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Category Archives: Champagner

Hier dreht sich alles um Champagner.

Reisenotizen: Champagne Charlot Père et Fils, Châtillon-sur-Marne

Meine jüngste Tour führte mich wieder mal in Papstnähe. Nicht nach Rom, nicht an die Rhône freilich. Sondern nach Châtillon sur Marne. Zu Füßen der dortigen Statue von Papst Urban II. kenne ich ja mittlerweile schon den einen oder anderen nennenswerten Erzeuger. Nun kam ein weiterer hinzu. Passend zum Kreuzzugspapst ein gedienter Winzer und Reservist mit Nähe zur Biodynamie. Unterstützt wird er von seinem Cousin Francis Charlot, einem Mitarbeiter von Pierre Masson, Doyen der französische Biodynamie: der Endzwanziger Pierre Charlot führt seit 2009 die Geschäfte von Charlot Père et Fils. Übernommen hat er sie von seiner Großmutter mit dem für deutsche Verfassungsrechtler besonders sympathischen Vornahmen Solange, die 1941 in der Champagner begann und sich dann aber in die Reihe der Champagnerwitwen eingliedern musste. Ihr Sohn hatte am Weingeschäft kein Interesse und so gab sie das Heft gleich noch eine Generation weiter. Pierre bewirtschaftet leichthin etwas mehr als 4 Hektar, die überwiegend Pinot Meunier tragen.  

Weinbergseigene Hefen sorgen für die erste Gärung, vermarktet wird nur direkt, Kartenzahlgerät gibt es keines, aber Schecks akzeptieren Großmutter und Enkel. Ein Besuch auf der Domaine ist ein Besuch zu Hause beim Winzer, in der Küche – wo meiner Erfahrung nach immer die besten Verkostungen stattfinden, ähnlich dem Küchenparty auf der Party Phänomen. Pierre arbeitet mit Barriques von Jérôme Viard, das Eichen-Holz stammt aus Verzy und Pierre experimentiert noch mit unterschiedlichen Toastgraden, die Minutendauer findet sich praktischerweise auf der Vorderseite der Fässer, das ganze gleicht also einem Blick in die Geburtsstation. 

1. Cuvée Spéciale Brut Nature

100PM auf 2010er Basis mit Reserve aus 2009, BSA

Sehr kräftig, ja geradezu ungewöhnlich aromenstark und einer dann aber schon wieder erwartbaren Robustheit, die zum Ende hin leicht schmelzig, auch alkoholisch wird, wobei ich anmerken will, dass der Champagner ziemlich lang am Gaumen persisitiert.

2. Cuvée Speciale

Selbe Cuvée, mit 2g/l dosiert

Etwas zitrusfrischer in der Nase, offener im Mund, wirkte der Champagner mit der Minidosage weniger streng und spürbar leichter als die Bruta Nature Version.

3. Cuvée Speciale

Nochmal dasselbe, jetzt aber mit 6 g/l dosiert

Hier war am meisten Zitrus im Spiel, es war der charmanteste aus der Cuvée Speciale Reihe, aber gegen Ende macht sich die Süsse dann doch bemerkbar. Mir gefiel unter technischen Gesichtspunkten der Brut Zéro als der nackigste am besten, der mit 6 g/l dosierte Speciale wird aber wahrscheinlich die meisten Anhänger finden können. Die mittlere Version ist langfristig wahrscheinlich der schönste Speciale.

4. Cuvé Reserve Dosage Zéro

75PM 20CH 5PN, 2010er mit 2009er Reserve

Eine sehr vielversprechende Candynase, Butter und Karamell laden ein und bevor man sich dem Champagner nähern kann, kommt er schon von selbst losgestürmt. Vorwärtsdrängend, pikant, fein, schlank, hat mich diese Cuvée sofort überzeugt, wohingegen ich beim Speciale länger gebraucht habe.

5. Cuvé Reserve

Nun mit 6g/l dosiert, sonst gleich

Die Extra Brut Version ist viel klassischer, dadurch auch gewöhnlicher als der Zéro, stilistisch gleichbleibend und weit von kommerzieller, sprich großhausartiger Klassik entfernt – nur ist es eben so, dass die Zéros von Pierre Charlot so viel Aufmerksamkeit aufsaugen, dass man sich nur schwer von ihnen lösen kann.

6. Rosé, dég. à la volée

100PM, Assemblagerosé mit 8´12% Coteaux Rouge aus Meunier. 

So ganz dosagelos war das eine sehr hellfarbige, herbe Schönheit, leicht adstringierend, mit Frucht nur in der Nase und noch lange nicht im Mund. Für mich so etwas wie die Tilda Swinton unter den Roséchampagnern.

7. Rosé 

mit 6g/l dosiert

Immer noch wenig fruchtig, für meinen Geschmack andouillettemäßig, will sagen: mit einem ausgeprägten Stinkenäschen und einer Pinothaftigkeit, die ich erstmals vor beinahe fünfzehn Jahren kennen und schätzen gelernt habe, als ich in Oeuilly meine ersten Andouillettes mit einem kräftigen Rosé von einem der örtlichen Winzer verzehrte.

8. Vin Clair: Chardonnay 2012

Mit sehr reichlichen 12,6% alc. kam der Chardonnay aus dem Barrique, wo er noch auf der Hefe liegt. Ein Grundwein von exquisiter Güte. Vom Alkohol merkt man gar nichts, dafür öffnet sich das ganze Aromenspektrum der rebsorte wie ein Dimensionstor. Enorm. 

9. Coteaux Rouge

100PM, 2005er Ernte, wurde von der Großmutter, die damals noch das Sagen hatte, für fünf Jahre im Barrique mehr vergessen als bewusst gelagert. Dem Himmel sei Dank. Schwarzer Pfeffer, Holzfass für fortgeschrittene, reife Kirsche, Paprika, nie hätte ich von still gekeltertem Schwarzriesling derartiges erwartet. Zum Glück konnte ich davon ein Fläschchen mitnehmen.

10. Blanc de Blancs Parcellaire "Sous le Bois", dég. à la volée 

2010er Chardonnay aus dem Barrique, die Parzelle ist überwiegend mit Meunier bestockt, aber im Kern stehen ca. 80 Ar Chardonnay. Eine Ähnlichkeit zum 2012er Vin Clair war offenkundig, ganz ohne Dosage ließ sich eine gewisse Schroffheit aber nicht verhehlen. Von den 500 Flaschen, die es geben wird, werde ich mir sicher einige besorgen.

11. Blanc de Noirs Parcellaire "Les Bois Sercelins", dég. à la volée

100PN von einem kleinen, 25 Ar messenden Stückchen Rebfläche, Stahltank, 2010er, 1,2g RZ

Hohe Reife und merkliche Süsse, dabei wieder diese vorwärtsdrängende Art, wie sie Adenauer dem frühen Franz-Josef Strauß attestierte. Dieser Champagner ist fertig so wie er ist und er ist richtig gut, nur leider nicht käuflich zu haben, daher heißt es warten.

12. Blanc de Noirs Parcellaire

100PM, Barriquevinifikation im vierfach belegten Barrique, ohne BSA, 2009er 

Wieder gibts nur 500 Fl. vom fertigen Stoff, den ich ebenfalls haben will, um die 50 € sind da keinesfalls zu viel. Zur Zeit steht die Holznote noch etwas im Vordergrund, aber weisser Trüffel, Mandelkrokant und eine ultrafeine Pilznote holen rasch auf. Der Champagner ist schlank, sehr fein, sehr entwicklungsfreudig und fing mich vor allem mit seiner hochpikante Zitrusfrische immer wieder ein.

Fazit:

Die Champagner von Charlot werde ich schärfstens im Blick behalten, das, was ich probieren und mitnehmen konnte, gefiel mir sehr gut und das was sich ankündigt, wird zusehends besser.

Reingespitzt: Restaurant Francais (*/17) Steigenberger Hotel „Frankfurter Hof“, Frankfurt

Mittags ist die Not immer groß: wo den Hunger stillen, ohne hungrig zu bleiben oder sich zu überladen und natürlich ohne die Kleidung mit Frittenfett zu imprägnieren? In Frankfurt weiß ich eine feine Antwort. Das Restaurant Francais im Steigenberger Hotel Frankfurter Hof. Dort gibt es eine von Patrick Bittner schön gestaltete Mittagskarte mit 2 Gängen für 49 € und 3 Gängen für 59 €. Das Gläschen Laurent-Perrier kostet 13,50 €, der im Glasausschank seltene Veuve Clicquot Rosé Vintage (aktuell: 2004) kostet 19,50 € und wer mag, ordert sich Dom Pérignon 2004 für 32 € das Glas. Ich mochte. Und der allein speisende Herr mir gegenüber, der schon mittags einen ebenso auffallend großen wie sympathischen Champagnerdurst zu haben schien, auch. Erst im Verlauf des Menus stellte ich rein nur durch Zufall fest, dass es sich um mein Spiegelbild handelte. Was ich sonst noch im Verlauf des Menus feststellte, folgt sogleich.   

Erster Opener: Kürbisvariation

Der erste Küchengruß orientiert sich im Restaurant Francais immer an einem Thema, diesmal war es eben Kürbis. Unter den drei Kürbishäppelchen (ein passenderer Deminutiv fällt mir nicht ein) gefiel mir das mit Ingwer und Curry am besten zum Dom Pérignon 2004. Der molekular umgekehrte Raviolo war mir zu labberig, der Crèmewürfel zu nichtssagend. Aber Ingwer und Curry glänzten zum Champagner, der die Aromatik trefflich mit seiner eigenen Orientalik beantwortete.

Zweiter Opener: Flusskrebstartar mit Grapefruit und Öl

Was beim ersten Opener klappte, bewährte sich auch beim zweiten Gruß aus der Küche: keine falsche Scheu vor aromatischer Schwerpunktsetzung. Der Dom steckt Ingwer und Curry weg, dann kann er es auch mit Grapefruit, mit Krebsen kommt er ja sowieso klar. So standen also Panzerbewohner und Paradiesapfel im Küchenlager, ausklingende orientalische Safrannoten, Zitrusanklänge und Blütenduft im Mönchslager. Das Aufeinanderprallen fiel weniger blutig aus, als beispielsweise im Studentenliedgut, sondern brachte eine klare Abgrenzung der Grapefruit mit deutlichen Kontrasten auch bei Süße und Salzigkeit. So konnte es ruhig weitergehen.  

Weiter ging es dann erstmal mit der freundlich gereichten Brot- und Rohmilchbutterauswahl; bei beiden lege ich Wert auf besonders hohe Güte, denn wer schon bei Brot und Butter patzt, dessen weiteres Menu mag ich nur unter Vorbehalt essen. Patzer gab es keinen, im Gegenteil, die ruhig-betriebsame Art von Maître Blümke und seiner Crew gefiel mir sehr, Brot und Butter (demi-sel und Algenbutter waren meine Wahl, wobei demi-sel für andere Geschmäcker sich schon etwas reichlich gesalzen sein dürfte) gaben keinen Anlass zur Beanstandung und ließen sich umstands- wie rückstandslos mit Champagner herunterspülen.

I. Tsarskaya Austern mit Chesterbrot und Zitrone

Ein herrliches Vergnügen ist es, Tsarskaya Austern mit Cristal zu vertilgen; hat man keinen Cristal zur Hand, tut es wahrscheinlich auch jeder andere Champagner. Nur macht es wahrscheinlich keiner so ebenbürtig, wie der Dom Pérignon 2004. Man könnte ja meinen, an dem Gefasel von Auster und Champagner hätten sich schon so viele Menschen unterschiedlichster Neigung und Couleur abgearbeitet, dass dazu nichts mehr zu sagen sei und eigentlich neige ich mittlerweile mehr dazu, die Kombination wortlos durchzuwinken, aber gerade diese gefiel mir so gut, dass ich doch noch etwas schwärmen will. So fruchtig, leicht und unglibberig wirkt die Auster, so liebevoll und aufmerksam der Dom dazu, dass es ein einziges Jauchzen und Frohlocken an meinem Tisch war.

II. Schottisches Rebhuhn, Schwarzwurzel Treviso Radicchio, Muskattrauben

Weiter zum Rebhuhn. Das wurde mit passender Garnitur geliefert, Schwarzwurzel und Traube wetteiferten bei der Textur mit dem leichten Crumble um die Gaumengunst, der Radicchio ging dabei völlig unter. Erst mit dem dazu ausgewählten Veuve Clicquot Rosé Millésime 2004 ließ sich das Gemüse etwas beleben, fiel dann aber schnell dem Vergessen anheim, denn Fleisch, Sauce und Champagner waren dafür einfach eine zu mächtige Dreierbande.

Entr’Acte: Kalter Hund

Ein dekonstruierter kalter Hund kam noch schnell vor dem Käse auf den Tisch. An sich ziemlich unprätentiös und daher ziemlich sympathisch, ähnlich wie der zB bei Hackbarths oder Nelson Müller genossene Arme Ritter. Geschäumte Irgendwasluft und Jellytaler oder Aromakrümelchen brauche ich bei sowas wiederum nicht und zum Champagner ist eine noch so ungesüßte Süßspeise sowieso immer schwer. Daher habe ich den kalten Hund einfach so weggelöffelt und mir dabei vor allem die Schokoganachewürfelchen und das Kekseis schmecken lassen.

III. Käseauswahl von Maître Antony: Cantal (24M), Roquefort, Vacherin Mont d’Or, Gapeyron, Banon

Zum Schluss gehört Käse. Immer. Mit reifem Cantal und reifem, ganz weichem Gapeyron gab es sogar zwei meiner Favoriten, die zum Champagner jubilierten, außerdem gefiel mir der sehr schöne Roquefort, wenngleich er sich mit dem Roséchampagner nicht so gut vertrug; den crèmig-schmelzigen, perfekt gereiften Vacherin  kann man problemlos zu jedem Wein genießen und den in Kastanienblätter eingelegten Ziegen-Banon muss man wiederum etwas vorsichtiger behandeln. Zum Champagner war er eine Spur zu kröftig, bzw. hätte der Rosé noch etwas mehr Reife gebraucht.

Ganz zum Schluss habe ich mir von der mit sensationellen Überredungskünsten ausgestatteten Mannschaft noch ein Birnensorbet servieren lassen, das mir solo, ganz so wie es war, ohne Vanilleschaum und Schnickschnack, sehr gut in den Kram passte und den Abschied erschwerte.

Zwischenfazit:

Mit dem Restaurant Francais hat Frankfurt nicht nur eine sehr gute Mittagessensadresse, sondern auch eine wunderbare Location für mein anstehendes Dom Pérignon Dinner – das nämlich am 11. Januar 2014 ebenda und mit allerbester Berechtigung stattfinden wird

Reisenotizen: Champagne F. Cossy, Jouy-les-Reims

Champagne Francis Cossy, Jouy-les-Reims Premier Cru.  30000 Flaschen p.a. Geneviève und Sophie Cossy sind ein Mutter-Tochter-Gespann und als Frauen an der Spitze eines Champagnerunternehmens weit von jeder Pflichtfrauenquote oder sonstigen Genderexotik entfernt. So wie die historischen Witwen der Champagne und die heutigen Ladies der Champagne, sei es Nathalie Vranken, Evelyne Boizel, Garance Thiénot, Cécile Bonnefond, Vitalie Taittinger oder mehr noch Virginie Taittinger und natürlich Carol Duval-Leroy. 

Kein Wunder, dass die Flaschen dieses kleinen, aber schon seit 1764 tätigen Erzeugers sich schnell bis nach USA verbreiten, wo beispielsweise Rafael Sanchez, einer der eifrigsten Winzerchampagnerverfechter, sich zu Lobeshymnen nicht lange zwingen muss. Mir ging es nach der ausführlichen Besichtigung des Anwesens nicht anders. Als kleine Besonderheit muss erwähnt werden, dass Cossy Teil der örtlichen Genossenschaft ist, die, was ungewöhnlich ist, keine eigenen Bediensteten hat, sondern in der jeder zuliefernde Winzer in Eigenregie alles selbst macht. Im Grunde ifungiert die Genossenschaft also nur als Produktionsinfrastruktur für die einzelnen Mitglieds-Betriebe.

1. Origine Extra Brut, dég. Sep. 2012
25CH 35PN 40PM, 4g/l bei 2g RZ, d.h. nur 2g Dosagezucker, 2007er Basis mit 25% Reserve aus 2006 und 2005
Mandarine, Mandarinentorte mit Sahne und Quark drängen sich der Nase entgegen, dazu kommt blumige Unbeschwertheit, die bei der geringen Dosage ein wenig überrascht. Viele Extra Bruts sind herber und schonungsloser, weniger feminin. Das ist übrigens das Stichwort: die Champagner von Sophie Cossy und ihrer Mutter sind feminin, ähneln – soweit erkennbar – zumindest der Tochter im Wesen.

2. Cuvée Vieilles Vignes 2005, dég. Nov. 2011 
Drittelmix, 6g/l Dosage  
die erste Cuvee Vieilles Vignes stammt aus dem Jahr 2003 und war sicher nicht mit einer so ähnlich selbstbewussten Säure ausgestattet; im Zusammenspiel mit nussigen, vor allem den von mir geschätzten walnussigen Aromen führt die feine, schlanke Säure wie eine gut gedrillte Empfangsdame in einer Hochglanzwerbeagentur bis zum Konferenzraum am Ende des Ganges, wo eine delikate Pilznote aufwartet, die mich wiederum an jene vom Vormittag in der Cuvée Pierre & Henri von Lacourte-Guillemart erinnert und betört, wobei ich nicht ausschließen will, dass ich nicht noch mehr vom Charme der fließend englisch parlierenden Gastgeberin betört war.

3. Cuvée Grand Millésime 2006 dég. März 2013, 
40CH 40PN 20PM, 6,5 g/l Dosage
Zurückhaltendere Nase, feiner mund, glatt, seidig, mit Birnenpurée und einer Reife, die mir fortgeschrittener vorkam, als noch beim 2005er VV, trotz der dort schon sich entwickelnden Pilznote und des länger zurückliegenden Dégorgements. 

4. Harmonie, dég. März 2013
50PM 30PN 20CH, 2007er Ernte, mit 7g/l dosiert
Der Liqueur wird im gebrauchten Holzfass gelagert, das von der Tonnellerie de Champagne stammt. Vielleicht ergibt sich daher die gaaanz feine Holznote, die mehr eine Ahnung als ein Wissen ist und auch auf ganz andere Effekte zurückzuführen sein könnte. Jedenfalls ein Champagner, der seinem Namen Ehre macht und die Eigenschaften seiner drei Rebsorten in besten Ausgleich bringt. Meunierexotik und leichte Brotig- bis Malzigkeit, nachhaltige Weinigkeit und Würze vom Spätbrugunder, getoppt von Sahnigkeit und Frische des Chardonnays. 

5. Cuvée Élegance Rosé, dég. März 2013 
10CH 60PN 30PM aus 2009er Ernte, mit 9,5 g/l dosiert, 20% Rotweinzugabe
Milde und versöhnlich, mit wenig Säure und insgesamt eher modisch angelegt, mit dem typischen Früchtecocktail, aber ohne einen besonderen Anspruch. Schön, nett, sauber, der Nachfrage mit 6000 Flaschen p.a. folgend, auch mit einer noch erkennbaren Handschrift, aber gegenüber den weißen Champagnern des Hauses einfach unterlegen.

Reisenotizen: Champagne Tristan H., Trélou sur Marne

Hinter dem Namen "Tristan H." verbirgt sich der liebenswürdige und überaus sympathische Winzer Tristan Hyest, den ich bei einer SGV-Veranstaltung kennenlernen durfte und dessen Cuvée Colostrum mir damals gleich so kolossal in Namenswahl, Optik und natürlich Geschmack zusagte, dass der nächste Besuch in der Champagne unbedingt einen Termin bei Tristan beinhalten musste. In Trelou, wo es in der Ortsmitte ein kleines, etymologisch-eponymisches Brauhaus namens "3 Loups" gibt, dessen Biere sich einträchtig neben Tristans Wein auch im nahen Dormans in der uneingeschränkt empfehlenswerten Chocolaterie Sylvain Suty befinden – wo man feinen Süßkram shoppen und einen guten Mittagshappen zu sich nehmen kann -, ist Champagne Hyest zu Hause. Tristan, der sich erst vor zehn Jahren ganz auf das Champagnermachen unter eigenem Namen verlegt hat, vermarktet insgesamt 40000 Flaschen pro Jahr und gehört damit zu den kleinen Winzern, von denen es in der Champagne nur so wimmelt. Unverwimmelt, dafür mit umso stärkerem Anspruch an sich selbst ist sein Champagner, der sich nach einem halben Jahr zum wiederholten Male einer Verkostung vor Ort unterziehen musste. Die Vins Clairs aus dem Stahltank machten allesamt einen guten, nicht zu säurelastigen Eindruck, der sich bei den Champagnern bestätigt findet.   

I. Beim ersten Vorortbesuch habe ich mir vor allem orientierende Notizen gemacht, die mir später als Gedächtnisstütze dienen und die ich zum Abprüfen der Konsistenz und Entwicklung heranziehe. Unter Genussgesichtspunkten schreibe ich da meistens nur wenig Verwertbares oder Veröffentlichungsfähiges auf. Daher nachfolgend nur die wesentlichen Punkte:

I.1. Blanc de Blancs 2004

Mit 6 g/l dosiert, leicht haselnussig, mit Toffee und Nougat; reif, nicht fett. Und nun, da ich diese Zeilen schreibe, fällt mir auch wieder ein, woran mich das erinnert: derselbe Jahrgang, dieselbe Rebsorte, nur von einem anderen Erzeuger, namentlich Duval-Leroy, wirkte auf mich von seinem Gepräge her ganz ähnlich. Weniger die Aromatik war es, als die Art des derzeitigen Reifezustands. 

I.2. Cuvée Colostrum

Die Muttermilchcuvée von Tristan wirkte im Frühjahr holzig, war aber gar nicht im Holz; denn Fuder ist erst ab in ca. zwei Jahren geplant, bis dahin haben andere Investitionen Vorrang, estmal soll das Kellergebäude soll wachsen. Diese Scheinholzigkeit ist wiederum ein Effekt, den ich bei derselben Gelegenheit feststellen konnte, die mir den Duval-Leroy Vergleich beschert hat. Die Champagnergala vom falstaff letzte Woche in Berlin. Dort wurde nämlich der Rare 2002 von Piper-Heidsieck ausgeschenkt. Der erste Rare-Jahrgang von Régis Camus, der im selben Jahr wie Thierry Gasco bei Pommery seinen Vorgänger beeerbte. Chardonnay und Pinot-Noir stehen bei beiden Champagnern in einem ähnlichen Verhältnis zueianander und bei beiden spielt Holz bekanntermaßen keine Rolle, da es schlichtweg nicht vorhanden ist. Röstaroma und Sämigkeit gehen also überhaupt nicht auf getoastete Fässlein zurück, sondern sind weineigenen Prozessen zu verdanken, die für eine ausgeprägte Entwicklungsfreudigkeit sprechen, wie sich regelmäßig herausstellt.

I.3. Cuvée ohne Namen, dég. à la volée

66CH 33PN, 2008er

Geplant war, diesen Champagner als "Clos Courcelles" zu veröffentlichen, das Projekt ist aber an Tristans eigener Schussligkeit gescheitert, er hat es eigener Angabe nach versäumt, den Wein rechtzeitig zu deklarieren. Kommt ja vor und macht die Geschichte sympathisch. Das ist der Wein auch: hohe Konzentration, wenig Säure, weshalb der weiche Chantré Champagner gut dosagelos bleiben kann, wenn es nach mir geht. Im Mund ist er flott da und flott wieder weg, weshalb er bei genauerem Hinsehen also doch ein wenig Dosage vertragen könnte, wie ich nach einigem Nachdenken einräumen muss.

I.4. Rosé

Assemblagerosé mit 6% Rotwein aus Trelou, 2009er Basis

Helles Rosé, eine wilde Pinotstinkernase, im Mund etwas kurz, wenngleich von nobler Herbe, leichter Griffigkeit, wie aufgerauhtes Handschuhleder; schlank, fein und selbst wenn man die burgundische Stoßrichtung in Rechnung stellt, keineswegs gewöhnlich.

II. Beim zweiten Vorortbesuch habe ich alles sacken lassen, den Winzer etwas eingehender studiert und mich mit den Champagnern, die ich mit nach Hause genommen habe, auseinandergesetzt. Die etwas bessere Kenntnis erlaubt es mir bei den Zweitbesuchen, auf bestimmte Punkte näher einzugehen, die ich für verfolgenswert oder aufklärungsbedürftig halte. Oder aber ich werde mit einer ganz neuen Entwicklung konfrontiert und setze mich damit auseinander. Letztes Wochenende war beides der Fall.

Mir fiel bei allen Champagnern ein Wandel weg von Haselnuss und Nougataroma hin zu einer leichteren, weinachtlicheren Kokosmakronennote auf, also wieder eine ganz leichte Röstnote, wie man sie beim Fasseinsatz finden kann, den es aber hier nicht gab und gibt, bzw. bis auf weiteres geben wird.

II.1 Blanc de Blancs 

Mit 3,5 g/l dosierter 2007er,

Honignote, breit angelegt, neben der Weihnachtsaromatik erinnerte mich der Champagner außerdem an feucht gewordenes Russisch Brot, die weiche Art fand ich schon beim 2004er nicht so säurestark und erst spät hebt sich eine kraftvoll am Gaume haftende Apfelaromatik empor.

II.2 Colostrum

60CH 40PN, mit 4,5g/l dosierter 2006er, 20% sind Reserve

Kokos und Oblate erinnern hier besonders stark an den Weihnachtlichen Makronenkeks, wie ihn zB meine Mutter zu backen pflegt, samt aufgesetzter Mandelspitze. Für meinen Geschmack könnte der Champagner ruhig noch etwas länger sein.

II.3 Brut

50PM je 25PN/CH, Basis 2009, 60% Reserve, mit 7g/l dosiert

Deutlich kommt hier die ortstypische Meunieraromatik zum Vorschein, in Form einer hübschen, aber nicht übertriebenen Exotik und mit weiteren Backaromen aus dem Spekulatiusgewürzbereich, dazu gesellen sich Walcholder und Lorbeer, so dass der Wein nicht überbordend plätzchenartig wirkt, sondern herbsaftig ausklingt.

II.4 Blanc de Noirs 2003, aus dem lieu dit Grappilière,

Mit 3 g/l dosiert, bei schmalen 5,5, g/l Säure. Läppische 300 Flaschen gibt es von diesem Stöffchen, das sich damit kaum für die Vermarktung eignet. Dunkel, urwüchsig, geheimnisvoll, wie ein Pinot sein soll, der Neugierde zu wecken im Stande ist; allerdings hatte ich auch Feuerzeugbenzin in der Nase. Ergänzung findet die düstere Feuerteufel-Aromatik bei herbzitrusfruchtigen Kalamansiaromen, später im Mund kommt frisches Toastbrot dazu und der dunkle Schleier hebt sich in dem Augenblick vollends weg, in dem frisch gepellte Litschi auf den Plan tritt, weckend wie ein Sonnenstrahl nach umwölkter Morgenröte.

II.5 Iseult Dosage Zéro

CH/PN aus cordon permanent Erziehung. Das was beim ersten Besuch als Clos des Courcelles hätte veröffentlicht werden sollen, hat eine neue Heimat unter dem romantischen Cuvéenamen Iseult (sprich: Isolde) gefunden, was die persönliche Liebesbeziehung Tristans zu seinen Weinen bestens spiegelt. Noch feiner und regelmäßiger ist diese Isolde geworden, als das was ich vor einem halben Jahr im Glas hatte und Tristan meint dazu, seine Vision, mit der er vor zehn Jahren antrat, sei hier das erste Mal Wirklichkeit geworden, daher der anspruchsvolle und Bände sprechende Name. Wieder fand ich Kokosmakrone, aber vor allem Maracuja und Limettenabrieb, die mir sehr gut gefielen, da ich bei Weihnachtsplätzchen Zuckerguss mit kandierter Zitrusfruchtschale immer lieber habe, als den Keksteig darunter, bzw. sogar gleich ganz pur essen könnte. 

II.6 Colostrum, dég. 2010 

Die Mutter aller Champagner von Tristan, hier auf Basis des 2004er Jahrgangs, in gereifter Form aus dem Lager gegriffen. Tarte tatin und sehr viel Apfel in allen Variationen, dazu blanchierte weisse Mandeln, die ich sehr gern in meinem persönlichen Nussmix habe und im Champagner nicht minder schätze.

II.7.1 Rosé, lieu dit Grappilière,

40CH 45PN 15PM, Assemblagerosé, hier sind geringe 4% roter Stillwein drin; 2009er Basis.  

Sehr beeindruckender Champagner, von dem ich mir deshalb gleich ein paar Flaschen mitgenommen habe. Sehr feingliedrig, aber nicht anämisch oder sonst krankhaft-zerbrechlich, sehr schlank, zitronenfrisch, mit Gojibeere und dem Geschmack von Johannisbeer-/Himbeerkonfituere im Plätzchen (Spitzbuben heißen die im Backrezeptebuch auch und ich bin mir deshalb bei meiner Beschreibung sehr sicher gewesen, weil ich genau diese Plätzchen gerade blechdosenweise zu Hause habe und vertilge).

II.7.2 Rosé "Courcelles"

50CH 50PN, 2009er, mit 1,5g/l dosiert und gleich viel herber als sein Vorgänger. Schön rotapfelig und Tristan meint, man könne den gut zum Rindfleisch genießen. Ich dagegen finde, er hat eine Nähe zum Geschmorten und wenn ich es ganz genau bedenke, dann passt er wahrscheinlich am besten zum pulled pork aus dem Smoker.

II.7.3 Colostrum Rosé,

Mix wie der weiße Colostrum, 2009er mit 7% Rotwein und 1,5g/l Dosage 

Mit höherer Dosage gefiele er mir wahrscheinlich besser, die leichte Herbe der jetzigen Fassung ist zwar sehr angenehm und zeigt unverkitschte Frucht, einen erfrischenden Johannisbeermix, der Luft braucht und sich ansehnlich entwickelt; aber das könnte alles viel müheloser sich ausfalten, wenn mehr Zucker im Spiel wäre, oft reichen ja schon zwei, drei Gramm. 

II.7.4 Rosé 

Ein 2010er aus 50CH 40PN 10PM mit 7 g/l dosiert.

Der Colostrum Rosé sollte etwas mehr als die jetzigen 1,5 g/l bekommen, aber nicht ganz so hoch enden, wie der 2010er Rosé, denn der wirkt zwar insgesamt wie ein kräftiger, ehrlicher Bauernbursche mit guten Anlagen, ist geradeheraus, offengesichtig und ehrlich, aber er hat auch etwas sattes und sättigendes, das ihm nicht guttut.

 

Falstaff Champagnergala 2013 im Capital Club, Berlin

Im #sparklingdecember lud der Falstaff zur Champagnergala am Gendarmenmarkt, im prestigeusen Capital Club. Die Verpflegung mit Austern und Sushizeugs war adäquat, das Raumangebot so, dass man trotz der Ballung an Ausstellern nicht ins drängeln kam. Die Champagner selbst waren aus dem aktuellen Programm der jeweiligen Erzeuger genommen und boten einen guten Überblick über das, was zur Zeit am Markt zu bekommen ist. Erstaunliches fand ich dort nicht, und weil ich noch eine Heimreise mit Zugbindung anzutreten hatte, musste ein Schnelldurchlauf genügen.   

Bollinger war mit den stets gleichermaßen guten Cuvées Special Cuvée und Rosé vertreten, wobei sich besonders der Rosé als mittlerweile in der Klasse spitzenmäßiger Non-Vintage Rosés etablierter Champagner behaupten konnte.

Bruno Paillard zeigte die Première Cuvée in weiß und rosé, an beiden gibt es nicht viel auszusetzen; interessanter war die noch ganz junge 2004er Cuvée, die in den nächsten sechs Monaten noch zur Ruhe kommen muss, bevor sie zu strahlen beginnen kann; bei Paillard ist das sowieso bekannt, weshalb die Mitt- und Endneunzigerjahrgänge jetzt als trinkenswert besonders hervorzuheben sind.

Cattier holte aus dem Fundus Champagner, die ich nur ganz selten mal trinke, weil sie einfach nicht so präsent sind, bzw. auch gerade erst ganz neu auf den Markt kommen. Brut Quartz, Blanc de Noirs und Glamour Rosé werde ich deshalb noch etwas eingehender zu betrachten haben.

Von de Saint Gall war der Orpale 2002 in der üblichen guten, aber noch nicht maßstabsetzenden Form, Tradition und Rosé haben keine tieferen Gedankenfurchen bei mir hinterlassen. 

Duval-Leroy gefiel mir mit dem 2004er Jahrgangschardonnay gut, der Premier Cru und der Premier Cru Rosé waren eine willkommene Gedächtnisauffrischung. 

Eric Rodez, der seine Fühler immer weiter nach Deutschland hinein ausstreckt und hier bald so etwas sein wird, wie Egly-Ouriet vor zehn Jahren, zeigte am Vorabend auf der Premierenveranstaltung der Caractères et Terroirs de Champagne in der Cordobar schon, was die Stunde geschlagen hat und war für den falstaff mit seiner Cuvée Crayères, dem Blanc de Noirs und der liebenswürdigen Cuvée des Grands Vintages angetreten. Eine gute Entscheidung, gemessen am Programm der Mitaussteller.

Gosset entließ Brut Excellence, Grande Réserve und Grand Rosé in die Gläser, wovon mir die Granden zusagten, der Excellence nicht so sehr, aber das schwankt bei mir sehr. Mal gefällt er mir gar nicht mal schlecht, mal kann ich ihn nicht leiden. Diesmal mochte ich ihn nicht.

Henri Billiot war wie Rodez schon am Vorabend dabei gewesen und brachte sich mit Grand Cru Brut Tradition, Brut Millésime und Julie ein. Da die Dosage bei Billiot zusammen mit den reifegraden der Grundweine zu schmackhaften Weinen mit leichtem Bauchansatz führt, waren das, wie man an der kontinuierlichen Nachfrage bemerken konnte, echte Publikumslieblinge. 

Von Laurrent-Perrier kam nichts aus der höchsten Preisklasse; Brut, Ultra Brut und Rosé waren aber drei schöne Klassiker aus dem bekanntermaßen guten Programm von Laurent-Perrier, den Ultra Brut habe ich vorgezogen.

Louis Roederer hatte den verlässlichen Brut Premier dabei und im Gepäck war außerdem der sehr gelungene 2008er Rosé, gefolgt vom exquisiten 2005er Cristal. Leider waren die Champagner arg kalt, sonst hätte ich vielleicht den Rosé noch besser gefunden als den Cristal, so blieb es für dieses Mal unentschieden.

Maison Bérèche war der dritte Erzeuger, der sich schon vor dem Caractères et Terroirs Publikum unter reichem Zuspruch entblößt hatte; Rafael brachte zur falstaff Gala seinen schönen Brut Réserve mit, außerdem seinen nagelneuen Côte aus der Negociant-Linie des Hauses, ein lange gereifter Chardonnay mit richtig viel Schwung, und schließlich noch den Le Cran 2006, der sich so eng und verbaut zeigte, wie eh und je.

Moet & Chandon hatte als Standards dabei den Brut Impérial und den Impérial Rosé, als Non-Standard gab es den auch wirklich nicht standardisierten Grand Vintage Rosé 2004, den ich für mehr als gelungen halte.

Nicolas Feuillatte hatte den rührigen Pierre Hartweg geschickt, der mit einem sourire de reims den nicht haften gebliebenen Brut Réserve und die dafür umso stärker haften gebliebenen Chardonnay Grand Cru und Palmes d'Or einschenkte. Mit dem Chardonnay hatte ich ein halbes Jahr vorher schon die Telnehmer des Vinocamps 2013 in Geisenheim auf typische Eigenschaften dieses Champagnertyps aufmerksam gemacht und die Palmes d'Or sind im Aufstiegskampf schon seit Jahren sehr erfolgreich. 

Bei Perrier-Jouet, deren alte Blasons de France in weiß und Rosé ich seit den 60ern mal gesammelt hatte, um sie dann dummerweise Stück für Stück statt auf einmal in einer größer angelegten Probe zu trinken, habe ich mich über den ultrazarten Blason Rosé gefreut, der aber mit dem alten Blason nichts mehr gemein hatte. Die Belle Epoque 2004 hingegen konnte an alte Zeiten anknüpfen. Leider nämlich hatte auch diese an sich wunderbare Cuvée eine Schwächephase, die Mitte der Neunziger begann und von der ich meine, dass sie erst seit dem 2002er so langsam als überwunden angesehen werden kann. Vorsichtig bin ich dennoch bis auf weiteres und solange man die Belle Epoques in weiß und rosé noch aus Jahren wie 1988, 1983, 1982, und davor bekommen kann.

Piper-Heidsieck war nur mit dem Brut Sauvage Rosé etwas schwach, der brut gefiel mir gut und der Rare Millésime 2002 war so mächtig wie immer, auf einige Mitverkoster wirkte er sogar holzig und zu hoch dosiert; das wird sich mit der Zeit legen und ich rate ausdrücklich dazu, diesen Champagner für ein paar Jahre wegzulegen.

Pol-Roger war mit dem soliden Trio aus white foil (en Magnum), Millésime 2002 (en Magnum) und Extra Brut angetreten. Dabei wurde einmal mehr deutlich, dass Pol-Roger mit den beiden jahrgangslosen Champagnern wirklich an der Dosageschere gearbeitet haben muss. Für mein Empfinden war der white foil süßer als in der Zeit ohne den Extra Brut. Wie dem auch sei, mit den beiden kann Pol-Roger jedenfalls eine größere Trinkerschicht abgreifen und das ist ja auch völlig ok.  

Pommery verführte vor allem mit der charmanten und selbstbewussten Louise 1999, legte aber mit der darunter neu platzierten Apanage Prestige schon sehr gut vor.

Aus den Hause Vranken gab es den Diamant zu trinken, der vom Traditionserzeuger Heidsieck Monopole quasi rübergeschafft wurde und mir viel zu süß schmeckte. Kein Vergleich mit alten Diamanten.

Veuve Clicquot war mit Vintage 2004 und Grande Dame 2004 dabei, die beide glänzen.

Wein & Genuss mit Tesdorpf und Pommery im Louis C. Jacob (**/17)

Das Jacobs Restaurant  im Hotel Louis C. Jacob ist die gute Stube der Othmarscher und Blankeneser Villenbevölkerung, vielleicht auch der 21 fleißigen Richter vom unweit gelegenen internationalen Seegerichtshof mit seinen etwas mehr als 20 Fällen, die er seit seiner Gründung im Jahr 1996 zu verhandeln hatte. Zeit genug, um in den zwangsläufig langen Pausen zwischen den Verhandlungen Leib und Seele mit guten Speisen und adäquatem Trank beisammen zu halten. Sollte sich die Richterschaft mit der Entscheidungsfindung schwertun, gebräche es im Jacob an beratenden Sommeliersfähigkeiten sicher nicht, war doch mit Lidwina Weh eine ausgewachsene Champagnerbotschafterin hier tätig und unter Markus Berlinghof hat die Champagnerauswahl an traumwandlerischer Griffsicherheit nicht nachgelassen, zudem sind die Preise erträglich. Gerade mal erträglich ist der Wellnessbereich. Buchstäblich unterirdisch ist er über den die Hoteltrakte verbindenden Tunnel – zB nach quälend langsamer Aufzugsfahrt im länger nicht überholten Hausaufzug, Baujahr 1995 – oder nach Straßenüberquerung zu erreichen. Dieser Wellnessbereich  besteht eigentlich nur aus einer größeren Sprudelbadewanne, nebst kleiner Sauna, Minisolarium und Massagemöglichkeiten. Für ein Leading Hotel of the World ist das zu wenig wellness leadership. Dafür kocht in Hamburg nur noch der ebenfalls doppelbesternte Christoph Rüffer vom Haerlin und der Michelin-Einsterner Wahabi Nouri genauso gut oder besser als Thomas Martin, so die Kurzauswertung der aktuellen Restaurantführer. Viel interessanter und wichtiger als die Meinung Dritter ist mir aber in Genussfragen meine eigene Meinung. Die konnte ich mir im Zusammenspiel mit den Champagnern von Pommery bilden. Und muss gleich vorweg schicken, dass die in letzter Minute finalisierte Reihung der Pommery-Champagner doppelt und dreifach klug von Pommery-Kellermeister Thierry Gasco war.

 

Opener: Hechtkaviar auf Kartoffelpurée und Crisp

dazu: Pommery Brut Royal en Magnum

Zum bedenkenlosen wegnaschen waren die pralinégroßen Puréekugeln zu gross, selbst wenn ich mir noch hätte vorstellen können, den vom goldenen Hechtkaviar gekrönten Speisebrei mit dem großzügig ausgeschenkten Champagner  in den Bauch hinab zu spedieren. Doch steigt bei sowas immer die Gefahr, schon gleich am Anfang die Kontrolle und Übersicht zu verlieren. Das scheint Thierry Gasco geahnt zu haben und eröffnete das Menu mit einem Paukenschlag.

 

I. Eismeerforelle mit Pak-Choi, Papaya und Koriander

dazu: Pommery Les Clos Pompadour en Magnum

Oft und viel zu oft erlebe ich es, dass die wichtigsten Weine eines Abends dermaßen spät serviert werden, dass eine wirkliche Wertschätzung gar nicht mehr möglich ist. Zu sattgegessen und sattgetrunken sind die Kämpen eines Mahls dann oft, haben sich ein ums andere Mal schon nachschenken lassen und kämpfen so sehr mit Atemnot, Völlegefühl und Speiseresten in den Zahnzwischenräumen, dass für den vermeintlichen Königsflight kaum noch Kapazität da ist, gustatorisch, ventral und  intellektuell. Nicht so hier. Der Champagnerriese kredenzt seinen Champagnerriesen zu Beginn und eigentlich müsste man im Anschluss das Gefühl haben: das war’s jetzt kann ich ja gehen. Aber Meister Gasco, dessen Nachname sich vielleicht aus gutem Grund auf meinen Nachnamen reimt, macht es anders und viel geschickter. Der Reihe nach: wir hatten also alle diesen völlig wahnsinnigen Champagner im Glas, ein Mix aus 2002 und 2003, 75% Chardonnay, 20% Pinot Noir und, aufgemerkt,  5% Pinot Meunier. Ist der Meunieranteil nun Kampfansage, Provokation, Kellermeisterhybris, zwingende Notwendigkeit? Und was ist mit dem 2003er Jahrgangsanteil? Eine Ultraprestigecuvée im Multi-Vintage Verfahren? Wo gibt’s denn sowas? Fragen über Fragen türmen sich da unter der Schädeldecke auf und wollen von der Zunge katapultiert werden. Nur, nichts davon klappt. Der hypnotische Clos Pompadour lähmt Zunge und Fragewunsch gleichermaßen. So volumig, dicht und schwer wie die Röcke der Anna Bronski in der Blechtrommel senkt sich der Champagner nieder und bereitet den feinen Perlchen jede erdenkliche Mühe, sich an die sauerstoffhaltige Oberfläche durchzustoßen. Geschmacklich eine Essenz von Passionsfrucht und wenn Anna Bronski für eine halbe Stunde seufzt, verzückt ihre Augen verdreht und beim Herunterbeten der kaschubischen Heiligen ihre Feuerkartoffeln zu essen beinahe völlig vergisst, dann ist diese literaturnobelpreisfähige Szene eine schöne Illustration für das Vergnügen, das ich mit diesem exquisiten Startergang hatte.

 

II. Samtsuppe von weißen Zwiebeln mit Austernpilzen und Artischocke

dazu: Pommery Apanage Rosé en Magnum

Was macht man, wenn man einen Champagner wie den Clos Pompadour im Glas hatte, das Menu aber gerade erst begonnen hat? Man bedient sich eines schlauen Kniffs. Denn man weiß, dass die nachfolgenden Champagner es im direkten Vergleich unglaublich schwer haben werden. Deshalb eröffnet man im würdigen Gefolge der großen Strategen von Sun-Tzu bis Clausewitz und Rühle von Lilienstern einen neuen Schauplatz. Das geht mit der Zwiebelsuppe aus der Küche von Thomas Martin besonders gut, wenn man den  bekanntermaßen immer sehr hell gefärbten Rosé von Pommery (Stichwort: zwiebelschalenfarben) dazu kombiniert und alle Sinne auf das erstaunliche Phänomen lenkt, wie die Zwiebelsuppe es schafft so viele reife rote Früchte aus dem Champagner herauszuzaubern. Das schafft die Suppe nämlich wirklich und mit diesem ersten Kunstgriff ist der Bann des Clos Pompadour zwar noch nicht gebrochen, aber die Aufmerksamkeit und Spannung erhalten geblieben für das, was folgt.  

 

III. Geangelter Dorsch Finkenwerder Art mit Petersilienpurée, Kalamansi und knusprigem Schweinebauch

dazu: Pommery Grand Cru Mill. 1996 en Magnum, dég. Sommer 2013

Was passt besser zu einem reifen 96er, als krosser Schweinebauch, Speck und Zitrusfrüchte? Ich kann es nicht sagen. Die präzise, jedoch nicht schneidende Säure des Champagners, die herbe Zitrusfruchtigkeit der Kalamansi, Fett, Speck, Röstnoten und der feine, für meinen Geschmack etwas zu feine, nicht genügend Aromendruck erzeugende und dadurch leicht degradierte Fisch, ergaben einen schönen Ringelpiez. Das war außerdem der zweite Kunstgriff, nachdem Clos Pompadour und Rosé schon so früh von der Leine gelassen worden waren. Kurz vor dem Scheitelpunkt des Menus war der 96er mit seiner berühmten Säure und hier unter Beweis gestellten Langlebigkeit (Carl Johann Tesdorpf konnte das erst gar nicht fassen, hielt er doch den Jahrgang für ein rechtes Sorgenkind) ein beinahe körperlich wachrüttelnder Anschub und Schutz vor vielleicht schon einsetzender erster Müdigkeit oder beginnender Weinseligkeit.

 

IV. Holsteiner Rehrücken mit Wacholderrahmsauce, Hokkaidokürbis und Sellerie

dazu: Pommery Cuvée Louise 2002

Den Höhepunkt unter den Speisen bildete dann ein traumhaft zartes Reh von so köstlicher, kurzfaseriger Zartheit und Aromatik, dass ich ernstliche Zweifel bekam, ob Helmut Thieltges mit seinem maßstabsetzenden Eifeler Reh das Gebotene wirklich noch übersteigen könnte. Völlig adäquat kam die frische 2002er Louise dazu ins Glas und machte deutlich, dass sie nicht nur ein weiches, feines Getränkchen für Frauen mit schwachen Nerven ist, sondern exakt und ausdrücklich mit den anspruchsvollen Aromen eines Rehrückens so herzlich vertraut und unbeschwert agieren kann, wie miteinander befreundete Kinder. Das heißt auch, dass es nicht ganz ohne Spannungen geht, aber das heißt vor allem, dass die Kombination eine unschuldige Natürlichkeit vermittelt, die manchen Speisen-/Weinkombinationen verloren gegangen ist.

 

V. Passionsfrucht, Mango, Kokos

dazu: Pommery Wintertime

Zum Schluss tat sich der kräftige Pinot-Geselle  – mit beachtlichen 25% Meunier – aus der Jahreszeitenserie von Pommery etwas schwer mit der sehr behende bis bedrückend stark aufspielenden Frucht-Kokos-Mischung. Der schon recht hoch dosierte Champagner mit seiner meunierbasierten Exotik, dem kräftig-weinigen Grand-Cru-Gerüst seiner Pinot Noirs und von getreuer Säure angetrieben, sehnte sich förmlich nach einem zu Hilfe eilenden Altchampagner oder einem ausgewachsenen Süßwein, doch war die Schlacht zu dieser Zeit sowieso bereits geschlagen. 

Hidden Champions: Champagne Deutz

Der Westerwald, das Münsterland, das Stuttgarter Umland – sie alle sind reich an kleinen und mittelständischen Betrieben der Autozuliefer-, Maschinenbau- oder sonstigen forschungsintensiven Industrie. Kaum einer kennt diese Betriebe, dabei stecken, so jedenfalls die Berichterstatter der jeweiligen IHK-Mitgliedsblättchen in unbremsbarer Euphorie, ihre Produkte in mehr oder weniger jedem Alltagsgerät, mit dem wir uns befassen. Viele dieser Unternehmer sind Weltmarktführer in ihrem Bereich oder werden jedenfalls zur Spitzenriege dazugezählt. Man nennt sie mit einem griffigen Importterminus hidden champions.

Champagne Deutz ist vielleicht auch so etwas wie ein hidden champion. Das Haus wurde 1838 von zwei Deutschen gegründet, in der Region ist man bestens verwurzelt – und zwar buchstäblich, denn Deutz kann sich prima selbst mit Trauben höchster Qualität versorgen, zugekauft wird nur wenig, was selten genug vorkommt; auch sonst bestehen historisch gewachsene Beziehungen in und um Ay, sowie in die ganze Welt. Der Stammsitz in Ay ist ein herrschaftlicher Sitz, dort wird gelebt und gearbeitet, hinter dem Haus türmen sich die Rebberge, darunter liegen die Keller. Champagne Deutz ist einer der Impulsgeber für den Zusammenschluss der Grandes Marques im 19. Jahrhundrt gewesen. Von Deutz war in Deutschland für lange Zeit dennoch nicht groß die Rede, obwohl zum deutschen Importeur uralte Beziehungen bestehen; fragt man Sommeliers, so hört man oft und nicht nur aus Höflichkeit, dass Amour de Deutz und William Deutz als Spitzencuvées gegenüber denen anderer Häuser bevorzugt werden, in der Bevölkerung ist das aber nie so recht angekommen. An alte Jahrgänge kommt man leider nur schwer bis gar nicht, was die Sache nicht leichter macht. Unter dem Dach von Louis Roederer hat sich Deutz dann aber doch prächtig entwickelt, nur kennt man die Cuvées des Hauses hierzulande eben immer noch viel zu wenig.  

Gute 67 Grundweine wurden dieses Jahr nach Lagen getrennt vinifiziert, der portentielle Alkoholgehalt liegt bei den am Besuchstag hereingeholten Pinots aus Ay bei 11,5%, die Säure soll dem Vernehmen an die 10 g/l heranreichen, was dem 90er Jahrgang schon recht ähnlich werden könnte. Bei Deutz wird die Cuvée nicht schon im Januar, wenn der Wein gerade fertig ist zusammengestellt, sondern erst Juni, wenn er schon mehr von sich gezeigt hat. Der Chef de Cave macht zu diesem Zweck fünf Cuvees, die beiden Sieger der Verkostung im gemeinsamen Verkosterpanel werden wieder auseinandergenommen und zu fünf neuen Cuvées zusammengestellt, die zwei Sieger wieder zerlegt und neu zusammengesetzt, etc.pp. Ganz schön aufwendig also. Doch die Mühe lohnt sich. Deshalb lohnt sich auch die Mühe, das Degordierdatum an der Halskrause zu dechiffrieren. Codiert ist zunächst der Name der Cuvée, dann folgt das eigentliche Degorgement: die letzten Ziffern geben das Jahr an und die davor den Tag im Jahr, d.h. die Ziffernfolge 29712 gibt als Degorgierdatum den 297. Tag im Jahr 2012 an.

Brut Classic

Drittelmix auf Basis des 2010er Jahrgangs mit Reserve aus 09, 08 (insgesamt ca. 20%, die 12er Cuvée wird ungewöhnliche 48% Reserve enthalten) 

1,8 Mio. von insgesamt 2,3 Mio. Flaschen Deutz gehen als Brut Classic auf den Markt. Wenn man also von Deutz spricht, dann vornehmlich von dieser Cuvée, die den Hausstil repräsentiert. Der ist so elegant und ausgewogen, wie nur bei ganz wenigen anderen Häusern. Die große Kunst ist bei diesem Stil, nicht langweilig zu wirken. Ein holzfassgeprägter Stil zum Beispiel hat es leicht, bei dem muss man, vereinfachend gesprochen, immer nur den Barriqueton identifizieren können. Ein ausgewogener Stil dagegen ist eine Art Prokrustesbrett, bei dem allerdings nichts zum Abschneiden übersteht. Hier befinden sich weiße Blüten, Apfelkuchen, Brioche, eine Ahnung von Nüssen und Mandarine, weisser Pfirsich, Birne, sehr feine und frische Buttercreme und ein zitronenmelissiges Bouquet auf dem Brett. Unaufdringliche Süsse und Knackigkeit bleiben lang und delikat am Gaumen und der Champagner erlaubt sich den Luxus einer gewissen Fülligkeit, bleibt aber im vorgenannten Sinne durchweg sehr präzise.  

Blanc de Blancs 2007

Chardonnay aus Le Mesnil, Avize, Cramant, Oger, Vertus, sowie 5-10% aus Villers-Marmery

Noten von Bienenwachs, Phenol und Granatapfel ergeben einen ungewöhnlich weichen Blanc de Blancs mit pikanter, zarter Säure, die gegen Ende leicht hakenförmig hochgeht. Mit Luft zeigt sich ein schön fleischiger Pfirsich, etwas Nektarine, dazu ein Seitenhalt bietendes Gerüst.

Cuvée William Deutz 2000, deg. 84. Tag 2012

Heisse Milch mit Kastanienhonig, Konditoreiaromen, gekochte Birne, Tarte tartin, Karamell, lange starke Säure, hochkomplex und sehr luftbedürftig, wie jemand, der aus großer Tiefe langsam aufgetaucht ist und an der Wasseroberfläche Frischluft inhaliert. Man merkt, dass das Auftauchen den Champagner körperlich mitgenommen hat, er wirkt also nicht so ausgeruht, wie man sich das wünschen würde – wohl ein Tribut an den Jahrgang. 

Cuvée William Deutz 1999 en Jéroboam

Enorme Eleganz und Strahlkraft hat der William 99 zu bieten, Säure, die auch ein englischer Maßschneider nicht passgenauer hinbekommen hätte und ein Gefühl von Verschwendungslust, das mir zwar sowieso angeboren ist, das ich aber zur Küche von Klaus Erfort noch in gesteigerter Form erlebt habe.

Cuvée William Deutz 1990 oenothèque, deg. 283. Tag 2012

60PN 30CH 10PM

Ganz feiner Kaffee, Mokka, Nachtkerzenoel, essbare Blüten, Quitte, Yuzu, Goji, Brioche, Toast, karamellisierter Sauerampfer, supersauber, flott, ultraelegant, viel frischer als 2000, mit Luft kommen immer neue Fuhren an Aromen von getrockneten Himbeeren, getrockneten Sauerkirschen, Minze, Tabak, Leder und Stahl. Eines der großen Champagnererlebnisse.  

Aube Wan Kenobi: Jedichampagner von der Côte des Bar

Ich kann es nur gebetsmühlenhaft wiederholen: die Aube ist der Rockstar unter den Champagnersubregionen. Piper und Charles Heidsieck, Louis Roederer, Nicolas Feuillate und Veuve Clicquot kaufen gern Trauben vom Montgueux zu. Die Winzer dort freut's, denn sie erlösen Preise pro Kilogramm, die es sonst nur in der Côte des Blancs gibt. Riceys, der praktische einzige Ort, den man in der Aube früher noch für einigermaßen (be)merkenswert halten konnte, ist zu neuem Leben erwacht. Celles sur Ource, Ville sur Arce, Landreville, Polisot, Polisy, Buxeuil, Avirey-Lingey, Gyé, Courteron sind Ortschaften, die man heute als Champagnerfreund kennen sollte, sie reichern die überkommene Premier-/Grand Cru Einteilung nicht nur an, sondern führen sie stellenweise ad absurdum. Das verdanken sie weniger ihrem einzigartigen Terroir, als der Besinnung einer ganzen Generation aufs Weinmachen. Verkauften die Väter ihre Trauben früher noch demütig an die hochmögenden Traubeneinkäufer aus dem Norden, so ist das heute nurmehr ein willkommenes Standbein um den eigenen önologischen Wagemut wirtschaftlich abzusichern. Dementsprechend kompromisslos, risikofreudig, schwefelarm, ungewöhnlich bis bizarr fallen die Champagner der Aube-Avantgarde aus – ein Luxus, den sich viele andere Winzer nicht leisten können oder wollen. Umso schöner für die, die sich die Resultate im langstieligen Vergrößerungsglas selbst ansehen.  

1. Jacques Lassaigne Blanc de Blancs Montgueux Le Cotet

Den Aube-Reigen eröffnet der bekanntermaßen starke Emmanuel Lassaigne mit seiner knalligen Chardonnayinterpretation vom großen Kalkhügel, wobei die namengebende Lage Le Cotet sogar direkt vor der Haustüre des Guts liegt. Trotz der nur geringen Dosage wirkt der Champagner exotisch angehaucht, anders allerdings als am Nordausgang der Côte des Blancs. Klare Ansage von einem der führenden Aube-Jedimeister.  

2. Jean Velut Blanc de Blancs Brut Montgueux

Denis Velut aus Montgueux bewirtschaftet ebenda 7 ha, weit überwiegend natürlich Chardonnay, doch fast 20% Pinot Noir sind auch dabei. Sein Champagner ist viel weicher, rundlicher und exotischer als der von Emmanuel Lassaigne, doch ganz ohne das fürchterliche Fett, das schwache Chardonnays so lahm werden lässt. 

3. Nathalie Falmet Blanc de Noirs "Le Val Cornet"

Nathalie Falmet ist Chemikerin und Önologin, eine ziemliche Seltenheit in der Champagne und nicht nur da. Deshalb hat das von ihr betriebene Weinlabor guten Zulauf und Nathalie profitiert von der Erfahrung, die sie im laufenden Beratungsgeschäft gewinnt. Sie bewirtschaftet 3 ha in in Rouvres les Vignes, in der Nachbarschaft von Colombey-les-Deux-Eglises, dem de Gaulle Städtchen. Der größte Teil ihrer Weinberge (2,4 ha) ist mit Chardonnay bestockt, Pinot Noir und Pinot Meunier machen nur ca. 0,5 ha aus. Aus den beiden Rebsorten macht sie einen Einzellagenchampagner, den Val Cornet, teilweise im Stahltank, teilweise im Barrique. Nach den beiden Chardonnays war es schon eine gewisse Herausforderung, einen geeigneten Champagner für den nächsten flight zu finden. Doch Nathalies präzis geformte dunkle Schönheit schaffte das spielend mit viel natürlicher Eleganz, das Ebenbild eines afrikanischen Topmodels.

4. Olivier Horiot Blanc de Noirs Sève Brut Nature "En Barmont" 2006, dég. 2011

Der erst Champagner des Abends, bei dem mir die Träne ins Lid zu steigen drohte. Ein heimlicher oder für manchen sicher auch offener Favorit des Abends war nämlich der Einzellagen-Pinot von Horiot. Ein mächtiges Geschoss, das erst verblüfft, dann Widerspruch herausfordert und dann fällt einem nichts ein, was man gegen diesen Champagner ernstlich vorbringen könnte. Ganz schön kontroverses Zeug also, auf seine Art. Als ich den En Barmont vor einigen Jahren das erste Mal trank, gefiel er mir einfach nur nicht, eine Meinung, die ich heute gar nicht mehr nachvollziehen kann. Einer der ganz wenigen Champagner, die wirklich und wahrhaftig auf jeglichen Dosagezucker verzichten können, ohne dadurch arm zu wirken.

5. Pierre Gerbais Blanc de Noirs L'Audace Brut Nature

Aus einer fünfzig Jahre alten Parzelle, 2010er Basis ohne Schwefelzusatz, natürlich mit vollem BSA, im Stahltank vinifiziert. Geschmacklich runder und weiter, als der En Barmont, etwas fruchtiger, mit feiner Noblesse burgundischer Prägung, von der ich letztes Jahr noch nicht den Hauch einer Ahnung hatte. Da hatte ich zwar die leicht geschwefelte Version auf 2008er Basis im Glas, aber begeistert war ich nicht – und das, obwohl ich in Vergleichsproben oft festgestellt habe, dass die minimal geschwefelten Champagner besser schmecken, als die ganz ungeschwefelten Exemplare. Sei's drum, der schwefelfreie Audace ist ein kerngesunder Champagner, dem ich noch ein langes Flaschenleben wünsche, denn die bisherige Entwicklung war mehr als erfreulich und prognostisch ist zu hoffen, dass es am Schwefel nicht gebricht.

6. Dufour Blanc de Noirs "Ligne 60" Millésime 1995, dég. 2008

Da schweigt die Nachtigall, hebt der Esel lauschend den behaarten Kopf. Denn das hier war a complete breath of fresh air, wie man wohl in England sagen würde. Der 1990er Blanc de Noirs Petit Renard von Dufour hatte schon die Sprengkraft einer Luftmine, so dass ich für den 1995er Ähnliches erwarten durfte. So war es auch, nur dass der 90er den 95er immer forgeblasen hat. Jetzt kehrt sich das Verhältnis langsam um und der ultrafrische 95er fegt alles im Umkreis weg, fast will man Gläser und Tischdeko festhalten, damit sie nicht umgestoßen werden. Ich werden diesen Champagner demnächst mit gutem Grund einer Grande Année 1995 R.D. gegenüberstellen.

7. Jacquart Blanc de Blancs 2006

Jacquart habe ich als Piraten eingeschleust, der sich mit seinen leichten Chardonnays aus Vertus, Villers- Marmery, Trépail und Vaudemange schnell zu erkennen gab; vielleicht lag das zusätzlich an der kultivierten Art, die der Champagner gewohnheitsmäßig an den Tag legt – eine Besonderheit, die mir beim 1997er erstmal aufgefallen ist und den Blanc de Blancs von Jacquart zum gerngesehenen Solisten bei unkomplizierten Abendverläufen macht. In gereifter Form kenne ich die Jahrgangschardonnays von Jacquart leider noch nicht, oder nicht besonders gut, denn die ersten Ermüdungserscheinungen setzten immer schon bedenklich früh ein, weshalb ich meinen kleinen Handvorrat dann auch immer ziemlich flott aufgelöst, bzw. ausgetrunken habe.

8. Marie-Courtin Blanc de Blancs Eloquence Brut Nature

Der Likymnische Glutblitz unter den Champagnern. Liegt es an der Holzfassvinifikation, liegt es am Barrique, an der Naturhefe, an den knapp 20 Jahre alten Chardonnays aus Massenselektion, an der Biodynamie? Egal. Wenn man diesen Champagner getrunken hat, kann man seine Champagnertrinkerkarriere in Ruhe beenden. Danach kann man nicht mehr viel verpassen.

9. Vouette & Sorbée Saignée de Sorbée

Pas de réception au domaine ni de vente aux particuliers. Fast wie bei Selosse, dem Über-Mentor. Seeehr kraftvoll, rotfruchtig und herb war das, was von Bertrand Gautherot ins Glas kam, sehr weinig, sehr burgundisch, dabei sehr eigenwillig und ich musste nicht zum ersten Mal an David Leclaparts Rosé denken, den ich gern einmal im direkten Vergleich trinken will.

10. Florence Duchêne Rosé 

Zum Schluss gab es mit Florence Duchenes Rosé-Schätzchen aus Cumières nochmal etwas Gebietsfremdes, aber dafür so wohlschmeckendes, dass von Untreue insoweit nicht die Rede sein kann. Florence ist einer der aufsteigenden Champagnersterne jüngster Generation, ihre ersten selbst vinifizierten Champagner gibt es seit Oktober 2013 zu kaufen – und ich habe mir nach mehreren ausgiebeigen Vorabtests in Cumières und im Weinberg gleich eine Allokation gesichert, die ich natürlich wieder allzu gierig und viel zu früh aufzureißen gewillt bin, doch ist der Genusslohn mehr als gerecht. Das genaue Gegenteil der Rosés, wie man sie von Vouette & Sorbée, Leclapart oder Jacquesson bekommt, ein Träumchen von roten Beeren, eine betörende Macht wie von der Fruchtbarkeitsgöttin höchstpersönlich gekeltert und eine hypnotisierende Nachwirkung, die einen überhaupt nicht merken lässt, wie schnell sich die Flasche geleert hat.

Champagne Taittinger reloaded

Bei Taittinger schaue ich wie bei allen großen Erzeugern alle Jubeljahre in die gute Stube, denn so rasant sind die Entwicklungen dort ja nicht. Andererseits hat man auch nicht immer alle Details über so einen Erzeuger eins zu eins vor Augen und deshalb ist es immer ganz sinnvoll, sich paar Fakten zu vergegenwärtigen. Die Flaschengärung findet bei Taittinger zB bis zur Methusalem (6l) statt, die Kawentzmänner liegen unter Naturkork und gehören zu den seltenen Großflaschen, mit denen so verfahren wird, normalerweise transvasieren die meisten Häuser auf Anforderung.

Bei den Taittinger-Champagnern ist alles im Lot. Der Brut mit 40CH 35PN 25PM und hohen 9 g/l Dosage wirkt leicht, und wäre elegant, wenn er nicht doch auch etwas flach wäre. Der Rosé mit 35PN 35PM 30CH ist bekanntermaßen fülliger, rotfruchtig und sonst sehr ähnlich gebaut. Was mich aufhorchen ließ, waren die zahlreichen Anspielungen auf die Dosagefrage und vielleicht haben wir demnächst sogar tatsächlich einen Extra Brut von Taittinger? Ich lasse mich überraschen und empfehle für die Wartezeit den Sitzenchampagner des Hauses, von dem ich gleich ein paar Jahrgänge vorstellen will:

Comtes de Champagne 2004

Blanc de Blancs mit Chardonnay aus Chouilly, Cramant, Verzy, Verzenay, 5% Holzanteil 

Butter, Löwenzahnblüte, Sonnenblumenkerne, minimale Toast- und Röstnoten, mit Luft sehr vollmundig bis ausladend, wird der Champagner regelracht massiv im Mund und sehr lang, sehr klar und nach all der Fülle am Ende dennoch reinigend, wie Wassertropfen auf einer Lotusoberfläche perlt die ganze Aromatik ab und verschwindet im Orkus. 

Da ist aber auch der sahnige Taittinger Comtes de Champagne 1983, voller Milchschoki und Kautschuk, der mehr gelutscht als getrunken werden will.

Der Taittinger Comtes de Champagne 1990 ist ganz weich und ultraeingängig, genauso, wie man sich den berühmten jahrgang jetzt wünscht; verführerische Kräuternote mit einer Spur feinem Liebstöckel, abgerundet mit einem Schuss Apfelsaft.

Taittinger Comtes de Champagne 1994 ist leicht röstig, mit feiner Zitrusnote, dazu Kerbel, zarter Liebstöckel und die Kräuterigkeit wirkte auch hier nicht ältlich oder kaputt, wie man das von altem Rotwein kennt, sondern firm und passend.

Taittinger Comtes de Champagne 2005 ist viiel zu jung, speckig und verquollen, da kann man noch nicht viel konkreten Charakter, Talent oder Neigung feststellen.  

 

Salzburg – Klaus Erfort (***/19,5) bekocht das Grand Chapitre 2013

Im Oktober 2013 stand das Restaurant Ikarus im Salzburger Hangar 7, seit 2003 unter der Leitung von Roland Trettl, der das Restaurant zwischenzeitlich an Wegbegleiter Martin Klein wohlgeordnet übergeben hat. Wie schön, dass Klaus Erfort just in diesem Monat sein Gastspiel im Ikarus gab und genau deshalb Gelegenheit dazu hatte, ganz nebenbei und zusammen mit dem lokalen Küchenchef des Imlauer-Hotels Crowne Plaza The Pitter noch für die Gäste des Grand Chapitre des Ordre des Coteaux de Champagne zu kochen, die es sich dazu in der alten fürsterzbischöflichen Residenz am Salzburger Dom bequem gemacht hatten.      

Apéritif:

1. Delamotte Blanc de Blancs

Gut wie so oft, aber jedes Mal anders. Diesmal mit einer süßlichen Noblesse und reichlich Volumen für einen jungen Blanc de Blancs. Von Kargheit und zugespitzter Mineralik dafür wie immer keine Spur.

2. Laurent-Perrier 2004

Die Konzernmutter trug sehr üppig auf, wirkte aber nicht milfig. Hoher Grand Cru Anteil und 8 g/l Dosage wirken beim Jahrgangschampagner von Laurent-Perrier wie die große Prada-Shoppingtasche, das Kostüm von Zuhair Murad und das perfekte Make-up von La Prairie an einer Vierzigjährigen im Vergleich zum Zaralook einer Endzwanzigerin mit Speedy 35 und obligatorischem Perlenschmuck. Großer, leicht reduktiver Spaß mit Zitrusfrische, Toast und Hefe.

3. Alfred Gratien Brut Rosé

Schon die Farbe ist so frech wie der Blick eines pubertierenden Jungkaters. Ebeenso der Mundeindruck. Wie ein spielerisches Tatzenwischen, mit dem Katzen locker nach Stoffmäusen krallen oder frisch gewachste Waderln ruinieren können, wuppt sich der Champagner in den Mund und forscht ihn bis in den hintersten Winkel neugierig aus. Ein immer wieder unterschätztes Vergnügen. 

Menu:

I. Tatar von der Languste, Avocado, Tomaten-Ingwer-Jus

dazu: Champagne de Saint Gall Orpale 2002

Ich werde kein Fan von de Saint Gall, denn mehr als ebenmäßige Form und Langeweile auf hohem Niveau hat er mir noch selten geboten, von einem vergnüglichen 1995er Orpale mal abgesehen. Zum Essen ist das in Ordnung, da sind ultraindividuelle Winzerchampagner meist sowieso fehl am Platz und die allerallerfeinsinnigsten Gewächse gehen zu den mühevoll komponierten Küchenkreationen oft genauso unter. Aber bei einem Champagnermenu reicht das nicht, da muss mehr her, mehr Einsatz, mehr Passgenauigkeit und mehr commitment. Gerade, wenn es um Sterneküche geht, die ihrerseits alles vom Esser fordert, aber auch alles zu geben bereit ist.

II. Konfierter Hummer, Selleriecrème, Apfel-Stangenselleriesüppchen

dazu: Pommery Clos Pompadour 2002 (uniquement en magnum)

75CH 20PN 5PM, mit 9 g/l dosiert

Tja, was soll ich sagen. Vom Pommeryfreund zum Kritiker zum Verächter, zum bedachteren Kritiker zum wiederangenäherten Freund und jetzt zum Bewunderer? Nachdem ich die Louise Pommery immer schon gut bis sehr gut fand, verdrehte mir der 2002 von Thierry Gasco final erdachte 2010 degorgierte und 2011 erstmals freigegebene Clos Pompadour ganz und gar den Kopf. Thierry Gasco, der Schlauberger, hatte schon unmittelbar bei Amtsantritt als Kellermeister von Pommery den Gedanken, einen Clos aus den Uraltreben des vormals höchst renommierten und dann für einige Zeit in schwierige Fahrwasser geratenen Hauses zu machen. Das Unterfangen ist mit dem denkbar größten Erfolg geglückt und Pommery schließt mit diesem Champagner in der Liga oberhalb von Dom Pérignon und Co., wo die Luft sehr dünn ist, zu den nur noch ganz wenigen Mitspielern wie Krug und Bollinger auf. Mein Wein des Abends und eine völlig andere Nummer, als alles, was ich bis dahin von Pommery kannte, von einigen wenigen alten Grand-Cru Jahrgängen abgesehen, vielleicht. Aber zu denen bestand offenkundig keine wirkliche Beziehung, der Clos Pompadour ist absolut eigenständig und steht monolithisch in der Champagnerlandschaft da. Mehr kann ich dazu vor lauter Begeisterung momentan nicht sagen.  

III. Gänseleberparfait im Pumpernickelmantel, Champagnergeléeröllchen, Quittencrème

dazu: Taittinger Comtes de Champagne 2005

Noch findet man allüberall 2004er Comtes de Champagne und wenige Wochen zuvor habe ich genau den noch als aktuellen Jahrgang bei Taittinger serviert bekommen, mir war er noch immer zu jung. Der 2005er Comtes ist also mit besonderer Vorsicht zu genießen, da er so überaus jung und selbstredend noch ein ganzes Jahr jünger als der 2004er ist, was dieser Cuvée ganz allgemein nicht guttut. Wie nach einer Gesichts-OP wirkt alles aufgeschwollen und verdickt, was doch gediegen, elegeant und zauberhaft sein soll. Das habe ich sehr deutlich feststellen können, als sich der Comtes de Champagne 1994 jüngst in der Villa Hammerschmiede viel zu köstlich zeigte, um beispielsweise Minderjährigen ohne die Gefahr sittlicher Gefährdung vorgeführt werden zu können. 

IV. Seezunge, Pilzsud mit Essig, Fenchel und Artischocke

dazu: Dom Pérignon 2004

Pilz, Fenchel, Fisch. Ich lehne Surf & Turf Geschichten ab, als ungehörig empfinde ich auch die Kombination von Meeresfrüchten mit jeder Form von Pilzen. Was aber, wenn Seezunge nunmal so gut zu Dom Pérignon passt, wie Tom zu Jerry oder Coyote zu Roadrunner, Romeo zu Julia oder eben Champagner zu Fisch? Dann muss eben Seezunge auf den Teller. Doch dann beginnnt das Dilemma, denn ausgerechnet Dom Pérignon ist ein Champagner, der mit Pilzen so gut kann, wie kaum ein zweiter. Also gibt es großen päpstlichen Dispens, Seezunge, Pilz, selbsrt der große Champagnerwidersacher Essig und der immer gutgelaunte Fenchel dürfen sich alle miteinander vertragen, vereinen und vereinigen, ad maiorem dei gloriam. Sehr europäisch war das natürlich obendrein, was dem kreiselnden, aufregenden und geheimnisvollen Champagner mit dem orientalischen Inneren eine Verwurzelung gab, auf die er zwar nicht angewiesen ist, ihm aber gut stand.  

V. Rosa Taubenbrust, Spitzkraut unter der Cassishaube, Pilze Petersilienwurzelcrème

dazu: Lanson Extra Age Rosé

35CH 65PN

Sehr gelungen fand ich die Kombination aus Taube, Cassis, Pilz und Petersilie zum jüngsten Lansonstreich, der Extra Age Serie, die Monsieur Gandon im Jahr 2010 aufgelegt hat und die sich in Form des weißen Extra Age schon gut bewähren konnte. Ein kleiner Kreis schloss sich an dieser Stelle, denn Champagne Lanson ist eine Unternehmung, die der gleichnamige Gründer des Hauses im Jahr 1760 zusammen mit Francois Delamotte begonnen hatte, der wiederum selbst gerade erst ein Haus mit seinem eigenen Namens gegründet hatte, und dessen Blanc de Blancs zu Beginn des Abends mundete. 

VI. Dessert

dazu: Deutz Cuvée William Deutz 1999 en Jéroboam

Erst wenig zuvor war ich bei Deutz zu Besuch un konnte mich unter anderem an einer spät dégorgierten Flasche William Deutz 1990 erfreuen, ein Vergnügen, das zu den denkwürdigeren meines Champagnerlebens gehört, nicht nur wegen meiner bekannten Vorliebe für diesen Jahrgang. Da man bei Deutz über ein beträchtliches Lager an Großflaschen sur point verfügt, war das Grand Chapitre ideal, um davon ein paar rauszulassen. So konnte der vielgeschmähte Jahrgang 1999 zeigen, was Sache ist. Enorme Eleganz und Strahlkraft hatte der William 99 zu bieten, Säure, die auch ein englischer Maßschneider nicht passgenauer hinbekommen hätte und ein Gefühl von Verschwendungslust, das mir zwar sowieso angeboren ist, das ich aber hier noch in gesteigerter Form erlebt habe.