf verzichtet, den Jahrgang zu deklarieren, wobei ich nicht unerwähnt lassen will, dass Philipponnat in diesem Jahr mal wieder allen eine Harke geschlagen hat und für meinen Geschmack einige der besten Resultate unter den größeren Erzeugern für sich verbuchen kann. Zurück zum Dom: Richard Geoffroy hat sich der Herausforderung gestellt, den hagel-, frost- und hitzeerprobten Winz-Ertrag der frühesten Ernte seit 180 Jahren zu einem Dom Pérignon zu formen. Der Mühe Lohn ist ein konzentrierter, luftbedürftiger Champagner, der in der Nase behutsam räucherig und speckig beginnt. Ist das Interesse daraufhin geweckt, muss man sich durch einen Schleier aus feinem Mineralstaub durchschnuppern, um auf eine herbpflanzliche Note zu stoßen, die an dicke, dunkelgrüne Sukkulentenblätter erinnert. Im Mund knüpft der 2003er Dom Pérignon an die gewohnte Ausgewogenheit von Chardonnay und Pinot Noir an, dabei wirkt er mächtiger, intensiver und massiver als der 2002er, dabei auch etwas chininig. Was ihm gleichzeitig fehlt, ist Säure. Bei der ungefährlichen Kombination mit Austern stieß das nicht weiter auf, dürfte sich aber auf sein Alterungsvermögen auswirken. Das ist angesichts der reichlichen Mengen noch im Umlauf befindlicher 2002er und des sehr ertragreichen kommenden 2004er Jahrgangs nur ein theoretisches Problem. Denn bevor der 2003er Dom an seine Lagerfähigkeitsgrenze kommt, ist er wahrscheinlich schon längst ausgetrunken. Mein Zwischenfazit: unter schwierigsten Bedingungen ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Für Richard Geoffroy ein gelungener Kraftakt, der jedoch hinter der mühelosen Erscheinung des 2002ers zurückbleibt und aller Voraussicht nach spätestens mit Freigabe des 2004ers als atypischer Zwischenjahrgang angesehen werden wird.

3.

Pol-Roger Cuvée Sir Winston Churchill 1999

dazu ein Schluck Erbsensuppe, Jakobsmuschel, Kaviar

Viel Lob hat er bekommen, der Winston Churchill 1999, stellenweise klang es mir zu überschwenglich und unkritisch, vielleicht angesichts der beeindruckenden Erfolge des Hauses auf allen Ebenen auch nur zu gewohnheitsmäßig positiv. Denn bei aller Güte und Stringenz der anderen Champagner des Hauses Pol-Roger sind mir die Churchill-Jahrgänge 1998 und 1999 nicht so lieb wie noch der galaktische 1996er. Eine Spur zu süß, lautet nämlich mein momentanes Verdikt. Zu süß vielleicht nur für meinen Gaumen und zu süß vor allem dann, wenn man ihn solo trinken will, was gerade in Deutschland immer noch die überwiegende Darreichungsform ist. Ich räume dabei gerne ein, dass der Churchill 1999 jetzt noch viel zu jung ist, um fair über ihn richten zu können. Und gerade wenn man schonmal einige ältere Pol-Roger Jahrgänge im Glass hatte, muss man den Dosagezucker unter reifestrategischen Gesichtspunkten sehen. Aber nun ist er am Markt und muss mit dem mildem Verweis leben, später wird ihn das sowieso nicht mehr anfechten. Abgesehen davon brilliert er als Speisenbegleiter, gerade wenn Salz im Spiel ist, weshalb ich ihn gern zur Erbsensuppe getrunken habe. Dort schnitt er dann völlig verdient als bester Wein des Abends ab. Die solo von mir bemängelte Süße störte hier kein bisschen mehr, vor dem deftigen Süppchenhintergrund konnte sich die ganze Muskelkraft des Churchill ungehemmt entfalten, mit dem Aroma der Jakobsmuschel im Gleichklang laufen und schließlich zusammen mit dem Kaviar einen finalen Akzent am Gaumen setzen. Bemerkenswert auch, welche Säurereserven sich hierbei auftaten, die ein weiterer Garant für großes Reifepotential sind.

4.

Veuve Clicquot La Grande Dame Rosé 1998

dazu geröstete Brioche, Gänselebermousse, Apfelconfit, Schokolade

Brioche, Leber und Schokolade, das ist nur auf den ersten Blick eine Kombination wie Roséchampagner, Gamma-GT und Führerschein. In Wirklichkeit ist das Verhältnis der Beteiligten viel entspannter, denn der kräftige Witwen-Burgunder bringt alle natürlichen Anlagen für die Vermählung mit dem Kakao mit. Milchschokolade, Milchkaffee, Noisette, Sauce Griottine prägen die Nase. Die Briochehefe ist glücklicherweise als ein altes Erbteil der Champagne von solcherlei Hochzeiten gar nicht erst wegzudenken und Apfelconfit ist eine Dreingabe, über die sich besonders die jungen Champagnerpaarungen stets glücklich schätzen. Die Gänseleber als zentrale Komponente erwies sich wie schon seit Jahrhunderten als gute Partie zum Champagner, von rustikal bis aristokratisch ist da alles drin, der Biographie unserer Witwe nicht ganz unähnlich. Die 1998er Grande Dame Rosé ist aber bei aller Aromenvielfalt eine Pinot-Essenz, die polarisiert. Wer den Stil des Hauses mag, findet ihn hier in unverfälschter Reinheit und eine ganze Klasse ausdrucksvoller, als in der weißen Grande Dame. Wer andererseits schon das Yellow Label nicht mag, wird bei diesem den Standardbrut potenzierenden Champagner keine Glückseligkeit erlangen.

5.

Armand de Brignac Brut Gold

dazu Thunfischtatar, Sesam, Limone

Bei aller berechtigten Skepsis gegenüber schamlos überteuerten Lifestyleweinchen darf man gerade beim Champagner nicht vergessen, dass er seinen phänomenalen Ruf nicht allein seiner Güte verdankt, sondern einem über Jahrhunderte perfektionierten Marketing, in dessen nur scheinbar schattigeren Gefilden sich reger Zuspruch aus dem Rotlicht- Bühnen- und sonstigen Halbweltmilieu ebenso findet, wie eine quirlige Avantgarde, wie wir sie im Moment an der Aube, im Marnetal und einigen anderen Eckchen der Champagner erleben. Vielleicht ist es dieses nicht streng naturwissenschaftlich zu verstehende Klima, dem sich neue Impulse überhaupt erst verdanken; sei es die Wiederbelebung des Fassausbaus bis hin zum Solerasystem, das Spiel mit der Dosage oder die Atomisierung der Cuvéeidee in Richtung immer speziellerer Lagen- und Rebsortenchampagner der Avantgardewinzer von Selosse über Laherte bis Gautherot, Bouchard, Collin, Dosnon & Lepage und Prevost. Eine ganz andere, meiner Meinung nach funktional gleichberechtigte Sparte besetzen die – exakt aufgrund ihrer professionellen Marketingkampagnen erfolgreichen – Zeitgeist-, Blingbling- und Markenchampagner wie z.B. der eingangs getrunkene Hugot & Clement, Tarlants QV Discobitch, das Champagnerprojekt der Rothschildfamilien und eben unser Armand de Brignac. Diese Champagner sind wegen ihres unterschiedlichen Publikums in einem völlig anderen Kontext zu verstehen, als die Champagner von Minimengenkultwinzern. Was die verschiedenen Sparten eint, ist ihre Pflicht, dem jeweiligen Klientel zu schmecken. Insofern lässt sich das Haupteinsatzgebiet unseres Ace of Spades schnell abstecken: Rapperfeten in Nobeldiscos. Weil dort nicht nur gekokst, sondern zwischendurch auch mal eine Kleinigkeit gegessen wird, drängten sich für die Kombination im Menu ein paar gecrossoverte Gabelhappen Thunfischtartar auf. Das ist bei der Zusammenstellung eines Champagnermenus gleichermaßen fordernd wie dankbar. Man muss nur einen Begleiter finden, der auf der Zunge lang und stabil genug ist, eine gewisse Bulligkeit mitbringt, sich aber nicht in den Vordergrund schiebt und allzu ehrgeizig die delikaten Aromen des Fischs übertönt, dem hier eine leicht kreuzkümmelige Crème nebst Salat beigetan war. Unser reichlich nobeltanzschuppenerprobter Champagner musste also ausnahmsweise seine Bodyguardqualitäten unter Beweis stellen. Das tat der erst anlässlich der Geburtstagsfeier von Jay-Zs Töchterchen wieder prominent eingesetzte Armand de Brignac im dafür wie geschaffenen Top Ten Glas von Schott-Zwiesel mühelos. In der Nase zeigten sich Verbene, Zitronengras, Tigerbalm, die ganze Operation verlief unfallfrei und in schönstem Einklang mit Sesam und Limonenöl. Der Gaumen dankte es mit Nachtrunkverlangen.

6.

a) Louis Roederer Cristal Blanc 2004 en Magnum

dazu Steinbeißer im Pata-Negra-Mantel Petersilienpurée, marinierte Shisokresse

Auf den Armand de Brignac Gold folgte gewissermaßen in nachträglich zeitlicher Umkehrung der jahrelang vor dem AdB im amerikanischen Rapmusikantenstadl beliebte Cristal. Den Spitzenplatz in der Blingliga hat der Cristal zwischenzeitlich frag- und klaglos geräumt. Seine Reputation und den angestammten Spitzenplatz in der Champagnerprestigeliga erobert er sich nach dem am Ende nur noch unfreiwilligen Ausflug in Musikmogulkühlschränke seit dem schönen 2002er Jahrgang zurück, dazu habe ich ja weiter oben schon ein paar Worte verloren. Nachdem pünktlich mit dem 2002er und jetzt mit dem 2004er die Qualität gestiegen, die Endverkaufspreise hingegen stellenweise sogar noch gesunken sind, gibt es für den Champagnerfreund nichts zu beklagen. Leider hatte die erste Flasche Kork, bei Magnums immer besonders ärgerlich. Zum Glück war für Reserve gesorgt. Die war einwandfrei. Der aktuelle Cristal zeigte sich ganz typisch geraten, mit Brioche, Biscuit, Amarettini, Aprikose, Zitronenschale, Ingwer. Gehaltvoller als der 2002er Cristal, aber nach dem schwergewichtigen Armand de Brignac merklich anders gestrickt, so als träte hinter Laurence Fishburne (dessen Tochter kurioser- wie irgendwie auch in das gerade hervorgerufene Bild passenderweise als Pornostarlet arbeitet) plötzlich Daniel Craig hervor.

b) Entr'acte: Louis Roederer Cristal Rosé 2004

Für mich der Wein des Abends. Der 2004er Cristal Rosé vermittelt genau das, was Norman Mailer in seiner Quatschbiographie über Marilyn Monroe immer so gut findet: puren Sex. Ohne angestaubte Pin-up Ästhetik, muss ich hinzufügen. Eher wie Sophie Dahl in der Anzeige für Yves Saint Laurents Parfum Opium: schneeweißer, formprächtiger, erwartungsvoll drapierter Körper mit verheißungsvollem roten Schopf. Und das sagt der Kinski dazu: guter Wein, pralles Weib, ist beides köstlich Zeitvertreib.

7.

Nicolas Feuillatte Palmes d'Or 1999

dazu Champagnersorbet aus Nicolas Feuillatte Palmes d'Or 1999

Es gibt viele Esser, die das vermehrt zwischen den Gängen servierte Sorbet ablehnen. Warum, ist mir nicht ganz klar. Ich freue mich bei einem langen Mahl immer sehr über einen kleinen, leichten, sehr gerne auch erfrischenden Gang. Ob das eine kalte Gemüsesuppe, Spiesschen, etwas Fluffiges oder ein mehr oder weniger fruchtiges Sorbet ist, interessiert mich dabei nicht so sehr, wenn es in die Gesamtarchitektur passt. Mag sein, dass die herrschende Rotweinfraktion das kritischer sieht, weil ihr die dazu passenden Weinkombinationen fehlen. Bei Champagner ist das anders. Da darf das Sorbet nur nicht zu süß sein. Darauf hatte ich Küchenchef Jörg Tittel vorher aufmerksam gemacht und dankenswerterweise hat er sich daran gehalten. Für mich war dieser unauffällige Zwischengang aufgrund des perfekten Zusammenspiels von herbfrischem, weitgehend süßefreiem, aus drei Flaschen Nicolas Feuillatte Palmes d'Or 1999 hergestelltem Sorbet und reifem, mildpilzigem Champagner der beste von allen Gängen. Der Champagner hat in den letzten zwei Jahren eine bilderbuchhafte Entwicklung hingelegt, auch wenn sie mir etwas zu schnell vorkommt. Die primären Aromen sind weg, die händeweise in den Mund gestopften Himbeeren aus seiner Frühphase sind den erwähnten pilzigen Noten gewichen, die ich bei Champagner im Allgemeinen liebe, die ich aber bei einem noch so vergleichsweise jungen Champagner in der Intensität nicht erwartet habe.

8.

Armand de Brignac Rosé

dazu ein Stück von der sous vide gegarten Kalbshüfte, Zwiebelmarmelade, Pariser Kartoffeln

Der Armand de Brignac Rosé ist von Beginn an mein Lieblingschampagner aus der AdB-Serie gewesen, auf deren Clos man allerdings wohl noch etwas warten muss – zehn Jahre, wie ich vernommen habe. Am besten schmeckte er mir schon bei der ersten Begegnung aus dem Burgunderkelch. Davon war hier keiner zur Hand, deshalb habe ich denjenigen, die diese Erfahrung ansatzweise auch einmal machen wollten, das umgießen in einen Bordeauxbecher empfohlen und erntete dafür herzlichen Dank. Weich, anschmiegsam, mit einer fließenden, glamourösen Robe war der Rosé, an dem ich keine Dosageerhöhung feststellen konnte, wie für Sommer 2011 angekündigt.

9.

Cattier Ratafia

dazu Schokosalzstangen, Trüffelmousse, Champagner-Amarettini

Der Ratafia von Cattier wird in einer Flasche angeboten die aussieht, wie eine Haarspraydose. Gewöhnungsbedürftig für ein Haus, dessen sonstige Flaschenausstattung eher konservativ ist. Konservativ ist auch der Ratafia selbst. Nicht zu süß, recht alkoholisch, eher leicht. Mit weißer Schokolade und Trüffelmousse hat er etwas zu kämpfen, Schokosalzstangen und die nur dezent-süßen Champagneramarettini bereiten dagegen keine Probleme.

Champagnerentspannung mit “happy end“

1. Gardet Selected Reserve
Drittelmix mit 25% Reserve aus dem Eichenfass und zusätzlich einjährigem Fassausbau
Hefig bis bierhefig, jung, unuhig, unausgewogen, noch keinerlei Spuren von Reife. Der bierhefige touch wie ich ihn zuletzt bei den Champagnern von Tribaut-Schloesser sehr unangenehm empfand, ist hoffentlich eine vorübergehende Erscheinung oder ein individueller Flaschenfehler gewesen. Werde ich demnächst verifizieren.

2. Bérèche Père et Fils Brut Rosé, dég. Sep. 2010
Von meinem letzten Besuch bei Bérèche habe ich diesen Rosé mitgebracht, den ich in meiner Hast und Gier schon bei zwei anderen Gelegenheiten verheizt habe. Belebend, spritzig, an der Zungenspitze blüht er richtig auf, umfasst die ganze Zunge und klingt dann etwas zu kurz nach hinten hin ab. Erdbeere, Baiser, Knisterzucker.

3. Dosnon & Lepage Récolte Noir, dég. 2. Halbjahr 2007
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Einer der ganz starken kleinen Champagnererzeuger. Aube-Avantgarde, die beiden Macher stammen aus dem Kaff Avirey-Lingey, der eine hat Champagnererfahrung bei den ungleich größeren Herstellern Serge Mathieu und Moutard gesammelt, der andere als Strafverteidiger in Paris. Der Ertrag von zwei ha eigener und fünf ha fremder Rebfläche steht den beiden zur Verfügung und reicht für ca. 50000 Flaschen im Jahr. Wenn die kontinuierlich das Niveau des Récolte Noir halten, ist die glänzende Zukunft des sympathischen Labels gesichert. Der Blanc de Noirs ist üppig ausstaffiert mit blumigen, nobel-holzigen, überaus delikaten und recht burgundischen Aromen, wirkt an keiner Stelle schwächlich oder weichgelegen-morbid, ja schwingt zu meinem größten Entzücken noch mit einem kecken Schwanzwedeln originell aus, resp. das Halsinnere hinab. Einer der Champagner, mit denen sich die Mehrdimensionalität von Champagner wunderbar erfahren lässt.

4. Ulysse Collin Blanc de Noirs, dég. 16. März 2010
Dieser Champagner vereint alles, was ein Blanc de Noirs in sich vereinigen muss. Er ist prächtiger und größer dimensioniert als der Dosnon-Lepage, was ihm aber fehlt, wie mir mit zunehmender Flaschenreife auffällt, ist ein kleines bisschen Säure. Ich kann nicht sagen, ob ihm das im Alter das Genick brechen wird, oder ob er das nonchalant aus dem Füllhorn seiner Möglichkeiten überspielen können wird. Mir scheint aber klar zu sein, dass dieser Champagner momentan für sich die Weichen stellt. Ich würde ihn noch dieses Jahr trinken, dann aber für mindestens fünf Jahre ruhen lassen. Dann ist er entweder noch ein Stück gewachsen, oder aber er hat dann begonnen, sich zurückzubilden.

5. Champagne Mumm Cordon Rouge Millésime 1985
Auf dem Niveau eines reifen Piper-Heidsieck Rare bewegte sich der vermutlich letzte große Mumm-Jahrgang vor der Krise des Hauses. Mokka, Röstaromen, Speck. Kraftvoll anschiebend und mit Wucht gegen den Gaumen prallend, was frelich nur das halbe Vergnügen ist, oder gar keins, wenn man die röstigen Champagner nicht so sehr mag. Für mich war’s schön.

6. Drappier Grande Sendrée Rosé 2004, dég. Juni 2008
Ganz zauberhaft war die Grande Sendrée Rosé, feinstschlanke, bei der Grande Sendrée offenbar sowieso nie besonders vordergründige oder sonst piekende Säure, dazu ein edles Parfum aus Wildkirsche und anfermentierter Erdbeere; elegisch.

Die Frohe Champagnerbotschaft in anderen Medien

Rechtzeitig zum Fest und Jahreswechsel verlasse ich meinen angestammten "Arbeits"-Platz am Champagnerverkostungstisch und trage das Champagnerevangelium in andere Medien hinein. Beispielsweise diese:

 

TV:

In fernsehgerechter Kürze bei Planet Wissen im WDR, bzw. SWR und BR Alpha, Themensendung zum Champagner: zum Champagner Internetstream von Planet-Wissen.

 

Print:

Im Münchner Foodhunter, dem Exquisitmagazin für kulinarische Entdeckungen: zum Interview im Foodhunter.

 

Radio:

MDR INFO, Sendung vom 31. Dezember 2011, Silvester-Thema: "Immer mehr Deutsche trinken Champagner. Wie kommt's?" – Beitrag anhören: Champagner.

Hier geht's zur Mediathek des MDR.

 

Im realen Leben:

Die nächsten Verkostungen und Champagner Master Classes stehen an!

Verkostungen finden bundesweit an geeigneten Orten statt. Master Classes finden immer in Sternerestaurants mit abgstimmtem Menu statt. Beide sind immer schnell ausgebucht. Flink sein lohnt sich deshalb mehr denn je.

Weitere Infos gibts nach Anmeldung für meine Champagnerdepesche per Mail. Zur Anmeldung für die Champagnerdepesche.

Die ‚großen‘ Champagner: Grande … Dame, Année, Sendrée, Cuvée, … (Teil I)

Zu den Festtagen werden im ganzen Land wieder die im Supermarktregal gekochten Standardschäumer, der stets sehr gesuchte Champagner Bis(s)inger in seinen verschiedenen Spielarten aus dem Hause Vranken-Pommery, oder einer der notorischen Witwen-Klone zum Kartoffelsalat mit Würstln serviert, bzw. vorher oder nachher zur Einleitung des Fests feierlich vom Vati geöffnet, aber natürlich auch jede Menge schöne Winzersekte, Nobelcavas usf. aus der Sprudelecke des Weinkellers gekramt oder mit leuchtenden Augen aus dem Klimakühlschrank hervorgezogen. Einige ganz ganz Wenige werden die Festtage nutzen, ihren Lieben oder der Geliebten ganz besondere Schätze vorzusetzen. Die folgenden Notizen zu den derzeit marktgängigen Großcuvées mag als kleine Orientierungshilfe dienen. Naturgemäß sind nicht alle Champagner dabei. Ich habe mich auf die großen Häuser beschränkt und auch bei denen noch eine Auswahl getroffen. Ausgelassen habe ich nämlich der Einfachheit halber und weil es um große Champagner von großen Häusern geht alle, die nicht ein "Grand(e)" im Namen tragen.

1. Veuve Clicquot, La Grande Dame 1998, 1995, 1996

Auch schon wieder bisschen was her, dass ich die Grande Dame getrunken hatte. Zeit also für eine neuerliche Glasvisitation.

a) Im Frühjahr gab es eine 1998er zusammen mit Veuves Kellermeister Francois Hautekeur im Garten des zauberhaften Manoir de Verzy von Veuve Clicquot, wo wir uns die Wartezeit zum Dîner damit vertrieben, in den Weinberg und die Décolletés der Servierkräfte zu schauen. Das war eine sehr gute Sache, im Grunde hätte man daraus nahtlos ein Fotzsetzung von "Emmanuelle" drehen können. Mehr als ein halbes Jahr später ist die Softpornobeschaulichkeit einer höheren Form von Erotik gewichen. Ohne Schwulst in Mund und Nase, etwas Puder, etwas Verbene, rote und kandierte Früchte, durchweg klare Linien, sanft geschwungen und weiblich, schmeichelhaft, unverhüllt, gewiss nicht magersüchtig, aber ganz ohne Pölsterchen.

b) Die wenig später geöffnete 1995er Grande Dame konnte ihr Alter nicht verbergen, musste sie aber auch nicht. Mich interessierte nun, wie schnell oder langsam sich die 1995er Grande Dame 1995 fortentwickelt. Meine Hoffnung dabei: langsam, da ich mir vom 1995er Jahrgang mittlerweile noch einige schöne Trinkerlebnisse verspreche. Meine Hoffnung wurde bestätigt. Sicher ist die 1995er Grande Dame nicht mehr mit der Spannkraft einer Berufsanfängerin ausgestattet, dafür mit der versierten Überzeugungskraft einer berufserfahrenen Führungspersönlichkeit. Geschliffen, nobel, weinig und herb, wie ein Businesskostüm von Jil Sander. Auch frische Zitrusnoten aus ihrer ersten Reifephase haben sich erhalten, allem Anschein nach reift die Grande Dame auf dem jetzt erreichten Niveau langsam vor sich hin und wird noch einige Jährchen zur Verfügung stehen, bevor sie sich in die Seniorität zurückzieht.

c) Die Grande Dame 1996 habe ich bewusst weit weg gelegt, damit ich sie nicht versehentlich oder auf ihren Sirenenruf hin öffne. Jetzt war die Verlockung aber doch wieder so groß, dass ich mich rangemacht habe. Zur Strafe erging es mir wie dem Gouverneur Ollendorf in meiner Lieblingsoperette "Der Bettelstudent". Der erhielt von der schönen Comtesse Laura coram publico einen Fächerschlag ins Gesicht. Dabei hatte er sie vorher nur auf die Schulter geküsst. Das junge Fleisch ist nur scheinbar züchtig hochgeschlossen, weiß aber seine Reize sehr gezielt einzusetzen. Verboten scharfe, aber sehr effektiv den Champagner auf seiner Achterbahnfahrt in der Spur haltende Säure, geschwind bis turbulent ablaufende Aromenentwicklung, eine noch streng wirkende Mineralität, die schiere Sünde im Debütantinnen-Habit.

d) Kleines Fazit: Während die Heftigkeit der Umarmung des 1995ers etwas nachgelassen hat und Luft zum Atmen lässt, bockt die 1996erin noch ganz erheblich. Die Umarmung der 1998er Grande Dame ist demgegenüber innig, vertraut und von der richtigen Länge.

2. Über die Special Cuvée von Bollinger zu schreiben, ist ganz unergiebig, denn auf diese Cuvée ist so sehr Verlass, wie auf nur wenige andere Champagner. Trotzdem finde ich es immer sinnvoll, über die Standardbruts der Erzeuger an ihre Prestigeweine, d.h. hier über die Special Cuvée, bzw. den Rosé Sans Année an die jeweilige Grande Année heranzutreten. So mache ich das fast immer. Zur Standardcuvée von Bollinger erzähle ich an dieser Stelle trotzdem nichts und zum relativ neuen jahrgangslosen Rosé vielleicht gleich noch ein paar Worte.

a) Bollinger La Grande Année Blanc 2002, dég. Juli 2010 und dég. Februar 2011

Jetzt erstmal zur ungeduldig erwarteten 2002er Grande Année. Viel zu frisch war die natürlich, aber es half alles nichts, das Zeug musste runter. Was man bei anderen Weinen jung, quirlig, aufgeregt, auch kraftstrotzend oder übermütig nennen würde, erscheint hier nicht recht angebracht. Zwar trifft das alles zu, aber mit mehr Noblesse. Die aktuelle Grande Année ist juvenil, sportlich, trainiert, sehr konzentriert, dabei überraschend emotional. Wahrscheinlich genau der richtige Champagner für Sebastian Vettel. Seit dem 1990er die beste junge Grande Année, die ich getrunken habe.

b) Bollinger La Grande Année Rosé 2002, dég. Mai 2009 und dég. März 2011

Noch frischer als die weiße Grande Année war die Rosé-Version. Innerhalb der Bollingerfamilie ist die Grande Année Rosé, um ganz gegen meine Gewohnheit geschmacklose Inzestscherze auszulassen, der beziehungsreichste Champagner. Der Prototyp des Bollingerchampagners ist gewiss die Special Cuvée. Abgesehen von den Vieilles Vignes Francaises sind alle Champagner des Hauses in gewisser Weise Abkömmlinge von dem damit verkörperten Stil. "Alle" klingt dabei sehr zahlreich, doch gab es zusätzlich zur Special Cuvée lange Zeit nur die beiden Jahrgangschampagner Grande Année und seit dem Jahrgang 1952 die als "R.D." etikettierten Spätdégorgements der Grande Année. Mit dem 1976er Jahrgang trat die Grande Année Rosé dazu. Ein überschaubarer Clan, demnach. Der jüngst hinzugekommene jahrgangslose Rosé musste sich in dieses Bild einfügen, der Bezug zur Special Cuvée ist daher besonders eng. Ca. 6 % Pinot aus Verzenay machen den Unterschied zum weißen Standardbrut aus. Und wie der weiße Standard ist der jahrgangslose Rosé ideal, um sich an die Grande Année Rosé bruchlos heranzutrinken. Die Grande Année Rosé profitiert neben vielen Gemeinsamkeiten allerdings von einem noch exquisiteren Saft als der sans année, nämlich dem Pinot aus der Côte aux enfants. Was das an Verfeinerung und Klassenunterschied bringt, ist enorm. Unter den vielen gut gelungenen 2002ern gehört die Grande Année Rosé zu den besonders hervorhebenswerten Exemplaren. Wenn der Cristal Rosé 2002 der Unterwäscheparade von Vicoria's Secret entspricht, dann ist dies hier Lingerie von Valisere.

3. Drappier, Grande Sendrée

Michel Drappiers Grande Sendrée gehört zu den günstigsten Prestigecuvées am Markt, unter den Häusern vergleichbarer Größe gibt es nach meinem Wissen keines, das eine noch günstigere Prestigecuvée verkauft, die diesen Namen auch verdient hat und nicht einfach nur durch Zufall der teuerste Champagner des Portfolios ist.

a) Grande Sendrée Blanc 2004, dég. Januar 2011

55PN 45CH.

Leider befindet sich die ähnlich gebaute Grande Sendrée 2002 offenbar gerade in einer Verschlussphase, daher ist ein Vergleich zwischen beiden nicht sehr fruchtbringend. Gut hatte mir auf der Vinexpo dagegen die aktuelle Grande Sendrée 2004 gefallen, so dass es mir näherliegend schien, die jetzt nachzuprobieren. Die 2004er Grande Sendrée ist mittelgewichtig, aber nicht schmächtig. Sie gehört zu den Champagnern, bei denen ich immer wieder unterschiedliche Ausprägungen derselben positiven Attribute finde. Sanft und distinguiert, sehr präsent und hellwach. So wie man die Neigung zu einer halsbrecherischen Autofahrweise bei Michel Drappier gar nicht vermuten würde, kann man sich übrigens bei einem Besuch des Hauses, wo sie die Möglichkeit zur perfekten Reifung hat, von der wollüstigen Entwicklungsfreude der Grande Sendrée überraschen lassen. Nach einem doppelten Espresso zum Abschluss eines großen Mahls gibt es jedenfalls kaum etwas schöneres, als eine frische und vorzugsweise junge Grande Sendrée wie eben diesen 2004er für die inoffizielle Hälfte des Abends zu öffnen.

b) Grande Sendrée Rosé 2005, dég. Januar 2011

Mag sein, dass ich noch nicht genügend Grande Sendrée Rosé getrunken habe, mag sein, dass der Jahrgang besonders außergewöhnlich ist; hier zeigte sich ein etwas schwermütiger, melancholischer Rosé mit einem an smoothies erinnernden Früchtemuscharakter. Relativ wenig Säure und ein Schlußpunkt, der die Ballade stimmungsvoll und für mich ein wenig rätselhaft beendet. Wahrscheinlich noch etwas verschlafen, nach dem Dégorgement und ab Frühjahr 2012 überhaupt sinnvoll zu probieren.

In Teil II der Festtagschampagnerreihe geht es weiter u.a. mit Krugs Grande Cuvée.

Champagne Floater


1. Paul Dethune Blanc de Noirs, dég. Juni 2010

Üppiger Winzerchampagner mit leichtem Fassausbau, immer wieder eine sichere Bank, leider nicht mehr zum Kleinerwinzerpreis zu bekommen. Tip: die Lotnummern geben bei den Champagnern von Dethune das Dégorgierdatum an. Die Großbuchstaben stehen für die Cuvée, danach kommen die mit (T) gekennzeichneten beiden Endziffern des Jahrs der Tirage. Das (D) steht für das Datum des eigentlichen Dégorgements.

 

2. Marc Hébrart Premier Cru Reserve

Handgerüttelt, ca. 80% Pinot aus Bisseul, Avenay Val d’Or und Mareuil, aus Weinbergen direkt neben dem berühmten Clos des Goisses von Philipponnat; der Rest ist Chardonnay. Zu diesem Champagner habe ich mal Apfelspass notiert und genau das ist die zutreffende Bezeichnung auch nach einiger Flaschenreife. Nicht mehr ganz so ausgelassen tobend, aber mit einer immer noch frappierenden, von lieblicher Säure begleiteten Apfelfülle.

 

3. Janisson-Baradon Brut

50PN 40CH 10 PM.

Eigentlich so etwas wie die Visitenkarte des Hauses, dessen Portfolio sich nach oben hin etwas auszufasern beginnt. Dort steht die meist etwas knorrige Großvatercuvée George Baradon neben der Special Club Einzellage Les Toulettes und beide Champagner sind gut, die Toulettes ohne die Oxidationsneigung vom Opa und mit längerem, stärkerem Griff. Man ist beim Durchkosten erstmal geneigt zu fragen, wo denn das Verwandtschaftliche Element steckt. Wahrscheinlich in der Weinigkeit aller Champagner des Hauses. Denn flirrige Flitterbrause ist nicht das Metier dieses Erzeugers. So ist denn der Brut kein belangloser Appetitanreger, sondern ein hefig-röstiger, für seine Preisklasse sehr fordernder und dabei mit nur wenig Früchteaufwand antretender Champagner.

 

4. Maxime Blin Vintage 2000

Das Massif St. Thierry ist die Heimat der Blin-Familie und eine der ersten Gegenden, die für den Weinbau kultiviert wurde, eine der zahlreichen Wiegen der Champagne, wenn man so will. Reine Schwerkraftpressung ergibt bei Maxime Blin (es gibt eine ganze Reihe Blins in der Gegend, daher obacht bei der Planung von Besuchen auf dem Weingut) einen leichten, fruchtigen, auch blumigen Wein mit nobler Säure und sehr viel Engagement im Mund. Trinkt sich zur Zeit besser als der 2002er.

 

5. Baillette-Prudhomme Reserve

Dreimädelhaus in Trois-Puits. Marie-France, die Witwe von Jean Baillette und ihre Töchter Laureen und Justine führen das unscheinbare Haus mit dem erstaunlichen Keller. Belebend, jugendlich, trotz des Reserveweinanteils, der bei Baillette-Prudhomme meist ziemlich hoch ausfällt und auch mal 70% betragen kann. Palatschinken mit Marille; Kräuter. Nach dem Preisanstieg der girls in jüngster Zeit greife ich am liebsten auf diesen noch bezahlbaren Sprudel zu, bei den Töchtern verkneife ich mir das zugreifen, da muss schauen genügen. 

 

6. Leclerc-Briant Chèvres Pierreuses

40PN, 40CH, 20PM. Biodynamisch.

Hat sich scheinbar wieder etwas gefangen, kam mir aber erneut zu hoch dosiert vor.

 

7. Lamiable Grand Cru Extra Brut

60PN, 40CH. 5 g/l Dosagezucker.

Verführerisch, saftig, rein, aber nicht unschuldig. Sehr weltlicher, genussfördernder Champagner. Von Lamiable habe ich bisher nur Gutes getrunken, mich wundert etwas, dass das Haus nicht dieselbe Aufmerksamkeit erfährt, wie andere, ähnlich gut und konsistent produzierende Erzeuger. Besonders schön finde ich, dass die Auswahl der Champagner nicht verfranst ist, sondern überschaubar, mit sinnvollen Dosageabstufungen, einem anständigen Special Club und einem exzellenten Einzellagenchampagner mit sechzig Jahre alten Rebstöcken: Les Meslaines. Die neue Chardonnaycuvée Phéérie aus dem Pinot Grand Cru Tours sur Marne muss ich erst noch probieren. Ich erwarte eine weitere Bereicherung für die Nische der Blanc de Blancs aus dem Pinot-Eck östlich von Dizy.

 

8. Remy Massin, Rosé

Voilà, die Aube. Nicht ganz die Avantgarde, die Aubewinzer wie Bertrand Gautherot, Cedric Bouchard, Emmanuel Lassaigne oder Thierry de Marne repräsentieren, aber ein Champagner, der das Image der Gegend sicher nicht beeinträchtigen wird. Mollig, eingängig, freundlich, unkompliziert, aber nicht banal, von breiterer Statur als die kühlen Pinots, die man z.B. bei Lamiable finden kann. Überdurchschnittlich guter Aubechampagner, dem das täppische, bäuerliche fast ganz fehlt.

 

9. J.-F. Launay, Cuvée Grain de Folie

Wenn Künstlers Kirchenstück der Pinot unter den Rieslingen ist, dann ist die Cuvée Grain de Folie das was der Elbling unter den Moselrieslingen darstellt oder so ähnlich. Sympathisch-frecher Außenseitercharakter aufgrund seiner stichelnden bis blanken Säure und ein Trinkerlebnis so brenzlig wie ein heißer Flirt mit der Personalchefin. 

 

10. Grongnet, Carpe Diem Extra Brut

70CH 20PN 10PM.

Einer der unbekannteren Special Club Erzeuger, ähnlich wie Lamiable. Der Chardonnay gibt hier klar den Ton an und wirkt so bubenhaft, tatkräftig und unverbraucht, wie der Freiherr zu Guttenberg in seinen besten Tagen. 

 

11. Bérèche  Père et Fils, Réserve

Von fast allen Champagnern hat Rafael Bérèche immer zu wenig, das ist leider so. Den besten Zugriff und Einstieg in seine Geschmackswelt kann man sich aber durch intensives Verkosten seiner langjährig erprobten und stets für gut befundenen Réserve sichern. Für fortgeschrittene Ultrabruttrinker ist der Réserve natürlich nichts, die stören sich an den 9 g/l Dosage und warten lieber auf ihre Miniallokationen an "Beaux Regards", "Reflets d'Antan" oder "Le Cran" – ich ja eigentlich auch, aber irgendwas muss man in der Wartezeit zwischen Zuteilung und erster Flasche, bzw. während der selbst besorgten Flaschenreife ja trinken.  

 

12. Yves Ruffin, Premier Cru Élevé en Fûts de Chêne

75PN 25CH, vinifiziert von von Laurent Chiquet (Jacquesson).

Man weiß nicht, ob und wie lange die Witwe von Thierry Ruffin das Haus in dieser Form führe wird. Sollte sie sich dagegen entscheiden, wäre das ein Verlust. Die Spezialität von Ruffin sind nämlich fassausgebaute Champagner, bei denen jetzt schon viel los ist und bei denen sich gute Önologen sicher noch so richtig schön austoben können, auf der Suche nach dem letzten Schliff. Kraftvoll, holzwürzig, mit nahtlos angesetzter Frucht und frischfröhlichem Ausgleiten.

Bulles Bio – Teil III: Grand Cru und Premier Cru

C. Grand Cru und Premier Cru

Avantgarde findet nicht nur in den Schmuddelecken der Champagne statt, sondern auch in den teuren Crus. Die Entwicklung dort ist stiller oder wirkt wenigstens so. Ein paar Vorreiter klopfe ich immer wieder mal darauf ab, ob sie ihrer Vorreiterrolle noch gerecht werden, bzw. ob mir deren manchmal nur schwer zu erlangenden Erzeugnisse schon, noch oder wieder schmecken und Freude bereiten.

I. Larmandier-Bernier

Pierre Larmandier stellte seine Champagner sitzend vor, da er augenscheinlich gerade Nasenbluten bekommen hatte. Da half auch alle seit 1999 betriebene Biodynamie nichts.

1. Blanc de Blancs Premier Cru Extra Brut, 2008er und 2007er, dég. Feb. 2011

Neben den Grand Crus Cramant, Avize und Oger ist nur noch Vertus als Premier Cru enthalten.

In der Nase Maistortilla, Apfel, Butter, Blüten. Im Mund vorwiegend ruhige Säure und eine milde Süße.

2. Terre de Vertus Premier Cru Brut Nature 2007, dég. Mai 2011

Blanc de Blancs auf 2006er Basis aus den Einzellagen Les Barillers und Les Faucherets in Vertus.

Im Gegensatz zum normalen BdB PC durch seine ausgeprägtere Mineralität enger, straffer, disziplinierter, beißt aber nicht. Weniger gelbe und rote Fruchtnoten, dafür mehr Steinobst und grüne Früchte. Lang.

3. Vieilles Vignes de Cramant Mill. 2005, dég. März 2011

Klar, das Flaggschiff: tief, langsam, würdevoll, für einen Grand Cru Champagner der Côte des Blancs vergleichsweise säurearm, was zwei Gründe hat: Cramant und alte Reben; bleibend. Sowas gefällt auch Fans der Großen Gewächse des VDP.

4. Rosé de Saignée Premier Cru Extra Brut, reiner 2008er, dég. Feb. 2011

Pinot aus Vertus (hier hat u.a. auch Veuve Fourny die Pinots für den dort ebenfalls gut beherrschten Rosé her) Schweinefleisch mit Wacholder und rosa Beeren, sicher einem leichten Schwefelböckser geschuldet. Wacholdereindruck und rosa Beeren bleiben, hinzu kommen Kirsche, Mandel, ein etwas seifiges, zum Schluss leicht trocknendes, auch salziges Mundgefühl so ähnlich wie von Ziegenfrischkäse mit Cranberries, außerdem eine niedliche, etwas verdruckste Säure. Der Champagner wirkt im Kontrast zu seiner tiefen Farbe leicht.

II. Benoit Lahaye

Seit 2003 Biowinzer auf 4,5 ha überwiegend in Bouzy und Tauxières. War in Topform.

1. Brut Nature 2008

85PN 15CH.

Der Vorgänger iritierte noch mit einer phenolischen Nase und schien aromatisch nicht ganz gebändigt. Das ist beim schon sehr reichhaltigen 2008er Brut Nature nicht mehr so. Alles ist am Platz und sitzt sittsam, der Champagner ist wohlgefasst wie ein Valentinsschmuckstück, eine pektinige Note verabschiedet den hauptsächlich an Rote Grütze erinnernden Mittelteil vom Gaumen Richtung Pharynx.

2. Blanc de Noirs Nature, 2008 und 2007

Die Trauben stammen aus Bouzy und Tauxières.

Der Wechsel vom Extra Brut zum Brut Nature erweist sich erneut als kluger Zug. Dunkel, waldig, mit Baumrinde, rottem Laub und Flechten, dabei viel weniger oder besser: weniger vordergründiger Säure, als vermutet. Der Körper mag nicht jeden reizen, der Waldelfencharme ist schon etwas eigen, für Bouzy sogar ganz untypisch, doch nicht abstoßend oder verstörend.

3. Rosé de Maceration Extra Brut 2008

Mit 3 g/l dosiert.

Tiefe Pinotfrucht, ein wahrhaft brugundischer Charakter, so konsequent waldig wie seine beiden Vorgänger es im Vergleich nur andeutungsweise und weder mit derselben Vollendung noch Substanz waren. Beerig, vollreif, lang, groß. Ohne jeden qualitativen Abstrich schon jetzt viel zugänglicher als der Vorgängerrosé von Lahaye.

III. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

So gut gelaunt, wie eh und je stellt Bio-Urgestein Vincent Laval (arbeitet auf seinen 2,5 ha seit 1971 en bio) die gesuchten Laval-Champagner vor. Im Gegensatz zu Pierre Larmandier, der für seine mehr als 16 ha ein Flugzeug mieten kann, um biodynamischen Tee zu versprühen, bearbeitet Vincent Laval seine viel kleinere Fläche mit Pferdchen und kleinem Trecker. Als einziges Additiv kommt Schwefeldioxid an den Wein, überschaubare 30 mg/l.

1. Cumières Premier Cru Brut, 95% aus 2008, 5% aus 2006

50CH 30PN 20PM, mit ca. 6 g/l dosiert.

Mit diesem und mit Vilmarts Champagner kann man selbst Holzhassern den sinnvollen Gebrauch von Holz nahebringen. Der Chardonnay platzt fast vor Kraft, die beiden Pinotrebsorten schaffen es aber, ihn rechts und links zu bändigen, dabei lösen sich Kirsche, Pflaume, Veilchen, Orange und Limette funkensprühend heraus. Schön.

2. Cumières Premier Cru Brut Nature, 2/3 aus 2007, 1/3 aus 2006 – Obacht: dier aktuellen Magnums sind reine 2004er

50CH 25 Pn 25 PM.

Harscher und puristischer als der normale Brut. Für einen Brut Nature schon recht schmeichelhafte, beinahe handzahme Aromatik, ganz ohne Kaktusgefühl am Gaumen. Gleichzeitig herb, mit Verbene und Zitronenmelisse unterlegt, wie sich vor allem mit mehr Luft zeigt.

3. Les Chênes Cumières Premier Cru Brut Nature 2006

100CH. Ähnlich wie beim 2002er gab es vom aktuellen 2006er Les Chênes nur 850 Flaschen – vom 2004er gab es die ca. doppelte Menge, was eine der vielen Segnungen des an schönen Champagnern nicht armen Jahrgangs ist.

Jedes Mal aufs Neue schwärme ich von diesen Champagner, denn jede Flasche davon ist zu jeder Zeit ein Erlebnis. Diese erinnerte sehr eindringlich an Lamorresi-Haselnusstrüffel mit Grappa di Moscato und selbstgemachtes Apfelmus von hängengebliebenen Herbstäpfeln des nahegelegenen Mutterhauses der Dominikanerinnen, wegen der ungekünstelten, grob geraspelten Zitronenschale, dezent würzigen Zimtnote und seiner minimal oxidativen Art. Unter den vielen vor allem von gutmeinenden Weinhändlern und mehr Wein- als Champagnerkritikern als Dom-Périgon-Killern und Selosse-Wiedergängern verkauften, bzw. gepriesenen Winzerchampagnern ist dieser einer der ganz wenigen, die den Lorbeer wirklich verdienen. Kostet hier eben so wie in Frankreich seine hundert Flocken und mehr; die zugeteilten Mengen sind winzig. Dringende Kaufempfehlung.

4. Les Hautes Chêvres Premier Cru Brut Nature 2006

100PN.

Pinotreben aus den 1930er Jahren mit – für die Champagne winzigen – gerade mal 5000 kg Ertrag pro Hektar.

630 Flaschen gab es hiervon. Das macht ihn noch seltener als den schon raren Chênes-Champagner von Laval. Hinzu kommt, dass die Jahrgänge noch restriktiver deklariert werden. Das lohnt sich. Für Vincent Laval, weil der Champagner entsprechend bepreist ist, ohne nach meiner Einschätzung überteuert zu sein, für den Champagnero, weil er etwas bekommt, wofür man sich schonmal ein Bein ausreißen darf. Mit den Attributen feinster, reifer, alter Burgunder ausgestattet, bei denen die Größe durch einen Schluck Rhônewein noch unterstützt wird. Schwarzer Pfeffer, leuchtend rote Beeren. Amaretti morbidi und Eau de vie de Kirsch. Noblesse, Kraft und Konzentration und letztlich das, was sparkling Shiraz gern wäre, was Crémant de Bourgogne definitiv nicht ist, eben das was nur ein richtig großer Blanc de Noirs aus der Champagne sein kann.

IV. David Léclapart, Champagne David Léclapart

David Leclapart ist in Deutschland immer noch ein unbekannter kleiner Champagnerwinzer, für die meisten so austauschbar wie das wöchentliche Champagner-Sonderangebot im Leclerc. Ich zähle mich nicht zu seinen Verehrern oder Bewunderern, dafür sind mir alle Champagner die ich von ihm getrunken habe einfach noch zu jung gewesen. Bei praktisch jeder Verkostung ist das jeweilige Potential der Leclapart-Champagner förmlich greifbar; doch ich bin immer noch in einer Phase des Herantrinkens und des Umrundens. Ich halte das sowieso für angemessener, als blinde Lobhudelei.

1. Amateur 2008

100CH von sechs Parzellen. Stahltankausbau.

Mein bisher bester Amateur. Mit typischer Kraft und Länge, jetzt von Beginn an mit wildfrischem Zitrusduft, unbeschwertem Charakter und einer gewissen Zuckerwattigkeit, die man nicht als Schwäche missverstehen darf.

2. Artiste 2006

100CH von zwei Parzellen. Halb Stahl, halb Barrique.

Mehr Butter, mehr Haselnuss, mehr Nougat, als der Amateur. Weichheit und Rondeur gehören hier zum Konzept. Wenn der Amateur als deutscher Internatsschüler und Louisenlunder beispielsweise gelten kann, dann hat der Artiste seine Schulzeit in Harrow verbracht.

3. Apôtre 2005

Aus der Lage Pierre St. Martin stammt Leclaparts Champagnerfanal, der Apôtre. Die Reben sind gut siebzig Jahre alt und werden seit fünfzehn Jahren biodynamisch bearbeitet. Gute achtzig Euro kostet der Spass. Ob der Nachfolger des schon jetzt legendären 2004er Apôtre auch so ein Kritikerliebling ist? Na jedenfalls sagt er mir von Beginn an mehr, als der berühmte Vorgänger. Ich gehöre nämlich nicht zu denen, die den 2004er Apôtre so überwältigend gut finden, dass man dafür schon jetzt in die Knie zu gehen hätte, wenn der Name nur geraunt wird. Dafür habe ich schon zu viele andere Champagner vor ihrem vermuteten Höhepunkt selbst in die Knie gehen sehen. Sicher hat der 2004er alles, was man braucht, um so wie der 1996er Selosse Blanc de Blancs Extra Brut einen Pflock in der Champagnerwelt einzuschlagen. Nur ist er eben noch nicht dort angekommen. Der 2005er ist da schon eine ganze Ecke weiter. Griffig und fordernd einerseits, rund, mit viel weichem Kalk und Obstsalat andererseits. Puristisch wie skandinavisches Edelstahldesign, schmiegsam wie ein Kaschmirpulli.

V. Bruno Michel

Bruno ist der Sohn des Meuniermagiers José Michel, dessen hundertprozentiger Meunierchampagner und dessen alte Jahrgänge zu den besten Beispielen für das Potential der Traube sind. Mit seiner Extra Brut dosierten Rebellencuvée wäre Bruno Michel eigentlich auch was für die Rutz-Rebellen, fällt mir an dieser Stelle noch ein. Dabei wirkt er selbst gar nicht rebellisch, sondern strahlt Zufriedenheit und Freude aus, wenn er zu seinen aktuellen Champagnern befragt wird. Dazu hat er guten Grund, seine Kollektion gefällt.

1. Cuvée Carte Blanche Brut

50PN 50CH. Auf 2008er Basis mit Reserve aus 2007. Mit 8 g/l dosiert.

Champagner, den man so trinken kann, wie man eine Hand voller reifer Beeren zerquetscht und sich den Saft in den Mund fließen lässt. Die immer schon merkliche Säure von früher ist so sauber, selbstbewusst und kooperativ wie nie zuvor. So kommen auch die anderen, floralen und vegetabilen Aromen besser zum Zug. Man meint, den schalkhaften Kommunalpolitiker Bruno Michel zu erkennen. Macht Freude.

2. Cuvée Carte Blanche Extra Brut

Gleiche Zusammenstellung wie die normale Carte Blanche, allerdings von anderen Parzellen. Ernster und härter, im Geschmack nicht so facettenreich und limonadiger.

3. Cuvée Blanc de Blancs Pierry Premier Cru

Alte, 1964 gepflanzte Chardonnay-Einzellage "Les Brousses" auf 2008er Basis mit Reserve aus 2007. Mit 8 g/l dosiert.

Gegenüber der Carte Blanche fast auftrumpfend frech, mit Apfel, Zitrus, vor allem auch gelbem Obst, dabei mit seiner feinen Buttrigkeit und dem feinen Nusston länger und tiefer. Hat Bürgermeisterqualität. Macht daher noch mehr Freude.

4. Cuvée Rosé

80PM als Saignée und 20CH als Assemblage dazu. Auf 2008er Basis mit Reserve aus 2007. Mit 8 g/l dosiert.

Es bleibt dabei, dieser Champagner ist perfekt für Andouillettes gemacht, sein rotfruchtiger Fleischstinkerduft bekräftigt das immer wieder aufs Neue. Wildschwein aus den Ardennen lasse ich hierzu auch noch durchgehen, denn die mit Luft sich zeigende Cranberrypaste offenbart auch dieses Mal wieder Einsatzmöglichkeiten, die über das reine runterspülen von Regionalspezialitäten hinausreichen.

Zehn Sterne in Wolfsburg – Grand Chapitre 2011

I. Champagner-Apéritif im ZeitHaus mit Kleinigkeiten von Sven Elverfeld

1. Laurent-Perrier Vintage 2002 en Magnum

50CH 50PN, mit 8 g/l dosiert, das Dégorgierdatum konnte ich leider nicht prüfen, da ich keinen der Korken in die Finger bekam. Fließend, weich, rein, nicht sehr fordernd, sondern eher hingebungsvoll. Zitrusfrüchte, Kalk, Mineral, etwas kräuterig. Wirkte auf mich noch sehr jung.

2. Taittinger Prélude Grand Cru

Wie der Laurent-Perrier eine Komposition aus 50PN (Ambonnay, Bouzy) 50CH (Avize, Le Mesnil), der Fassausbau gibt ihm eine weiche, warme Feinheit. Hinzu kommen Hefegebäck, warmes Croissant, Butter, Birne, Quitte, weißer Pfirsich.

3. Duval-Leroy Authentis Cumières Premier Cru 2003

100PN aus Eichenfässern.

Einer der stärksten Weine des Abends. Schon der Vorgänger aus dem Jahrgang 2001 war beeindruckend, nun hat Carol Duval mit dem 2003er erneut ein schwieriges Jahr rundherum prachtvoll in die Flasche verfrachtet. An Aromenreichtum mangelt es nicht, schwierig war es wahrscheinlich vor allem, den Champagner nicht zu dickbauchig werden zu lassen. Das gelang. Hohe Pinotkunst, die im Mittelpunkt stehen sollte, selbst wenn sie gut zu ausgesuchten Speisen passt.

4. Alfred Gratien Vintage 1999

Zwetschgenlatwerge. Mandelmilch, Hefekuchenteig, Puderzucker, angenehme Fruchtsäure, Für mich ebenfalls einer der stärksten Champagner des Abends.

5. Nicolas Feuillatte Rosé en Magnum

Sehr leicht, sehr fein, sehr fruchtig war der Rosé von Nicolas Feuillatte. Allein und nach den beiden sehr expressiven Vorgängern hatte er es schwer. Also hieß es, neue Allianzen einzugehen, wozu sich die Köstlichkeiten von Sven Elverfeld anboten, am besten gefiel mir der Rosé dann zum fruchtigen Würfel aus Foie Gras und Gelee.

 

II. Zehnsternemenu von Sven Elverfeld, Thomas Bühner, Klaus Erfort und Christian Lohse im Ritz Carlton

1. Tartar à la Borschtsch und Impérial Caviar von Jan Hartwig, Aqua

dazu: Pommery Grand Cru Millésime 1998 en Magnum

Die sternförmige Betehülle barg ein köstliches Tartar, der daraufgesetzte hauchdünne Kekshut trug einen völlig ausreichend bemessenen Kaviarklacks. Der zum ersten Gang servierte Pommery war arg schweflig und musste erst seinen Böckser verduften lassen, bevor er sich nasal mit Borschtsch und Kaviar vertrug. Geschmacklich war die Kombination sowieso lehrbuchhaft, erdige Bete traf auf meerigen Kaviar, schaumgeboren der zu beiden Elementen passende 1998er, so durfte es weitergehen.

2. Makrele mit Passionsfrucht und schwarzem Sesameis von Thomas Bühner, La Vie

dazu: Lanson Gold Label Millésime 1999 en Magnum

Tatsächlich ging es mit einer Kombination weiter, die gewagter, auf die Spitze getriebener, extremer war und dementsprechend stärker polarisierte. Für mich war es der beste Gang des Menus. Salzige Makrele, intensive Passionsfrucht und ein konzentriertes, auch sehr süßes schwarzes Sesameis, die, obwohl nur in Winzportionen auf dem Teller angerichtet, so essentiell schmeckten, dass größere Portionen zu reihenweisen blackouts geführt hätten. Nicht ganz auf der Höhe war leider der überfordert und trotz seiner allgemeinen Weltläufigkeit simpel wirkende Lanson. Zu diesem Gang hätte ich mir die Fleur de Passion von Diebolt-Vallois sehnlichst herbeigewünscht.

3. Langoustine Royal mit Apfel, Fenchel und Milchhaut von Klaus Erfort, Gästehaus Erfort

dazu: Dom Pérignon 2002

Langustenschwanz und Dom Pérignon 2002 sind ein Paar, das man schon ganz allein für einen kompletten Abend innigsten Vergnügens fest buchen kann. Daraus sollte aber an diesem Abend nichts werden. Denn bei Champagner-Confrère Klaus Erfort kam ein ebenso köstliches wie giftiggrünes Apfelgelee dazu, das zusammen mit Fenchel und Milchhaut aus einem trauten tête à tête eine ausgelassene Geschmacksparty machte. Für den wohlerzogenen, noch sehr schüchternen, aber nach Jahren einer japanisch-purisitschen Ästhetik endlich mal wieder ganz klassisch europäisch auftretenden Dom Pérignon war das nichts.

4. Bressetaube vom Holzkohlegrill, grüner Spargel gebraten in Dijonsenf, Rouennasier Sauce und Veilchenzucker von Christian Lohse, Fischers Fritz

dazu: Drappier Millésime d'Exception 2002 en Jéroboam

Veilchenzucker, Senf und grüner Spargel, das klingt nach Konfliktpotential. Wenn dann noch Holzkohle, Taubenfleisch und Champagner ins Spiel kommen, wird es gänzlich kriminell. Doch Kommissar Lohse löste den Fall. Natürlich bedurfte es dazu einer großkalibrigen Waffe, die Michel Drappier gern zur Verfügung gestellt hatte: sein Champagner aus 60PN und 40CH, durch neues Holz, altes Holz und Stahl gewandert, Absolvent eines meiner Lieblingsjahrgänge der letzten zehn Jahre, mit diskreten, höchst zuverlässigen Netzwerkqualitäten, serviert aus der Dreiliterbuddel. Für jedes Aroma war eine passende Anlaufstelle vorhanden, die nussige Vegetabilität des Spargels, das Blumenelement des Veilchenzuckers, die rauchig-röstige Fleischigkeit der Taube, die herzhafte Saftigkeit der Sauce mit dem Leberanteil. So wurde aus dem Kriminalfall der schlemmerigste, gargantueskeste Gang des Menus.

5. Gewürzlammrücken mit Couscous, Kefir und Granatapfel von Sven Elverfeld, Aqua

dazu: Krug, Grande Cuvée

Lamm muss man einfach gern haben, sei es, weil es auf der Weide niedlich aussieht, sei es weil es gut schmeckt. Das Lamm, das Sven Elverfeld auf den Teller brachte, hätte von mir aus noch so hässlich gewesen sein können, in dieser Form war es höchst liebenswert. Der junge Krug hatte es nicht ganz so gut getroffen, seine Geschmacks-Alterskurve nimmt bekanntlich einen anderen, geradezu umgekehrten Verlauf und erst wenn er eine Reifezeit hinter sich gebracht hat, in der Schafe üblicherweise auf natürlichem Weg ihren Atem ausgehaucht haben, geht er so richtig auf. Trinken konnte man ihn natürlich trotzdem, nobles Geblüt nimmt man selbst jungem Krug unbesehen ab. Doch ist er in dieser jugendlichen Phase nicht zart wie das Lamm, weichfleischig, noch an Milch gewöhnt und mit der Würzkruste von Sven Elverfeld garniert ein Traum für jede Zunge, sondern ähnelt den heranwachsenden Prinzen regierender Herrscherhäuser, die sich lieber in historischen Uniformen auf Parties herumtreiben und Vodka durch die Nase saugen, als schon jetzt an die Bürde des Regierens und vielmehr noch des repräsentierens zu denken.

6. Apfelstrudel Interpretation Aqua 09 von Nadja Hartl und Eric Räty, Aqua

dazu: de Saint Gall Cuvée Orpale Blanc de Blancs Grand Cru 1998

Chardonnays aus Cramant, Oger und Le Mesnil.

Mit der Cooperativenprestigecuvée kann ich mich nicht recht anfreunden. Was Nicolas Feuillatte mit den Palmes d'Or gelungen ist, haben die Jungs von de Saint Gall auch geschafft: den Sprung in die Spitzengastronomie. Hier nehmen beide Genossenschaften den angestammten Herrschern des Kohlensäureluftraums jenseits der 100 EUR/Fl. gehörig Anteile ab. Doch von Grund auf überzeugend fand ich die Cuvée Orpale zum Essen nie. Erst recht, muss ich leider sagen, nicht zum Dessert. Dabei ist der vielfach und verdientermaßen gelobte Apfelstrudel mit dem spektakulären Gewand ein vorzüglicher, anspruchsvoller Partner für großen Champagner. Kuchenteig, Apfel, Zuckerhülle sind die schlichten Komponenten, aus denen der Aquastrudel besteht und die sich in jedem Blanc de Blancs finden lassen. Nur muss es eben einer sein, der mit ebenso vollendeter Transparenz, Kunstfertigkeit, schlichter Anmut und stilistischer Größe brillieren kann. Wenn es ihn gäbe, würde ich 1988er Salon Extra Dry zum Strudel ausgewählt haben.

7. Dessertbuffet von Gabi Ortmann

dazu habe ich mir Krug und Cognac Hennessy genehmigt

a) Crémeux von Kaffee, Banane und Cognac

Ein bürgerlich-gewöhnlich wirkender Start in die Buffet-Schlacht, die vom Cognac souverän eröffnet wurde. Einerseits liebevoll, andererseits mit einer bürgerliche Sphären schnell verlassenden Aromenrakete war die Bananenattacke, der flankierende Kaffee brach jedes weitere etwa noch vorhandene Ressentiment gegen altbackene Kombinationen.

b) Tonkabohne und Espresso, Maracuja-Whiskygelee

Schwierig war hier anfangs die Wahl zwischen Cognac und Champagner. Dogmatische Bedenken wegen der Kombination eines Korns und zweier Traubenprodukte konnte ich aber schnell zurückstellen, denn Champagner und Cognac kamen gleichermaßen gut mit dem Whiskygelee zurecht. Kaffee und Maracuja verbanden sich ebenfalls mühelos mit beiden Traubenerzeugnissen.

c) Gebackener Apfel und Milchschokolade, Flor de Sel Vanille

Erneut ein Dessert, bei dem die Liebe zum Detail besticht. Die Wahl fiel hier ganz von selbst auf Champagne Krug, der sich im Dessert mit einigen seiner prominentesten Facetten wiedergegeben fand.

d) Manjarimousse, Passionsfruchtcrème, Kokos-Curry-Crunch

Noch ein sicherer Treffer. Die Schokolade und die Passionsfrucht vermählten sich zu einer sämig-fruchtsäuerlichen Melangeunterlage, auf der Kokos und Curry knuspernd zur Geltung kommen konnten. Klarer Fall auch für den dazu spitzenmäßig passenden Cognac.

e) Portweineis und Schokoladen-Ingwercrumble

Süß bis mastig, trotzdem konnte ich nicht die Finger von einem Nachschlag lassen. Der Cognac setzte sich mühelos gegen den Champagner durch, zum Portwein war das Verhältnis dabei nicht so gut, wie zu Schokolade und Ingwer.

f) Basilikum-Sauerrahmeis und Lavendelschaum

Erfrischender Abschluss, zu dem leider weder der Champagner noch der Cognac passen wollte.  

Bulles Bio – Teil II: Das Marnetal

B. Das Marnetal

Die Aube ist das eine Stiefkind der Champagne, das andere Stiefkind ist das Marnetal mit der dort vorherrschenden Meuniertraube. Häuser, die auf sich halten, verwenden keine Trauben von der Aube, ehrenwerte Häuser verwenden auch keinen Pinot Meunier in ihren Champagnern, so kommuniziert es aus immer noch genügend Marketingabteilungen hart an der Wahrheit vorbei in die Welt hinaus. Richtig ist, dass die Aube keine Premier oder Grand Cru klassifizierten Ortschaften zu bieten hat und richtig ist auch, dass Pinot Meunier in klassifizierten Crus kaum bis gar nicht zu finden ist. Wenn sich dann ein Produzent entscheidet, seine Markenbotschaft auf den Cru-Status seiner Champagner zu konzentrieren, gelangen mit der Zeit Regionen wie die Aube und das Marnetal ins Hintertreffen.

Beide Gegenden befreien sich aber momentan gerade dank ihrer umtriebigen Avantgardewinzerschaft vom Image des Minderwertigen, ja manche Aubewinzer schaffen sogar mit der Assoziation zum nahen Burgund ganz neue Botschaften. Bekanntestes Beispiel ist Montgueux, vermarktet als 'Montrachet der Champagne' und ein besonders gelungener Coup. Das Marnetal hat einen solchen Wunderberg nicht, Leuvrigny und Le Breuil haben, obwohl bei den Kellermeistern der großen Häuser berühmt für ihre Spitzenmeuniers, diesen Nimbus nicht einmal von weiter Ferne.

Dafür gibt es im Marnetal eine ungewöhnlich hohe Anzahl langjähriger Biowinzer, von denen ich schon eine ganze Reihe bei verschiedenen Gelegenheiten vorgestellt habe. Francoise Bedel gehört zu den auch unter ihren Winzerkollegen selbst außerhalb des Marnetals bekanntesten und profiliertesten Biowinzerinnen, an ihr kommt man nicht vorbei. Franck Pascal ist ein Erzeuger, der sich dagegen noch in der Findungsphase austobt und sich hierbei von Jahr zu Jahr steigert. Christophe Lefvre schließlich, um die Riege der hier vorgestellten Winzer zu beschließen, ist ein stilistisch wieder völlig eigener Typ der es schafft, Bio-Champagner so ganz und gar un-nerdig, unverquast und gediegen rund zu machen, dass man jeden Vorbehalt gegen die manchmal allzu eckigen und ultraindividualistischen, teils viel zu anstrengenden Biowinzerprodukte gern zurückstellt.


I. Franck Pascal

Der Etikettenwechsel ist fast vollständig vollzogen. Dem kann sich auch der Stil des Hauses von der mittleren Marne nicht entziehen. Sehr deutlich wandelt der sich gerade, alle Champagner durchlaufen BSA und sind im Gegensatz zu früher nicht mehr auf Polarisation und Krawall, sondern auf mehr Balance ausgelegt. Die Dosage geht dafür gegen den allgemeinen Trend leicht nach oben. Insgesamt ist das eine sehr positive Entwicklung, in den letzten drei Jahren habe ich die Champagner von Franck Pascal nie besser getrunken, als jetzt.

1. Sagesse Extra Brut, 2006er Basis

57PM 38PN 5CH.

Alles, was ich mir in den vergangenen zwei Jahren bei mehrfacher Gelegenheit zu den Champagnern von Franck Pascal zurechtgetrunken und über Franck Pascals Champagner gedacht habe, muss ich nun gleichsam über den Haufen werfen. Das grimmige Naturell ist weg, der Sagesse schmeckt keksig, ganz leicht nach Toffee und harmonischem Familiennachmittag, von Säure keine Spur.

2. Tolérance Rosé, 2006er Basis, dég. 13. Dez. 2010

58PM 39PN 3CH, mit 6 g/l dosiert

Was für den Sagesse gilt, gilt ebenso frü den Rosé. Der besteht zu 96% aus Sagesse und zu 6% aus je hälftig Pinot Noir und Pinot Meunier. Von den Champagnern Franck Pascals hat er die beste Entwicklung hingelegt. Vom engen, eingeschnürten Programmsatz ohne Seele zum noch nicht ganz stimmigen, aber einnehmenden Cocktail aus Vanille, Waldmeister und Eukalyptus auf rotem Früchtebett mit einer minimal alkoholischen Note.

3. Cuvée Prestige "Equilibre" Mill. 2002

Drittelmix, mit 4,5 g/l dosiert.

Lebhafter, schnittiger und funkelnder als die beiden Vorgänger, was ein wenig auf Kosten des Gewichts geht, aber dicklich war diese Cuvée ja sowieso noch nie.

4. Cuvée "Quinte-Essence" Extra Brut Mill. 2004, dég. 17. Nov. 2010

25PM 60PN 15CH, mit 4,5 g/l dosiert

Gegenüber der letzten Verkostung ist der Funke chaotisch-genialen Irrsinns verschwunden, was mancher bedauern mag, ich begrüße das bei diesem Champagner. Rund, reif, ausgefaltet, weinig, stoffig und lang präsentiert er sich, ohne dass ich an ihm irgend eine Form von Mystizität vermisse, die er nämlich sowieso nie hatte. Die Stabilität dagegen tut ihm sehr gut.


II. Christophe Lefevre

Bewirtschaftet seine 3,1 ha seit 2003 en bio und macht jährlich rund 24000 Flaschen draus. Zu Hause ist er in Bonneil, einige Kilometer hinter Baslieux, wo Franck Pascal seinen Sitz hat. Genauer ist Lefèvre in Mont de Bonneil ansässig, da wo die Marne ihre moselartigen Bögen macht, zwischen dem Fluss und der Autorute de l'Est nach Paris, hinter Château Thierry in der Picardie. Der Stil von Lefèvre ist in positivem Sinn gefällig und frei von größeren Irritationen. Wer sich für Champagner jenseits der großen Häuser interessiert, bekommt hier einen leichten Übergang.

1. Cuvée de Reserve, 80% 2008er und 20% 2007er Jahrgang

60PM 30PN 10CH, mit 6 g/l dosiert. Stahltank.

Ohne die grünlich-säuerliche und ganz leicht harzige Note wäre der Champagner vollkommen massenkompatibel.

2. Cuvée Prestige

80PM 20CH, mit 8 g/l dosiert.

Die höhere Dosage bekommt der Cuvée Prestige sehr gut, den Champagner habe ich im Handel noch nirgends gesehen. Wer ihn findet, sollte ihn kaufen.

3. Rosé de Saignée

100PN, 36 Stunden Maischestandzeit, mit 6 g/l dosiert.

Leicht flintig, hauptsächlich aber fleischig und dabei überhaupt nicht hitzig oder garstig; schlank, sehr ansehnlich, erinnert mich an Spätburgunder von der Ahr.


III. Françoise Bedel

Auf den 2008er Robert Winer müssen wir leider immer noch warten. Einen Teil der anderen Cuvées von Madame Bedel, die nur wenige Kilometer von Christophe Lefèvre flussabwärts beheimatet ist, habe ich zum Trost verkostet.

1. Origin'elle Extra Brut 2004, dég. Jan. 2011

57PM 11PN 32CH.

Diesen Champagner habe ich nie als gehaltvoll kennengelernt, es ist kein Champagner, der mit großer Geste daherkommt oder der besonders durchgeistigt wäre. Er hat im besten Fall etwas Flüchtiges, und damit meine ich nicht flüchtige Säure, sondern ein nur schwer greifbares Element, das ihm bei den gelungeneren Exemplaren seinen Reiz verleiht. Dies hier war eine der gelungensten Flaschen, die ich je vom Origin'elle hatte. Das flüchtige Element deutete für mich auf einen sehr aristokratischen, säurearmen, sandelholzigen Damenduft. Wie ein Parfum, das den noblen Auftritt einer Person wirkungsvoll unterstreicht, jedoch allein auf Duftstreifen etwas beziehungslos wirkt.

2. L'âme de la Terre Extra Brut 2003, dég. März 2011

67PM 17PN 7CH, mit 3 g/l dosiert.

Immer wirkt der Âme de la Terre auf irgendeine Weise so, wie er heißt. Diesmal war es eine Malzbrotkruste, die den Bezug zur Erde herstellte und nicht als brotiger Luftton missverstanden werden darf. Außerdem Zuckerwatte, Popcorn, Butter. Rund, fein, frisch, obwohl säurearm.

3. Entre Ciel et Terre Brut 2004, dég. April 2011

80PM 20PN.

Leicht und fruchtig. Nicht ganz so augenfällig wie beim Âme de la Terre wird hier der Name umgesetzt, aber den Eindruck einer gewissen schwebenden Leichtigkeit kann man dennoch, bzw. durch entsprechende Suggestion gewinnen. Besonders schwerelos wirkte die mir besonders apart vorkommende Süße, die sich nichtendenwollend hinauszog, ohne dass der Champagner hoch dosiert wäre.

4. Dis, Vin Secret Brut Nature 2003

86PM 8PN 6CH.

Schlank bis dünn, wie eine mit Mineralwasser verdünnte Limonade, dafür immer noch sehr lang und sauber. Ob mir die Extra Brut Version hiervon am Ende doch besser gefällt?

Bulles Bio – Teil I: Aube

A. Aube

Lange dachte ich, an der Aube würde sich ein Großteil der Menschen mit abgemagerten dreibeinigen Hunden um Essensreste streiten, Väter würden dort den ganzen Tag lang Abbeizmittel trinken und versuchen, die wenigen schrecklosen Nutten in der Region auf den Mund zu küssen, während die verwahrlosten und oftmals grotesk entstellten Kinder dort entweder frühreif oder früh gewalttätig seien. Zum Glück stimmt das alles nicht. Oder zumindest nur in den ganz entlegenen Gebieten der Côte des Bar. Immerhin: Hier hat Renoir eines seiner Lieblingsmodelle gefunden, hier hat sich Voltaire zurückgezogen und hier wurde er begraben, ja im Mittelalter ging von hier die Reformation der Benediktiner unter Bernard von Clairvaux aus. Kein Wunder also, dass hier ebenso bedeutsame Champagner entstehen können.


I. Thierry et Valerie de Marne, Champagne DeMarne-Frison

Zur Zeit werden 3,5 ha biobewirtschaftet, was ca. 4000 Flaschen im Jahr bringt. Der Plan ist es, bis 2014 auf 20000 Flaschen zu kommen. Bei den beiden Aubelieblingen gab es Lalore und Goustan aus dem Jungfernjahrgang 2007 und außerdem die blutjunge neue Lalore 2009. Meine Allokationsbenachrichtigung hatte ich passenderweise kurz zuvor erhalten, ganze sechs Flaschen darf ich haben. Dafür habe ich Thierry und Valerie dann so viel wie möglich schon jetzt weggetrunken. Wenn die weiterhin alles mit derselben traumwandlerischen Sicherheit richtig machen, wird es nämlich über 2014 hinaus schwierigst bleiben, an vernünftige Mengen zu kommen.

1. Blanc de Blancs "Lalore" Brut Nature, 2007er Ernte, dég. Okt. 2010

Merklich in der Übergangsphase. Die Primäraromen verschwinden langsam, Butter, Banane und Kirsche tauchen ab, die ungewisse Zeit des Fortentwickelns nimmt der Chardonnay ungeduldig hin, kratzbürstig oder pubertär wirkt er dabei nicht.

2. "Goustan" Brut Nature, 2007er Ernte, dég. Okt. 2010

Ein wohlentwickelter Ephebe, crèmig, fruchtig, jugendlich, frisch, schlank. Außerdem gelassener, cooler, lässiger als die Chardonnayschwester und damit leicht im Vorteil.

3. "Lalore" Brut Nature, 2009er Ernte, dég. Oktober 2011

Kräuterhex, mit Waldmeister, Campher, Hibiskus. Kneifende Säure in der Backe. Kleines Biest. Dieser Champagner wird nicht nur freches Gör sein, sondern frühreifer Vamp.


II. Bertrand Gautherot, Champagne Vouette & Sorbée

Bertrand Gautherot, angetan im buntesten Freizeithemd, das ich je gesehen habe, schenkte Champagner ein, der für den Augenschmerz entschädigte.

1.

Blanc d'Argile

100CH. 2008er. Dégorgiert Nov. 2010. Gegenüber dem letzten Boxenstop hat sich nicht viel verändert. Bananenschale, die dem vorhandenen Tannin viel grip verleiht, immerhin ist aber das primäre Himbeer-Erdbeer-Kirschgemisch nicht mehr so beherrschend, dafür gesellen sich freche Orangen- und Nektarinenaromen dazu. Die röhrende Säure wirkt dadurch weniger bissig. Gute Aussichten für später, der Champagner ist ein Gewinnertyp. Aufregend wäre der im Gespann mit Boxenluder Lalore.

2. Fidèle

100PN. 2008er. Dégorgiert Okt. 2010.

Mehr der Typ Waldläufer und geheimnisvoller Einzelgänger ist trotz seiner Jugend der in sich ruhende Fidèle. Dunkel, moosig, mit Thymian und Rosmarin, würzig, lendenstark und fruchtbar.

3. Saignée de Sorbée

2008er. Dégorgiert Jan. 2011.

Ein Traum von Pomelo, Pink Grapefruit, Aperol, Nektarine und Yuzu. Lang, rein, fein. Wenn der sich auf diesem Niveau hält, kann er zu den größten Champagnern seiner Art aufschließen.


III. Jean-Pierre Fleury, Champagne Fleury

Das Schwergewicht unter den Biodynamikern und in Deutschland sicher einer der am weitesten verbreiteten Biochampagner, wenngleich man hier aus seinem Programm meist nur den Standardbrut kennt, ist Fleury, ebenfalls an der Aube zu Hause. Von seinen 15 ha und Zukäufen von weiteren 8 biodynamisch bewirtschafteten Hektar erzeugt Jean-Pierre Fleury jährlich 200000 Flaschen Champagner.

1. Fleur de l'Europe Brut Nature, 2005er Basis mit Reserve aus 2004

90PN 10CH.

Stahlig, kratzig, mittleres Gewicht, wobei doch eher hager und ich würde ihn zu den flacherbrüstigen Champagnern zählen. Kein must have.

2. Blanc de Noirs, 2007er Basis mit 2006

mit 8 g/l dosiert.

Brotig, apfelig, ein Champagner, der in Richtung eines Lufttons geht, wie er von klassischen Sektliebhabern klar abgelehnt wird. Dabei ist der Champagner recht massig, nicht klobig, nur vielleicht etwas hohltönend.

3. Millésime 2000 Extra Brut

70PN 30CH, mit 4 g/l dosiert

Eine dieser pinotdominierten Cuvées, die man blind aufgrund ihres Apfelkuchen-, Zimt- und Zitrusdufts für Chardonnay halten kann. Für das nicht besonders großartige Jahr ein guter Champagner, der sauber, jugendlich und mit Spannkraft auftritt.

4. Rosé de Saignée Brut (2007)

80PN 20CH, mit 6 g/l dosiert.

Am besten gefiel mir von Fleury der feinpricklige Rosé, dessen gesunde und selbstbewusste Herbe kraftvoll wirkte, wie es beim Rosé von Fleury ja eigentlich immer der Fall ist. Geschmackvoll sind die Beern drapiert, Unterholz und männliche Poinotattribute kommen nicht zu kurz, wirken andererseits völlig unaufgesetzt. Sympathischer, seriöser Rosé.